Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon laie » Mi 14. Apr 2010, 08:45

xander1 hat geschrieben:Der Atheist, der gemäßigt ist, und nicht gerade Naturalist ist, denkt nicht in einer "nichts als"-Vorstellung.

Dann bist du wohl kein "Bright", gell?
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon Nanna » Mi 14. Apr 2010, 14:10

laie hat geschrieben:Nein, mein Freund: genau das ist das Problem jedes Menschen: immer muss er anderes ausschliessen, um etwas zu begreifen. Jeder Versuch, einen Gegenstand zu verstehen, zerstört diesen: am Ende bleiben dann nur noch irgendwelche Quanten übrig.

Ist das so? Muss ich ein Auto "zerstören", um zu verstehen, wie es funktioniert? Ich glaube, es gibt genug Autoenthusiasten, die eine richtiggehend emotionale Beziehung zu ihrem Auto haben und sogar noch wissen, aus welchem Metall die Kardanwelle gebaut ist und welches Teil sich wann wie bewegt. Die haben ein Auto verstanden und trotzdem bleibt es ihnen als Gesamtkunstwerk erhalten, ohne irgendwelche Zerstörungen, sei das nun im physischen oder psychischen Sinne gemeint.

laie hat geschrieben:Und: gewöhn dich daran: ja, auch Atheismus ist eine Ideologie. Ich finde, sogar eine recht intolerante, mindestens aber in ihrer Naivität arrogant, arrogant gegen Andersdenkende, denen man das eigene krude Weltbild unterstellen möchte. Atheisten unterstellen gerne Gläubigen, diese würden an einen Mann mit weissem Bart glauben. "Zeigt uns den mal". Ach, ist das nicht geistreich.

Nur zur Erinnerung: Wir sind hier Naturalisten, Atheismus ist lediglich eine Unterposition in diesem Weltbild. Und ja, natürlich ist das eine Ideologie im wertneutralen Sinne, nämlich ein System von Ideen und Annahmen über die Wirklichkeit.

Was du sonst noch über Atheisten sagst, entspricht den üblichen Stereotypen. Die meisten Atheisten - zumindest hier im Forum - haben dann aber doch eine andere Ebene der Religionskritik. Was an einem gottlosen, besser noch: naturalistischen, Weltbild "krude" sein soll, hätte ich doch gerne erklärt, da es meiner Meinung nach kein logisch stringenteres gibt.
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon laie » Mi 14. Apr 2010, 15:02

Nanna hat geschrieben:
laie hat geschrieben:Nein, mein Freund: genau das ist das Problem jedes Menschen: immer muss er anderes ausschliessen, um etwas zu begreifen. Jeder Versuch, einen Gegenstand zu verstehen, zerstört diesen: am Ende bleiben dann nur noch irgendwelche Quanten übrig.


Ist das so? Muss ich ein Auto "zerstören", um zu verstehen, wie es funktioniert? Ich glaube, es gibt genug Autoenthusiasten, die eine richtiggehend emotionale Beziehung zu ihrem Auto haben und sogar noch wissen, aus welchem Metall die Kardanwelle gebaut ist und welches Teil sich wann wie bewegt. Die haben ein Auto verstanden und trotzdem bleibt es ihnen als Gesamtkunstwerk erhalten, ohne irgendwelche Zerstörungen, sei das nun im physischen oder psychischen Sinne gemeint.


Zu dem Auto möchte ich auf René François Ghislain Magritte verweisen und sein Bild: Das ist keine Pfeife. Nein Spass beiseite. Für einen Menschen, der nie ein Auto (eine Pfeife geraucht hat) gesehen hat, wird bei der Deutung dieses Gegenstandes zu irgendwas anderem kommen, vielleicht zu einem Spielzeug. Egal zu was er kommt, in dem Moment, da er das Auto (das X) definiert, schliesst er andere Möglichkeiten, was das Auto noch sein kann, aus. Das meine ich mit Zerstörung des Gegenstands. Damit ist keineswegs eine physische oder psychische Vernichtung gemeint. Aber es ist zumindest interessant, dass Du in diese Richtung denkst. Im übrigen gibt es keine Wissenschaft ohne diese Form der Zerstörung und die Erforschung solcher Reduktionen bilden einen Forschungsschwerpunkt in der Wissenschaftstheorie.

