Naturalismus als Weltanschauung

Re: Naturalismus als Weltanschauung

Beitragvon Myron » So 20. Apr 2008, 17:38

Nathan hat geschrieben:Aber die Antike kannte keine Naturwissenschaft, weil sie keinen Schöpfergott kannte. Sie hatte nur die Möglichkeit zu sammeln und die einzige Form der Ordnung, die sie in den Kosmos bringen konnten, war die ihrer eigenen Vernunft. Daraus ergaben sich ja die bekannten Probleme, die Bewegung der Himmelskörper zu beschreiben, weil man nicht von der Vorstellung lassen konnte, sie auf Kreisbahnen zu denken."


Die antike Naturphilosophie entstand, nachdem die urzeitlichen Göttermythen überwunden waren.
Solange die Götter in der Natur herrschten, herrschte Willkür und gerade keine feste Ordnung!
Die für die Entstehung der Naturwissenschaft wohl wichtigste Idee der griechischen Naturphilosophie ist die autonomer, automatischer Naturprozesse, d.h. von Prozessen, die eigengesetzlich und selbsttätig, und damit eben unabhängig vom willkürlichen, unberechenbaren Wirken irgendwelcher übernatürlichen Personen ablaufen.

Man könnte auch sagen, dass die Idee selbstständiger, d.i. götterunabhängiger unpersönlicher Naturgesetze im Grunde reinste Blasphemie ist! ;-)
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Re: Naturalismus als Weltanschauung

Beitragvon Nathan » So 20. Apr 2008, 17:42

Qubit hat geschrieben:Es geht mir hier vielmehr um die Aufklärung der Menschen mit wissenschaftlichen Erklärungen über die Natur:
Schau mal, zB "Irrlichter" über Sümpfen als Geister und Dämonen zu vermeinen, macht es einer naturwissenschaftlichen Erklärung prinzipiell schwieriger verstanden zu werden.


Das stimmt nicht: angenommen es könnten Geister oder physikalische Phänomene sein, dann hat man zwei Theorien, die geprüft werden müssen. Zu einer Blockade kommt es nur dann, wenn die widerlegte Seite nicht von ihrer Position abrücken will, unabhängig davon, wen es betrifft. Im Fall der Irrlichter muss man die Vorstellung von Geistern fallen lassen. Im Fall vieler Bericht über Magie und Geisterbeschwörung kommt man mit physikalischen Erklärungen nicht mehr weiter und begründet dann -eher blind- mit der Psychologie. Fälle, die man gar nicht begründen kann, werden ignoriert...und dann ist der Naturalismus auf einmal die Bremse der Wissenschaft.
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Re: Naturalismus als Weltanschauung

Beitragvon Nathan » So 20. Apr 2008, 17:49

Myron hat geschrieben:Die antike Naturphilosophie entstand, nachdem die urzeitlichen Göttermythen überwunden waren.
Solange die Götter in der Natur herrschten, herrschte Willkür und gerade keine feste Ordnung!
Die für die Entstehung der Naturwissenschaft wohl wichtigste Idee der griechischen Naturphilosophie ist die autonomer, automatischer Naturprozesse, d.h. von Prozessen, die eigengesetzlich und selbsttätig, und damit eben unabhängig vom willkürlichen, unberechenbaren Wirken irgendwelcher übernatürlichen Personen ablaufen.

Man könnte auch sagen, dass die Idee selbstständiger, d.i. götterunabhängiger unpersönlicher Naturgesetze im Grunde reinste Blasphemie ist! ;-)


Faktisch hat sich aus der Vorstellung von diesen Prozessen aber keine Naturwissenschaft entwickelt, das ist eigentlich Konsens. Denn die Griechen kannten zwar in der Tat regelmäßige Naturprozesse und die Abkehr von den Mythen mag da vielleicht wirklich ein wichtiger Schritt gewesen sein, aber sie sind nicht dazu gekommen, gezielt diese Gesetzmäßigkeiten aufzusuchen, also das zu tun, was dann für die moderne Naturwissenschaft kennzeichnend war.
Der letzt Satz ist falsch: der Begriff "Naturgesetz" impliziert ja gerade, dass diese Regelmäßigkeiten von jemandem gesetzt oder sogar erlassen wurden. Genau so wurde der Begriff ursprünglich verstanden, so dass er heutigen Philosophen die Schamröte ins Gesicht treibt, weil sie mit der Vorstellung nichts anfangen können. Man will von diesem Begriff ja am liebsten wieder weg und wieder von den Regelmäßigkeiten sprechen. Was das für die Naturwissenschaften bedeutet wird sich zeigen.
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Re: Naturalismus als Weltanschauung

