Gedankenspiel: Die post-pascalsche Wette...

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Beitragvon dvrvm » Mo 22. Okt 2007, 21:09

Ich habe mir letzthin einige Beiträge über das "Gottesmodul" im Hirn angesehen und bin zu einer interessanten Folgerung gekommen:

Angenommen, es gäbe das Gottesmodul mit völliger Sicherheit. Damit könnte man jegliche Art von religiöser Wahrnehmung ohne einen Gott erklären. Angenommen, man könnte nun zusätzlich nachweisen, dass Gottesglaube bzw. die Aktivität des Religionszentrums einen positiven Einfluss auf das Immunsystem hat, z.B. die Bildung von T-Zellen o.ä. markant erhöht.
Dann wären wir in der völlig paradoxen Situation, dass wir einen Grund haben, an einen Gott zu glauben, auch wenn wir nahezu völlig überzeugt sind, dass er nicht existiert...
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Re: Gedankenspiel: Die post-pascalsche Wette...

Beitragvon Max » Mo 22. Okt 2007, 21:18

Wieso sollte man eine Hypothese für wahr halten, nur weil sie positive gesundheitliche oder emotionale Konsequenzen hat?
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Re: Gedankenspiel: Die post-pascalsche Wette...

Beitragvon dvrvm » Mo 22. Okt 2007, 21:26

Nicht die Hypothese hätte positive gesundheitliche Konsequenzen, sondern das Glauben daran... und ich bin lieber gesund als krank... Genau das ist es ja, man "wüsste" zwar, dass die Hypothese falsch ist, aber man "sollte" trotzdem daran glauben...
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Re: Gedankenspiel: Die post-pascalsche Wette...

Beitragvon Max » Mo 22. Okt 2007, 21:47

dvrvm hat geschrieben:man "wüsste" zwar, dass die Hypothese falsch ist, aber man "sollte" trotzdem daran glauben...
Das schließt einander aus. Man kann höchstens noch von einem Lippenbekanntnis sprechen, ohne irgendein Für-Wahr-Halten.
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Re: Gedankenspiel: Die post-pascalsche Wette...

Beitragvon spacetime » Mo 22. Okt 2007, 21:53

Wenn du weißt, dass es nicht wahr ist, was du glaubst, wie soll man dann daran glauben? Ich könnte jetzt nicht von heute auf morgen an Gott glauben. Du kannst es zwar sgaen und dir einreden, dass du gläubig bist, aber mehr nicht.
Wenn es sich postiv auf meine Gesundheit auswirken sollte, dann würde das auch nichts daran ändern, nicht zu glauben.
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Re: Gedankenspiel: Die post-pascalsche Wette...

Beitragvon ernst.eiswuerfel » Di 23. Okt 2007, 21:07

Vielleicht würde in dem Fall Vitamin C helfen für die T-Zellen ? ;-)
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Re: Gedankenspiel: Die post-pascalsche Wette...

Beitragvon LinuxBug » Di 23. Okt 2007, 21:19

dvrvm hat geschrieben:Nicht die Hypothese hätte positive gesundheitliche Konsequenzen, sondern das Glauben daran... und ich bin lieber gesund als krank... Genau das ist es ja, man "wüsste" zwar, dass die Hypothese falsch ist, aber man "sollte" trotzdem daran glauben...

Dann sollte man doch genauso an etwas anderes glauben sollen, dass diesen Effekt hat oder? Dann glaub ich an die REALITÄT und zwar so fest, dass es weh (bzw meine T-Zellen Bildung erhöhen) tut :mg:
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Re: Gedankenspiel: Die post-pascalsche Wette...

Beitragvon Kosmopolit » Di 23. Okt 2007, 21:23

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Re: Gedankenspiel: Die post-pascalsche Wette...

Beitragvon spacetime » Di 23. Okt 2007, 22:40

Kosmopolit hat geschrieben:Es gibt Lebenssituationen, die können aus dem größten Skeptiker den frömmsten Menschen aller Zeiten machen. Man hört solche Geschichten oft, wie Menschen nach einem Unfall oder einer schweren Krankheit wie verwandelt sind.


