Interpretationen der Quantenmechanik

Re: Interpretationen der Quantenmechanik

Beitragvon ostfriese » Do 28. Feb 2008, 23:28

Gandalf hat geschrieben:In der QT kommt es ausschließlich auf die Einzelereignisse relativ zum Beobachter an!

Ich bezog mich aber nicht auf mikroskopische Systeme, sondern auf makroskopische, in denen sich jene Einzelereignisse heraus mitteln, die also mit hoher Präzision beschreibbar sind, ohne dass man dafür die "Entscheidungen" auf der Quantenebene kennen muss.

Gandalf hat geschrieben:Das wir diese z.B. im Maschinenbau nicht berücksichtigen, liegt einfach an dem jeweiligen Aufwand diese Einzelereignisse zu beherrschen, im Verhältnis zum Gebrauchszweck der Maschine - und nicht an künstlichen wissenschaftstheoretischen Definitionen.

Die Funktionen komplexer Systeme sind nicht vollständig auf die ihrer Teilsysteme rückführbar. Emergenz lässt sich nicht mit dem Hinweis entkräften, dass zwischen den Systemebenen keine objektiven Grenzen existieren -- dies wäre, ich wiederhole mich, ein Scheinargument. Denn unsere Naturbeschreibungen sind Annäherungen, mit denen wir reale Strukturen modellhaft rekonstruieren. Sie werden nicht automatisch dadurch "besser", dass man Substrukturen in das Modell einbezieht. Oder möchtest Du uns vielleicht eines Tages eine Quantentheorie des Wettergeschehens anbieten?

Gandalf hat geschrieben:
ostfriese hat geschrieben:Beispielsweise sind irgendwelche subatomar erfolgten "Entscheidungen" vollkommen irrelevant für das (makroskopische) Feuern eines Neurons.

Ohne diese Entscheidungen gäbe es kein Neuron, das feuern kann! ... gäbe es kein Gehirn, keine Menschen und kein Universum, so wie wir es kennen.

So what? Dies ist kein Einwand gegen meine Aussage.

Gandalf hat geschrieben:Und wieso soll am Neuron der freie/unfreie Wille festgemacht sein? Wieso nicht an Synapsen, an Gliazellen, ... ?

Ich mache den "Freien Willen" ganz sicher nirgends fest, da ich ihn für nicht existent halte. Ich habe nur klargestellt, dass eine "Wahlfreiheit" im subatomaren Bereich kein Rückzugsgebiet für Willensfreiheit ist, da man makroskopisch feststellbare Veränderungen (z.B. das Feuern eines Neurons) nicht durch einzelne Quanteneffekte auslösen kann, die sich statistisch gar nicht auswirken.
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Re: Interpretationen der Quantenmechanik

Beitragvon folgsam » Fr 29. Feb 2008, 00:53

ostfriese hat geschrieben:Ich mache den "Freien Willen" ganz sicher nirgends fest, da ich ihn für nicht existent halte.



Und das sagst du ohne die emergenten Eigenschaften des Bewusstseins auch nur annähernd vollständig beschreiben oder gar verstehen zu können?

Du tust, was auch Gandalf getan hat, jedoch diesmal mit der Quantendetermination : Weil die Einzelteile determiniert sind, ist es das emergente System, in dem Fall unser Bewusstsein, auch?


ich würde sagen : Ich weiß es nicht :^^:
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Re: Interpretationen der Quantenmechanik

Beitragvon stine » Fr 29. Feb 2008, 07:32

Gestern war ein interessanter Beitrag über "den freien Willen" in Faszination Wissen.
Es wird daran geforscht, im Voraus erkennen zu können, was jemand will. Es wurde festgestellt, dass in den entsprechenden Gehirnregionen im Zehntelsekundenbereich, bevor jemand etwas tut, bereits feststeht, dass er etwas tun wird. Damit ist zwar bewiesen, das unser Gehirn die Abläufe steuert, aber für mich ist immer noch nicht klar, woher das Gehirn diesen Impuls nimmt.

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Re: Interpretationen der Quantenmechanik

Beitragvon HF******* » Fr 29. Feb 2008, 12:02

Gandalf schrieb:
Wenn Akausalität logisch nicht erklärbar ist, dann kann es keine '1.' Ursache geben.

