Verbessert Naturalismus die Welt bzw. die Religionslosigkeit

Verbessert Naturalismus die Welt bzw. die Religionslosigkeit

Ja
8
57%
Nein
2
14%
Vielleicht
3
21%
Weiß ich nicht
1
7%
 
Abstimmungen insgesamt : 14

Re: Verbessert Naturalismus die Welt bzw. die Religionslosigkeit

Beitragvon ujmp » Sa 15. Aug 2009, 12:44

russellsteapot hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Die Frage lautet ob der Naturalismus die Welt verbessert , es geht nicht um Naturlalisten und sonstige Isten.
Naturalismus als weltanschauliches Konzept verbessert m.E. schon die Welt. Wie oben schon gesagt, verdanken wir den wissenschaftlichen Fortschritt z.B. in der Medizin oder der Technik naturalistischen Methoden. Das Jahrtausende währende Gebet der Christen hat da nicht viel bewirkt. Auch soziale Fortschritte, wie die Gleichberechtigung der Frau oder die Entstigmatisierung der Homosexualität, Menschenrechte u.v.a.m, verdanken wir naturalistischen Konzepten, auch wenn sie von von bekennenden Nicht-Naturalisten vetreten wurden. Ein Gregor Mendel hat seine Entdeckungen gemacht, in dem er versucht hat, die Natur (nicht die Bibel) zu verstehen. Und was er entdeckt hat, ist für jeden Menschen, gleich was für ein Ist er ist, überprüfbar.


Hmmm das ist auch der falsche Ansatz. Sicher, der wissenschaftliche Fortschritt beruht auf naturalistischen Methoden, doch war/ist die Motivation dahinter die, dass Wissen rein des Wissens wegen der Natur abgetrotzt wird? Ich würde klar antworten: Nein! So gesehen müsste man eher provokant fragen: Verbessert Krieg die Welt? Unzählige wissenschaftliche Meilensteine wurden durch den Krieg ermöglicht... Verbessert der Drang nach Reichtum die Welt? Forschung heutzutage ist zu grossen Teilen gewinnorientiert und nicht des pro bono wegen... :/


Die "Motivation" (wenn man zugesteht, dass es so etwas gibt), ist optimaler Weise der Drang, Probleme zu lösen. Als Methode oder genauer gesagt, als weltanschauliche Grundlage zum Aufstellen von Methoden hat sich der Naturismus als erfolgreich herausgestellt. Niemand geht heute noch zum Medizinmann, man geht in die Apotheke. Und nur wenige diskutieren darüber, ob eine Erkältung oder Asthma oder Kopfschmerzen wirklich Probleme sind.

Man könnte noch fragen ob Naturalismus alleine die Welt verbessert. Das wäre m.e. eher diskutabel.
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Re: Verbessert Naturalismus die Welt bzw. die Religionslosigkeit

Beitragvon Nanna » Sa 15. Aug 2009, 13:57

Wie wäre es, wenn wir uns erstmal darüber Gedanken machen, was als "besser" definiert werden soll? Wenn man sich nicht klar über das Ziel ist, braucht man über den Weg ja erst gar nicht reden.
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Re: Verbessert Naturalismus die Welt bzw. die Religionslosigkeit

Beitragvon xander1 » Sa 15. Aug 2009, 16:35

Besser könnte sein und muss nicht sein: moralischer, effizienter, produktiver, sozialer, glücklicher, schmerzfreier, freier, schlauer, schöner, fortschrittlich, fortschrittskritischer, kritischer, usw.


Es soll übrigens nachgewiesen sein, dass das Christentum Schmerz betäubt, stand in der Telepolis.
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Re: Verbessert Naturalismus die Welt bzw. die Religionslosigkeit

Beitragvon ujmp » Sa 15. Aug 2009, 18:12

Nanna hat geschrieben:Wie wäre es, wenn wir uns erstmal darüber Gedanken machen, was als "besser" definiert werden soll? Wenn man sich nicht klar über das Ziel ist, braucht man über den Weg ja erst gar nicht reden.


Ich glaube, wenn wir das Ziel suchen, kommt eine Ideologie heraus. Man sollte einfach im Einzelfall sehen, wie man Probleme am besten löst. Leben wir lieber mit elektrischem Strom oder ohne? Werden wir lieber 80 Jahre alt oder genügen uns 40? Wollen wir die Medizin oder nehmen wir lieber eine Kindersterblichkeit von 10 Prozent hin. usw. Und dann muss man sich nur noch fragen, ob diese Errungenschaften auf Religion oder eher auf Naturalismus beruhen.
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Re: Verbessert Naturalismus die Welt bzw. die Religionslosigkeit

Beitragvon platon » Sa 15. Aug 2009, 19:21

xander1 hat geschrieben:Es soll übrigens nachgewiesen sein, dass das Christentum Schmerz betäubt, stand in der Telepolis.

