Ziel der Bildung

Re: Ziel der Bildung

Beitragvon stine » Di 24. Nov 2009, 07:21

ujmp hat geschrieben:Die Eltern wissen, dass das Leben ihrer Kinder eine Reise nach Jerusalem sein wird, die schon in der Schule angefangen hat. Sie greifen zu jedem Mittel, um ihren Kindern einen guten Platz zu sichern ...
Genau das ist ja das Problem, welches ich versuche zu verdeutlichen: Man treibt sich gegenseitig!
Aber wenn das euch und euren Kindern nichts ausmacht, soll' s mir auch recht sein.

LG stine

NS: Ich hoffe nur, dass Kinderdepression und Selbstmordrate unter Jugendlichen nicht noch mehr zunehmen.
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Re: Ziel der Bildung

Beitragvon Nanna » Di 24. Nov 2009, 10:56

Konkurrenz und Wettbewerb sind grundsätzlich notwendig. Man braucht Herausforderungen und Messung an anderen ja auch, um Erfolgserlebnisse zu haben und seinen sozialen Platz zu finden. Wichtig ist dabei aber, dass den Verlierern dieses Prozesses geholfen wird.
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Re: Ziel der Bildung

Beitragvon stine » Di 24. Nov 2009, 11:04

Nanna hat geschrieben:... dass den Verlierern dieses Prozesses geholfen wird.

Mit Almosen?
Mit Hartz4?
Genau hier liegen doch die Probleme. Die, manchmal unter Qualen, erworbene Überqualifizierung der großem Masse sorgt dafür, dass immer mehr Menschen durch das Raster fallen und auf Hilfe angewiesen sind.
Ich sehe keine Verbesserung der Situation durch anschließende Geldverteilung. Weil die Menschen, die so ruhiggestellt werden sollen sich auf Dauer nicht ruhig stellen lassen. Eine hohe Kriminalisierung, Eigentumsdelikte und Gewalt, werden die Folge sein.

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Re: Ziel der Bildung

Beitragvon ujmp » Di 24. Nov 2009, 11:14

stine hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Die Eltern wissen, dass das Leben ihrer Kinder eine Reise nach Jerusalem sein wird, die schon in der Schule angefangen hat. Sie greifen zu jedem Mittel, um ihren Kindern einen guten Platz zu sichern ...
Genau das ist ja das Problem, welches ich versuche zu verdeutlichen: Man treibt sich gegenseitig!
Aber wenn das euch und euren Kindern nichts ausmacht, soll' s mir auch recht sein.


Wenn die Bewertung objektiv ist, ist es ein faires Spiel, dann wird aus der Reise nach Jerusalem, eine sportlicher Wettkampf. Ich gehe davon aus, dass von einer objektiven Leistunsgbewertung sehr viel mehr Menschen profitieren werden, als von einer semirassistsischen Statusselektion, mit der Eliten versuchen ihre Privilegien für ihre Kinder unverdient zu reproduzieren. Wenn die sich ihrer selbst so sicher wären, würden sie ja den fairen Wettbewerb nicht scheuen.

Wettbewerb muss es aber geben, oder willst du Sozialismus?
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Re: Ziel der Bildung

Beitragvon stine » Di 24. Nov 2009, 12:44

ujmp hat geschrieben:Wettbewerb muss es aber geben, oder willst du Sozialismus?
:mg: Ein guter Witz!

Im Gegenteil, ich bin für das dreistufige Schulsystem, weil es den KIndern ermöglicht, nach Leistungsfähigkeit und -willen die notwendige Ausbildung zukommen zu lassen und ich bin für Studiengebühren und Stipendiatenförderung.
Das erfordert aber bereits im Schulalter, dass man Kinder zwar wohlwollend, aber so objektiv wie möglich eingliedert und das sehe ich nicht.
Das Konzept "Bildung für alle und für alle umsonst" und schaumermal ob' s passt behandelt Bildung wie Freibier. Es dürfen alle mitmachen und es überleben die mit den stärksten Nerven.
Intelligente Kinder/Jugendliche haben meist wenig Ellenbogen und auch nicht Lust und Muse sich ihren Platz zu erkämpfen. Sie wollen einfach nur was wissen und sich Gedanken machen. Im Gegenteil dazu kämpfen sich viele frustriert durch, schaffen noch nicht einmal mit Nachhilfe, was anderen zuzufliegen scheint und geben früher oder später verzweifelt ganz auf.