Nanna hat geschrieben:
laie hat geschrieben:Und: gewöhn dich daran: ja, auch Atheismus ist eine Ideologie. Ich finde, sogar eine recht intolerante, mindestens aber in ihrer Naivität arrogant, arrogant gegen Andersdenkende, denen man das eigene krude Weltbild unterstellen möchte. Atheisten unterstellen gerne Gläubigen, diese würden an einen Mann mit weissem Bart glauben. "Zeigt uns den mal". Ach, ist das nicht geistreich.


Nur zur Erinnerung: Wir sind hier Naturalisten, Atheismus ist lediglich eine Unterposition in diesem Weltbild. Und ja, natürlich ist das eine Ideologie im wertneutralen Sinne, nämlich ein System von Ideen und Annahmen über die Wirklichkeit.


eine Ideologie im wertneutralen Sinne. Dieser Contradictio in adjecto ist wohl nichts hinzuzufügen. Doch. Eins. Ich frage mich, warum es diesen Bedarf an einer naturalistischen Aufklärung gibt. Immerhin gab es schon Aufklärung, es wurde dort schon alles gesagt. Die Debatten waren wichtig und gut. Aufklärung ist gut. Doch die von vielen "Brights" mehr oder minder offen und aggressiv vertretene Ansicht, alle Gläubigen seien so etwas wie unterbelichtete Volltrottel, die man gnädigerweise aus ihrer Knechtschaft und ihrem Irrglauben befreien könne, ist keine Aufklärung. Das ist naive Aufklärung. Naiv, weil auch die Kinder nicht sehen, dass sie auf den Schultern von Riesen stehen, und deshalb weiter als diese schauen können.
Nanna hat geschrieben:Was du sonst noch über Atheisten sagst, entspricht den üblichen Stereotypen. Die meisten Atheisten - zumindest hier im Forum - haben dann aber doch eine andere Ebene der Religionskritik. Was an einem gottlosen, besser noch: naturalistischen, Weltbild "krude" sein soll, hätte ich doch gerne erklärt, da es meiner Meinung nach kein logisch stringenteres gibt.


für logisch stringente, aber nicht unbedingt naturalistische Weltbilder: Edward E. Evans-Pritchard: Witchcraft, Oracles, and Magic among the Zande. Faber and Faber, London 1937. Gekürzte Fassung: Hexerei, Orakel und Magie bei den Zande. Suhrkamp Verlag, Frankfurt 1978

Zitate erneut repariert! 1v6,5M
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon xander1 » So 18. Apr 2010, 23:07

laie hat geschrieben:Nein, mein Freund: genau das ist das Problem jedes Menschen: immer muss er anderes ausschliessen, um etwas zu begreifen.

Das hat aber nichts damit zu tun was man letztendlich denkt und wenn man einige Erfahrung gesammelt hat, dann denkt man nicht nur in ausschließenden Kategorien.
laie hat geschrieben:Und: gewöhn dich daran: ja, auch Atheismus ist eine Ideologie.

Nein ist er nicht. Unter dem Atheismus können sich die verschiedensten Ideologien verbergen. z.B. sind Atheisten auch Scientologen oder Buddhisten.
laie hat geschrieben:Ich finde, sogar eine recht intolerante, mindestens aber in ihrer Naivität arrogant,

Buddhisten sind also arrogant? Fundamentalistische Gläubige sind gegen dem Atheismus nicht intollerant?
laie hat geschrieben: arrogant gegen Andersdenkende, denen man das eigene krude Weltbild unterstellen möchte.

Beim Naturalismus ist das vielleicht der Fall oder Christen machen das noch viel extremer meiner Erfahrung nach, aber gemäßigte Atheisten wollen kein Weltbild verbreiten, so wie Christen oder Moslems.
laie hat geschrieben: Atheisten unterstellen gerne Gläubigen, diese würden an einen Mann mit weissem Bart glauben.