Korrekt.

Gandalf hat geschrieben:
Zunächst mal vielen Dank für Deine ausführlichen und genauen Erläuterungen, die auf einen großen Erfahrungsschatz bezüglich philosophischen Fragestellungen hinweisen.

Der Schein trügt.

1927 war die QT noch im entstehen und nur wenigen Leuten überhaupt bekannt. Von Interpretationen (= Threadthema!) ganz zu schweigen. Offensichtlich antiquierte mechanistisch geprägte Vorstellungen auf die QT zu übertragen kann nur in die Irre führen.

Der Kausalitätsbegriff stammt lediglich aus dieser Zeit. Man kann umdefinieren wie man will, diese Form der Kausalität ist es, an der wir alles festmachen.
.... nach der also eine Bedingung dann ursächlich für einen Umstand ist, wenn der Umstand ohne diese Bedingung so nicht eingetreten wäre. Für den Indeterministen wird gerne - denklogisch überflüssig - hinzugefügt, dass der Umstand bei Vorhandensein der Bedingung in jedem Fall eintreten musste.

Es ist mitnichten überflüssig! Weder denklogisch noch physikalisch:
"Nur wenn alle physikalisch möglichen Zustände 'B' in Abhängigkeit von Zustand 'A' abgeleitet werden können, kann man von Kausalität sprechen. Ergibt sich 'B' jedoch auch aus 'C', ist 'A' nicht die Ursache von 'B'"

Mitursächlich, was mitursächlich ist, bezeichnet man als Ursache. Ansonsten gehst Du von einer anderen Ursachendefinition aus. Die Kausaldefinition von 1927 scheint mir allerdings sinnvoll, weil man das Problem nicht wegdefinieren sollte.

Es lässt sich auch kein Experiment ausführen, indem nicht selbst das letzte Elektron am anderen Ende des Universums sein Gravitationsfeld auf das Experiment ausdehnen würde. Mit dem Einfluss ist es auch Bestandteil des Kausalablaufs. Der Einfachheit halber lassen wir dieses Elektron bei der Betrachtung und sprachlichen Beschreibung unter den Tisch fallen, wie die meisten anderen unerheblichen Elektronen und sonstigen Einflüsse auch.

Du argumentierst gegen etwas, was ich nie behauptet hatte!? Ich sagte ja nicht das es Kausalität nicht gibt, sondern sinngemäß dass es ein Denkfehler ist, wenn man Kausalität allein mit der klassisch naturwissenschaftlich Definition ('energetische Wirkverbindung') gleichsetzt.

Über Definitionen kann man sich nicht streiten.

Nochmal: Es ist kein Einfluss im Sinne von (energetisch kausaler) "Wirkung" sondern eine 'Wahl' - wie es z.B. durch das Doppelspalt-Experiment, Experimenten am Mach-Zehnder-Interferometer, beim Quanten-Zeno-Effekt, usw. unzählige male belegt ist!? Wir (der jeweilige 'Beobachter' mit seinen überweigend unbewussten "Subroutinen") wählt in einem fort jeweils eine Wirklichkeit aus den 'Vielen-Welten' aus, die um uns herum physikalisch gegeben sind und wartet nicht auf irgendwelche "postsynaptischen Signale"

Die Idee verstehe ich wohl, habe mir auch die von Dir verlinkten Seiten angesehen.
Eine Wahl zwischen verschiedenen Welten ist nicht belegt. Beweis mal eine einzige weitere Welt. Die Schlussfolgerung auf andere Welten - besser parallele Realitäten - überzeugt mich nicht. Man könnte andere Welten in JEDEM Bereich behaupten, in dem die Kausalabläufe nicht sofort erkennbar sind.

1) Logik immer nur 'abschnittsweise' gültig ist und nicht allumfasend, wie Gödels bewiesen hat (und bei Quantensystemen handelt es sich nicht um "Abschnitte" sondern um Ganzheiten)

Dann ist auch dieser Satz nicht umfassend gültig, so dass in jedem Fall die von mir getroffene Aussage eben damit nicht widerlegt werden kann.
2) (Wahn-) Sinne sind Subroutinen die uns Wirklichkeit aus einer virtuellen Realität generieren.