Beitragvon Robert » So 20. Apr 2008, 18:10

El Schwalmo hat geschrieben:
Robert hat geschrieben:Darwinismus? :kopfwand : Du meinst Sozialdarwinismus und dieser hat mehr mit der lamarck'schen Lehre zu tun, als mit der darwinschen.

was meinst Du mit 'Lamarckismus'? Wie hängt der mit 'Sozialdarwinismus' zusammen?


Ich versuchs mal, auch wenn mir noch Formeln durch den Kopf gehen. :/

Ich meine damit, dass der Soziologe, hab den Namen jetzt nicht parat, mit seiner Theorie des Sozialdarwinismus eigentlich mehr Aussagen von Lamarck benutzt, statt von Darwin. Die Grundaussage der lamarck'schen Vorstellung war doch, dass Änderungen am Phänotyp an die Nachkommen weitergegeben werden können. Schulbeispiel waren ja immer die Giraffen mit den langen Hälsen.

Bei den Sozialdarwinismus wird unter anderem nach der gesellschaftlichen und kulturellen Bedeutung "gemessen". Also die Bourgeoisie sei wertvoller als das Proletariat und womöglich höher entwickelt, da sie sich im "Konkurrenzkampf" eher durchsetzten. Also wenn jemand aus der Bourgeoisie und einer aus dem Proletariat vom selben gesellschaftlichem Stand beginnen würden, wäre immer derjenige aus der Bourgeoisie im Vorteil und würde rascher zu einem höheren Stand gelangen.

Diese Folgerung ist totaler Quatsch. Beispiel: Zwei Schweine leben unter unterschiedlichen Umwelteinflüssen, wodurch sich die Phänotypen unterschiedlich entwickeln, im Klartext: Das eine Schwein ist fetter als das Andere. Wer nun den Bauern raten möge, dass fettere Schwein statt das andere zu nehmen, könnte sich ernsthaft irren, denn das dünnere Schwein könnte die besseren Erbinformationen haben und würde unter denselben Bedinungen wie das andere Schwein fetter als das Fette sein.

Genau aus diesem Grund sind solche Schlussfolgerungen fatal. Basierend auf diese Grundannahme, wird dann noch zusätzlich meines Wissens behauptet, dass die Nachkommen aus der Bourgeoisie auf Grund des Standes ihrer Eltern sich immer weiter verbessern werden, als die Nachkommen aus dem Proletariat. Die Bourgeoisie entwickelt sich immer weiter, wogegen im Proletariat Stagnation oder gar eine negative Entwicklung auszumachen sei. Diese Argumentation dürfte entfernte Ähnlichkeiten mit der lamarck'schen Vorstellung aufweisen.

Also mit Darwin kaum etwas, eigentlich gar nichts zu tun. Denn nur weil sowohl der Sozialdarwinismus als auch der Darwinismus vom Prinzip der Selektion ausgehend argumentieren, gehen beide vollkommen unterschiedliche Wege. Deshalb ist auch nicht verwunderlich, dass sozialdarwinistische Inhalte bereits vor Darwins Werk im Umlauf waren. Beide Lehren sind einfach disjunkt miteinander, weshalb die Bezeichnung irreführend ist und einige, wie Nathan, darauf hereinfallen. Mit der lamarck'schen Lehre hat es aber auch nicht viel zu tun. :lachtot:

Statt mit Bourgeoisie und Proletariat, auch Europäer und Afrikaner möglich.


Naja, soo ungefähr sieht mein Wissen und Verständnis bezüglich diesem Sachverhalt aus, falls irgendetwas durcheinander oder falsch sein sollte, wird sich sicher jemand melden. Ich mach mal Mathe weiter. :down:
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Re: Naturalismus als Weltanschauung

Beitragvon Robert » So 20. Apr 2008, 18:13

@Nathan:

Habe ich dein Beispiel irgendwie übersehen?

Welcher Vertreter hat nun aus seiner christlichen Überzeugung heraus, die Naturwissenschaften begründet?