Das glaubst du doch selbst nicht. Man kann Atheisten nicht verallgemeinern, genauso kann man religiöse Menschen nicht verallgemeinern, genau das tust du aber.
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon platon » Mi 21. Apr 2010, 22:36

laie hat geschrieben:Und: gewöhn dich daran: ja, auch Atheismus ist eine Ideologie.

Ja, die Spinner sterben nicht aus. Und die Wiederholung des Unsinns macht ihn nicht sinnvoller.
Merke: Wenn Atheismus eine Ideologie ist, dann ist Nicht-Briefmarkensammeln ein Hobby und
Nicht-Fußballspielen eine Sportart.
Atheismus ist die Weigerung sich mit der Existenz angeblich nicht beweisbarer Geistwesen zu befassen.
Wer diese Weigerung als Ideologie begreift, weiß nicht was Ideologie bedeutet und hält auch das Nichtglauben an Feen, Hexen und Elfen für eine Ideologie.
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon El Schwalmo » Mi 21. Apr 2010, 22:42

platon hat geschrieben:Wenn Atheismus eine Ideologie ist, dann ist Nicht-Briefmarkensammeln ein Hobby und
Nicht-Fußballspielen eine Sportart.

so, wie Du das formulierst, ist das ein Kategorienfehler. Wenn Du 'Glaube' anstelle von 'Ideologie' geschrieben hättest, würde es anders aussehen.

platon hat geschrieben:Atheismus ist die Weigerung sich mit der Existenz angeblich nicht beweisbarer Geistwesen zu befassen.

Interessante Definition. Dann bist Du wohl kein Atheist, denn viele Deiner Postings würden sonst Sinn machen.

platon hat geschrieben:Wer diese Weigerung als Ideologie begreift, weiß nicht was Ideologie bedeutet und hält auch das Nichtglauben an Feen, Hexen und Elfen für eine Ideologie.

Ich vermute, dass niemand einem Atheisten, der den Mund hält und sich nicht mit angeblich beweisbaren Geistwesen befasst, irgendetwas vorhalten wird. Schon gar nicht wird man ihn unter Ideologieverdacht stellen.

Wenn er allerdings meint, aus seiner Weigerung, sich mit einem Thema zu befassen, ein Argument zu gewinnen, ist 'Ideologie' noch ein Euphemismus.
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon xander1 » Do 22. Apr 2010, 15:43

@El Schwalmo:

Sag ich doch: Naturalismus ist eine Ideologie, bzw. kann eine sein, ist es in den meisten Fällen, weil es ja außerdem noch den methodingsda Naturalismus gibt und den ontologischen und diese Unterscheidungen mit denen ich mich gar nicht befassen will.

Aber Atheismus alleine ist keine Ideologie, man müsste schon Atheismus eingrenzen, damit man eine Ideologie draus machen könnte.
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon laie » Do 22. Apr 2010, 19:56

platon hat geschrieben:
laie hat geschrieben:Und: gewöhn dich daran: ja, auch Atheismus ist eine Ideologie.

Ja, die Spinner sterben nicht aus. Und die Wiederholung des Unsinns macht ihn nicht sinnvoller.
Merke: Wenn Atheismus eine Ideologie ist, dann ist Nicht-Briefmarkensammeln ein Hobby und
Nicht-Fußballspielen eine Sportart.
Atheismus ist die Weigerung sich mit der Existenz angeblich nicht beweisbarer Geistwesen zu befassen.
Wer diese Weigerung als Ideologie begreift, weiß nicht was Ideologie bedeutet und hält auch das Nichtglauben an Feen, Hexen und Elfen für eine Ideologie.


