Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon sapere aude » Mi 24. Sep 2008, 14:14

Qubit hat geschrieben:"Ex falso quodlibet"
Allerdings! Aber eher folgendermaßen:

Die Verbindung der Begriffe "Undenkbares" und "Ursache" ist bereits falsch, da die einzige Eigenschaft von "Undenkbarem" Undenkbarkeit ist. Außerdem ist eine "Ursache" immer etwas Denkbares. Deshalb folgt bereits aus der Verbindung dieser einander widersprechenden Begriffe Beliebiges und nicht Falsches.
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon sapere aude » Mi 24. Sep 2008, 14:22

El Schwalmo hat geschrieben:
sapere aude hat geschrieben:Ok, Du hältst die Existenz eines "Gottes" nicht für unmöglich. Woran machst Du das fest?

weil ich die Möglichkeit nicht ausschließen kann.


Wieso nicht?
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon El Schwalmo » Mi 24. Sep 2008, 15:00

sapere aude hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:
sapere aude hat geschrieben:Ok, Du hältst die Existenz eines "Gottes" nicht für unmöglich. Woran machst Du das fest?

weil ich die Möglichkeit nicht ausschließen kann.

Wieso nicht?

weil Du bislang kein Argument dafür liefern konntest, dass mir das gelingen könnte.
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon El Schwalmo » Mi 24. Sep 2008, 15:06

sapere aude hat geschrieben:[da die einzige Eigenschaft von "Undenkbarem" Undenkbarkeit ist.

das ist eine Grenze Deines Denkens. Der Schluss von dieser auf das Sein ist nicht nachvollziehbar.
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon folgsam » Mi 24. Sep 2008, 16:11

Das knifflige am Undenkbaren ist ja, dass wir nicht wissen können welche Eigenschaften es hat ;>

Nur weil es für uns undenkbar ist, heisst es nicht, dass es nicht ist. Man kann darüber streiten, ob es mit der erfahrbaren, also auch denkbaren, Realität wechselwirken kann, und wenn es das tut, dann wird es vielleicht denkbar. Wer weiß. Das undenkbare wurde noch nie beobachtet ;>

Was ich mir vorstellen kann:
Gibt es irgendwo einen Bereich der uns zugänglichen Realität, der durch das Undenkbare beinflusst wird, so müsste dieser Grenzbereich theoretisch nachgewiesen werden können. Irgendwo müsste es irgendein Phänomen geben, welches 'aus dem Nichts' kommt; keine erkenn-, erklär- und denkbare Ursache hat.
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon HF******* » Mi 24. Sep 2008, 17:00

1. In welcher Form ist ein Gott möglich?
2. Woher stammt das Wissen über diese Möglichkeit?
3. Welcher Realitätswert kommt dieser Möglichkeit zu? Drückt sich diese Möglichkeit in einem Restwert an spekulativer Wahrscheinlichkeit aus?

Man kann undenkbare Sachverhalte nicht bis zum Ende beschreiben, aber bis zu einem gewissen Grad, so weit, wie sie eben denkbar sind. Die Menschen, die dann einen solchen undenkbaren Sachverhalt für möglich halten, denken den Sachverhalt normalerweise nicht präzise bis zum Ende, d. h. im Gedankengang bleibt eine Black-Box vorhanden, in die nicht hineingesehen wird, so dass der Fehler in der Vorstellung nicht erkannt wird.

Letztres trifft jedenfalls zu, wenn jemand eine Gottheit als „erste Ursache“ anführt. Ich denke, das war aber nicht das Thema hier, oder?
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon Myron » Mi 24. Sep 2008, 17:55

El Schwalmo hat geschrieben:eigentlich ist schon die Tatsache, dass Du 'ja' und andere 'nein' sagen ein Hinweis auf das, was ich vertrete: diese Frage ist nicht entscheidbar. Offenbar gibt es kein Argument, das zwingend ist.


Eine Äußerung von David Lewis dazu, der sich als "implacable opponent of true contradictions", als "unerbittlicher Gegner wahrer Widersprüche" bezeichnet:

"Many people will think that it is an easy thing to refute Priest's position, decisively and in accordance with customary rules of debate. It is not an easy thing. I myself think that it is an impossible thing: so much is called into question that debate will bog down into question-begging and deadlock."