Aktuelles Thema an der Uni: Bachelor und Master Abschlüsse.
Das Prinzip dahinter könnte (theoretisch) den ganzen Studienverlauf verkürzen. Wer genug Leistungspunkte zusammen hat, soll auch den Abschluss haben, die Prüfung am Ende ist dann nicht mehr so wichtig, weil die Leistungsabschnitte und Zusatzleistungen während des Studiums mehr zählen.
Die Idee hinter dem System ist nicht schlecht, fordert sie doch zum Tun auf.
Das europaweit abgestimmte Diploma Supplement gibt - neben dem Bachelor- oder Master-Zertifikat - Auskunft über das absolvierte Studium (Studienprogramm, Studieninhalte, Studienverlauf, Noten). Außerdem enthält es Informationen für Arbeitgeber oder Hochschulen über das erreichte Qualifikationslevel.
Was ist falsch daran?
Es gibt Studenten, die haben damit überhaupt keine Probleme und andere fühlen sich genervt und getrieben.
Soll man nun also wegen der Genervten und Getriebenen eine Kuschel-Uni betreiben? Aaaach ich bin ja jung ich hab ja Zeit, vielleicht nehm ich im nächsten Semester doch lieber Philosophie, schaumermal...

Hier wiederholt sich das Dilemma der überfüllten Gymnasien: Die Interessierten und Fleißigen haben das Nachsehen, weil das Gros sein "Recht auf Bildung" durchboxen möchte.

Wer nach Wettbewerb ruft, muss sich nicht wundern, wenn er dann aber auch knallhart wird.
Ich persönlich hab nichts dagegen. Ich finde nur, dass man Alternativen schaffen muss, um den Wettbewerb ehrlicher zu machen.

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Re: Ziel der Bildung

Beitragvon ujmp » Di 24. Nov 2009, 13:29

stine hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Wettbewerb muss es aber geben, oder willst du Sozialismus?
:mg: Ein guter Witz!

Im Gegenteil, ich bin für das dreistufige Schulsystem, weil es den KIndern ermöglicht, nach Leistungsfähigkeit und -willen die notwendige Ausbildung zukommen zu lassen und ich bin für Studiengebühren und Stipendiatenförderung.
Das erfordert aber bereits im Schulalter, dass man Kinder zwar wohlwollend, aber so objektiv wie möglich eingliedert und das sehe ich nicht.
Das Konzept "Bildung für alle und für alle umsonst" und schaumermal ob' s passt behandelt Bildung wie Freibier. Es dürfen alle mitmachen und es überleben die mit den stärksten Nerven.
Intelligente Kinder/Jugendliche haben meist wenig Ellenbogen und auch nicht Lust und Muse sich ihren Platz zu erkämpfen. Sie wollen einfach nur was wissen und sich Gedanken machen. Im Gegenteil dazu kämpfen sich viele frustriert durch, schaffen noch nicht einmal mit Nachhilfe, was anderen zuzufliegen scheint und geben früher oder später ganz auf.

...
Hier wiederholt sich das Dilemma der überfüllten Gymnasien: Die Interessierten und Fleißigen haben das Nachsehen, weil das Gros sein "Recht auf Bildung" durchboxen möchte.

Wer nach Wettbewerb ruft, muss sich nicht wundern, wenn er dann aber auch knallhart wird.
Ich persönlich hab nichts dagegen. Ich finde nur, dass man Alternativen schaffen muss, um den Wettbewerb ehrlicher zu machen.

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Objektive und faire Bewertungen ermöglichen es gerade erst, dass man seine Ellbogen nicht braucht. Überleben werden das alle und jeder kann einen Platz finden, der ihm entspricht (Erfahrung aus meiner Schulzeit: Niemand ist überall nur gut oder nur schlecht, Anerkennung gibt es da für jeden).
Das Problem an unserem vielgliedrigen Schulsystem ist, dass es assozial ist, es getthoisiert soziale Schichten. Es ist sicher richtig, dass die Guten unter sich besser lernen. Das bedeutet aber auch, dass ein Guter, der wegen seines sozialen Status in eine untere Schublade einsortiert wird, seiner Chancen, aus seinen Talenten etwas zu machen, beraubt wird. Und das bedeutet auch, dass jemand, der nicht ganz so gut ist, verurteilt ist, noch schlechter zu werden, weil er bei den Schlechten einsortiert wird. Das mehrgliedrige Schulsystem wird aus purem Egosismus einer privilegierten Klasse verteidigt. Dadurch verblödet Deutschland - weil der gepushte Durchschnitt an die Spitze kommt und nicht die wirklich Besten.