Schön zu lesen, dass wenigstens Du nicht von geistesgesichtlichen Strömungen belastet siehst, die ihrerseits keine logischen Wahrheiten, nicht einmal Naturgesetze sind. Pass mal auf: Aufklärung ist kein voraussetzungsloses Phänomen, das eine Gesellschaft früher oder später ereilt. Aufklärung hat eine Geschichte. Mit dieser Geschichte sind Interessen und Begründungsstrategien verbunden. Es ist nicht verkehrt, von einer Ideologie der Aufklärung zu sprechen, ebenso wie ich von libertärer Ideologie spreche (Ideologie des Freien Marktes).
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon Nanna » Do 22. Apr 2010, 21:24

Klar ist Aufklärung eine Ideologie, Naturalismus zumindest im wertneutralen Sinne auch. Die Frage ist nur, ob man den kulturrelativistischen Weg geht und sagt, dass Ideologien normativ alle gleich zu bewerten sind (auch der Kulturrelativismus ist ironischerweise eine Ideologie), oder ob man einer bestimmten Ideologie, z.B. eben dem Naturalismus, trotzdem den Vorzug gibt, weil er bezüglich der Übereinstimmung mit empirischen Beobachtungen eine große, um nicht zu sagen: unerreichte, Stärke besitzt.
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon platon » Do 22. Apr 2010, 21:27

El Schwalmo hat geschrieben:so, wie Du das formulierst, ist das ein Kategorienfehler. Wenn Du 'Glaube' anstelle von 'Ideologie' geschrieben hättest, würde es anders aussehen.

Besser lesen, El Schwalmo! Nicht ich habe behauptet, Atheismus sei eine Ideologie, sondern laie. Im Gegenteil, ich habe es bestritten.
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon El Schwalmo » Fr 23. Apr 2010, 00:08

Unnötiges Vollzitat des Vorbeitrags entfernt. 1v6,5M
ich vermute, dass aus meinem Posting klar hervorgeht, was ich kritisiert habe. Ich habe Dein Argument bestritten, genauer, behauptet, dass es keinen Sinn macht.

Man kann es auch anders ausdrücken: 'Welche Haarfarbe hat eine Glatze?' Das wäre dann ein Argument gegen 'Atheismus ist auch ein Glaube, eben der an keinen Gott' und das macht hier Sinn. Aber dieses Beispiel auf den Begriff 'Ideologie' anzuwenden ist ein Kategorienfehler.
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon laie » Fr 23. Apr 2010, 08:59

Nanna hat geschrieben:Klar ist Aufklärung eine Ideologie, Naturalismus zumindest im wertneutralen Sinne auch. Die Frage ist nur, ob man den kulturrelativistischen Weg geht und sagt, dass Ideologien normativ alle gleich zu bewerten sind (auch der Kulturrelativismus ist ironischerweise eine Ideologie), oder ob man einer bestimmten Ideologie, z.B. eben dem Naturalismus, trotzdem den Vorzug gibt, weil er bezüglich der Übereinstimmung mit empirischen Beobachtungen eine große, um nicht zu sagen: unerreichte, Stärke besitzt.


Warum kann ich nicht frommer Christ und zugleich die "unerreichte Stärke empirischer Beobachtungen" für mich reklamieren? Ich gebe zu bedenken, dass die entscheidenden Impulse für die Aufklärung nicht irgendwelche Naturforscher und Empiristen gegeben haben - solche gab es zu allen Zeiten, auch im Mittelalter. Daß man ab dem Ende des 17. Jahrhundert empirische Beobachtungen nicht mehr ausschließlich als Argumente für die Existenz Gottes interpretiert, ist keine genuine Leistung der Naturwissenschaften, sondern geht auf Einfluss von Philosophen und Dichtern wie Rousseau, Voltaire, Buffon, Hume, Schiller, Locke, Kant usw. zurück. Sie haben überhaupt erst den Boden bereitet, auf dem die Saat der Aufklärung gedeihen konnte.