Nathan hat geschrieben:
Myron hat geschrieben:Man könnte auch sagen, dass die Idee selbstständiger, d.i. götterunabhängiger unpersönlicher Naturgesetze im Grunde reinste Blasphemie ist! ;-)


Der letzt Satz ist falsch: der Begriff "Naturgesetz" impliziert ja gerade, dass diese Regelmäßigkeiten von jemandem gesetzt oder sogar erlassen wurden.


Naturgesetze wurden von Menschenhand formuliert, um natürliche Prozesse zu beschreiben, also eine Abbildungsvorschrift. Es scheinen sogar die menschliche Gesetze und die natürlichen Prozesse isomorph zueinander zu sein, weshalb sie als identisch angesehen werden.

Aus diesem Grunde meine ich, dass Myron es eher so formulieren sollte:
"Man könnte auch sagen, dass die Idee von Naturgesetzen, die selbstständige, d.i. götterunabhängige unpersönliche Prozesse in der Natur beschreiben, im Grunde reinste Blasphemie ist!"

Doch ob ich damit seiner Auffassung des Naturalismus gerecht werde, weiß ich nicht. :/
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Re: Naturalismus als Weltanschauung

Beitragvon Qubit » So 20. Apr 2008, 18:30

Nathan hat geschrieben: Im Fall vieler Bericht über Magie und Geisterbeschwörung kommt man mit physikalischen Erklärungen nicht mehr weiter

Es kommt nicht darauf an, ob man zur Zeit mit "physikalischen Erklärungen" weiter kommt oder nicht..
Es kommt darauf an, dass man, solange man keine "physikalischen Erklärungen" hat, sich nicht mit irgendeinem "übernatürlichen Humbug" benebelt.
Es gibt kein Phänomen in der erfahrbaren Welt, von dem anzunehmen wäre, dass es keine natürliche Erklärung dafür gebe. Oder kannst DU eine solche ausschliessen?
Generell ist alles, was in der Natur wirkt, per definitionem auch Gegenstand (natur-) wissenschaftlicher Forschung ;-)
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Re: Naturalismus als Weltanschauung

Beitragvon Myron » So 20. Apr 2008, 18:33

Nathan hat geschrieben:Ich weiß nicht, ob dir das genau genug ist, aber unter einer Seele stelle ich mir eine unsichtbare Person vor (nicht unbedingt körperlos), die denkt, fühlt, hofft, liebt, leidet etc...also genau das, was du nicht glaubst.


Eine bildliche Vorstellung von etwas Unsichtbarem ist unmöglich.
Wenn wir uns Personen vorstellen, dann stellen wir uns ihr Äußeres vor, was selbstredend voraussetzt, dass die betreffende Person einen Körper mit einer sichtbaren Oberfläche besitzt.
Wenn ich dich bäte, dir deine Mutter vorzustellen und dann von der Vorstellung deiner Mutter die Vorstellung ihres Körpers abzuziehen, dann bliebe von der gesamten Vorstellung deiner Mutter nichts mehr übrig, d.h. die Vorstellung würde einfach ganz aus deinem Kopf verschwinden.

Nathan hat geschrieben:Da wir nichts über Gott wissen können, was er uns nicht selbst offenbart, macht es keinen Sinn, Begriffe für ihn zu erfinden. Mit so etwas kann man nur auf die Nase fallen.


Wir müssen aber mit einem inhaltlich bestimmten Begriff Gottes arbeiten, da Gott sonst schlichtweg ein gedankliches Nichts ist!

"Alle Bestimmungen Gottes — und Gott wird notwendig bestimmt, sonst ist er nichts, gar nicht Objekt einer Vorstellung — ..."

(Feuerbach, Ludwig. "Grundsätze der Philosophie der Zukunft." 1843. In Entwürfe zu einer Neuen Philosophie, hrsg. v. Walter Jaeschke u. Werner Schuffenhauer, S. 25-99. Hamburg: Meiner, 1996. §14)

Nathan hat geschrieben:Die Probleme gibt es aber vor allem, weil man in der Philosophie immer davon ausgeht, dass unsere Seele nach dem Tod den Körper verlässt, und das ist eben keine christliche Vorstellung, sondern eher Platonismus.


