Ziel der Bildung

Re: Ziel der Bildung

Beitragvon stine » Mi 18. Nov 2009, 08:55

platon hat geschrieben:
stine hat geschrieben:Die gute Arbeit einer Mutter und Hausfrau ist auch heute noch am Nachwuchs sichtbar, auch wenn das keiner wahrhaben will.

Ach woher, es gibt so ne und so ne! Ich kenne berufstätige Mütter mit tadellosen Kindern und Heimmuttchen mit total verzogenen Gören genauso wie das umgekehrte Beispiel. Du hättest die Korrelation´wohl gerne, aber so einfach ist das nicht!

Wer sagt denn, dass eine Berufstätige keine gute Hausfrau und Mutter mehr sein kann?
Meine Aussage war, dass man die gute Arbeit einer Hausfrau und Mutter am Nachwuchs erkennen kann - merkst du was?
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Re: Ziel der Bildung

Beitragvon stine » Mi 18. Nov 2009, 08:57

platon hat geschrieben:
stine hat geschrieben:So etwas dürfte gar nicht vorkommen, in einer Gesellschaft, die ständig behauptet, wir bräuchten mehr Bildung!

Auch an der Hochschule wird am Bedarf vorbei ausgebildet.
Es gibt Assyriologen und Ägyptologen und Politologen - in jedem Fall aber viel mehr als wir brauchen!

Da wäre es eben besser gewesen Spengler, Elektriker oder Heizungsmontuer zu werden, davon haben wir nämlich zuwenig.

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Re: Ziel der Bildung

Beitragvon platon » Mi 18. Nov 2009, 19:57

stine hat geschrieben: Spengler, Elektriker oder Heizungsmonteur zu werden, davon haben wir nämlich zuwenig.

Meinst Du wirklich? Die müssten sich aber selbständig machen, sonst haben sie keinen Job. Besser ist da schon Ingenieur. Die sind gesucht.
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Re: Ziel der Bildung

Beitragvon platon » Mi 18. Nov 2009, 19:59

stine hat geschrieben:Meine Aussage war, dass man die gute Arbeit einer Hausfrau und Mutter am Nachwuchs erkennen kann

Nein, Deine Aussage war, dass die Erziehung gut ist, wenn Mutti zuhause bleibt!
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Re: Ziel der Bildung

Beitragvon spacetime » Mi 18. Nov 2009, 21:23

platon hat geschrieben:Besser ist da schon Ingenieur. Die sind gesucht.

Dieser Trend hat sich übrigens auch umgekehrt, denn es sind generell immer mehr Hochschulabsolventen arbeitslos. Alles hängt jetzt davon ab, wie der Aufschwung nach der Krise verläuft. Über neue Schulden wird man keinen Boom erzeugen können, wenn überhaupt durch weiterhin sehr niedrige Zinsen. Ich lege mich da jetzt noch nicht fest, aber eine reine Banken- und Versicherernation hat mittelfristig keine Zukunft. Deshalb wird ein guter Handwerker bald so viel verdienen wie ein Ingenieur, zumindest in Deutschland. Meine Meinung.
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Re: Ziel der Bildung

Beitragvon stine » Mi 18. Nov 2009, 21:53

platon hat geschrieben:
stine hat geschrieben:Meine Aussage war, dass man die gute Arbeit einer Hausfrau und Mutter am Nachwuchs erkennen kann

Nein, Deine Aussage war, dass die Erziehung gut ist, wenn Mutti zuhause bleibt!
Es wäre für die Mutti leichter, wenn sie nebenbei keinen anderen Job machen müsste, das ist richtig, aber die Aussage war eindeutig: Gute Erziehung kann man (auch heute noch) am Nachwuchs erkennen.