Eine Aussage ohne Argument?

Nein, es geht rein darum, ob wir tatsächlich zwischen mehreren gleichberechtigten physikalischen Realitäten wählen können.

Ich habe nicht gegen die viele Welten Theorie argumentiert, sondern bin von einer klassisch indeterministischen Auffassung Deinerseits ausgegangen. Wenn die Wahl zwischen verschiedenen Realitäten das wäre, was wir als Willensfreiheit empfinden (zur Erklärung notwendig wäre es jedenfalls nicht), dann könnte man natürlich sagen, dass wir natürlich nur die Realität wahrnehmen könnten, in der wir eben nicht gerade den Kopf gegen die Wand geschlagen hätten. Das würde aber nicht ausschließen, dass ununterbrochen andere Menschen in unserer Realität völligen Unsinn anstellen müssten. Das tun sie aber nicht, so dass allein schon dieser Umstand gravierend gegen diese Theorie spricht. Ansonsten müsstest Du behaupten, dass jedenfalls die von uns empfundene Willensfreiheit nicht mit der Wahlfreiheit zwischen verschiedenen Realitäten korreliert, bzw. dass sich in diesem Bereich die Realität gerade nicht aufspaltet.

Gäbe es nur 'eine' Realität, wie die klassische Physik (einschließlich Einstein) früher glaubte,

Hat Einstein nicht behauptet, siehe Einstein-Rosen-Brücke, die er zumindest für denkbar hielt.
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Re: Interpretationen der Quantenmechanik

Beitragvon ostfriese » Fr 29. Feb 2008, 12:45

folgsam hat geschrieben:
ostfriese hat geschrieben:Ich mache den "Freien Willen" ganz sicher nirgends fest, da ich ihn für nicht existent halte.

Und das sagst du ohne die emergenten Eigenschaften des Bewusstseins auch nur annähernd vollständig beschreiben oder gar verstehen zu können?

Man braucht dazu keine vollständigen Kenntnisse über das Bewusstsein, sondern muss nur bestreiten, dass es auf neuronaler Ebene* messbare Wirkungen gibt, die keine Wechselwirkungen sind. Ich persönlich zweifele lieber am Freien Willen als an der Physik oder dem Naturalismus. Denn der fromme Wunsch, dass der Freie Wille keine Illusion sein möge, erscheint mir nicht triftig genug, um dafür mein ganzes Weltbild über den Haufen zu schmeißen. Wobei ich mir der Tatsache bewusst bin, dass viele den Naturalismus speziell wegen seiner Aussagen zur Willensfreiheit emotional ablehnen. Schade, denn natürlich fühlen sich Naturalisten genauso frei wie Idealisten, Konstruktivisten etc.


*Denn so viel dürfen wir nun wirklich als sicheres neurologisches Wissen voraussetzen: Allen beobachtbaren Handlungen gehen neuronale Signale voraus.
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Re: Interpretationen der Quantenmechanik

Beitragvon stine » Fr 29. Feb 2008, 15:48

ostfriese hat geschrieben:*Denn so viel dürfen wir nun wirklich als sicheres neurologisches Wissen voraussetzen: Allen beobachtbaren Handlungen gehen neuronale Signale voraus.

Aber woher kommen sie?
Mir ist immer noch nicht klar, wer mein Gehirn in Gang setzt.

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Re: Interpretationen der Quantenmechanik

Beitragvon Myron » Fr 29. Feb 2008, 16:10

stine hat geschrieben:Mir ist immer noch nicht klar, wer mein Gehirn in Gang setzt.


Die dynamische Selbstorganisation der Materie.
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Re: Interpretationen der Quantenmechanik

Beitragvon Peter Janotta » Fr 29. Feb 2008, 16:26

stine hat geschrieben:Mir ist immer noch nicht klar, wer mein Gehirn in Gang setzt.