Das Problem ist, dass eine außerräumliche Seele, d.h. eine, die nicht innerhalb des Raumes existiert, sich zum einen nicht in einem Körper befinden kann, da dies bedeuten würde, dass sie einen Ort im Raum besetzt, und zum anderen einen Körper auch gar nicht verlassen könnte, da ein solcher Vorgang ja eine Bewegung im Raum darstellt. Die Rede von einer außerräumlichen Seele, die sich fortbewegt, ist ein Widerspruch in sich.
Man könnte nichtsdestominder auf die Idee kommen, eine Seele als ein zwar räumlich unausgedehntes, aber als ein innerhalb des Raumes befindliches Gebilde zu betrachten. Eine derartige Seele würde dann jeweilig genau einen Raumpunkt einnehmen, weil sie selbst 0-dimensional ist. Die Rede von einem sich im Raum fortbewegenden Seelenpunkt wäre zumindest nicht so offensichtlich in sich widersprüchlich, was allerdings mitnichten bedeutet, dass der Begriff einer räumlich lokalisierten, punktgroßen Seelensubstanz unproblematisch ist. im Gegenteil, er ist mit etlichen schwerwiegenden Problemen behaftet, die die Zurückweisung der Idee lokalisierter Seelensubstanzen nahelegen. (Der Idee nicht lokalisierter Seelensubstanzen ergeht es keinen Deut besser, sodass der Substanzdualismus insgesamt als eine vollkommen unhaltbare Position erscheint.)

Nathan hat geschrieben:Über den sog. "Auferstehungsleib" können wir gar keine Aussagen machen - auch nicht, dass er "widersinnig" sei - , weil wir einfach keine anderen als die uns bekannten Körper kennen. Ob man einen Auferstehungsleib dann hinterher als "physisch" oder nicht bezeichnet, spielt für mich keine Rolle.


Da helfen alle rhetorischen Tricks der Theologen nichts, der Begriff eines immateriellen/nichtphysischen/spirituellen Körpers ist und bleibt ein Widerspruch in sich!
(Das ist so, wie wenn man von einem "unkörperlichen Körper" spräche.)

Nathan hat geschrieben:Aber noch mal: was wäre, wenn man mit wissenschaftlichen Mitteln die Existenz von unsichtbaren Personen (zunächst einmal Geistern) beweisen könnte. Also beispielsweise in einem streng kontrollierten Experiment würde ein Schamane Geister um eine Handlung bitten, die dann überprüfbar ist - regelmäßig und zuverlässig unter Ausschluss aller psychologischen Erklärungen.
Würde dann dein Vertrauen in die Wissenschaft oder deine Abneigung gegen unsichtbare Personen gewinnen?


Wenn die Existenz von Geistern tatsächlich eines Tages wissenschaftlich bewiesen sein sollte, dann würde ich der Wissenschaft vertrauen und dem Naturalismus abschwören.
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Re: Naturalismus als Weltanschauung

Beitragvon Qubit » So 20. Apr 2008, 18:41

Myron hat geschrieben:Wenn die Existenz von Geistern tatsächlich eines Tages wissenschaftlich bewiesen sein sollte, dann würde ich der Wissenschaft vertrauen und dem Naturalismus abschwören.

Ich nicht, insofern sie Auswirkungen in der Natur haben..
Ich würde den Begriff der Natur entsprechend erweitern ;-)
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Re: Naturalismus als Weltanschauung

Beitragvon Myron » So 20. Apr 2008, 18:56

Nathan hat geschrieben:Faktisch hat sich aus der Vorstellung von diesen Prozessen aber keine Naturwissenschaft entwickelt, das ist eigentlich Konsens. Denn die Griechen kannten zwar in der Tat regelmäßige Naturprozesse und die Abkehr von den Mythen mag da vielleicht wirklich ein wichtiger Schritt gewesen sein, aber sie sind nicht dazu gekommen, gezielt diese Gesetzmäßigkeiten aufzusuchen, also das zu tun, was dann für die moderne Naturwissenschaft kennzeichnend war.


Schön und gut, doch das ändert nichts daran, dass die Behauptung, die Wurzeln der Naturwissenschaften lägen im Christentum, schlicht falsch ist.

Nathan hat geschrieben:Der letzt Satz ist falsch: der Begriff "Naturgesetz" impliziert ja gerade, dass diese Regelmäßigkeiten von jemandem gesetzt oder sogar erlassen wurden. Genau so wurde der Begriff ursprünglich verstanden, so dass er heutigen Philosophen die Schamröte ins Gesicht treibt, weil sie mit der Vorstellung nichts anfangen können. Man will von diesem Begriff ja am liebsten wieder weg und wieder von den Regelmäßigkeiten sprechen. Was das für die Naturwissenschaften bedeutet wird sich zeigen.