Ich rufe nicht nach Wettbewerb (obwohl er etwas Gutes ist). Der Wettbewerb ist so oder so schon da, man sollte ihn nur fair und zum Nutzen der Gesellschaft gestalten. Das ist eine Frage der Spielregeln.
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Re: Ziel der Bildung

Beitragvon stine » Di 24. Nov 2009, 14:03

ujmp hat geschrieben: Das bedeutet aber auch, dass ein Guter, der wegen seines sozialen Status in eine untere Schublade einsortiert wird, seiner Chancen, aus seinen Talenten etwas zu machen, beraubt wird.
Genau dieses Problem muss behoben werden und nicht, querbeet das Bildungsrecht zur Bildungspflicht für alle machen, nur damit keiner vergessen wird.

ujmp hat geschrieben:Es ist sicher richtig, dass die Guten unter sich besser lernen
Erwiesenermaßen gibt es in jeder Lernstärke Abstufungen. Indem ich zB einen guten Hauptschüler zum schlechten Gymnasiasten mache habe ich dreimal verloren:
1. weil die Hauptschule ein Zugpferd verliert
2. weil im Gymnasium auf die niedrigere Stufe Rücksicht genommen werden muss und nichts vorwärts geht
und
3. Weil sich der Schüler selbst nie beweisen kann und kein Erfolgserlebnis hat.

Wozu soll das also gut sein?

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Re: Ziel der Bildung

Beitragvon ujmp » Di 24. Nov 2009, 15:02

stine hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben: Das bedeutet aber auch, dass ein Guter, der wegen seines sozialen Status in eine untere Schublade einsortiert wird, seiner Chancen, aus seinen Talenten etwas zu machen, beraubt wird.
Genau dieses Problem muss behoben werden und nicht, querbeet das Bildungsrecht zur Bildungspflicht für alle machen, nur damit keiner vergessen wird.

Da ist ja überhaupt keine sachlicher Zusammenhang!

stine hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Es ist sicher richtig, dass die Guten unter sich besser lernen
Erwiesenermaßen gibt es in jeder Lernstärke Abstufungen. Indem ich zB einen guten Hauptschüler zum schlechten Gymnasiasten mache habe ich dreimal verloren:
1. weil die Hauptschule ein Zugpferd verliert
2. weil im Gymnasium auf die niedrigere Stufe Rücksicht genommen werden muss und nichts vorwärts geht
und
3. Weil sich der Schüler selbst nie beweisen kann und kein Erfolgserlebnis hat.

Wozu soll das also gut sein?

LG stine


Deine Aussage beruht auf der erwiesenermaßen falschen Vorraussetzung, dass die Sortierung in Schubladen nach Leistungskriterien geschieht. Das Leiden von einigen überforderten Gymnasiasten resultiert eben gerade daraus, dass sie wegen des Status ihrer Eltern im Gymnasium gelandet sind.

Ich glaube auch nicht, dass die Fächerung unsres Schulsystems die Fächerung der Leistungsfähigkeiten der Schüler wiederspiegelt, so unterschiedlich sind die Menschen nicht. Man spart sich nur die Mühe, in Menschen mit schlechteren Ausgangsbedingungen zu investieren. Am Ende werden aber alle draufzahlen, weil Deutschland dadurch seine Human-Resources verschenkt.
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Re: Ziel der Bildung

Beitragvon stine » Di 24. Nov 2009, 16:33

ujmp hat geschrieben:Am Ende werden aber alle draufzahlen, weil Deutschland dadurch seine Human-Resources verschenkt.
Hier sind wir uns einig, wenn auch mit anderer Begründung.
Man wird die guten Schüler solange knebeln und die Abituranforderungen solange herunterschrauben, bis alle einen Gymnasialabschluss schaffen können. Dann wird man die Universitäten zur Berufsschule deklarieren und alle sind zufrieden.

LG stine

NS: Danach wird man eine höhere Bildungseinrichtung erfinden müssen, für die Wissenschaftler und Forscher. Damit geht der ganze Zirkus von vorne los.
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Re: Ziel der Bildung

Beitragvon ujmp » Di 24. Nov 2009, 17:17

stine hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Am Ende werden aber alle draufzahlen, weil Deutschland dadurch seine Human-Resources verschenkt.
Hier sind wir uns einig, wenn auch mit anderer Begründung.
Man wird die guten Schüler solange knebeln und die Abituranforderungen solange herunterschrauben, bis alle einen Gymnasialabschluss schaffen können. Dann wird man die Universitäten zur Berufsschule deklarieren und alle sind zufrieden.