Wie ist das jetzt gemeint? Im Sinne von: die merken doch überhaupt nichts mehr? Oder wie?
Im übrigen: was verstehst Du unter moralischer? Sollen die Menschen moralischer werden? Ich hoffe nicht!
Ethischer ja, aber moralischer? Da sein Hugo vor!!!
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Re: Verbessert Naturalismus die Welt bzw. die Religionslosigkeit

Beitragvon Atanar » Sa 15. Aug 2009, 22:18

Meiner Meinung nach regt ein naturalistisches Bild an, reflektiert über die eigenen Handlungen nachzudenken. Und Naturalisten sprengen sich eigentlich nicht in die Luft. :explodieren:
Ach ja:Ich hab Nein angekreutzt aus versehen...
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Re: Verbessert Naturalismus die Welt bzw. die Religionslosigkeit

Beitragvon Atanar » Sa 15. Aug 2009, 22:21

xander1 hat geschrieben:Es soll übrigens nachgewiesen sein, dass das Christentum Schmerz betäubt, stand in der Telepolis.

Eher gefährlich...
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Re: Verbessert Naturalismus die Welt bzw. die Religionslosigkeit

Beitragvon xander1 » So 16. Aug 2009, 00:37

ujmp hat geschrieben:Ich glaube, wenn wir das Ziel suchen, kommt eine Ideologie heraus

Der Naturalismus mit den Brights ist schon längst eine Ideologie, nur gibt das niemand zu, aber das ist das was ich denke. Ich müsste es nur noch beweisen können,was ich behaupte. Aber ich kann schon mal so viel sagen, dass eine Ideologie enstehen kann, auch wenn man das nicht will.

Ich habe mit Absicht angekreuzt, dass Naturalismus keine Verbesserung erreicht. Jeder der glaubt, dass eine Anschauung, eine Ideologie, eine Weltanschauung, eine Religion, ein Gedankengut eine Verbesserung schafft, dem fehlt es an Intelligenz und philosophischen Verständnisses oder er will einfach nur blenden. Ein Gedankengut kann immer nur teilweise optimieren, aber alle Punkte können nie erreicht werden. Insofern schafft sich jede Art Gedankengut seine Vor- und Nachteile. Jede Art Gedankengut verändert die Welt, verbessert und verschlechtert sie und zwar gleichzeitig. Aber eine totale Verbesserung wird nie errreicht durch ein Gedankengut. Das Problem dabei ist, Verbesserung zu definieren, denn das ist nicht einfach. Das erweist sich teilweise als sehr sehr großes Problem.

Die Motivation von Christen Christ zu sein mag unterschiedlich sein, aber Glaube kann auch rational begründet sein und muss nicht empirisch oder irrational sein. Christen sind oft keine schlechten Menschen.
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Re: Verbessert Naturalismus die Welt bzw. die Religionslosigkeit

Beitragvon ujmp » So 16. Aug 2009, 07:20

xander1 hat geschrieben: Jeder der glaubt, dass eine Anschauung, eine Ideologie, eine Weltanschauung, eine Religion, ein Gedankengut eine Verbesserung schafft, dem fehlt es an Intelligenz und philosophischen Verständnisses oder er will einfach nur blenden.

Nein.

xander1 hat geschrieben:Ein Gedankengut kann immer nur teilweise optimieren, aber alle Punkte können nie erreicht werden.

Das ist eine triviale Verallgemeinerung, die nicht wirklich gegen eine Ideologie spricht.

xander1 hat geschrieben:
Insofern schafft sich jede Art Gedankengut seine Vor- und Nachteile. Jede Art Gedankengut verändert die Welt, verbessert und verschlechtert sie und zwar gleichzeitig. Aber eine totale Verbesserung wird nie errreicht durch ein Gedankengut.

Ich hänge mich nicht auf, weil ich nicht zaubern kann. Niemand verlangt eine totale Verbesserung. Was soll auch "total" sein? Wenn sich die Welt etwas durch Naturalismus verbessert -es müsste nicht einmal soviel sein, wie sie sich durch Religion verbessert haben könnte- dann hat sich die Welt schon verbessert.

xander1 hat geschrieben:
Das Problem dabei ist, Verbesserung zu definieren, denn das ist nicht einfach. Das erweist sich teilweise als sehr sehr großes Problem.

Frag einfach einen AIDS-Kranken, ob für ihn die Welt besser wäre, wenn es ein Medikament gäbe, dass ihn heilt.

Sicher hat allles Vor und Nachteile, aber man wählt (wenn man die Wahl hat) das, wo die Vorteile überwiegen. Mit diesem Argument kannst du vorallem auch alles rechtfertigen. Ein Problem darin zu sehen, wie man Probleme definiert, zeugt von einer riesen Realitätsferne.

xander1 hat geschrieben:
Die Motivation von Christen Christ zu sein mag unterschiedlich sein, aber Glaube kann auch rational begründet sein und muss nicht empirisch oder irrational sein. Christen sind oft keine schlechten Menschen.

Ich glaube dein Problem ist, dass du in religiösen Denkmustern denkst und dabei deine Denkweise auch den Nauturalisten unterstellst. Es steht überhaupt nicht zu Debatte, ob jemand ein guter oder schlechter Mensch ist. Es steht auch nicht zur Debatte, wie jemand seine Weltanschaung begründet.
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Re: Verbessert Naturalismus die Welt bzw. die Religionslosigkeit

Beitragvon xander1 » So 16. Aug 2009, 13:45

ujmp hat geschrieben:Ich hänge mich nicht auf, weil ich nicht zaubern kann. Niemand verlangt eine totale Verbesserung. Was soll auch "total" sein? Wenn sich die Welt etwas durch Naturalismus verbessert -es müsste nicht einmal soviel sein, wie sie sich durch Religion verbessert haben könnte- dann hat sich die Welt schon verbessert.