"Viele Leute werden denken, dass es eine einfache Sache ist, Priests Position zu widerlegen, endgültig und gebräuchlichen Argumentationsregeln gemäß. Es ist keine einfache Sache. Ich selbst denke, dass es eine unmögliche Sache ist: so viel wird infrage gestellt, dass sich die Debatte in unbewiesenen/unbeweisbaren Voraussetzungen und einem toten Punkt festfahren wird."

[© meine Übers.]

(David Lewis—zitiert in: Priest, Graham. In Contradiction. 2nd ed. Oxford: Oxford University Press, 2006. preface, xix.)

"I'm sorry; I decline to contribute to your proposed book about the 'debate' over the law of non-contradiction. My feeling is that since this debate instantly reaches deadlock, there's really nothing much to say about it. To conduct a debate, one needs common ground; principles in dispute cannot of course fairly be used as common ground; and in this case, the principles not in dispute are so very much less certain than non-contradiction itself that it matters little whether or not a successful defence of non-contradiction could be based on them."

"Es tut mir leid; ich lehne es ab, einen Beitrag zu ihrem geplanten Buch über die 'Debatte' bezüglich des Nichtwiderspruchsgesetzes zu liefern. Da diese Debatte sofort an einem toten Punkt anlangt, gibt es wirklich nicht viel dazu zu sagen. Um eine Debatte zu führen, braucht man eine gemeinsame Grundlage; infrage stehende Grundsätze können natürlich nicht berechtigterweise als gemeinsame Grundlage verwendet werden; und in diesem Fall sind die nicht infrage stehenden Grundsätze so viel weniger sicher als das Nichtwiderspruchsgesetz selbst, dass es wenig Bedeutung hat, ob eine erfolgreiche Verteidigung des Nichtwiderspruchsgesetzes sich darauf stützen könnte oder nicht."

[© meine Übers.]

(Lewis, David. "Letters to Beall and Priest." In The Law of Non-Contradiction: New Philosophical Essays, edited by Graham Priest, JC Beall, and Bradley Armour-Garb, 176-177. Oxford: Oxford University Press, 2004. p. 176)

Noch eine Anmerkung dazu:
Priest vertritt anscheinend die Meinung, dass zumindest die konkrete Wirklichkeit "konsistent" ist:

"I claim that reality is, in a certain sense, contradictory. I do not, of course, claim that the objects that constitute reality, like chairs and stars, are contradictory. That would simply be a category mistake. What I mean is that there are certain contradictory statements (propositions, sentences—take your pick) about limits, that are true. I am enough of a realist to hold that there must be something about reality that makes them so (though I take no stand on the matter of whether reality comprises entities of the category fact)."

"Ich behaupte, dass die Realität in einem gewissen Sinne widersprüchlich ist. Ich behaupte natürlich nicht, dass die Gegenstände, die die Wirklichkeit bilden, wie Stühle und Sterne, widersprüchlich sind. Das wäre einfach ein Kategorienfehler. Was ich meine, ist, dass es bestimmte widersprüchliche Aussagen (Propositionen, Sätze—suchen Sie sich etwas aus) über Grenzen [des Denkens, Sprechens, Ausdrückens—meine Hinzuf.] gibt, die wahr sind. Ich bin Realist genug, um zu meinen, dass die Realität etwas an sich haben muss, dass sie wahr macht (obgleich ich hinsichtlich der Frage, ob die Realität Entitäten der Kategorie <Tatsache> enthält, keine Stellung beziehe)."
[© meine Übers.]

(Priest, Graham. Beyond the limits of thought. 2nd ed. Oxford: Oxford University Press, 2002. p. 295)

Priests Dialethismus scheint also weniger metaphysischer denn semantischer Natur zu sein.

El Schwalmo hat geschrieben:Ich tendiere eher zu Deinem Standpunkt, den ich allerdings als Hypothese vertrete.


Das Nichtwiderspruchsgesetz zu einer bloßen "Hypothese" herabzustufen, erscheint mir grotesk.
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon El Schwalmo » Mi 24. Sep 2008, 18:05

Myron hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:Ich tendiere eher zu Deinem Standpunkt, den ich allerdings als Hypothese vertrete.