:baby-huepf:
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Re: Ziel der Bildung

Beitragvon platon » Sa 21. Nov 2009, 22:47

stine hat geschrieben:Es wäre für die Mutti leichter, wenn sie nebenbei keinen anderen Job machen müsste

Es geht nicht ums Müssen, sondern ums Wollen!
Du kannst Dir nicht vorstellen, dass Frauen auch arbeiten gehen wollen und daran Spaß haben, oder?
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Re: Ziel der Bildung

Beitragvon Julia » So 22. Nov 2009, 11:14

stine hat geschrieben:Gute Erziehung kann man (auch heute noch) am Nachwuchs erkennen.

Ich glaube ja nicht so wirklich an Erziehung, wie schon öfter erwähnt.
Ich hatte mal einen Freundeskreis, den ich nach einem Schulwechsel (Grundschule -> Hauptschule) verloren habe, obwohl wir auf die gleiche Schule kamen, aber in verschiedene Klassen. Ich kam in eine Klasse mit einem Lehrer, der bekannt dafür war, dass er mehr Schüler noch auf die vierstufige Realschule gebracht hat als andere Lehrer und in seine Klasse hat man dann imho auch Leute gesteckt, denen man noch mehr zugetraut hat. Sie dagegen kamen in eine Klasse bei der ich den Eindruck hatte, dass man die Leute, die man in diese Klasse steckt eh schon aufgegeben hat und ich nehme an, dass diese Umgebung dann wirklich nicht förderlich war, ich halte diese Praxis für einen großen Fehler. Was erwartet man eigentlich, wenn man ausschließlich leistungsschwächere Schüler mit teilweise schlechten Deutschkenntnissen in eine Klasse steckt? Dass sie sich gegenseitig motivieren?
Während also mein bester Freund trotz durchaus vorhandener Intelligenz in der 5. Klasse zum zweiten Mal durchgefallen ist und sich einer kriminellen Jugendgruppe angeschlossen hat, habe ich mich vergleichsweise gut entwickelt, dabei kam er eigentlich aus gefestigteren Verhältnissen als ich und wurde vermutlich sogar besser erzogen, sein Vater (ursprünglich Ingenieur, hier in Deutschland hat es dann noch für einen Imbissladen gereicht) war durchaus besorgt über diese Entwicklung, konnte dem Einfluss der neuen Freunde seines Sohns aber nichts entgegen setzen.

Ziel der Bildung?
Ich denke also, dass es nicht nur entscheidend ist was man den Leuten versucht beizubringen, sondern auch in welchem Umfeld man das tut. Wenn es das Stadtviertel, in dem man aufwächst oder die Klasse, die man besuchst, ist, die über unseren Werdegang mitentscheidet müssen solche Faktoren auch stärker berücksichtigt werden.
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Re: Ziel der Bildung

Beitragvon stine » So 22. Nov 2009, 11:55

platon hat geschrieben:
stine hat geschrieben:Es wäre für die Mutti leichter, wenn sie nebenbei keinen anderen Job machen müsste

Es geht nicht ums Müssen, sondern ums Wollen!
Du kannst Dir nicht vorstellen, dass Frauen auch arbeiten gehen wollen und daran Spaß haben, oder?
Kann sein, dass du den Verlauf der Posts aus den Augen verloren hast, ist ja auch nachvollziehbar, bei all dem anderen, was man sonst noch so zu tun hat.
Ursprünglich ging es mir nicht darum, ob Frauen arbeiten wollen oder nicht, sondern es ging mir einzig darum, festzustellen, dass man am Nachwuchs erkennt, ob zu Hause alles in Ordnung ist. Egal, wie diese Ordnung aussieht.