Ionenkonzentrationen und ATP
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Re: Interpretationen der Quantenmechanik

Beitragvon Klaus » Fr 29. Feb 2008, 16:43

ATP, Adenosin-Triphosphat?
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Re: Interpretationen der Quantenmechanik

Beitragvon stine » Sa 1. Mär 2008, 14:09

Ich denke, die Impulse sind immer ein Ergebnis aus dem Prinzip: "Ursache-Wirkung".
Je nachdem, mit was wir uns beschäftigen, mit wem wir im Gespräch sind oder was wir gerade denken, ergeben sich Impulse, die eine Aktion hervorrufen.
Wir sind prinzipiell nie ohne irgendeine Ursache, auf die wir reagieren müssen.

Wir sind demnach eine funktionierende Einheit innerhalb eines komplexen Systems.

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Re: Interpretationen der Quantenmechanik

Beitragvon ostfriese » Sa 1. Mär 2008, 14:34

Der strenge Determinismus ist bestreitbar, jedenfalls nicht beweisbar.

Aber um das Konzept des Freien Willens abzulehnen, braucht man keinen strengen Determinismus, sondern nur die begründete Annahme, dass sich alle nicht-kausalen Vorgänge in ihrer Wirkung statistisch heraus mitteln oder zu schwache Resultierende haben, als dass sie neuronale Prozesse auslösen könnten.

Diese Auffassung entspricht dem derzeitigen physikalischen und neurowissenschaftlichen Kenntnisstand.
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Re: Interpretationen der Quantenmechanik

Beitragvon Myron » Sa 1. Mär 2008, 15:45

"To say that free will is at least possible if there is a quantum mechanical explanation of consciousness is not to say that this is actually how it works or even that this is how it could work. It is only to say that, as far as we know, the only established nondeterministic element in nature is the quantum level, and if we are to suppose that consciousness is nondeterministic, that the gap is not only psychologically real but neurobiologically real, then, given the present state of physics and neurobiology, we have to suppose that there is a quantum mechanical component in the explanation of consciousness. I see no way to avoid this conclusion. Of course, the hypothesis that the random indeterminacy at the quantum level leads to an indeterminacy of a nonrandom kind at the conscious intentionalistic level, seems very unlikely and implausible."

(Searle, John. Mind: A Brief Introduction. New York: Oxford University Press, 2004. p. 232)
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Re: Interpretationen der Quantenmechanik

Beitragvon stine » Sa 1. Mär 2008, 15:47

ostfriese hat geschrieben:...oder zu schwache Resultierende haben, als dass sie neuronale Prozesse auslösen könnten.

Das würde heißen, der freie Wille ist dort, wo ich zwar aus einer Ursache heraus handle, aber nicht zu einer bestimmten Handlung gezwungen bin.
Richtig?

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Re: Interpretationen der Quantenmechanik

Beitragvon ostfriese » Sa 1. Mär 2008, 16:14

Nein, die Antwort gibt Dir Myrons Beitrag. Für den Fall, dass die Quantenrealität tatsächlich indeterministisch ist, dass also unverursachte, zufällige Ereignisse stattfinden, könnten sich solche Ereignisse in ihrer Wirkung überlagern. Das Resultat einer solchen Überlagerung könnte nun stark genug sein, einen neuronalen Prozess in Gang zu setzen. Nach allem, was Physiker und Neurobiologen wissen, ist dies aber nicht der Fall.

Und selbst wenn es der Fall wäre, hülfe uns die Annahme bei der "Rettung" des Freien Willens nicht wirklich weiter, da Befürworter der Willensfreiheit ja nicht mit zufälligen Entscheidungen zufrieden wären, sondern bewusste, nicht-zufällige Urheberschaft von Gedanken und Handlungen postulieren. Wie aber sollen zufällige Quantenereignisse nicht-zufällige Entscheidungen erklären?

Das könnten sie nur, wenn sie gar nicht wirklich zufällig wären. In dem Fall gibt es für sie entweder naturalistische Ursachen, die unsere Physik noch nicht erfassen kann, oder es gibt eine übernatürliche Instanz, welche diese Quantenereignisse steuert (wobei wir für immer offen lassen müssten, wie sie das macht). Willensfreiheit gäbe es jedoch in diesem Fall auch nur dann, wenn "wir selbst" diese Instanz sind, wenn also mindestens ein Teil unseres Bewusstseins unabhängig von unserem Körper existiert. Auch für diese Annahme spricht jedoch gegenwärtig nichts (mehr).
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Re: Interpretationen der Quantenmechanik

Beitragvon folgsam » Sa 1. Mär 2008, 17:58

Das sind alles theoretische Überlegungen, doch was für konsequenzen hätte es wenn wir die Verneinung der Willensfreiheit auf die Ethik übertragen ?