Es geht nicht darum, dass jemand eine totale Verbesserung fordert. Der Naturalismus kann die Welt nicht verbessern. Diese Vorstellung ist zutiefst naiv. Durch Abschaffung des Supranaturalistischen hat man gar nichts gekonnt. Die gleichen negativen Auswirkungen von Religionen können auf andere Art wieder kommen. Ihr seid alle naiv.
ujmp hat geschrieben:Frag einfach einen AIDS-Kranken, ob für ihn die Welt besser wäre, wenn es ein Medikament gäbe, dass ihn heilt.

Dieser Vergleich ist auch naiv.

ujmp hat geschrieben:Sicher hat allles Vor und Nachteile, aber man wählt (wenn man die Wahl hat) das, wo die Vorteile überwiegen. Mit diesem Argument kannst du vorallem auch alles rechtfertigen.

Ja, auch weil es ein nicht schlaues Argument ist.
ujmp hat geschrieben:Ein Problem darin zu sehen, wie man Probleme definiert, zeugt von einer riesen Realitätsferne.

Das mache ich nicht.
ujmp hat geschrieben:Ich glaube dein Problem ist, dass du in religiösen Denkmustern denkst

Dein Problem ist, dass du glaubst und nicht weißt.
ujmp hat geschrieben:und dabei deine Denkweise auch den Nauturalisten unterstellst.

Das ergibt keinen Sinn.
ujmp hat geschrieben:Es steht überhaupt nicht zu Debatte, ob jemand ein guter oder schlechter Mensch ist.

Wenn das so ist, wieso kommst du denn darauf?
ujmp hat geschrieben:Es steht auch nicht zur Debatte, wie jemand seine Weltanschaung begründet.

Ich weiß jetzt nicht wie du darauf kommst, aber soll ich das denn zu einer Debatte machen, wenn du schon damit kommst?

Wenn ich von der Begründung eines Glaubens schreibe, meine ich nicht dass jemand seinen Glauben begründen muss, sondern ich meine woher der Glaube kommt.
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Re: Verbessert Naturalismus die Welt bzw. die Religionslosigkeit

Beitragvon ujmp » So 16. Aug 2009, 14:19

xander1 hat geschrieben: Es geht nicht darum, dass jemand eine totale Verbesserung fordert. Der Naturalismus kann die Welt nicht verbessern. Diese Vorstellung ist zutiefst naiv. Durch Abschaffung des Supranaturalistischen hat man gar nichts gekonnt. Die gleichen negativen Auswirkungen von Religionen können auf andere Art wieder kommen. Ihr seid alle naiv.


Du hast meine Argumente nicht zu Kenntnis genommen.

Die moderne Medizin, die nur ein Beispiel ist, verdankt ihren Fortschritt einer methodischen Grundlage, nämlich von der Welt durch Beobachtung zu lernen, Hypothesen über Zusammenhänge aufzustellen und diese Hypothesen wieder durch Beobachtung zu überprüfen. In dieser Methode kommt kein Supernaturalismus vor. Selbst wenn einige Wissenschaflter tief gläubig sind, nimmt man sie überhaupt nur als Wissenschaftler ernst, wenn sie nach dieser Methode arbeiten, die man als naturalistisch bezeichenen kann. Es ist doch wohl unbestritten, dass die moderne Medizin das Leben der Menschen verbessert, oder? - Also hat der Naturalismus das Leben verbessert.

Es steht hier auch nicht zu Debatte, den Supranaturalismus abzuschaffen. Es war nur die Frage, ob Naturalismus die Welt verbessert, was er objektiv tut.

Mit deinen Argumenten lehnst du implizit ab, dass es überhaupt Verbesserungen geben kann. Was ist besser, ein Medizinmann oder eine Apotheke? Ein Menschenopfer um den Donnergott zu besänftigen oder die Meteorologie? Frag einfach die Menschen selbst, worauf sie mehr vertrauen!
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Re: Verbessert Naturalismus die Welt bzw. die Religionslosigkeit

Beitragvon xander1 » So 16. Aug 2009, 16:25

Ich hatte mal ein Thema erstellt, ob Naturalismus einem im Leben hilft. Da kannst du mal reinschaun, wie die Leute reagiert haben, als ich so ähnlich argumentiert habe wie du, bzgl. wie er verbessert.

ujmp hat geschrieben:Die moderne Medizin, die nur ein Beispiel ist, verdankt ihren Fortschritt einer methodischen Grundlage, nämlich von der Welt durch Beobachtung zu lernen, Hypothesen über Zusammenhänge aufzustellen und diese Hypothesen wieder durch Beobachtung zu überprüfen.