Julia hat geschrieben:Wenn es das Stadtviertel, in dem man aufwächst oder die Klasse, die man besuchst, ist, die über unseren Werdegang mitentscheidet müssen solche Faktoren auch stärker berücksichtigt werden.
Geb ich dir vollkommen recht! Ein Schulwechsel kann oft das Leben entscheidend beeinflussen. In beiden Richtungen.
Die Frage ist, erkennen die Eltern die Gefahr rechtzeitig? Wie teilen sich die Jugendlichen noch zu Hause mit? Erfährt diese Mitteilung noch eine Resonanz, wenn ja, welche?
Nur traurig sein hilft eben nichts. Der familiäre Zusammenhalt und das gemeinsame Agieren ist wichtiger denn je. Damit meine ich nicht die Rache von verletzter Familienehre, sondern die gemeinsame Anstrengung einen Platz in einer Gesellschaft zu finden, die es einem von sich aus nicht gerade leicht macht. Und genau dies ist Arbeit: Familienarbeit.
Wo jeder für sich alleine und sein Fortkommen kämpft, werden mehr und mehr auf der Strecke bleiben. Wer sich innerhalb der Familie kümmert ist doch letztlich egal, Vater, Mutter, Oma, Opa, Kinderfrau oder bezahlter Familienmanager (jackle), aber es MUSS da jemand sein, der sich um den Nachwuchs kümmert. Selbst wenn dieser das früher oder später nicht möchte.
Solange jemand nicht volljährig ist, muss er Rückhalt in der Familie finden können.
Der Staat und staatliche Einrichtungen können kein Ersatz sein, allenfalls eine Notlösung.

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Re: Ziel der Bildung

Beitragvon platon » So 22. Nov 2009, 21:13

stine hat geschrieben:Kann sein, dass du den Verlauf der Posts aus den Augen verloren hast, ist ja auch nachvollziehbar, bei all dem anderen, was man sonst noch so zu tun hat.
Ursprünglich ging es mir nicht darum, ob Frauen arbeiten wollen oder nicht, sondern es ging mir einzig darum, festzustellen, dass man am Nachwuchs erkennt, ob zu Hause alles in Ordnung ist. Egal, wie diese Ordnung aussieht.

Kann es sein, dass Du den Beginn Deines eigenen threads aus den Augen verloren hast?
Da schriebst Du von:
Ich möchte an dieser Stelle einmal die Diskussion aufwerfen, was unter "besserer Bildung" eigentlich verstanden wird und welche Ziele mit ihr erreicht werden sollen.
Ist der "bessere" Beruf der Hochschulprofessor, weil er mehr verdient und deswegen höheres Ansehen genießt?
Wohin wollen wir eigentlich als Gesellschaft?


und nichts von arbeitenden oder nicht arbeitenden Frauen. Und nichts vom Nachwuchs, dem man das Elternhaus - wie auch immer - ansieht.

stine hat geschrieben:Solange jemand nicht volljährig ist, muss er Rückhalt in der Familie finden können.
Der Staat und staatliche Einrichtungen können kein Ersatz sein, allenfalls eine Notlösung.

Es sind genau diese Leute, die in ihrer Familie keinen Rückhalt finden, die die Probleme unserer Gesellschaft darstellen und bei denen der Staat korrigierend eingreifen muss. Und es werden immer mehr.
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Re: Ziel der Bildung

Beitragvon Nanna » So 22. Nov 2009, 21:17

Falls Gott stine geschaffen hat, war
seine Hauptsorge sicher nicht,
sie so zu machen, dass wir
sie verstehen können.

*SCNR* ;-)


Um damit jetzt mal zum Anfang zurückzukehren:
Der Hochschulprofessor hat keinen "besseren" Beruf im Sinne eines normativ hochwertigeren, aber natürlich dürfte er insgesamt höher gebildet sein als der Bevölkerungsdurchschnitt, d.h. eine größere analytische Kompetenz und mehr Fach- aber auch Allgemeinwissen haben. Ich finde schon, dass das Eigenschaften sind, von denen niemand genug haben kann.
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Re: Ziel der Bildung

Beitragvon stine » So 22. Nov 2009, 22:30

Gibt es das überhaupt, genug Bidlung? Im Sinne von: jetzt weiß ich alles?
Das ist unmöglich. Und, wer intelligent ist, bleibt sowieso ein Leben lang neugierig und bildet sich auch ohne Zwang mit Freude weiter.