Das Nichtwiderspruchsgesetz zu einer bloßen "Hypothese" herabzustufen, erscheint mir grotesk.

hinsichtlich des Sprechens über das Sein magst Du Recht haben.
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon Myron » Mi 24. Sep 2008, 18:14

Myron hat geschrieben:Die logische Möglichkeit (relativ zum System S) der Wahrheit einer Aussage entspricht der ontologischen Möglichkeit (relativ zum System S) des Bestehens oder Wirklichseins eines Sachverhaltes. Denn Aussagen repräsentieren Sachverhalte und wahre Aussagen repräsentieren bestehende, wirkliche Sachverhalte, d.i. Tatsachen.


Man kann sagen, dass das logische Gesetz, dass ein und dieselbe Aussage nicht (zur selben Zeit) sowohl wahr als auch falsch sein kann, dem ontologischen Gesetz entspricht, dass ein und derselbe Sachverhalt nicht (zur selben Zeit) sowohl wirklich als auch unwirklich sein/sowohl bestehen als auch nicht bestehen kann, bzw. dass ein und dasselbe Ding nicht (zur selben Zeit) ein und dieselbe Eigenschaft sowohl besitzen als auch nicht besitzen kann.

Dem Philosophen Adolf Reinach nach gründet das logische Gesetz sogar im ontologischen Gesetz:

"Ein Urteil ist richtig, wenn der Sachverhalt besteht; und zwei kontradiktorische Urteile können nicht beide richtig sein, weil zwei kontradiktorische Sachverhalte nicht beide bestehen können. Das Urteilsgesetz findet also seine Begründung in dem Sachverhaltsgesetz."

(zitiert in: Barry Smith: "Logica Kirchbergensis" (pdf))
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon Myron » Mi 24. Sep 2008, 18:20

HFRudolph hat geschrieben:2. Woher stammt das Wissen über diese Möglichkeit?
Man kann undenkbare Sachverhalte nicht bis zum Ende beschreiben, aber bis zu einem gewissen Grad, so weit, wie sie eben denkbar sind.


Wen's interessiert, der kann hier was zum Thema Verhältnis von Denkbarkeit und Möglichkeit lesen:

http://plato.stanford.edu/entries/modal ... #ConBasAcc
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon Myron » Mi 24. Sep 2008, 18:53

Noch ein Aspekt zugunsten des Nichtwiderspruchsgesetzes:

Nehmen wir das äußerst glaubwürdige Leibniz'sche Gesetz der Ununterscheidbarkeit des Identischen:

AxAy(x = y -> AF(Fx -> Fy))

"Für jedes x und für jedes y gilt: wenn x mit y identisch ist, dann gilt für jede Eigenschaft F, dass wenn x (ein) F ist, y (ein) F ist."

Dies ist äquivalent zu:

AxAy(~AF(Fx -> Fy) -> ~(x = y))

Und dies ist wiederum äquivalent zu:

AxAy(EF(Fx & ~Fy) -> ~(x = y))

Wenn wir für y x einsetzen, erhalten wir:

Ax(EF(Fx & ~Fx) -> ~(x = x))

"Für jedes x gilt: wenn es eine Eigenschaft F gibt, die x sowohl besitzt als auch nicht besitzt, dann ist x nicht selbstidentisch."

Ein widersprüchlicher Gegenstand wäre also nicht selbstidentisch, wodurch sein Dasein nicht nur gegen das Nichtwiderspruchsgesetz, sondern auch gegen das Identitätsgesetz, Ax(x = x), verstieße.
Aber wenn ein widersprüchlicher Gegenstand nicht mit sich selbst (numerisch) identisch ist, könnte man dann überhaupt noch sinnvollerweise sagen, dass es ein und derselbe Gegenstand ist, der widersprüchlicherweise einige Eigenschaften (zur selben Zeit) sowohl besitzt als auch nicht besitzt?
Wohl kaum, oder?!