Der Witz am Begriff <Naturgesetz> ist ja gerade, dass sie im Gegensatz zu Rechtsgesetzen unabhängig von irgendwelchen persönlichen Gesetzgebern herrschen.
Es gibt allerdings zwei Lager innerhalb der Philosophen, die sich mit diesem Begriff befassen:
a) die "Nezessitarier"
b) die "Regularisten"
(Siehe: http://www.iep.utm.edu/l/lawofnat.htm)

Zitat:
"Religious skeptics – had they lived in a society where they might have escaped torture for asking the question – might have wondered why (/how) the world molds itself to God's will. God, on the Prescriptivist view of Laws of Nature, commanded the world to be certain ways, e.g. it was God's will (a law of nature that He laid down) that all electrons should have a charge of -1.6 x 10-19 Coulombs. But how is all of this supposed to play out? How, exactly, is it that electrons do have this particular charge? It is a mighty strange, and unempirical, science that ultimately rests on an unintelligible power of a/the deity.

Twentieth-century Necessitarianism has dropped God from its picture of the world. Physical necessity has assumed God's role: the universe conforms to (the dictates of? / the secret, hidden, force of? / the inexplicable mystical power of?) physical laws. God does not 'drive' the universe; physical laws do."

(http://www.iep.utm.edu/l/lawofnat.htm#SH5d)

Den Nezessitariern nach "gehorcht" das Naturgeschehen den Naturgesetzen, die jenem sozusagen "vorschreiben", "befehlen", wie es abzulaufen hat. Genau diese Sichtweise werfen die Regularisten ihnen vor: dass die Naturgesetze wie zuvor Gott als Herrscher fungieren (mit dem Unterschied, dass jene unpersönlich sind), die die Natur zwingen, sich soundso zu "verhalten".

(Der wesentliche Unterschied zwischen einem Natur- und einem Rechtsgesetz ist, dass diese gebrochen werden können, jene aber nicht.)
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Re: Naturalismus als Weltanschauung

Beitragvon stine » So 20. Apr 2008, 18:57

Ein wenig OT:

Myron hat geschrieben:Wenn ich dich bäte, dir deine Mutter vorzustellen und dann von der Vorstellung deiner Mutter die Vorstellung ihres Körpers abzuziehen, dann bliebe von der gesamten Vorstellung deiner Mutter nichts mehr übrig, d.h. die Vorstellung würde einfach ganz aus deinem Kopf verschwinden.

Genau das stimmt jetzt aber nicht.
Im Gegenteil. Wenn ich an Menschen denke, fällt mir immer zuallerst ein, wie sie sind, was sie ausmacht in Bezug auf Verhaltensweisen und Gegebenheiten in der Vergangenheit. Erst in zweiter Linie denke ich an ihr Äußeres.
Mir ist immer schon wichtig gewesen, WIE jemand ist und nicht, wie jemand aussieht.

Vielleicht bin ich nicht normal, aber für mich war die Erkenntnis, dass Menschen mein Äußeres beurteilen und davon auf mein Wesen schließen ein eigenartiges Gefühl. Als ich "jung" war, dachte ich stets, ich würde gemocht, weil ich so bin, wie ich bin - bis ich feststellen mußte, dass ich von einigen nur gemocht wurde, weil ich so aussah, wie ich aussah.
"Nachfühlen" kann das jeder der älter wird. Plötzlich passt das Äußere nicht mehr zum inneren Fühlen und Denken. Wir bleiben, was wir sind und erleben den Verfall des eigenen Körpers als etwas, das uns irgendwie trifft, nicht zu verhindern ist, obwohl wir es gerne anders hätten. Es passiert einfach obwohl wir es nicht wollen, sozusagen unabhängig von unserem Wesen.

Spätestens hier zeigt sich doch ganz deutlich, dass wir mehr sind als unser Körper. Wie auch immer der Mensch zu sein scheint, seine Gesamtheit ist mehr, als Körper und chemischer Prozess. Da bin ich ziemlich sicher.

LG stine
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Re: Naturalismus als Weltanschauung

Beitragvon Myron » So 20. Apr 2008, 19:05

Robert hat geschrieben:Naturgesetze wurden von Menschenhand formuliert, um natürliche Prozesse zu beschreiben, also eine Abbildungsvorschrift.