Die Anforderungen sollen ja gar nicht gesenkt werden, sondern 1. soll das Kriterium für den Zugang zu besserer Bildung nicht der soziale Status der Eltern sein sondern es müssen möglichst objektive Leistungskriterien sein. 2. soll das Schulsystem so gestaltet werden, dass man diese Anforderungen auch mit schlechteren Vorraussetzungen erfüllen kann. Wenn ein Kind die deutsche Sprache nicht beherrscht, kann es so intelligent sein, wie es will, es wird dem Unterricht nicht folgen können. Die Investition, es in eine Sprachschule zu schicken wird sich doppelt und dreifach für die Gesellschaft auszahlen, wenn nämlich das Kind später statt in einem Job mit 1.500 Brutto in einem Job mit 3.000 Brutto oder mehr arbeitet, und dementsprechend Steuern, Rentenbeiträge und Sozialversicherung bezahlt. Es ist also sehr dumm, so etwas zu unterlassen, wenn es die Entfaltung des Kindes befördert. Auch Kinder aus bildungsfernen Schichten kommen mit einem viel schlechteren Rüstzeug in die Schule. Das von dir befürwortete Schulsystem nimmt diese Nachteile einfach als gegeben hin. Und zwar zum Vorteil privilegierter Schichten, was der eigentliche Grund dafür ist, dass es dieses System noch gibt.
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Re: Ziel der Bildung

Beitragvon stine » Di 24. Nov 2009, 22:02

ujmp hat geschrieben:Vorteil privilegierter Schichten, was der eigentliche Grund dafür ist, dass es dieses System noch gibt.
Glaub mir, die privilegierten Schichten haben dieses System längst verlassen! Da gibt es ganz andere Einrichtungen, von denen du und ich nur entfernt gehört haben.

ujmp hat geschrieben:1. soll das Kriterium für den Zugang zu besserer Bildung nicht der soziale Status der Eltern sein
Ist es doch nicht mehr. Also hier bei uns wenigstens nicht. Es ist sogar genau umgekehrt, nämlich die Arbeiterklasse stürmt in neu entdeckter Bildungswut die Gymnasien und viele Bessergestellte lassen ihre KInder mit weniger Druck erst mal die Realschule machen, um die spätere Reife der Kinder für den zweiten Bildungsweg zu nutzen. (Wobei es mir graut in Arbeiterklasse und Bessergestellte zu teilen. Das ist warmgehaltener Klassenkampf abgewählter Genossen.)

ujmp hat geschrieben:Die Investition, es in eine Sprachschule zu schicken wird sich doppelt und dreifach für die Gesellschaft auszahlen, wenn nämlich das Kind später statt in einem Job mit 1.500 Brutto in einem Job mit 3.000 Brutto oder mehr arbeitet, und dementsprechend Steuern, Rentenbeiträge und Sozialversicherung bezahlt.
Die Sprachschule gibt es meines Wissens längst, müsste halt besucht werden, da muss einfach familiäres Interesse da sein.
Ob letztlich aus jedem Uni-Abgänger ein guter Steuerzahler wird oder ein ganz gerissener Steuerbetrüger weiß man auch nicht.

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Re: Ziel der Bildung

Beitragvon platon » Di 24. Nov 2009, 23:07

stine hat geschrieben:Ob letztlich aus jedem Uni-Abgänger ein guter Steuerzahler wird oder ein ganz gerissener Steuerbetrüger weiß man auch nicht.

Naja, die Hauptschülerin mit der Verkäuferkarriere bei Lidl oder Penny wird auch keine gute Steuerzahlerin, wovon auch?
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Re: Ziel der Bildung

Beitragvon Nanna » Di 24. Nov 2009, 23:31

stine hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Vorteil privilegierter Schichten, was der eigentliche Grund dafür ist, dass es dieses System noch gibt.
Glaub mir, die privilegierten Schichten haben dieses System längst verlassen! Da gibt es ganz andere Einrichtungen, von denen du und ich nur entfernt gehört haben.