Heute freilich denken wir bei Rationalität und Aufklärung zunächst an Physik und Chemie. Die Naturwissenschaften haben die Deutungshoheit über die Aufklärung klar gewonnen, zumindest in den Köpfen der normalen Menschen. Bis heute hat Rationalität im allgemeinen Bewußtsein etwas mit "messen" zu tun, mit Gesetzen. Eben darum galt die Biologie lange Zeit überhaupt nicht als Wissenschaft, sondern als "Briefmarkensammeln". Geisteswissenschaften sind bis heute keine Wissenschaften. Wissenschaft ist Naturwissenschaft und die gibt es in dieser Ideologie erst ab dem 17. Jahrhundert. Davor waren - bis auf ein paar Ausnahmen (Kepler, Kopernikus) - alle geistig umnachtet. In dieser Rückschau ist Newton auch einfach nur der Physiker und nicht der strenggläubige Anglikaner, der in Westminster Abbey begraben liegt.
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon El Schwalmo » Fr 23. Apr 2010, 09:08

laie hat geschrieben:Warum kann ich nicht frommer Christ und zugleich die "unerreichte Stärke empirischer Beobachtungen" für mich reklamieren?

wenn Du Katholik bist, stehst Du damit in einer bewährten Tradition.

Sehr anschaulich, und in dieser Kürze kaum irgendwo sonst zu finden:

Ruse, M. (1997) 'John Paul II and Evolution' The Quarterly Review of Biology 72 (4):391-395
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon laie » Fr 23. Apr 2010, 11:23

Leider habe ich keinen Zugriff auf die von Dir genannte Quelle. Um was geht es da in etwa?
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon El Schwalmo » Fr 23. Apr 2010, 11:32

laie hat geschrieben:Leider habe ich keinen Zugriff auf die von Dir genannte Quelle. Um was geht es da in etwa?

dass die Katholiken für Christen schon immer überdurchschnittlich forschungsfreundlich waren. Die meisten Evolutionsgegner sind evangelikalische Fundis.
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon Pete » Fr 23. Apr 2010, 11:58

naja, das schon immer würde ich nicht gerade unterschreiben, aber es gibt Annäherungen. Wobei man hier allerdings unterscheiden muss, dass Papst Johannes Paul II immer noch darauf hinweist, dass Wahrheit der Wahrheit nicht widersprechen kann und die Offenbarung der Bibel Wahrheit ist und eine Evolutionstheorie (er schreibt von Evolutionstheorien) dieser folglich nicht widersprechen darf.
Folglich lehnt er all jene Theorien ab, die besagen, dass das Leben ein zufälliges Produkt sei und fügt hinzu, dass ohne den Schöpfungsakt auch nach diesen Theorien die Würde des Menschen nicht begründet werden kann. Hier sind wir dann aber schon mitten in einer ethischen Diskussion.

So lange nun wissenschaftlich keine Ursache für den Urknall oder überhaupt eine Ursache für den Beginn des Universums gefunden werden kann kann jeder Gläubige immer noch legitimer Weise an den Anfang des Ganzen einen Gott setzen.
Ehrlicherweise muss man auch zugeben, dass es keinen vernünftigen Ansatz gibt, der erklären könnte wie etwas aus dem Nichts entstehen kann.
Ein zeitloses Wesen, ohne Anfang und Ende jedoch, dass dann eine zeitliche, materielle Welt erschafft ist zumindest vorstellbar...
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon El Schwalmo » Fr 23. Apr 2010, 12:23

Pete hat geschrieben:naja, das schon immer würde ich nicht gerade unterschreiben, aber es gibt Annäherungen. Wobei man hier allerdings unterscheiden muss, dass Papst Johannes Paul II immer noch darauf hinweist, dass Wahrheit der Wahrheit nicht widersprechen kann und die Offenbarung der Bibel Wahrheit ist

eben. Aber üblicherweise wird spezifiziert, was 'Wahrheit der Offenbarung' ist. Das sind dann keine naturwissenschaftlich fassbaren Dinge mehr.

Pete hat geschrieben:und eine Evolutionstheorie (er schreibt von Evolutionstheorien) dieser folglich nicht widersprechen darf.

Vorsicht, es ist problematisch, was der Papst genau geschrieben hat. Das Original war französisch, da stand nur eine Theorie. Die englische Übersetzung war falsch, dort stehen mehrere Theorien. Allerdings muss man sagen, dass der Papst exakt das unter 'Theorie' versteht, was in der Wissenschaftstheorie üblich ist, nicht das, was umgangssprachlich unter 'Theorie' verstanden wird.