Sartres Schlussfolgerungen, dass wir immer die Wahl die haben, jederzeit und unter allen Umständen, wäre das davon, ob wir Quantendeterminität annehmen oder nicht, betroffen?

Ich denke nicht.
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Re: Interpretationen der Quantenmechanik

Beitragvon Gandalf » Sa 1. Mär 2008, 18:45

Hallo!
@ostfriese
Ich bezog mich aber nicht auf mikroskopische Systeme, sondern auf makroskopische, in denen sich jene Einzelereignisse heraus mitteln, die also mit hoher Präzision beschreibbar sind, ohne dass man dafür die "Entscheidungen" auf der Quantenebene kennen muss.


Klar, - wenn man Quanteneffekte aus der Rechnung streicht - erhält man eine Rechnung ohne Quanteneffekte! - so what?
Oder wie Prof. H.P Dürr ( http://video.tu-clausthal.de/vortraege/duerr2002/ ): (sinngemäß) "Die Wissenschaft fischt mit Netzen einer Maschenweite von 10x10 cm Fische. Da man damit keine Fische unterhalb dieser Größe in's Netz fängt, weis man ,das es unterhalb dieser Größe keine Fische gibt.... "
Die Funktionen komplexer Systeme sind nicht vollständig auf die ihrer Teilsysteme rückführbar. Emergenz lässt sich nicht mit dem Hinweis entkräften, dass zwischen den Systemebenen keine objektiven Grenzen existieren -- dies wäre, ich wiederhole mich, ein Scheinargument.

..?
Was bitte haben Emergenzen mit der (fiktiven) Grenze zwischen Mikro- und Makrokosmos zu tun? Emergenzen spielen zwar eine überaus wichtige Rolle, über die in Zusammenhang von selbstreflexiven Eigenschaften von Quantensystemen noch zu diskutieren sein wird, - aber was Du hier zusammenschusterst entbehrt jeglicher Grundlage. Demnach wäre wohl ein Wasserstoff- oder Goldatom 'makroskopisch', da diese über emergente Eigenschaften verfügen, die bei einzelnen Protonen/Neutronen/Elektronen nicht vorhanden sind., - wohingegen das Auge mikroskopisch wäre, da z.B. das Farbempfinden von "gelb" nicht auf das "Teilsystem" rückführbar ist...
Anstatt den rhetorischen Schwachfug mit dem "Scheinargument" zu pflegen, solltest Du endlich "Butter bei die Fische" bringen. Falsches wird dadurch nicht richtiger in dem man es wiederholt.


Ohne diese Entscheidungen gäbe es kein Neuron, das feuern kann! ... gäbe es kein Gehirn, keine Menschen und kein Universum, so wie wir es kennen.
So what? Dies ist kein Einwand gegen meine Aussage.

..?
Deine Aussage war: "Beispielsweise sind irgendwelche subatomar erfolgten "Entscheidungen" vollkommen irrelevant für das (makroskopische) Feuern eines Neurons."
Ich denke wir sind irgendwie meilenweit auf verschiedenen Dampfern unterwegs!? Bist Du Kreationsist? Wie glaubst Du funktioniert Evolution und wie konnte es physikalisch von einem einfachen (unteilbaren) Quantenystem zu einem emergenten 'Teilaspekt' kommen, das Wissenschaftler als "Neuron" definiert haben? (Wir diskutieren doch hier über Quantenphysik, - oder ..... ?)

... oder vielleicht doch nicht?
Ich mache den "Freien Willen" ganz sicher nirgends fest, da ich ihn für nicht existent halte. Ich habe nur klargestellt, dass eine "Wahlfreiheit" im subatomaren Bereich kein Rückzugsgebiet für Willensfreiheit ist, da man makroskopisch feststellbare Veränderungen (z.B. das Feuern eines Neurons) nicht durch einzelne Quanteneffekte auslösen kann, die sich statistisch gar nicht auswirken.