Wo ist das Ziel der Bildung sollte nur die Frage aufwerfen, wieviel Bildung braucht der Broterwerb? Wieviel Bildung braucht die Arbeitsstelle die ich künftig besetzen möchte? Ich denke nämlich, dass derzeit fast überall viel zu hohe Ansprüche an die Bewerber freier Stellen gestellt wird.
Die Unis sind voll, die Berufe sterben aus. Die Ansprüche an stinknormale Angestellte sind inflationär in die Höhe geschraubt worden, als ob jede Fachkraft einen Uniabschluss bräuchte. Idealerweise besitzt man heute einen Abschluss als Hochschulprofessor und hat mehrere Jahre im Ausland studiert, nur um festzustellen, dass man immer noch nicht gut genug ist, um als Führungskraft in einem Autohaus zu arbeiten. (übertrieben gesagt)

Der Ruf nach besserer Bildung kann überhaupt nur die Hauptschulen betreffen. Die Basisausbildung für Jedermann. Und dazu gehört nicht nur die Wissensvermittlung, sondern auch die Bildung der Persönlichkeit.
Wer es bis an die Universität geschafft hat, ist für das Berufsleben mehr als gut vorbereitet, hier bedarf es nicht besserer Bildung, sondern besserer Arbeitsmöglichkeiten im Anschluss, weil, wie schon erwähnt, nicht jeder in Forschung und Wissenschaft tätig sein kann und sein möchte.
Der Ruf nach besserer Bildung lenkt vom Problem fehlender Arbeitsmöglichkeiten im Anschluss ab und ist mE viel zu allgemein gehalten. Der Ruf nach Ausbildungsplätzen müsste lauter hallen, als der nach Bildung.

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Re: Ziel der Bildung

Beitragvon Nanna » So 22. Nov 2009, 22:42

Ausbildungsplätze bringen genausowenig wie Uniplätze, wenn kein Markt für die Absolventen da ist, nur dass man sich als Uniabsolvent notfalls noch breiter bewerben kann als jemand, der ausschließlich eine bestimmte handwerkliche Tätigkeit gelernt hat.

Über die Erwartungen an Bewerber kann ich nichts sagen, teilweise mag das sicherlich zutreffen (der 20-jährige mit drei 1,0-Abschlüssen, 5 Jahren Berufserfahrung, davon 3 im Ausland und fünf Sprachen fließend, den die Wirtschaft so gerne hätte). Ob man das aber gerade in dem Bereich sagen kann, den du immer ansprichst, nämlich dem Ausbildungsgewerbe, mag mal dahingestellt sein. Dass ein Elektriker keinen anstellen kann, der die vier Grundrechenarten nicht beherrscht, ist klar, aber im Punkt Hauptschulen sind wir uns ja sowieso einig. Allerdings unterstütze ich deinen Ruf nach mehr Ausbildungsplätzen. In ein paar Jahren geht der große Schwung Babygeboomter in Rente, dann haben wir mit einem eklatanten Fachkräftemangel zu kämpfen, den wir nicht wie üblich durch schwarzarbeitende Osteuropäer decken werden können. Da sollte man schonmal "auf Vorrat" ausbilden, wenn der Markt in ein paar Jahren plötzlich eine Lücke bekommt. Aber wie immer wird man es halt erst dann realisieren und wertvolle Jahre verschenkt haben.

Dass die Ansprüche steigen hat meines Erachtens auch damit zu tun, dass es mehr höherqualifizierte Bewerber gibt, die in diese Sparten eindringen und so das Niveau heben. Das ist eine simple marktwirtschaftliche Logik. Natürlich nimmt das Unternehmen Abiturienten, wenn es die bekommen kann und offensichtlich ist das in ausreichendem Maße der Fall, sonst würde man seine Ansprüche halt wieder nach unten schrauben.
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Re: Ziel der Bildung

Beitragvon stine » So 22. Nov 2009, 22:50

Nanna hat geschrieben:Natürlich nimmt das Unternehmen Abiturienten, wenn es die bekommen kann und offensichtlich ist das in ausreichendem Maße der Fall, sonst würde man seine Ansprüche halt wieder nach unten schrauben.
Und genau das ist das Dilemma, denn damit schafft man durch mehr Bildung an der falschen Stelle mehr Arbeitslose und Hilfeempfänger und setzt infolge auch noch die kleinen Kinder in der Grundschule unter Druck, weil sie ja mal das Abitur machen müssen!
Der gesellschaftliche Trugschluss: Ohne Abi geht gar nichts mehr!