Priest ist—wie immer—von solchen Argumenten wenig beeindruckt. Er akzeptiert einfach einen weiteren Widerspruch, nämlich denjenigen, dass unter Beibehaltung des Identitätsgesetzes widersprüchliche Objekte sowohl selbstidentisch als auch nicht selbstidentisch sind. Mit anderen Worten, ein widersprüchliches Objekt wäre also sowohl von sich selbst verschieden als auch nicht von sich selbst verschieden.
Darauf kann ich nur noch mit einem Spruch von Wittgenstein antworten:

"Scheue dich ja nicht davor, Unsinn zu reden! Nur musst du auf deinen Unsinn lauschen."

(in Vermischte Bemerkungen, Suhrkamp 1977)
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon sapere aude » Mi 24. Sep 2008, 20:07

sapere aude hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:
sapere aude hat geschrieben:Ok, Du hältst die Existenz eines "Gottes" nicht für unmöglich. Woran machst Du das fest?

weil ich die Möglichkeit nicht ausschließen kann.

Wieso nicht?

El Schwalmo hat geschrieben:weil Du bislang kein Argument dafür liefern konntest, dass mir das gelingen könnte.


Uups, hängt Dein Glaube oder Unglaube nur an meinen Beweisen :blush2:

Aber im Ernst. Stell Dir vor, ich oder ein anderer könnten nicht beweisen, dass es keinen "Gott" gibt, was läßt Dich annehmen, dass die Möglichkeit zur Existenz eines "Gottes" überhaupt besteht?

(Du wirst vielleicht antworten, dass Du das genau deswegen tust, weil Dir niemand das Gegenteil beweisen kann. Hältst Du dann dieses Prinzip - alle Dinge für grundsätzlich möglich zu halten, deren Unmöglichkeit Deiner Ansicht nach nicht bewiesen ist - in Deinem Denken, solltest Du ihm folgen, für allgemeingültig?)
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon Myron » Mi 24. Sep 2008, 20:21

sapere aude hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:weil ich die Möglichkeit nicht ausschließen kann.

Wieso nicht?


Wir hatten das doch schon:
Unter einen in sich stimmigen Gottesbegriff kann etwas fallen.
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon Myron » Mi 24. Sep 2008, 20:23

folgsam hat geschrieben:Das knifflige am Undenkbaren ist ja, dass wir nicht wissen können welche Eigenschaften es hat.


Wenn Undenkbarkeit Unmöglichkeit und damit notwendige Unwirklichkeit impliziert, dann hat etwas Undenkbares als etwas Nichtseiendes überhaupt keine Eigenschaften.
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon sapere aude » Mi 24. Sep 2008, 20:39

Myron hat geschrieben:
sapere aude hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:weil ich die Möglichkeit nicht ausschließen kann.

Wieso nicht?


Wir hatten das doch schon:
Unter einen in sich stimmigen Gottesbegriff kann etwas fallen.


Was denn? Was ist stimmiger Gottesbegriff?
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon Myron » Mi 24. Sep 2008, 21:02

sapere aude hat geschrieben:Was denn? Was ist stimmiger Gottesbegriff?


Einer, dessen Merkmalsmenge logico-semantisch konsistent ist: {M_1, ..., M_n}
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon El Schwalmo » Mi 24. Sep 2008, 21:09

Myron hat geschrieben:
folgsam hat geschrieben:Das knifflige am Undenkbaren ist ja, dass wir nicht wissen können welche Eigenschaften es hat.

Wenn Undenkbarkeit Unmöglichkeit und damit notwendige Unwirklichkeit impliziert, dann hat etwas Undenkbares als etwas Nichtseiendes überhaupt keine Eigenschaften.

das entscheidende Wort in diesem Satz ist wenn.

Ich fragte immer ob.
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon El Schwalmo » Mi 24. Sep 2008, 21:11

sapere aude hat geschrieben:Aber im Ernst. Stell Dir vor, ich oder ein anderer könnten nicht beweisen, dass es keinen "Gott" gibt, was läßt Dich annehmen, dass die Möglichkeit zur Existenz eines "Gottes" überhaupt besteht?

das hat Myron schon beantwortet.
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon Qubit » Mi 24. Sep 2008, 22:21

Myron hat geschrieben:Noch ein Aspekt zugunsten des Nichtwiderspruchsgesetzes:

Nehmen wir das äußerst glaubwürdige Leibniz'sche Gesetz der Ununterscheidbarkeit des Identischen:

AxAy(x = y -> AF(Fx -> Fy))

"Für jedes x und für jedes y gilt: wenn x mit y identisch ist, dann gilt für jede Eigenschaft F, dass wenn x (ein) F ist, y (ein) F ist."