Da muss ich dir widersprechen. Mit ziemlicher Sicherheit war der Skeptiker vorher schon mit Religion in Berührung gekommen, sei es in seiner Kindheit oder Jugend. Ein Skeptiker, der nie etwas mit "Gott" zu tun hatte wird auch nicht durch so ein einschneidendes Erlebniss gläubig, es bringt ihn höchstens zurück zum Glauben. Eine Person, die nichts von Göttern weiß kann nicht gläubig werden. "Gott" ist ein Mem!
Ach genau, viele Menschen werden auch durch solche Ereignisse ungläubig. Dass wir sehr unwahrscheinliche Ereignisse als Wunder sehen liegt in der Natur des Menschen. Ob wir deshalb gleich zu frommen Menschen werden, wird allerdings nur der Fall sein, wenn wir z.B. christlich erzogen wurden (also mit Kirche, gebeten usw.).

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Re: Gedankenspiel: Die post-pascalsche Wette...

Beitragvon Kosmopolit » Di 23. Okt 2007, 23:02

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Re: Gedankenspiel: Die post-pascalsche Wette...

Beitragvon spacetime » Mi 24. Okt 2007, 16:03

Kosmopolit hat geschrieben:Irgendwie kommen wir alle mit Religion in Berührung

Mit "in Berührung" kommen meine ich, dass die Eltern Gläubig sind. Wenn das Kind nun Atheist wird, ist es sehr wahrscheinlich, dass er/sie die Idee von einem "Gott" grundsätzlich, obwohl er/sie nicht daran glaubt im Kopf hat. Ein einschneidendes Erlebnis bringt diese Person dann leicht zum Glauben.

Kosmopolit hat geschrieben:Selbst ein steng atheistisches Elternhaus kann eine Kind nicht davor bewahren.

Aber die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind gläubig wird ist definitiv geringer.

Kosmopolit hat geschrieben:Wenn z.B. jemand, der sehr gläubig ist, von seinem Gott enttäuscht wurde, weil all sein Flehen und Beten nichts nutzte. Aber das geschieht seltener.

Da sind wir einer Meinung.

Was ich damit sagen will ist, dass es ein großes Kriterium ist, ob der Skeptiker mit der Idee von einem allmächtigen Wesen aufgewachsen ist oder eben nicht.

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Re: Gedankenspiel: Die post-pascalsche Wette...

Beitragvon Kosmopolit » Mi 24. Okt 2007, 17:34

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Re: Gedankenspiel: Die post-pascalsche Wette...

Beitragvon spacetime » Mi 24. Okt 2007, 20:33

Ich glaube mit dieser Diskussion kommen wir zu keinem richtigen Ergebniss. Eine Statistik darüber wäre wohl am hilfreichsten.

Kosmopolit hat geschrieben:Letztendlich hat das alles dann auch was mit Intelligenz zu tun.

Inwiefern?
Bin ich intelligent, wenn ich das "einschneidende Ereigniss", das andere als göttlich sehen würden, rational betrachte und Atheist bleibe? Oder habe ich das falsch verstanden???

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Re: Gedankenspiel: Die post-pascalsche Wette...

Beitragvon pinkwoolf » Mi 24. Okt 2007, 21:24

Kosmopolit hat geschrieben: Ich denke, es kommt sogar sehr oft vor, dass Kinder aus nichtreligiösen Familien sehr religiös werden. ... Im Umkehrschluss hört man aber auch sehr oft, dass Kinder nichts mehr von Relgion wissen wollen, gerade weil die Eltern ihnen mit ihrem Glauben und den damit verbundenen Zwängen auf die Nerven gehen. Ich denke, es ist sehr schwierig diesbezüglich feste Verhaltensweisen vorauszusehen. Letztendlich hat das alles dann auch was mit Intelligenz zu tun.


Das ist ein ganz interessantes Thema. Wobei ich nicht einmal behaupten würde, dass die Intelligenz immer zugunsten des Atheismus entscheidet.