So etwas gibt es auch in fernöstlichen Philosophien, vielleicht weniger ideal als in der Wissenschaft. Aber beweisen kann ich das jetzt schlecht. Zumindest gibt es da Naturbeobachtungen und Weisheits-Schlussfolgerungen daraus. Aber das ist zu lange her, dass ich das gelesen habe.
ujmp hat geschrieben:In dieser Methode kommt kein Supernaturalismus vor. Selbst wenn einige Wissenschaflter tief gläubig sind, nimmt man sie überhaupt nur als Wissenschaftler ernst, wenn sie nach dieser Methode arbeiten, die man als naturalistisch bezeichenen kann. Es ist doch wohl unbestritten, dass die moderne Medizin das Leben der Menschen verbessert, oder? - Also hat der Naturalismus das Leben verbessert.

Du vermischst Wissenschaft mit Naturalismus und meinst, dass das eine dem anderen besonders dienlich sei. In dem Zusammenhang wie du das beschreibst ist das wohl so, aber auch nur in diesem.

ujmp hat geschrieben:Es steht hier auch nicht zu Debatte, den Supranaturalismus abzuschaffen. Es war nur die Frage, ob Naturalismus die Welt verbessert, was er objektiv tut.

Er verbessert aber nicht nur die Welt. Ich bin der Überzeugung, dass Naturalismus auch wieder nur ein Glaube ist und von dieser Überzeugung werdet ihr mich auch nicht abbringen können. Naturalismus ist kein Wunderding.
ujmp hat geschrieben:Ein Menschenopfer um den Donnergott zu besänftigen oder die Meteorologie? Frag einfach die Menschen selbst, worauf sie mehr vertrauen!

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Re: Verbessert Naturalismus die Welt bzw. die Religionslosigkeit

Beitragvon Nanna » So 16. Aug 2009, 16:45

xander1 hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Ich glaube, wenn wir das Ziel suchen, kommt eine Ideologie heraus

Der Naturalismus mit den Brights ist schon längst eine Ideologie, nur gibt das niemand zu, aber das ist das was ich denke. Ich müsste es nur noch beweisen können,was ich behaupte. Aber ich kann schon mal so viel sagen, dass eine Ideologie enstehen kann, auch wenn man das nicht will.


Was ist eine Ideologie eigentlich? Der Begriff bezeichnet zuallerersteinmal völlig wertneutral ein System von Ideen. So gesehen ist der Brightismus/Naturalismus eine Ideologie, weil er der Idee folgt, dass alle erfahrbaren Phänomene mit ausschließlich natürlichen (entspricht wissenschaftlichen) Mitteln erklärt werden kann.
Trotzdem ist aber nicht einfach jede Ideologie mit einer anderen gleichsetzbar. Der Naturalismus fordert nicht zum Glauben an Ideen auf, sondern zum logischen Nachprüfen. Er ist anpassungsfähig, d.h. er würde sogar seine eigene Abschaffung befürworten, wenn es dafür rationale Gründe gäbe. Er hält die vielfach beobachtbaren Erkenntnisse über Evolution hoch und nimmt sich selbst davon auch nicht aus, ist also wandlungs- und entwicklungsfähig. All das sind starre politische oder religiöse Ideologien nicht und hier liegt der grundlegende Unterschied.


xander1 hat geschrieben:Ich habe mit Absicht angekreuzt, dass Naturalismus keine Verbesserung erreicht. Jeder der glaubt, dass eine Anschauung, eine Ideologie, eine Weltanschauung, eine Religion, ein Gedankengut eine Verbesserung schafft, dem fehlt es an Intelligenz und philosophischen Verständnisses oder er will einfach nur blenden.


Die Aussage ist leider völlig wertlos, solange es keine Definition für "Verbesserung" gibt, anhand derer die Aussage überprüft werden kann.


xander1 hat geschrieben:Ein Gedankengut kann immer nur teilweise optimieren, aber alle Punkte können nie erreicht werden. Insofern schafft sich jede Art Gedankengut seine Vor- und Nachteile. Jede Art Gedankengut verändert die Welt, verbessert und verschlechtert sie und zwar gleichzeitig. Aber eine totale Verbesserung wird nie errreicht durch ein Gedankengut. Das Problem dabei ist, Verbesserung zu definieren, denn das ist nicht einfach. Das erweist sich teilweise als sehr sehr großes Problem.


Wie du schon selbst sagst, die Definition entscheidet hier über alles. Trotzdem eine Aussage zur Wirkung von Gedankengut: Jede Ideologie ist sowohl Ausdruck als auch Wunschbild seiner Zeit. Sie rezipiert zeitgenössische Ideen und Problemstellungen und malt sich ein Idealbild von der Welt aus. Ideologien werden umso problematischer und wertloser, je starrer sie Inhalte statt Denkweisen vertreten, weil ihre Ersteller nicht die Ressourcen zur hinreichenden Verarbeitung der komplexen Wirklichkeit haben und die Ideen umso schneller veralten, je detaillierter die Ideologie auf rein zeitgenössische Fragestellungen Bezug nimmt.
Ideologien sind, das geht jetzt ein bisschen analog zur Mem-Theorie, auch evolutionären Prozessen unterworfen. Der Naturalismus, der grundsätzlich durch kein natürliches Problem erschüttert werden kann, der Anpassung an neuartige Erkenntnisse genauso fördert wie deren kritische Hinterfragung, ist meiner Meinung nach wesentlich fitter als Religionen oder starre Ideologien wie Faschismus oder Kommunismus.

xander1 hat geschrieben:Die Motivation von Christen Christ zu sein mag unterschiedlich sein, aber Glaube kann auch rational begründet sein und muss nicht empirisch oder irrational sein. Christen sind oft keine schlechten Menschen.