Dies ist äquivalent zu:

AxAy(~AF(Fx -> Fy) -> ~(x = y))

Und dies ist wiederum äquivalent zu:

AxAy(EF(Fx & ~Fy) -> ~(x = y))

Wenn wir für y x einsetzen, erhalten wir:

Ax(EF(Fx & ~Fx) -> ~(x = x))

"Für jedes x gilt: wenn es eine Eigenschaft F gibt, die x sowohl besitzt als auch nicht besitzt, dann ist x nicht selbstidentisch."

Ein widersprüchlicher Gegenstand wäre also nicht selbstidentisch, wodurch sein Dasein nicht nur gegen das Nichtwiderspruchsgesetz, sondern auch gegen das Identitätsgesetz, Ax(x = x), verstieße.
Aber wenn ein widersprüchlicher Gegenstand nicht mit sich selbst (numerisch) identisch ist, könnte man dann überhaupt noch sinnvollerweise sagen, dass es ein und derselbe Gegenstand ist, der widersprüchlicherweise einige Eigenschaften (zur selben Zeit) sowohl besitzt als auch nicht besitzt?
Wohl kaum, oder?!


Hmm, mal abgesehen davon, dass nicht wirklich (logische) Not besteht, das "Nichtwiderspruchsgesetz" aufzugeben und dass in der intuitionistischen Logik keine Äquivalenz (also Rückrichtung) gilt:
"Sinnvoll" liesse sich der Schluss mE "kontextuell", d.h. in einer "kontextualistischen Logik" interpretieren.

AxAy(x = y -> AF(Fx -> Fy)): Für jedes x in einem Kontext und jedes y in einem anderen Kontext gilt: wenn x und y identisch in beiden Kontexten ist, dann gilt für jede Eigenschaft F: wenn Fx in einem Kontext, dann Fy in dem anderen Kontext

daraus folgt

Ax(EF(Fx & ~Fx) -> ~(x = x)): Für jedes x in zwei Kontexten gilt: wenn es eine Eigenschaft F gibt, die x in dem einen Kontext besitzt und in dem anderen nicht, dann ist x nicht in beiden Kontexten identisch
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon Myron » Do 25. Sep 2008, 02:35

Obwohl wir schon wieder sehr weit vom Ausgangsthema dieses Diskussionsstranges abgedriftet sind, möchte ich noch etwas Weiteres ausführen:

Über den Text "The Epistemology of Modality" bin ich auf einen weiteren, von dem Logik-Professor T. Williamson verfassten Text gekommen, dem ich die beiden folgenden Zitate entnommen habe, worin der Begriff der metaphysischen Notwendigkeit bzw. Möglichkeit auf eine sehr raffinierte Weise definiert wird. Was als "metaphysische Notwendigkeit/Möglichkeit" bezeichnet wird, dürfte dem entsprechen, was Alvin Plantinga "broadly logical necessity/possibility", "logische N./M. im weiteren Sinn" nennt, und was ich "logico-semantische N./M." genannt habe.

Technische Erklärung:

Eine Formel der Art

"A c—> B"

ist zu lesen als:

"Wenn A der Fall wäre, dann wäre B der Fall" (Irrealis der Gegenwart)
bzw.
"Wenn A der Fall gewesen wäre, dann wäre B der Fall gewesen" (Irrealis der Vergangenheit)

Im Englischen spricht man hier von "counterfactual conditionals", von "kontrafaktischen Bedingungssätzen. Das c (wie "counterfactual") vor dem Rechtspfeil soll anzeigen, dass es sich nicht um einen indikativischen Bedingungssatz handelt:

"A —> B" , "Wenn A der Fall ist, dann ist B der Fall" (Realis)

Und "_|_" ist das übliche logische Symbol für eine Widersprüchlichkeit oder eine Absurdität, d.h. für eine notwendige Falschheit.