Du bringst hier die Naturgesetze als nichtsprachliche Tatsachen und die naturwissenschaftlichen Gesetze als Aussagen durcheinander. Es sind Letztere, die dazu dienen, die naturgesetzlichen Tatsachen zu repräsentieren.
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Re: Naturalismus als Weltanschauung

Beitragvon Myron » So 20. Apr 2008, 19:08

Qubit hat geschrieben:Ich würde den Begriff der Natur entsprechend erweitern ;-)


Damit würdest du den Naturalismus gegen jedwede Falsifizierung immunisieren!
Werfen wir den Supernaturalisten nicht genau eine solche, intellektuell unredliche Taktik vor?!
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Re: Naturalismus als Weltanschauung

Beitragvon Nathan » So 20. Apr 2008, 19:33

Robert hat geschrieben:Bei den Sozialdarwinismus wird unter anderem nach der gesellschaftlichen und kulturellen Bedeutung "gemessen". Also die Bourgeoisie sei wertvoller als das Proletariat und womöglich höher entwickelt, da sie sich im "Konkurrenzkampf" eher durchsetzten. Also wenn jemand aus der Bourgeoisie und einer aus dem Proletariat vom selben gesellschaftlichem Stand beginnen würden, wäre immer derjenige aus der Bourgeoisie im Vorteil und würde rascher zu einem höheren Stand gelangen.


Für die Nazis waren aber weniger die sozialen Schichten als die Rassen interessant und über die hat auch Darwin Dinge zu sagen gewusst, für die er heute aus jeder Talk-Show fliegen würde. Durch die Evolutionstheorie wurde die Trennung zwischen Mensch und Tier eingerissen und dadurch die einzelnen Rassen mehr oder weniger nah am Tier vermutet. Aus diesem Gedanken entstand die Sorge, dass ein Volk, dass aus dem als natürlich vermuteten Kampf ums Überleben aussteigt und so Dinge wie "Nächstenliebe" für wichtig hält, degeneriert und wieder zum Tier wird - eine Sorge, die im christlichen Weltbild überhaupt keinen Sinn macht. Aber zur Zeit der Nazis war die Sorge, welchen negativen Entwicklungen durch den Evolutionsgedanken möglich sind, recht verbreitet, denn alle Eigenschaften konnten aus kleinsten Anfängen entstehen und sich folglich auch wieder zu kleinsten Formen zurückentwickeln, warum sollte dies nicht auch mit der menschlichen Vernunft möglich sein?
Keine Sorge: ich selbst glaube nicht an die Evolutionstheorie und bin für solche Gedanken daher absolut unempfänglich.
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Re: Naturalismus als Weltanschauung

Beitragvon Nathan » So 20. Apr 2008, 19:36

Robert hat geschrieben:Welcher Vertreter hat nun aus seiner christlichen Überzeugung heraus, die Naturwissenschaften begründet?


Newton beispielsweise

Robert hat geschrieben:"Man könnte auch sagen, dass die Idee von Naturgesetzen, die selbstständige, d.i. götterunabhängige unpersönliche Prozesse in der Natur beschreiben, im Grunde reinste Blasphemie ist!"


Klar, da diese Definition atheistisch zugeschnürt ist, ist sie blasphemisch. Aber so eng wird sie in der Regel nicht verstanden und bei Newton wurde sie es ganz sicher nicht.
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Re: Naturalismus als Weltanschauung

Beitragvon Qubit » So 20. Apr 2008, 19:39

Myron hat geschrieben:
Qubit hat geschrieben:Ich würde den Begriff der Natur entsprechend erweitern ;-)


Damit würdest du den Naturalismus gegen jedwede Falsifizierung immunisieren!
Werfen wir den Supernaturalisten nicht genau eine solche, intellektuell unredliche Taktik vor?!


Nein, die vermeintliche Unredlichkeit entstammt der Beschränktheit deiner Auffassung ;-)
Schau mal, wenn beispielsweise übernatürliche "Geisterfurze" einen Tornado hier auf der Erde versursachen und man diese übernatürliche Ursache nachweisen kann, welches Vorgehen liegt dann näher als folgendes:
Die "Furzgeister" werden zur Natur erklärt, die "Superfurzologie", welche den Zusammenhang zwischen "Geisterfurz" und Tornado beschreibt und nachgewiesen hat wird ein Bestandteil der Naturwissenschaften und der "Wirkzusammenhang" bleibt vereint im Naturalismus?
Natur ist, was in der Natur wirkt.
Zuletzt geändert von Qubit am So 20. Apr 2008, 19:45, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Naturalismus als Weltanschauung

Beitragvon Nathan » So 20. Apr 2008, 19:45

Qubit hat geschrieben:Es kommt darauf an, dass man, solange man keine "physikalischen Erklärungen" hat, sich nicht mit irgendeinem "übernatürlichen Humbug" benebelt.