Wieso kann er nicht? Ist Dir überhaupt klar, das wir hier nicht über die emergenten Gesetzmäßigkeiten der Biologie diskutieren, sondern das mit den bestätigten Experimenten zur Verletzung der "Bellschen Ungleichungen" die Annahme widerlegt ist, das es eine beobachterunabhängig objektive Realität gibt, - und wie dies zu interpretieren ist?

Vielleicht sind wir in "Vielen-Welten" gleichzeitig unterwegs und in mindestens einer dieser Welten löst ein einzelner Quanteneffekt genau dies aus!?

@folgsam
Du tust, was auch Gandalf getan hat, jedoch diesmal mit der Quantendetermination : Weil die Einzelteile determiniert sind, ist es das emergente System, in dem Fall unser Bewusstsein, auch?

Ich kann leider nicht ganz folgen: ... Was habe ich getan?

@HFRudolf
Es lässt sich auch kein Experiment ausführen, indem nicht selbst das letzte Elektron am anderen Ende des Universums sein Gravitationsfeld auf das Experiment ausdehnen würde. Mit dem Einfluss ist es auch Bestandteil des Kausalablaufs. Der Einfachheit halber lassen wir dieses Elektron bei der Betrachtung und sprachlichen Beschreibung unter den Tisch fallen, wie die meisten anderen unerheblichen Elektronen und sonstigen Einflüsse auch.


...hmmmnunja, ich weis (noch) nicht wie ich es so richtig sagen soll: Nicht das Gravitationsfeld eines einzelnen Elektrons (Im Multiversum) "wirkt" sich aus....
Eine Wahl zwischen verschiedenen Welten ist nicht belegt. Beweis mal eine einzige weitere Welt. Die Schlussfolgerung auf andere Welten - besser parallele Realitäten - überzeugt mich nicht. Man könnte andere Welten in JEDEM Bereich behaupten, in dem die Kausalabläufe nicht sofort erkennbar sind.


Das sie nicht belegt ist, stimmt so nicht. Es kann so interpretiert werden, - oder nicht. Allerdings ist es für mich die plausibelste und vernünftigste Interpretation, die ohne Zusatzannahmen ala dem wissenschaftlich verbrämten sprachlichen Unsinn: "Zusammenbruch einer Wellenfunktion", auskommt. Wenn man z.B. das bekannte Doppelspaltexperiment durchführt, wird man feststellen, das ein einzelnes Photon mit etwas 'unsichtbarem' wechselwirkt, das genau die gleichen physikalischen Eigenschaften hat, wie das Sichtbare. Wenn es aber die gleichen physikalischen Eigenschaften hat (und physikalische Eigenschaften sind das Einzige, was wir über die Wirklichkeit wissenschaftlich in Erfahrung bringen können), macht es keinen Sinn hier einen Unterschied zu machen!
>>> Das sichtbare Photon und die unsichtbaren Photonen die gleichzeitig durch den Doppelspalt mit hindurchgehen sind alles Photonen und es macht keinen Sinn, sie unterschiedlich zu benennen. Das eine aus unserem Universum, - die anderen aus parallelen Universen.

Dann ist auch dieser Satz nicht umfassend gültig, so dass in jedem Fall die von mir getroffene Aussage eben damit nicht widerlegt werden kann.

Kann Sie tatsächlich nicht, - aber Sich kann auch nicht bewiesen werden, - was für mich ein weiteres Indiz dafür darstellt, dass das Multiversum deterministisch ist, aber wir niemals den Hauch einer Chance haben werden, von einem einzelnen (unserem) Universum aus, diesen Determinismus nachvollziehen zu können.
2) (Wahn-) Sinne sind Subroutinen die uns Wirklichkeit aus einer virtuellen Realität generieren.

Eine Aussage ohne Argument?