LG stine

Und was noch dazu kommt: Die wirklich Begabten leiden unter der Überbeanspruchung der höheren Bildungseinrichtungen.
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Re: Ziel der Bildung

Beitragvon Nanna » Mo 23. Nov 2009, 01:35

Das ist die Frage: Hätten wir genug Arbeit für alle? Die Aufgaben werden nunmal auch bei einfacheren Tätigkeiten komplexer oder beinhalten die Bedienung eines Computers. Wir schaffen einfache Tätigkeiten eben zunehmend durch Automatisation ab, das ist ein Trend, der nicht umkehrbar ist. Ob Dienstleistungen das alles auffangen können, weiß ich nicht, offenbar werden sie auch nicht ausreichend nachgefragt, obwohl in Deutschland ja nach wie vor Service-Wüste herrscht.
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Re: Ziel der Bildung

Beitragvon stine » Mo 23. Nov 2009, 09:03

Nanna hat geschrieben:...werden nunmal auch bei einfacheren Tätigkeiten komplexer oder beinhalten die Bedienung eines Computers.
Ob das aber schon ein Abitur benötigt?
Am meisten spornt den Menschen die Aussicht auf die Verbesserung seiner Situation an. Das ist meistens aber erst im jugendlichen Alter der Fall. Viele haben aber nicht das Interesse an abstrakten Lerninhalten, wollen nicht die Inhalte der Effie Briest aufarbeiten oder die Funktionsweise von Membran- und Transportproteinen mittels geeigneter physikalischer Verfahren wiedergeben können, was, mit Verlaub gesagt, auch gar nicht notwendig ist.
Ein gut fundiertes Basiswissen und Learning by Doing ist für die meisten Aufgaben meist ausreichend - und das auch bei uns noch! Indem wir uns gegenseitig antreiben, erreichen wir aber nur, dass sich die Gesellschaft immer mehr in Verlierer und Gewinner spaltet.

Heute Morgen sah ich einen kleinen japanischen Jungen vor mir über die Straße zur Tramhaltestelle gehen, höchstwahrscheinlich 5.Klasse, G8, 10- oder 11jährig, mit einem Ranzen auf dem Rücken, der tief in die Lendenwirbelsäule drückte, eine zusätzliche große Tasche in der Hand, mit hängenden Schultern und sichtbar lustlos. Ein Kindergesicht ohne jedes Lächeln. Ich dachte spontan an die Menschenrechtsorganisationen die sich gegen Kinderarbeit weltweit auflehnen. Und wie ist das bei uns?
Ist es keine Arbeit sich um 7 Uhr morgens schwer bepackt auf den Weg zu machen, 35 Stunden die Woche den Kopf voll zu schaufeln und immer wieder abgefragt zu werden, ob man auch ja nichts vergessen hat, sich dafür Noten geben lassen zu müssen, eingeteilt zu werden in klug oder dumm, im Winter bei Dunkelheit nach Hause zu kommen und dann noch die Hausaufgaben zu machen?
Wo bleiben denn hier die Kinderschützer?

Der Ruf nach besserer Bildung kann nicht der Ruf nach immer mehr Wissen in immer kürzerer Zeit sein. Wer mit Bildung für alle Wissen für alle fordert, macht zur Pflicht, was eigentlich eine Kür sein sollte.