Niemand will, dass sich hier jemand mit irgendetwas benebelt, aber es gibt Phänomene, bei denen man mit physikalischen oder psychologischen Erklärungen eher Nebel wirft. Du weißt vermutlich, dass es einige Fälle von gut dokumentierten Wundern gibt, die jeder Medizinererfahrung trotzen. Wieso ist es jetzt besonders helle, stur an einer unbekannten physikalischen Erklärung festzuhalten?

Qubit hat geschrieben:Es gibt kein Phänomen in der erfahrbaren Welt, von dem anzunehmen wäre, dass es keine natürliche Erklärung dafür gebe. Oder kannst DU eine solche ausschliessen?


Zunächst einmal ist das ein Glaubenssatz, darin sind wir uns vermutlich einig. Der Satz ist nicht wissenschaftlich zu untemauern.
Zweitens gibt es solche Fälle: Jesus wurde nach seiner Totenauferstehung von mehreren Leuten unabhängig voneinander gesehen und wiedererkannt -die Leute, die sich vorher versteckten, ließen sich hinterher sogar für ihren Glauben töten, weil sie sich so sicher waren. Wartest du ernsthaft auf eine physikalische Erklärung für Totenauferweckungen?
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Re: Naturalismus als Weltanschauung

Beitragvon Nathan » So 20. Apr 2008, 19:50

Myron hat geschrieben:Schön und gut, doch das ändert nichts daran, dass die Behauptung, die Wurzeln der Naturwissenschaften lägen im Christentum, schlicht falsch ist.


Ich such noch mal nach dem Text, aber die Griechen hatten nach allgemeiner Einschätzung keine Naturwissenschaften entwickelt und die ersten Naturwissenschaftler im modernen Sinn waren nun mal Christen, ob es dir gefällt oder nicht.

Myron hat geschrieben:Den Nezessitariern nach "gehorcht" das Naturgeschehen den Naturgesetzen, die jenem sozusagen "vorschreiben", "befehlen", wie es abzulaufen hat. Genau diese Sichtweise werfen die Regularisten ihnen vor: dass die Naturgesetze wie zuvor Gott als Herrscher fungieren (mit dem Unterschied, dass jene unpersönlich sind), die die Natur zwingen, sich soundso zu "verhalten".

(Der wesentliche Unterschied zwischen einem Natur- und einem Rechtsgesetz ist, dass diese gebrochen werden können, jene aber nicht.)


Du schreibst, dass jene diesen vorwerfen, dass die Gesetze "wie zuvor" zum Herrscher "fungieren". Damit sagst du (oder sie) doch selbst, dass es zuvor so gesehen wurde. Die Vorstellung von Naturgesetzen, die nicht gebrochen werden können, ist ja gerade die moderne Sicht, die allerdings nicht wissenschaftlich entdeckt sondern vorausgesetzt wird. Das kann man ja sehen, wie man will, man darf so ein Verständnis nur nicht zu ernst nehmen.
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Re: Naturalismus als Weltanschauung

Beitragvon Qubit » So 20. Apr 2008, 19:52

Nathan hat geschrieben:Niemand will, dass sich hier jemand mit irgendetwas benebelt, aber es gibt Phänomene, bei denen man mit physikalischen oder psychologischen Erklärungen eher Nebel wirft.
[QUATSCH entfernt]


Alles was in der Natur etwas bewirkt ist per definitionem Naturwissenschaft und als solches sind die Phänomene zu betrachten. D.h. man verwendet das etablierte "Toolset" (wie dein Leidensgenosse es formulierte) und schaut, was man damit erklären kann.
Dies ist der Weg der von der Wirkung zur Ursache führt und dafür sind Steuergelder auszugeben und nicht für irgendeinen übernatürlichen Humbug, der irgendwelche Ursachen phantasiert.
Ob man persönlich allerdings einen anderen Weg geht, das bleibt jedem selbst überlassen ;-)
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Re: Naturalismus als Weltanschauung

Beitragvon Robert » So 20. Apr 2008, 21:33

Nathan hat geschrieben:
Robert hat geschrieben:Welcher Vertreter hat nun aus seiner christlichen Überzeugung heraus, die Naturwissenschaften begründet?