"(17) []A :<—> (~A c—> _|_)

The necessary is that whose negation counterfactually implies a contradiction. Since possibility is the dual of necessity (being possible is equivalent to having an unnecessary negation), (17) yields a corresponding necessary and sufficient condition for possibility, once a double negation in the antecedent of the counterfactual has been eliminated.

(18) <>A :<—> ~(A c—> _|_)

The impossible is that which counterfactually implies a contradiction; the possible is that which does not. In (17) and (18), the difference between necessity and possibility lies simply in the scope of the negation."
(p. 105-6)

"(21) []A :<—> Ap(p c—> A)

(22) <>A :<—> Ep~(p c—> ~A)

According to (21), something is necessary if and only if whatever were the case, it would still be the case. That is a natural way of explaining informally what metaphysical necessity is. According to (22), something is possible if and only if it is not such that it would fail in every eventuality."
(p. 107)


"(17) []A :<—> (~A c—> _|_)
['A ist metaphysisch notwendig genau dann, wenn gilt: wenn A nicht der Fall (gewesen) wäre, dann wäre ein Widerspruch wahr (gewesen).']

Das Notwendige ist dasjenige, dessen Verneinung einen Widerspruch kontrafaktisch impliziert. Da Möglichkeit die Gegenseite von Notwendigkeit ist (wobei Möglichsein äquivalent ist zum Haben einer unnotwendigen Verneinung), erbringt (17) eine entsprechende notwendige und hinreichende Bedingung für Möglichkeit, sobald eine doppelte Verneinung im Antecedens des kontrafaktischen Bedingungssatzes beseitigt ist.


(18) <>A :<—> ~(A c—> _|_)
['A ist metaphysisch möglich genau dann, wenn gilt: es ist nicht der Fall, dass wenn A der Fall (gewesen) wäre, ein Widerspruch wahr (gewesen) wäre.']

Das Unmögliche ist dasjenige, das kontrafaktisch einen Widerspruch impliziert; das Mögliche ist dasjenige, bei dem dies nicht der Fall ist. In (17) und (18) liegt der Unterschied zwischen Notwendigkeit und Möglichkeit einfach in der Reichweite der Verneinung."

(p. 105-6)

"(21) []A :<—> Ap(p c—> A)
['A ist metaphysisch notwendig genau dann, wenn gilt: für jede Aussage p gilt, dass wenn p wahr (gewesen) wäre, A wahr (gewesen) wäre.']

(22) <>A :<—> Ep~(p c—> ~A)
['A ist metaphysisch möglich genau dann, wenn gilt: für mindestens eine Aussage p gilt, dass es nicht der Fall ist, dass wenn p wahr (gewesen) wäre, A nicht wahr (gewesen) wäre.']

(21) gemäß ist etwas dann und nur dann notwendig, wenn was auch immer sonst der Fall (gewesen) wäre, es nach wie vor der Fall (gewesen) wäre. So lässt sich auf natürliche Weise informell erklären, was metaphysische Notwendigkeit ist. (22) gemäß ist etwas dann und nur dann möglich, wenn es nicht derartig ist, dass es unter allen Umständen nicht der Fall ist."
(p. 107)

[© meine Übers.]

(Williamson, Timothy. "Philosophical Knowledge and Knowledge of Counterfactuals". In Philosophical Knowledge: Its Possibility and Scope, edited by Christian Beyer and Axel Burri, 89-124. Amsterdam: Rodopi, 2007.)


Beispiel:
Wenn es nicht der Fall ist, dass wenn Gott existierte, dies mit einem Widerspruch einherginge, dann ist die Existenz Gottes metaphysisch möglich.
(Strenggenommen ist "Gott" zu ersetzen durch "das 'Gott' genannte Wesen mit der Eigenschaftsmenge {E_1, ..., E_n}".)

Mit anderen Worten, wenn der Satz "Wenn Gott existierte, dann existierte ein Widerspruch" wahr ist, dann ist Gottes Existenz metaphysisch (onto-logisch) unmöglich.

Puuhhh...! :breit:
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