Auch das hängt davon ab, was man als "schlecht" bezeichnet. Du argumentierst hier sehr aus deiner subjektiven Weltsicht heraus und vermutlich ist nach "Verbesserung" in einem holistischen Sinne auch nur aus so einer Perspektive zu fragen sinnvoll. Eine objektive Verbesserung kann es, soweit ich sehen kann, schon deshalb nicht geben, weil dem Universum Ideen "egal" sind. Es funktioniert einfach, Ideen, Ideologien und Gehirne als deren Träger sind einfach nur sich bewegende Teilchen, die sich in anderen sich bewegenden Teilchensystemen bewegen. Eine Letztbegründung für Normen ist nicht möglich, daher auch die Frage nach einer objektiven Verbesserung strenggenommen sinnlos. Man muss sich zuerst darauf einigen, was man "besser" findet, auf das Ziel also, und dann kann man darüber diskutieren, auf welchem Weg man dorthin am besten kommt.

Ich persönlich würde eine Welt jetzt mal als Schnellschuss als "gut" definieren, in der alle intelligenten und fühlenden Wesen, in erster Linie Menschen, bei einem Höchstmaß an Wissen über ihre eigene Situation ein Höchstmaß an Zufriedenheit erreichen, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht von unvorhergesehenen Schicksalsschlägen wie Krankheit, Tod oder Verrat ausgesetzt sind und das alles eine möglichst lange Zeit genießen.

xander1 hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Die moderne Medizin, die nur ein Beispiel ist, verdankt ihren Fortschritt einer methodischen Grundlage, nämlich von der Welt durch Beobachtung zu lernen, Hypothesen über Zusammenhänge aufzustellen und diese Hypothesen wieder durch Beobachtung zu überprüfen.

So etwas gibt es auch in fernöstlichen Philosophien, vielleicht weniger ideal wie in der Wissenschaft. Aber beweisen kann ich das jetzt schlecht. Zumindest gibt es da Naturbeobachtungen und Weisheits-Schlussfolgerungen daraus. Aber das ist zu lange her, dass ich das gelesen habe.


Wo wäre dann aber letztlich der grundlegende Unterschied zur Wissenschaft bzw. zum Naturalismus? Sofern der fernöstliche Philosoph keine übernatürlichen Kategorien einbringt, betreibt er, im Rahmen seiner Möglichkeiten, Wissenschaft.

xander1 hat geschrieben:Du vermischst Wissenschaft mit Naturalismus und meinst, dass das eine dem anderen besonders dienlich sei. In dem Zusammenhang wie du das beschreibst ist das wohl so, aber auch nur in diesem.


Ich sehe einen klaren Zusammenhang zwischen wissenschaftlichem Denken und Naturalismus. Dem Naturalismus ist die Wissenschaft in jedem Fall sehr dienlich, andersherum gilt das meiner Meinung nach ebenfalls. Wissenschaft und Übernatürliches gingen noch nie gut zusammen. Kannst du ein Gegenbeispiel bringen?

xander1 hat geschrieben:Er verbessert aber nicht nur die Welt. Ich bin der Überzeugung, dass Naturalismus auch wieder nur ein Glaube ist und von dieser Überzeugung werdet ihr mich auch nicht abbringen können. Naturalismus ist kein Wunderding.


Nicht böse sein, xander1, aber jetzt musste ich schon etwas grinsen. Formuliere ich deinen Satz etwas allgemein, kommt heraus "Ich glaube, dass ihr etwas glaubt und von diesem Glauben werdet ihr mich nicht abbringen können." Auf so einer Basis verkommt eine Diskussion zum unverbindlichen Meinungsaustasch. Wenn man einen Erkenntnisgewinn grundsätzlich ausschließt, muss man auch nicht darüber sprechen, finde ich, daher ist mir nicht mehr klar, mit welchem Ziel du diese Diskussion führen möchtest.

xander1 hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Ein Menschenopfer um den Donnergott zu besänftigen oder die Meteorologie? Frag einfach die Menschen selbst, worauf sie mehr vertrauen!

Auf diesem Niveau .....