Pete hat geschrieben:Folglich lehnt er all jene Theorien ab, die besagen, dass das Leben ein zufälliges Produkt sei und fügt hinzu, dass ohne den Schöpfungsakt auch nach diesen Theorien die Würde des Menschen nicht begründet werden kann. Hier sind wir dann aber schon mitten in einer ethischen Diskussion.

Genauer: Solange die Seele des Menschen von Gott stammt, ist es egal, wie der Körper evolvierte. Das ist in etwa die Position der RKK: Gott schafft durch Zweitursachen.
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon laie » Fr 23. Apr 2010, 12:48

In diesem Zusammenhang (wie geht katholischer Glaube und empiristische Forschung zusammen) noch eine kleine Lektüre:

http://www.welt.de/wissenschaft/history ... te_1567187

viel Vergnügen
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon smalonius » Fr 23. Apr 2010, 18:35

El Schwalmo hat geschrieben:
Pete hat geschrieben:und eine Evolutionstheorie (er schreibt von Evolutionstheorien) dieser folglich nicht widersprechen darf.

Vorsicht, es ist problematisch, was der Papst genau geschrieben hat. Das Original war französisch, da stand nur eine Theorie. Die englische Übersetzung war falsch, dort stehen mehrere Theorien.

Das kenne ich anders. Aber vielleicht meinen wir auch unterschiedliche Texte.

Christliches Menschenbild und moderne Evolutionstheorien
Botschaft von Papst Johannes Paul II.an die Mitglieder der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften

[...]Genau genommen muß man eher von Evolutionstheorien sprechen als von der Theorie der Evolution. Diese Vielfalt entspricht einerseits den unterschiedlichen Ansätzen, die vorgeschlagen wurden, um den Mechanismus der Evolution zu erklären. Andererseits entspricht sie der Unterschiedlichkeit der Weltanschauungen, auf die man sich bezieht. So gibt es materialistisch-reduktionistische Lesarten und auch spiritualistische Lesarten der Evolutionstheorie. Das Urteil darüber gehört in die Kompetenz der Philosophie und darüber hinaus der Theologie.

viewtopic.php?f=6&t=2901

So falsch kann man das gar nicht übersetzen.

Jedenfalls ist es eine grobe Lüge, wenn der Vatikan behauptet, der Evolutionstheorie anzuhängen. Etikettenschwindel.

El Schwalmo hat geschrieben:Allerdings muss man sagen, dass der Papst exakt das unter 'Theorie' versteht, was in der Wissenschaftstheorie üblich ist, nicht das, was umgangssprachlich unter 'Theorie' verstanden wird.

:lachtot:

Nochmal der Papst:
Folglich sind diejenigen Evolutionstheorien nicht mit der Wahrheit über den Menschen vereinbar, die - angeleitet von der dahinter stehenden Weltanschauung - den Geist für eine Ausformung der Kräfte der belebten Materie oder für ein bloßes Epiphänomen dieser Materie halten. Diese Theorien sind im übrigen nicht imstande, die personale Würde des Menschen zu begründen.


laie hat geschrieben:In diesem Zusammenhang (wie geht katholischer Glaube und empiristische Forschung zusammen) noch eine kleine Lektüre:

http://www.welt.de/wissenschaft/history ... te_1567187

viel Vergnügen

Das nennt man wohl Revisionismus?! Der Vatikan als Wächter über korrekte Naturwissenschaft. :lachtot:

Ich zitiere mal den größten Unsinn daraus:

Was Galilei leidenschaftlich bewegte, war im Grunde ein steinalter Wissenschaftsbegriff. [...] Sehen wir ihm doch die erfundene Erfindung seines Fernrohrs nach und halten wir ihm dies zugute: Was er gesehen hatte durch sein holländisches Rohr, die Jupitermonde zum Beispiel, hatte ihn hineingerissen in den triumphierenden Taumel des Entdeckers: „Heureka!“ – Den Inquisitor Robert Bellarmin hingegen erfüllte schon damals jenes moderne Ideal der Wissenschaft, das im 20. Jahrhundert Karl Popper klassisch vertreten hat, als er lehrte, dass jede wissenschaftliche Behauptung nur Hypothese sein darf. Und dies so, dass noch die überzeugendsten Beweise für die eine Hypothese die andere nicht endgültig ausschliessen.
[...]
Je länger und aufmerksamer der Inquisitor Galileo Galilei zuhörte, desto mehr wuchsen seine Zweifel. Nicht an der alten These des Kopernikus, sondern an Galileis neuen Beweisen. Wenn es aber etwas gab, was Galileo Galileis cholerisches Temperament nicht vertrug, dann waren das die milden Zweifel eines aufgeklärten, ihm intellektuell überlegenen Inquisitors.

Fakt ist, daß Galilei das ptoelmäische System widerlegt hat, weil dort keine vollen Venusphasen auftreten können - die Venus befindet sich ptoelmäischen System immer zwischen Erde und Sonne. (Ob der Vatikan damals das System von Tycho Brahe in Betracht gezogen hat, weiß ich nicht.)

Fakt ist auch, daß Kopernikus' Buch der Umschwünge auf den Index gesetzt wurde. Das steht in krassen Widerspruch, zum dem was im Artikel geschrieben wurde.

Drittens behauptet die aristotelische Physik, daß nur die Erde Zentrum von Kreisbewegungen sein könne, was durch Galileis Entdeckung der Jupitermonde widerlegt wurde. Der Mond war keine glatte Kugel, die er als perfekter Körper der Himmelssphäre hätte sein müssen, und die Sonne als Bild Gottes hatte Flecken. Das hat denen damals überhaupt nicht in den Kram gepasst.

Viertens schreibt Galilei im Siderius Nuncius:
Vor ungefähr zehn Monaten kam uns das Gerücht zu Ohren, von einem Mann aus Flandern sei ein Sehglas konstruiert worden, mit dessen Hilfe man sichtbare Gegenstände, auch wenn sie ziemlich weit vom Auge des Betrachters entfernt sind, so klar sehe, als seien sie in der Nähe; und es wurde über einige Proben seiner wahrhaft wunderbaren Wirkung berichtet, an die die einen glaubten und die anderen nicht. [...] das war schließlich der Anlaß, daß ich mich ganz dem Erforschen der Grundlagen und dem Ersinnen der Mittel zuwandte, durch die ich zur Erfindung eines ähnlichen Instruments gelangen konnte, [...]

(aus Hamel - Geschichte der Astronomie)

Das liest sich ein klein wenig anders, als der Artikel es darstellt. Der Artikel ist geschichtsfälschender Humbug.
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Re: Warum sind Christen gegen die Evolutionslehre

Beitragvon El Schwalmo » Fr 23. Apr 2010, 18:40

smalonius hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:
Pete hat geschrieben:und eine Evolutionstheorie (er schreibt von Evolutionstheorien) dieser folglich nicht widersprechen darf.

Vorsicht, es ist problematisch, was der Papst genau geschrieben hat. Das Original war französisch, da stand nur eine Theorie. Die englische Übersetzung war falsch, dort stehen mehrere Theorien.

Das kenne ich anders. Aber vielleicht meinen wir auch unterschiedliche Texte.

nein, wir meinen denselben Text.

Wenn Du mir nicht glaubst, lies einfach

Scott, E.C. (2003) 'Creationists and the Pope's Statement [1997]'
URL: http://ncse.com/religion/creationists-popes-statement, letzter Zugriff: 15.04.2010

Du kannst auch auf

Papst Johannes Paul II (1996) 'Christliches Menschenbild und moderne Evolutionstheorien'
URL: http://www.stjosef.at/dokumente/evolutio.htm, letzter Zugriff: 26.03.2009

gehen, dort findest Du Links auf das französische Original und offizielle Übertragungen in andere Sprachen. Die englische Übertragung ist definitiv falsch.
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