Nehmen wir die Wirklichkeit wirklich wahr, - oder nur elekromagnetische Signale, die uns die eigenen Sinnesorgane liefern?
Wenn die Wahl zwischen verschiedenen Realitäten das wäre, was wir als Willensfreiheit empfinden (zur Erklärung notwendig wäre es jedenfalls nicht), dann könnte man natürlich sagen, dass wir natürlich nur die Realität wahrnehmen könnten, in der wir eben nicht gerade den Kopf gegen die Wand geschlagen hätten. Das würde aber nicht ausschließen, dass ununterbrochen andere Menschen in unserer Realität völligen Unsinn anstellen müssten. Das tun sie aber nicht, so dass allein schon dieser Umstand gravierend gegen diese Theorie spricht. Ansonsten müsstest Du behaupten, dass jedenfalls die von uns empfundene Willensfreiheit nicht mit der Wahlfreiheit zwischen verschiedenen Realitäten korreliert, bzw. dass sich in diesem Bereich die Realität gerade nicht aufspaltet.


Ich sehe keine Grund wieso andere Menschen aufgrund der VWT völligen Unsinn anstellen müssten und gehe sogar noch weiter, in dem ich behaupte, das es keine 'Zeit' gibt und das der scheinbare "Zeitverlauf" nichts anderes ist als der 'aktuelle' Abgleich zwischen 'aktuellen' Erfahrungen mit 'aktuell' gespeicherten Erfahrungen. Das was wir dann als freien Willen empfinden ist die Reflexion über die 'aktuelle' Wahl (die - physikalsich begründet - wirklich frei ist, da wir durch diese Entscheidungen diese Welten pyhsikalisch voneinander trennen und auf einer dieser "Entscheidungwelten" mitreisen und sozusagen unser eigenes Universum generieren)

Hat Einstein nicht behauptet, siehe Einstein-Rosen-Brücke, die er zumindest für denkbar hielt.

Nein, -diese verbindet "zwei Seiten des selben Raumes" http://de.wikipedia.org/wiki/Wurmloch (und nicht parallele Welten)

@Myron
Viielleicht habe ich tatsächlich (etwas zu) flappsig formuliert. Es lohnt sich durchaus näher darauf einzugehen. Tatsächlich geht es bei Gödels Sätzen darum, was beweisen werden kann und was nicht. Die Beweistheorie ist aber nicht allein eine Frage der Logik (obwohl sie mit logischen Sätzen arbeitet). Beweise und Beweisführugen sind durchwegs 'physikalische Vorgänge'. Und wenn man die Church-Turing-These als allgemeingültig akzeptiert, dann lassen sich alle physikalischen Vorgänge 'simulieren'. Für die Simulation der Beweisführung gibt es jedoch in einem einzelnen Universum Grenzen (Zeit, Speicherplatz, Geschwindigkeit). Daher kommt das "abschnittsweise gültig". Diese Grenzen gelten für alle herkömmlichen Rechner, die Simulationen durchführen können. Für einen Quantencomputer (der manchmal auch "Gödelmaschine" genannt wird) gelten diese Beschränkungen nicht, da er in mehreren Universen gleichzeitig Berechnungen durchführt. (David Deutsch, "Fabric of Reality", 1997)

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Was verstehst Du darunter?

Viele Grüße
Zuletzt geändert von Gandalf am Sa 1. Mär 2008, 18:56, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Interpretationen der Quantenmechanik

Beitragvon Gandalf » Sa 1. Mär 2008, 18:53

Das könnten sie nur, wenn sie gar nicht wirklich zufällig wären. In dem Fall gibt es für sie entweder naturalistische Ursachen, die unsere Physik noch nicht erfassen kann, oder es gibt eine übernatürliche Instanz, welche diese Quantenereignisse steuert (wobei wir für immer offen lassen müssten, wie sie das macht). Willensfreiheit gäbe es jedoch in diesem Fall auch nur dann, wenn "wir selbst" diese Instanz sind, wenn also mindestens ein Teil unseres Bewusstseins unabhängig von unserem Körper existiert. Auch für diese Annahme spricht jedoch gegenwärtig nichts (mehr).


Für genau diese Annahme steht die VWT: Ein vollständiger Determismus, der nicht einmal im Prinzip zu vollständiger Vorhersagbarkeit führt. Um eine Vorhersage machen zu können, müsste man wissen, was in allen anderen Universen passiert. Jede Kopie von uns kann aber nur ein Universum unmittelbar wahrnehmen.
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Re: Interpretationen der Quantenmechanik

Beitragvon ostfriese » Sa 1. Mär 2008, 22:00

Gandalf hat geschrieben:Vielleicht sind wir in "Vielen-Welten" gleichzeitig unterwegs und in mindestens einer dieser Welten löst ein einzelner Quanteneffekt genau dies aus!?