Zusammenfassung SZ von diesem Wochenende, S.10, Artikel "Gottes Gletscher": Die Dörfer Fiesch und Fieschertal im Wallis haben im Jahr 1678 das Gelübde abgelegt "fortan tugendhaft zu leben und gegen das Wachstum des Aletschgeltschers zu beten [...] [sowie] 'sieben bemantelte Herren und 25 in weißen Landleinen gekleidete Vorbräute' in die Kirche im benachbarten Natern zu entsenden." 1862 entschlossen sie sich zu einer zusätzlichen Prozession, da die Gebete, welch Wunder, keine Wirkung gezeigt hatten und die Dörfer nach wie vor von schweren Überflutungen heimgesucht wurden. Nun, nach über 300 Jahren, sind die Gletscher wegen des Klimawandels zurückgegangen, der Ort fürchtet um seine Skipisten. Rationale Lösungen? Von wegen! Man will jetzt beim Papst ersuchen, das Gelübde abzuändern und es um eine Bitte gegen den Klimawandel ergänzen zu dürfen. Was soll man dazu noch sagen?
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Re: Verbessert Naturalismus die Welt bzw. die Religionslosigkeit

Beitragvon ujmp » So 16. Aug 2009, 17:09

xander1 hat geschrieben:
ujmp hat geschrieben:Es steht hier auch nicht zu Debatte, den Supranaturalismus abzuschaffen. Es war nur die Frage, ob Naturalismus die Welt verbessert, was er objektiv tut.

Er verbessert aber nicht nur die Welt. Ich bin der Überzeugung, dass Naturalismus auch wieder nur ein Glaube ist und von dieser Überzeugung werdet ihr mich auch nicht abbringen können. Naturalismus ist kein Wunderding.

Wie ich schon angedeutet habe, denkst du religiös. Du kritisierst am Naturalismus, dass er keine religiösen Erwartungen erfüllt. Natürlich ist der Naturalismus kein Wunderding. Er ist, wie alles was der Mensch denkt, eine Hypothese, aber im Gegensatz zu den Religionen eine, die weniger den Erfahrungen widerspricht. Eine Hypothese, die aus der Erfahrung entstanden ist und nicht aus Träumen und Legenden.

Nanna hat geschrieben:
Was ist eine Ideologie eigentlich? Der Begriff bezeichnet zuallerersteinmal völlig wertneutral ein System von Ideen. So gesehen ist der Brightismus/Naturalismus eine Ideologie, weil er der Idee folgt, dass alle erfahrbaren Phänomene mit ausschließlich natürlichen (entspricht wissenschaftlichen) Mitteln erklärt werden kann.


Kann sein, man kann den Naturalismus aber auch pragmatistisch verstehen, dann ist er keine Ideologie.

Nanna hat geschrieben:Der Naturalismus fordert nicht zum Glauben an Ideen auf, sondern zum logischen Nachprüfen.

... du meinst empirisch nachprüfen?

Nanna hat geschrieben:Die Aussage ist leider völlig wertlos, solange es keine Definition für "Verbesserung" gibt, anhand derer die Aussage überprüft werden kann.

Definitionen sind leider oft ebenso wertlos. Man sollte lieber Probleme beschreiben und dann sagen, wir haben sie gelöst, ja oder nein. Und bitte kein philosophisches Problem daraus machen, was eine Lösung ist, einfach jemanden fragen, der friert oder hunger hat, wie er sich eine Lösung vorstellt...
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Re: Verbessert Naturalismus die Welt bzw. die Religionslosigkeit

Beitragvon Nanna » So 16. Aug 2009, 17:44

ujmp hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:Der Naturalismus fordert nicht zum Glauben an Ideen auf, sondern zum logischen Nachprüfen.

... du meinst empirisch nachprüfen?


Auch das. Logisch die Stimmigkeit des Weltbildes in sich und empirisch die Deckung mit der Wirklichkeit überprüfen, so ist es wohl am besten formuliert. Insofern sehe ich auch eine sehr große Deckung von Naturalismus und wissenschaftlichem Vorgehen.

ujmp hat geschrieben:
Nanna hat geschrieben:Die Aussage ist leider völlig wertlos, solange es keine Definition für "Verbesserung" gibt, anhand derer die Aussage überprüft werden kann.

Definitionen sind leider oft ebenso wertlos. Man sollte lieber Probleme beschreiben und dann sagen, wir haben sie gelöst, ja oder nein. Und bitte kein philosophisches Problem daraus machen, was eine Lösung ist, einfach jemanden fragen, der friert oder hunger hat, wie er sich eine Lösung vorstellt...