Manche Kinder/Jugendliche setzen sich mit den Denkschablonen der Eltern kritisch auseinander - oft sogar nicht nur kritisch, sondern wütend - und andere übernehmen diese Muster klag- und gedankenlos. Was z.B. die Bibel ja auch fordert.

Aber wenn ein intelligentes Kind beobachtet, dass die atheistischen Eltern ihr Leben in den Sand gesetzt haben, ist es nur natürlich, wenn auch nicht erfreulich, dass es in die andere Richtung strebt.
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Re: Gedankenspiel: Die post-pascalsche Wette...

Beitragvon Kosmopolit » Mi 24. Okt 2007, 21:29

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Re: Gedankenspiel: Die post-pascalsche Wette...

Beitragvon stine » Do 25. Okt 2007, 08:48

dvrvm hat geschrieben:Angenommen, es gäbe das Gottesmodul mit völliger Sicherheit. Damit könnte man jegliche Art von religiöser Wahrnehmung ohne einen Gott erklären. Angenommen, man könnte nun zusätzlich nachweisen, dass Gottesglaube bzw. die Aktivität des Religionszentrums einen positiven Einfluss auf das Immunsystem hat, z.B. die Bildung von T-Zellen o.ä. markant erhöht.
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So wie ich das verstehe, würde es nicht helfen einfach zu sagen: "ja dann glaube ich auch, damit lebe ich gesünder!", weil das nur ein Lippenbekenntnis wäre, wenn das Modul nicht wirklich "freigeschaltet" ist. Andererseits könnte man dann auch davon ausgehen, dass bei freigeschaltetem Modul es einem Gläubigen unmöglich wäre nicht zu glauben.

Und in der Tat ich bin auch pumperlg´sund :mg: .

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Re: Gedankenspiel: Die post-pascalsche Wette...

Beitragvon lorenz » Do 25. Okt 2007, 09:30

Max hat geschrieben:
dvrvm hat geschrieben:man "wüsste" zwar, dass die Hypothese falsch ist, aber man "sollte" trotzdem daran glauben...
Das schließt einander aus. Man kann höchstens noch von einem Lippenbekanntnis sprechen, ohne irgendein Für-Wahr-Halten.

Eine "Glaubens-Egopulationstechnik" hat aber unter Christen durchaus Tradition. Ich bin unter Christen aufgewachsen, für die es die höchste Tugend war, sich selbst immer wieder von dem zu überzeugen, was sie sowieso schon glaubten bzw. glauben sollten. Gedankenstop-Techniken waren dabei und eine Gruppendynamik, deren Hauptzweck es war, zu machen, dass die anderen "im Glauben fest" blieben. Auch immer gut dabei war das Gesülze von dem "Sprung", den man "einfach" machen solle, um "einfach" zu glauben. Tauchten trotzdem Zweifel auf, dann waren sog. "Glaubenskämpfe" angesagt, die man mit viel gutem Sichselbstzureden (und natürlich beten, was aufs Gleiche rausläuft) zu "gewinnen" waren. "Gewinnen" hieß, dass man erfolgreich jeden störenden neuen Impuls in sich totzumachen hatte, damit das "Glaubensgebäude" erhalten blieb.

Wenn man nachdenkt, merkt man wohl, dass solche Selbstmanipulation und wechselseitige Manipulation, gerne auch in der Gruppe, so selten nicht ist. Da wird die menschliche Tendenz zur "kognitiven Konsonanz" und zur Gruppenloyalität gnadenlos ausgenützt!

Die Vorstellung, dass das, was man glaubt, in aller Freiheit "von selbst" zu kommen hat und nicht erzwungen werden kann, entstammt schon aus einer besseren, aufgeklärteren Welt. Bei Christen ist nicht automatisch damit zu rechnen.
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Re: Gedankenspiel: Die post-pascalsche Wette...

Beitragvon stine » Do 25. Okt 2007, 09:52

lorenz hat geschrieben:Die Vorstellung, dass das, was man glaubt, in aller Freiheit "von selbst" zu kommen hat und nicht erzwungen werden kann, entstammt schon aus einer besseren, aufgeklärteren Welt.


Ein schöner Satz, dem kann ich mich nur anschließen.

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