Ne, mit "glauben" fangen wir hier gar nicht an...
Es sind nicht die privilegierten Schichten, die das staatliche System zunehmend verlassen, sondern die gebildeten und zwar unabhängig von der Einkommenssituation. Es gab dazu kürzlich eine Studie, die die SZ auch getitelt hat und die in der Beziehung sehr eindeutig war. Die Gebildeten, so war der Tenor, wissen Angebote einfach besser zu nutzen, weil sie wissen, wie man an sie rankommt, selbst, wenn man wenig Geld hat.

stine hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:1. soll das Kriterium für den Zugang zu besserer Bildung nicht der soziale Status der Eltern sein
Ist es doch nicht mehr. Also hier bei uns wenigstens nicht. Es ist sogar genau umgekehrt, nämlich die Arbeiterklasse stürmt in neu entdeckter Bildungswut die Gymnasien und viele Bessergestellte lassen ihre KInder mit weniger Druck erst mal die Realschule machen, um die spätere Reife der Kinder für den zweiten Bildungsweg zu nutzen. (Wobei es mir graut in Arbeiterklasse und Bessergestellte zu teilen. Das ist warmgehaltener Klassenkampf abgewählter Genossen.)

Kannst du das mit Zahlen belegen? Dass nicht alle Reichen und Mächtigen den Fokus auf Bildung legen, zeigt ja schon o.g. Studie. Dass aber im Umkehrschluss die (bisher) eher ungebildeten Schichten jetzt auf einmal den Run auf die höheren Bildungsinstitutionen begonnen haben, ist mir in der Form nicht bekannt.

stine hat geschrieben:Ob letztlich aus jedem Uni-Abgänger ein guter Steuerzahler wird oder ein ganz gerissener Steuerbetrüger weiß man auch nicht.

Was durchaus mehr von einem Argument in sich trägt, als ich zugeben mag. Ich frage mich schon seit längerer Zeit, ob die Dummhaltung von Teilen der Gesellschaft nicht doch auch politisch gewollt ist. Wir haben so viele Lehrer in den Parlamenten, dass die Schulen eigentlich die stärkste Lobbygruppe im Parlament haben, was sich aber auffälligerweise nicht für sie auszahlt. Ich hasse eigentlich Verschwörungstheorien, aber ich frage mich doch manchmal sehr, ob gerade die konservativen Politiker Angst haben, sich mit besserer Bildung ihre eigene Wählerklientel wegzuzüchten und dann am Ende noch bewusst lebende, sparende, wohlüberlegende Konsumenten zu bekommen, die das Wachstum abwürgen.
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Re: Ziel der Bildung

Beitragvon ujmp » Di 24. Nov 2009, 23:44

Nanna hat geschrieben: Ich hasse eigentlich Verschwörungstheorien, aber ich frage mich doch manchmal sehr...


Politik nutzt immer jemandem - das dumme ist nur, ich gehör nie dazu! (Georg Schramm)
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Re: Ziel der Bildung

Beitragvon Nanna » Mi 25. Nov 2009, 00:26

Die Theorie, dass irgendwer dumme Bürger will, ist mir übrigens auch von Schramm in den Kopf gesetzt worden.
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Re: Ziel der Bildung

Beitragvon stine » Mi 25. Nov 2009, 08:22

Nanna hat geschrieben:aber ich frage mich doch manchmal sehr, ob gerade die konservativen Politiker Angst haben, sich mit besserer Bildung ihre eigene Wählerklientel wegzuzüchten und dann am Ende noch bewusst lebende, sparende, wohlüberlegende Konsumenten zu bekommen, die das Wachstum abwürgen.
"Dumme" Bürger?
Die Parteien möchten also dumme Bürger um für sie sorgen zu können, damit sie von den so versorgten in Abhängigkeit lebenden wieder gewählt werden?
Dann müsste aber nochmal ordentlich darüber nachgedacht werden, WELCHE Partei dieses Prinzip am meisten verfolgt!!!

platon hat geschrieben:Naja, die Hauptschülerin mit der Verkäuferkarriere bei Lidl oder Penny wird auch keine gute Steuerzahlerin, wovon auch?
Und davon abgesehen sind nun mal nicht eben alle Menschen gleich groß, gleich dick und gleich gescheit. Und es gibt durchaus Lebensmodelle die nicht auf Leistung bezogen sind. Ich finde das kann man respektieren.
Am snobistischsten sind doch jene, die sich durch das Studium quälen und sich hinterher als etwas besseres fühlen und denken, die Dumme an der Kasse ist sicherlich Opfer ihrer proletarischen Eltern.
Wenn das mal kein Irrtum ist.

Nanna hat geschrieben:Dass aber im Umkehrschluss die (bisher) eher ungebildeten Schichten jetzt auf einmal den Run auf die höheren Bildungsinstitutionen begonnen haben, ist mir in der Form nicht bekannt.
Dann schau mal in die örtlichen Gymnasien und erkundige dich. Was Statistiken betrifft und Veröffentlichungen sollte man sehr, sehr skeptisch sein, denn auch hier können manipulierte Daten verarbeitet werden.