Ich muss dich leider enttäuschen, ich komme nicht drumherum, auch aus "Lösung" ein philosophisches Problem zu machen. Grundsätzlich stimme ich dir zu in deiner pragmatischen Haltung, aber das funktioniert nur solange, wie das Problem sehr einfache Strukturen hat. Leider gibt es bei fast jedem Problem, in das soziale und politische Kräfte (Individuen, Gruppen, Institutionen) eingebunden sind, ein gewisses Maß an "ambiguity" (der Begriff wird üblicherweise nicht übersetzt, weil das nicht adäquat geht, am besten wäre wohl von "Mehrdeutigkeit" zu sprechen). Das lässt sich schon an deinem banal erscheinenden Problem zeigen: Jemand friert, die Lösung klingt einfach, gebt ihm Kleidung. Oder eine Heizung. Oder Geld dafür. Jetzt sind es schon drei Möglichkeiten. Man könnte ihm auch Arbeit geben, damit er das Geld selbst erwirtschaften kann, oder ihm Nähen oder Holzhacken beibringen. Wer bezahlt aber eigentlich seine Kleidung bzw. seine Ausbildung, oder die Axt und welche Bäume darf er umhauen und verbrennen? Ist das jetzt ein soziales Problem, ein wirtschaftliches, ein ethisches? Wie sieht es mit der Nachhaltigkeit der Textil- oder Forstwirtschaft aus, also der ökologischen Dimension? Müssen allen Frierenden Kleider gegeben werden oder vielleicht nur oder zumindest primär den Landsleuten? Egal, wieviel Information man sammelt, ein gewisses Restmaß an Ambiguity bleibt bestehen, weil jede Information der Interpretation bedarf und vor allem, da in der Realität fast alle Entscheidungen unter Zeitdruck getroffen werden müssen (Multiple Streams Theory). Hiermit wird gut erklärt, warum Manipulation der Informationen in der Politik nicht nur üblich, sondern notwendig ist, da man sich auf eine Sichtweise einigen muss, der anders gesagt: Eine Definition des Problems. Diese mag rein objektiv betrachtet wertlos sein, aber es ist eben der Unterschied zwischen Pragmatismus und reiner Wissenschaft, dass ersterer auch mit Widersprüchen leben kann, solange diese in einem Rahmen bleiben, der nicht systemgefährdend ist, während in der reinen Wissenschaft das ganze System zusammenbricht, wenn irgendwo ein kleiner, aber unauflöslicher Widerspruch bestehen bleibt.
Auch im Pragmatismus hat schon die Art und Weise, wie ein Problem beschrieben wird, direkte Auswirkungen auf die Art und Weise, wie es gelöst wird. Daher: Ohne Definitionen geht es nicht. Kann man sie nicht so treffen, dass alle sie durch Überlegung akzeptieren können, muss man sie notfalls auskämpfen. Das wiederum geht natürlich in der reinen Wissenschaft nicht.
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Re: Verbessert Naturalismus die Welt bzw. die Religionslosigkeit

Beitragvon ujmp » So 16. Aug 2009, 18:09

Nanna hat geschrieben:.Das lässt sich schon an deinem banal erscheinenden Problem zeigen: Jemand friert, die Lösung klingt einfach, gebt ihm Kleidung. Oder eine Heizung. Oder Geld dafür. Jetzt sind es schon drei Möglichkeiten. Man könnte ihm auch Arbeit geben, damit er das Geld selbst erwirtschaften kann, oder ihm Nähen oder Holzhacken beibringen. Wer bezahlt aber eigentlich seine Kleidung bzw. seine Ausbildung, oder die Axt und welche Bäume darf er umhauen und verbrennen? Ist das jetzt ein soziales Problem, ein wirtschaftliches, ein ethisches? Wie sieht es mit der Nachhaltigkeit der Textil- oder Forstwirtschaft aus? Müssen allen Frierenden Kleider gegeben werden oder nur den Landsleuten?


Das Komplizierte besteht darin, ein Problem absolut, ein für alle Mal lösen zu wollen, also letzlich ideologisch. Die Praxis ist einfacher. Wie du einem Frierenden hilfst ist nur ein Problem und nicht viele, denn du brauchst nur eine optimale Lösung. Ob es die Lösung ist und auch bleibt kann empirisch festgestellt werden. Natürlich ist das Beispiel sehr einfach. Aber wenn wir z.B. eine soziale Minderheitim Land hätten, die friert, dann könnte man viele Lösungen (Hypothesen) parallel ausprobieren, und diejenigen nehmen, die sich am besten bewehren, auch in Bezug auf ihre Nebenwirkungen (ich denke an Poppers Politik der kleinen Schritte).

Aber was sollen Definitionen helfen?
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Re: Verbessert Naturalismus die Welt bzw. die Religionslosigkeit

Beitragvon Nanna » So 16. Aug 2009, 18:22

Im politischen Gebrauch nennt es natürlich keiner Definition. Die SPD würde das Problem wohl eher über die sozialstaatliche Schiene lösen wollen (Gerechtigkeitsproblem), die CDU würde die Minderheit lieber in Lohn und Brot bringen (Wirtschaftsproblem), das wären im weitesten Sinne Problemdefintionen, die vielleicht objektiv nicht haltbar, aber notwendig sind, selbst dann, wenn man mit fünf verschiedenen Ansätzen operiert (und nicht immer ist das ja möglich, oftmals muss man sich vorab auf einen Standard einigen).
Ich mag deinen Ansatz, weil er letztlich genau das tut, was ich weiter oben für den Naturalismus hervorgehoben habe, er funktioniert evolutionär. Nur leider ist in der Politik Zeitdruck ein großes Problem und man hat nicht immer Zeit, die Lösung in langen Tests herausevolutionieren zu lassen. Daher ist es oft eben schon nötig, vorab ein Problem gut zu definieren bzw. immer nötig, überhaupt etwas zu definieren.