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Re: Ziel der Bildung

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Mo 23. Nov 2009, 10:38

Nanna hat geschrieben:Das ist die Frage: Hätten wir genug Arbeit für alle? Die Aufgaben werden nunmal auch bei einfacheren Tätigkeiten komplexer oder beinhalten die Bedienung eines Computers.
Na und? Dafür ist absolut kein Abitur nötig. Da ist eher Praxis gefragt und der deutsche Durchschnittsabiturient hat nirgendwo Praxiserfahrung durch die Schule. Vor wenigen Jahren reichte die Mittlere Reife noch für Banken, Computerspezialisten hat fast grundsätzlich kein Abitur (naja :^^: ).
Abitur brauchte und braucht man (rein rechtlich) nur fürs Studium. Es sollte nicht um "Abitur für alle" gehen, sondern um Anpassung der Lerninhalte an das tatsächlich gebrauchte. Auch wenn ich Bildung und Wissen per se als erstrebenswert finde.
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Re: Ziel der Bildung

Beitragvon stine » Mo 23. Nov 2009, 18:44

Zitat aus Dorian Gray, von Oscar Wilde, Lord Henry zu dem Maler Basil:

„…aber es ist kein Zweifel, das Genie dauert länger, als die Schönheit. Das erklärt die Tatsache, dass wir uns alle so viel Mühe geben, uns zu überbilden. Im wilden Daseinskampf brauchen wir etwas, das dauert, und so füllen wir unseren Geist mit Geplauder und Tatsachen, in der törichten Hoffnung, unseren Platz zu behaupten. Der durch und durch unterrichtete Mann, das ist das moderne Ideal. Und der Geist dieses durch und durch unterrichteten Mannes ist etwas Schreckliches. Er gleicht einem Basarladen, voll moströsem und staubbedecktem Zeug, in dem alles über seinem wahren Wert ausgezeichnet ist.“

Ich fand, es passt hierher.

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Re: Ziel der Bildung

Beitragvon ujmp » Mo 23. Nov 2009, 18:52

stine hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:...werden nunmal auch bei einfacheren Tätigkeiten komplexer oder beinhalten die Bedienung eines Computers.
Ob das aber schon ein Abitur benötigt?
Am meisten spornt den Menschen die Aussicht auf die Verbesserung seiner Situation an. Das ist meistens aber erst im jugendlichen Alter der Fall. Viele haben aber nicht das Interesse an abstrakten Lerninhalten, wollen nicht die Inhalte der Effie Briest aufarbeiten oder die Funktionsweise von Membran- und Transportproteinen mittels geeigneter physikalischer Verfahren wiedergeben können, was, mit Verlaub gesagt, auch gar nicht notwendig ist.
Ein gut fundiertes Basiswissen und Learning by Doing ist für die meisten Aufgaben meist ausreichend - und das auch bei uns noch! Indem wir uns gegenseitig antreiben, erreichen wir aber nur, dass sich die Gesellschaft immer mehr in Verlierer und Gewinner spaltet.

Heute Morgen sah ich einen kleinen japanischen Jungen vor mir über die Straße zur Tramhaltestelle gehen, höchstwahrscheinlich 5.Klasse, G8, 10- oder 11jährig, mit einem Ranzen auf dem Rücken, der tief in die Lendenwirbelsäule drückte, eine zusätzliche große Tasche in der Hand, mit hängenden Schultern und sichtbar lustlos. Ein Kindergesicht ohne jedes Lächeln. Ich dachte spontan an die Menschenrechtsorganisationen die sich gegen Kinderarbeit weltweit auflehnen. Und wie ist das bei uns?
Ist es keine Arbeit sich um 7 Uhr morgens schwer bepackt auf den Weg zu machen, 35 Stunden die Woche den Kopf voll zu schaufeln und immer wieder abgefragt zu werden, ob man auch ja nichts vergessen hat, sich dafür Noten geben lassen zu müssen, eingeteilt zu werden in klug oder dumm, im Winter bei Dunkelheit nach Hause zu kommen und dann noch die Hausaufgaben zu machen?
Wo bleiben denn hier die Kinderschützer?