Wer das behauptet, hat die Belegpflicht.

Lieber Gandalf, wir reden tatsächlich aneinander vorbei. Ich habe über nichts anderes diskutiert als Willensfreiheit, nachdem Du dieses Seitenthema angeschnitten hattest. Zu (Deinen) Interpretationen der Quantenmechanik hab ich mich an keiner Stelle wertend geäußert. Ich wüsste daher auch nicht, wie ich auf Deine verqueren Auslegungen meiner Beiträge sinnvoll eingehen soll.

Allenfalls auf einen Punkt: Wenn Du nicht weißt, was der Unterschied zwischen "makroskopisch" und "mikroskopisch" mit Emergenz zu tun hat, erklär ich es Dir gern. Egal wie man diesen Unterschied definiert: Er beruht auf Grenzen naturwissenschaftlicher Modelle. Dass sie für bestimmte Ebenen gelten (sie hinreichend genau beschreiben) und für andere nicht, liegt an nichts anderem als ermergenten Systemeigenschaften.

Beispielsweise können Neurowissenschaftler beim gegenwärtigen Kenntnisstand ausschließen, dass sich irgendein neuronaler Prozess besser erklären ließe, wenn man Quanteneffekte in die Betrachtung einbezöge. Analog dazu wird man Klimamodelle nicht dadurch verfeinern, dass man jeden einzelnen Windstoß zu berücksichtigen versucht. Deine Bemerkung, dass es keine "objektiven" Grenzen zwischen mikroskopischen und makroskopischen Systemen (z.B. Neuronen) gibt, ist in diesem Zusammenhang also tatsächlich ein Scheinargument. Ich wiederhole das gern zum dritten Mal, da Du es offenbar noch nicht verstanden hast.

Manchen Physikern mangelt es an wissenschafts- und erkenntnistheoretischem Background. Das ist verzeihlich. Aber dann sollten sie sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen...
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Re: Interpretationen der Quantenmechanik

Beitragvon [C]Arrowman » Sa 1. Mär 2008, 23:47

Peter Janotta hat geschrieben:
stine hat geschrieben:Mir ist immer noch nicht klar, wer mein Gehirn in Gang setzt.

Ionenkonzentrationen und ATP


Spannungsgefälle auf Grund unterschiedlicher Ionenkonzentrationen, wie erwähnt ATP, in der nächstkleineren Zoomstufe dann das Zusammenspiel der Nerven welches verblüffend dem von Logikschaltkreisen ähnelt. (Nerven die als "und"-glieder funktionieren, eine unterschiedliche Zahl an ein und Ausgängen haben, Signale Invertieren (1 zu 0 und umgekehrt), erst bei einer bestimmten Spannung "schalten" usw. usf.) Es sind schier unvorstellbare Kaskaden an Signalen die durch das Gehirn schießen. Wenn ich daran denke wie primitiv das ist mit dem ich in meinen Job arbeite... ich denke man kann mit ein 2 Nervenzellen mehr anstellen als mit einer durchschnittlichen Microcontroler.

Da auf dieser Ebene die Quantentheorie ein element des Zufalls rein bringt, vermute ich gerade in dem vllt. unbeabsichtigten Zünden von Neuronen die Wurzel des freien Willens. Man mag mich korrigieren wenn ich mich irre.
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Re: Interpretationen der Quantenmechanik

Beitragvon ostfriese » So 2. Mär 2008, 00:10

[C]Arrowman hat geschrieben:Da auf dieser Ebene die Quantentheorie ein element des Zufalls rein bringt, vermute ich gerade in dem vllt. unbeabsichtigten Zünden von Neuronen die Wurzel des freien Willens. Man mag mich korrigieren wenn ich mich irre.

Kannst Du mir mal erklären, wie aus -- nach zufälligen Quantenereignissen -- "unbeabsichtigt gezündeten Neuronen" eine absichtliche, nicht-zufällige Urheberschaft erwachsen soll?
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