Newton beispielsweise


Versteh ich nicht ganz. Wie kann solch eine Person, die "die Dreifaltigkeit als ein eine Häresie" ansieht, aus der christlichen Überzeugung heraus agiert haben? Hab ich da was missverstanden?

Myron hat geschrieben:Du bringst hier die Naturgesetze als nichtsprachliche Tatsachen und die naturwissenschaftlichen Gesetze als Aussagen durcheinander. Es sind Letztere, die dazu dienen, die naturgesetzlichen Tatsachen zu repräsentieren.


"Naturgesetze als nichtsprachliche Tatsachen"?

Kannst du mir dies sprachlich erklären?

Nathan hat geschrieben:Für die Nazis waren aber weniger die sozialen Schichten als die Rassen interessant und über die hat auch Darwin Dinge zu sagen gewusst, für die er heute aus jeder Talk-Show fliegen würde.


Wieso würde Darwin aus jeder Talk-Show fliegen, wenn er über Rassen spricht?

Wer hat was gegen Hunderassen?

Nathan hat geschrieben:Durch die Evolutionstheorie wurde die [künstliche] Trennung zwischen Mensch und Tier eingerissen und dadurch die einzelnen Rassen mehr oder weniger nah am Tier vermutet.


Wenn die Trennung zwischen Tier und Mensch zerstört wurde, wie können eine Gruppe von Menschen dann zu Tieren gemacht werden?

Nathan hat geschrieben:Aus diesem Gedanken entstand die Sorge, dass ein Volk, dass aus dem als natürlich vermuteten Kampf ums Überleben aussteigt und so Dinge wie "Nächstenliebe" für wichtig hält, degeneriert und wieder zum Tier wird - eine Sorge, die im christlichen Weltbild überhaupt keinen Sinn macht. Aber zur Zeit der Nazis war die Sorge, welchen negativen Entwicklungen durch den Evolutionsgedanken möglich sind, recht verbreitet, denn alle Eigenschaften konnten aus kleinsten Anfängen entstehen und sich folglich auch wieder zu kleinsten Formen zurückentwickeln, warum sollte dies nicht auch mit der menschlichen Vernunft möglich sein?


Degeneration?

Kann der Biologielehrer bitte aushelfen? Hab davon noch nie was gehört.

Nathan hat geschrieben:Keine Sorge: ich selbst glaube nicht an die Evolutionstheorie und bin für solche Gedanken daher absolut unempfänglich.


Für welche Evolutionstheorie? Oder für jede?

edit:
Nathan hat geschrieben:
Myron hat geschrieben:Schön und gut, doch das ändert nichts daran, dass die Behauptung, die Wurzeln der Naturwissenschaften lägen im Christentum, schlicht falsch ist.


Ich such noch mal nach dem Text, aber die Griechen hatten nach allgemeiner Einschätzung keine Naturwissenschaften entwickelt und die ersten Naturwissenschaftler im modernen Sinn waren nun mal Christen, ob es dir gefällt oder nicht.


Verstehst du es immer noch nicht?

"Und zeig mir, wieso sich Naturwissenschaft aus der Bibel ergibt."
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Re: Naturalismus als Weltanschauung

Beitragvon Myron » So 20. Apr 2008, 21:42

stine hat geschrieben:Genau das stimmt jetzt aber nicht.
Im Gegenteil. Wenn ich an Menschen denke, fällt mir immer zuallerst ein, wie sie sind, was sie ausmacht in Bezug auf Verhaltensweisen und Gegebenheiten in der Vergangenheit. Erst in zweiter Linie denke ich an ihr Äußeres.
Mir ist immer schon wichtig gewesen, WIE jemand ist und nicht, wie jemand aussieht.


Ich habe von bildlichen und nicht von sprachlichen Vorstellungen, d.i. Gedanken, gesprochen.
Natürlich kann ich an meine Mutter denken, ohne sie mir bildlich vorzustellen.

stine hat geschrieben:Spätestens hier zeigt sich doch ganz deutlich, dass wir mehr sind als unser Körper.


Solange wir leben, sind wir in der Tat nicht einfach nur Körper, sondern "beseelte" Körper—nur dass die Seele nicht das ist, wofür sie die Theologen halten.
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