Der Ruf nach besserer Bildung kann nicht der Ruf nach immer mehr Wissen in immer kürzerer Zeit sein. Wer mit Bildung für alle Wissen für alle fordert, macht zur Pflicht, was eigentlich eine Kür sein sollte.

LG stine


Die Kinder von heute werden, wenn sie erwachsen sind, eher dankbar sein, dass sie als Kinder maximal gefordert wurden. Sie konkurrieren dann nämlich mit Mitbewerbern aus der ganzen Welt. Es ist auch nicht gesagt, dass bessere Bildung und mehr Wissen für Kinder mit mehr Mühe verbunden sein muss. Die Qualität der Lehrer und des Lehrplanes spielt dabei auch eine sehr große Rolle.

Es geht bei Benotungen auch nicht darum, in eine Schublade gesteckt zu werden, sondern darum, sich selbst einschätzen zu können. Im späteren Leben müssen die Kinder auch damit klar kommen, dass sie sich mit ihren Fähigkeiten irgendwo einordnen müssen, dass es möglicherweise Bessere gibt, als sie. Warum sollen sie das nicht schon in der Schule lernen? Speziell Jungs lernen auch besser, wenn sie Konkurrenz spüren. Das ganze Leben wird man sie bewerten.

Und, wie wir schon irgendwo diskutiert haben, werden sie ja so oder so in eine Schublade gesteckt - nur, wenn dies nicht nach objetiven Leistungskriterien beschieht, wonach dann? - nach dem Status der Eltern! Nur deshalb ist die Geringschätzung von Benotungen so populär. Irgend jemand hat wohl auch nachgewiesen, dass Eltern i.d.R. eine überzogen (!) hohe Meinung von den eigenen Kücken haben. Die Eltern wissen, dass das Leben ihrer Kinder eine Reise nach Jerusalem sein wird, die schon in der Schule angefangen hat. Sie greifen zu jedem Mittel, um ihren Kindern einen guten Platz zu sichern und hassen deshalb Objektivität (wenn der Kleine nicht gerade nur Einsen nach Hause bringt).
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Re: Ziel der Bildung

Beitragvon platon » Mo 23. Nov 2009, 23:53

stine hat geschrieben:Heute Morgen sah ich einen kleinen japanischen Jungen vor mir über die Straße zur Tramhaltestelle gehen, höchstwahrscheinlich 5.Klasse, G8, 10- oder 11jährig, mit einem Ranzen auf dem Rücken, der tief in die Lendenwirbelsäule drückte, eine zusätzliche große Tasche in der Hand, mit hängenden Schultern und sichtbar lustlos. Ein Kindergesicht ohne jedes Lächeln. Ich dachte spontan an die Menschenrechtsorganisationen die sich gegen Kinderarbeit weltweit auflehnen. Und wie ist das bei uns?
Ist es keine Arbeit sich um 7 Uhr morgens schwer bepackt auf den Weg zu machen, 35 Stunden die Woche den Kopf voll zu schaufeln und immer wieder abgefragt zu werden, ob man auch ja nichts vergessen hat, sich dafür Noten geben lassen zu müssen, eingeteilt zu werden in klug oder dumm, im Winter bei Dunkelheit nach Hause zu kommen und dann noch die Hausaufgaben zu machen?

Ach du meine Güte, rettet die versklavten kleinen japanischen Jungen!
Meine Kinder gehen seit 9 bzw. 5 Jahren wöchentlich 34-36 Schulstunden zur Schule (vorher halbtags) und es macht ihnen Spaß (sofern die Schule überhaupt Spaß macht, also mal mehr, mal weniger). Sie haben untertags auch noch jede Menge Freizeit, die sie mit ihren Freunden verbringen, die logischerweise auf der gleichen Schule sind. Das ist für Kinder kein Problem. Wie kommst Du darauf, sie würden unter der Schule leiden? Wenn sie das tun, hat es andere Gründe.
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