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Re: Ziel der Bildung

Beitragvon platon » Mi 25. Nov 2009, 19:15

stine hat geschrieben:Ist es doch nicht mehr. Also hier bei uns wenigstens nicht. Es ist sogar genau umgekehrt, nämlich die Arbeiterklasse stürmt in neu entdeckter Bildungswut die Gymnasien und viele Bessergestellte lassen ihre KInder mit weniger Druck erst mal die Realschule machen, um die spätere Reife der Kinder für den zweiten Bildungsweg zu nutzen.

Wo wohnst Du denn? Die sog. Arbeiterklasse gibt es schon längst nicht mehr. Die "Arbeiter" der großen Firmen (und ich arbeite in einer) sind seit 15 Jahren "Werkangestellte" sie beziehen keinen Lohn mehr sondern ein Gehalt und zwar zum gleichen Zeitpunkt wie der Vorstand aufs Konto (nur geringfügig weniger). Unser Bildungsdrama spielt sich zwischen bildungsnahen und bildungsfernen Schichten ab und die sind in der Tat nicht über das Jahresgehalt korreliert auch wenn die Gutbetuchten deutlich öfter in der bildungsnahen Schicht zu finden sind.
Du hast keine Ahnung, wie schwer der zweite Bildungsweg ist, das tut sich keiner freiwillig an, der frühzeitig wusste, dass er eine höhere Bildung anstrebt. Bildungsferne Schichten schicken ihre Kinder nicht aufs Gymnasium, weil sie ihnen nicht bei den Hausaufgaben helfen können und das Geld für den Nachhilfeunterricht nicht haben.
PS: In der Pfalz und Südhessen ist vom run der Underdogs auf die Gymnasien nicht das Geringste zu spüren. Da sind weiterhin die Akademikerkinder unter sich.
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Re: Ziel der Bildung

Beitragvon stine » Mi 25. Nov 2009, 19:44

platon hat geschrieben:Die sog. Arbeiterklasse gibt es schon längst nicht mehr. Die "Arbeiter" der großen Firmen (und ich arbeite in einer) sind seit 15 Jahren "Werkangestellte" sie beziehen keinen Lohn mehr sondern ein Gehalt ...
Und genau aus diesem Grund ist es unsachlich, wenn man Einkunftsbezieher mit Arbeiterklasse betitelt und damit meint, es gäbe noch einen Stand, der zu dumm ist, sich die richtige Schule für die Kinder rauszusuchen.

platon hat geschrieben:Unser Bildungsdrama spielt sich zwischen bildungsnahen und bildungsfernen Schichten
Der Ruf nach besserer Bildung kann somit nur den sogenannten "bildungsfernen Schichten" gelten und da auch für sie die Schule umsonst ist, muss es an etwas anderem liegen, dass sie nicht wollen. Ein ganzes System auf den Kopf stellen zu wollen um ein paar Begabte aus diesem Pool zu klauben finde ich schon riskant. Hier müssen einfach die Lehrer an der Front für bessere Förderung sorgen. Sie können doch ihre Schüler am ehesten einordnen und im Bedarfsfall auch für Stipendien sorgen.
Wenn man an unserem System etwas verbessern muss, dann überhaupt nur dies: Mehr Lehrer an die Front schicken!

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Re: Ziel der Bildung

Beitragvon platon » Mi 25. Nov 2009, 19:46

Ich wüßte aber doch gerne noch, wo Deine Arbeiterklasse in neu entdeckter Bildungswut die Gymnasien stürmt. Oder war das nur so eine Vermutung von Dir?
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Re: Ziel der Bildung

Beitragvon platon » Mi 25. Nov 2009, 19:51

stine hat geschrieben: ... und da auch für sie die Schule umsonst ist, muss es an etwas anderem liegen, dass sie nicht wollen.

Du hast keine schulpflichtigen Kinder, richtig? Schule ist nicht umsonst, aber das ist nicht das Problem. Das Problem unseres grandiosen Halbtags-Schulsystems ist der fest eingeplante "Hilfslehrer Mutti". Mütter aus bildungsfernen Schichten können diese Aufgabe nicht schultern und schicken ihre Kinder deshalb nicht auf höhere Schulen, weil sie auch nicht das Geld für den evtl. Nachhilfeunterricht haben.
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