Vielleicht können wir uns darauf einigen, dass diese beiden großen Lösungswege sich gegenseitig ergänzen können und es letztlich abhängig vom konkreten Problem ist, wie vorgegangen werden muss. Auf jeden Fall bietet der Naturalismus sowohl Platz für eine streng wissenschaftliche und eine pragmatische Ausrichtung, denn beide sind ja letztlich natürlich und funktional aufgebaut.
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Re: Verbessert Naturalismus die Welt bzw. die Religionslosigkeit

Beitragvon wolfgang » So 16. Aug 2009, 20:55

@Xander1

Du schreibst von „Hasspredigten“ und „Christenhatz“. Kannst Du mir einige beispielhafte Stellen nennen? Hast Du Dir einmal ein Christenforum angeschaut? Wie kommen da die Atheisten oder z.B. Dawkins weg? Oder werden die Atheisten dort gar nicht wahrgenommen?

Du hast gesagt „Ich bemitleide Christen“.

Bemitleiden bedeutet für mich, mit jemanden Mitleid haben, das Leid von jemand anderen bedauern.
Ich empfinde Mitleid, wenn jemand weitgehend unverschuldet leidet. Um jemanden zu bemitleiden, müssen für mich also zwei Voraussetzungen gegeben sein: 1. Leid, 2. dieses Leid darf nicht selbst verschuldet sein.
zu 2. Mein Mitleid hält sich extrem in Grenzen, wenn jemand z.B. aufgrund von Zigarettenkonsum ein Bronchialkarzinom entwickelt oder aufgrund von Wett- oder Spielleidenschaft verarmt oder wegen leichtsinnigem Motorradfahrens verunglückt.
Jedoch gehört all mein Mitleid jemanden, der z.B. trotz regelmäßiger Kontrolle beim Gynäkologen ein Mammakarzinom entwickelt oder als korrekter Fußgänger von einem betrunkenen Autofahrer niedergefahren wird.
Ohne Historiker zu sein: Seit Joseph II hat jeder österreichische Staatsbürger die Möglichkeit nach seiner Facon glücklich zu werden – soll heißen, seit damals gibt es keine alleinseeligmachende Staatsreligion in Österreich. Seit damals kann jeder selbst entscheiden, was und ob er glaubt, und ist somit selbst hierfür verantwortlich.
zu 1. Ich sehe keine leidenden Gläubige. Wo ist das Leid der Gläubigen, weswegen ich sie bemitleiden könnte? Dass Gläubige weniger an Naturwissenschaften interessiert sind und die Realität vielleicht mystischer wahrnehmen als wir, ist uns Skeptikern, Naturalsten bzw. Brights offensichtlich. Auch viele Gläubige werden das bestätigen. Aber sie empfinden das nicht als Defizit oder Leid.

Du hast gesagt „ich hasse sie nicht“:

Solange Gläubige ihren Glauben zuhause praktizieren und Andersdenkende, mich und meine Kinder eingenommen, in Ruhe lassen, hasse ich sie auch nicht. Aber so ist es ja nicht!
Fast jede Religion beinhaltet den Auftrag zur Mission. Gläubige nötigen Andersdenkenden ihre Wertvorstellungen (z.B. Verbot des Schwangerschaftsabbruches) und Symbole (z.B. Schulkreuze in den Klassenzimmern) auf.
Und auf Nötigungsversuche reagiert jeder empfindlich.
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Re: Verbessert Naturalismus die Welt bzw. die Religionslosigkeit

Beitragvon Nanna » So 16. Aug 2009, 22:52

Bemitleiden und jemanden nicht mit seiner abweichenden Meinung konfrontieren, das ist für mich auch eine Form von Entmündigung.

"Die armen dummen Christen, sie kapieren es halt nicht. Sollen sie in ihrer Dummseligkeit glücklich werden." Überspitzt, klar, aber ein bisschen so wirkt das auf mich. Und damit tut man den Gläubigen Unrecht. Man darf sie natürlich nicht zwangshaft überzeugen, es herrscht ja zum Glück Meinungsfreiheit, aber Konfrontation gehört selbstverständlich zur demokratischen Streitkultur. Meinungsfreiheit darf nicht in Meinungsbeliebigkeit und Gleichgültigkeit gegenüber Andersdenkenden ausarten. Man kann abweichende Meinungen haben und sich trotzdem respektvoll begegnen, das schließt sich nicht gegenseitig, aber sehr wohl schließt es Mitleid und Passivität aus. Mitleid hat man nur mit Menschen, die man als irgendwie unterlegen ansieht.
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Re: Verbessert Naturalismus die Welt bzw. die Religionslosigkeit

Beitragvon russellsteapot » Mo 17. Aug 2009, 10:22

@Mitleid, "arme, dumme Christen" - jetzt sind wir genau bei dem Punkt angelangt der mich ein wenig am "Brightsein" stört (und auch am Terminus "Bright" stört) Nur weil wir uns vom Übernatürlichen befreit haben, haben wir weder die Allwissenheit gepachtet oder den absoluten moralischen Kodex gefunden, noch das Recht auf Andersdenkende herabzusehen. Unser Engagement sollte sich in laizistischer Tradition gegen den staatlichen Einfluss und die Institutionen richten, nicht aber gegen Einzelpersonen (öffentliche Vertreter und "Relipromis" wie Papst, Bischöfe und Co natürlich ausgenommen - die müssen damit leben) Da bin ich voll auf Linie mit Wolfgangs vorigem Post! :2thumbs:
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