Christopher Hitchens: Religion vergiftet die ganze Welt

Christopher Hitchens: Religion vergiftet die ganze Welt

Beitragvon Max » Sa 15. Sep 2007, 23:19

http://debatte.welt.de/kommentare/23472 ... hlight=%2C

Die Kommentare sind wirklich sehr interessant:
Atheisten sind Leute die ganz fest an die Nichtexistenz eines Gottes glauben, also gewissermaßen an den Nichtgott glauben und ihre Wertvorstellungen und ihr theologisches Weltbild aus der Diametralität zu Gottgläubigen definieren. Durch die Selbsterhöhung zivilisierte Zeitgenossen müssen... macht der Autor genau das was er an den Glaubensmenschen u.a. kritisiert.
Ich wusste es doch schon immer: Ich Glaube an den Nicht-Gott, DEN! Mir scheint auch, dass der bornierte Autor die Bedeutung des Wortes "Diametralität" nicht kennt...

:lachtot:
Max
 
Beiträge: 2038
Registriert: So 10. Sep 2006, 09:55

Re: Christopher Hitchens: Religion vergiftet die ganze Welt

Beitragvon ernst.eiswuerfel » Sa 15. Sep 2007, 23:41

Interessanter Artikel.

Diesen Kommentar finde ich jedoch auch recht interessant.
Woher "wissen" wir Atheisten eigentlich, dass Gott nicht existiert ?
Was unterscheidet unsere Einstellung von einem "Glauben" ?

Meiner Meinung nach sind das sehr wichtige Fragen auf die mir spontan auch keine allgemeingültige Antwort einfällt.

Selbst der Wikipedia Artikel zum Atheismus beginnt mit dieser Problematik ...
Benutzeravatar
ernst.eiswuerfel
 
Beiträge: 289
Registriert: Sa 8. Sep 2007, 17:34

Re: Christopher Hitchens: Religion vergiftet die ganze Welt

Beitragvon Max » So 16. Sep 2007, 00:01

Das Wort "Atheismus" bedeutet letztendlich nur, dass man an keinen Gott glaubt. Das heißt nicht, dass man glaubt, dass kein Gott existiert. Der starke Atheist oder Antitheist geht noch ein wenig weiter, er sagt: es gibt keinen Gott. Diese Aussage hat aber - von den Idioten unter den Atheisten mal abgesehen - nichts mit einem Glaube zu tun. Solange bis die Existenz von etwas gezeigt ist, muss man von der Nicht-Existenz ausgehen. Auch ist der starke Atheismus oder Antitheismus keineswegs dogmatischen Charakters. Wenn sich der Himmel öffnet und ein alter Herr herunterblickt, kann man den Atheismus als falsifiziert betrachten; dann würde man den Atheismus aufgeben müssen. Nun, dies ist allerdings rein-hypothetisches Geschwätz...
Max
 
Beiträge: 2038
Registriert: So 10. Sep 2006, 09:55

Re: Christopher Hitchens: Religion vergiftet die ganze Welt

Beitragvon [C]Arrowman » So 16. Sep 2007, 11:28

Woher "wissen" wir Atheisten eigentlich, dass Gott nicht existiert ?
Was unterscheidet unsere Einstellung von einem "Glauben" ?


zu 1. Wissen tuen wir es cnith aber mit fortschreitender Erkenntnis über die welt um uns herum reduziert sich die Wahrscheinlichkeit für seine Existenz immer mehr. und wenn lim x -> 0 geht, so geht man in der Mathematik gerne von gleich 0 aus. Können wir auch machen.

zu 2.

Hier bemühe ich gerne die Beweislastumkehr: WIr müssen Gott nicht wiederlegen, weil Gott eine gemäß Ockham eine annahme zu viel ist. Die gläubigen müssen Gott beweisen, da sie die Behauptung aufstellen. Allerdings würde ein solcher Beweis den Glauben obsolet machen, und Gottes Unerklärbarkeit wiederlegen.
Benutzeravatar
[C]Arrowman
 
Beiträge: 961
Registriert: Mo 1. Jan 2007, 16:18
Wohnort: Fuldabrück

Re: Christopher Hitchens: Religion vergiftet die ganze Welt

Beitragvon emporda » So 16. Sep 2007, 14:08

Max hat geschrieben:Das Wort "Atheismus" bedeutet letztendlich nur, dass man an keinen Gott glaubt...

So sehe ich das auch, eine Aussage über die mögliche Existenz eines Gottes ist darin nicht enthalten. Im Gegensatz zu den Christen, die lustig drauf los sündigen können und es auch tun, haben es die Atheisten ungleich schwerer. Die können nach einer Schandtat gemäß ihrer Moral nicht zum Beichtstuhl rennen, etwas Bla-Bla von sich geben und nach 10 Vaterunser und 10 € im Klingelbeutel ist alles vergeben und vergessen - sofern vor der Kirche nicht die Handschellen klicken.

Eine chemische Reinigung der weißen Weste ist deutlich teurer.
Benutzeravatar
emporda
 
Beiträge: 1123
Registriert: Di 7. Aug 2007, 17:56
Wohnort: Begur-Spanien

Re: Christopher Hitchens: Religion vergiftet die ganze Welt

Beitragvon Myron » So 16. Sep 2007, 14:43

Max hat geschrieben:Der starke Atheist oder Antitheist geht noch ein wenig weiter, er sagt: es gibt keinen Gott. Diese Aussage hat aber - von den Idioten unter den Atheisten mal abgesehen - nichts mit einem Glaube zu tun.


Mit einem Glauben im Sinne einer subjektiv oder objektiv begründeten Überzeugung von der Wahrheit oder Wahrscheinlichkeit einer Aussage, von der Tatsächlichkeit eines Sachverhalts hat sie durchaus etwas zu tun.
Benutzeravatar
Myron
Mitglied des Forenteams
Mitglied des Forenteams
 
Beiträge: 4808
Registriert: So 1. Jul 2007, 17:04

Re: Christopher Hitchens: Religion vergiftet die ganze Welt

Beitragvon Myron » So 16. Sep 2007, 14:56

[C]Arrowman hat geschrieben:Hier bemühe ich gerne die Beweislastumkehr: WIr müssen Gott nicht wiederlegen, weil Gott eine gemäß Ockham eine annahme zu viel ist. Die gläubigen müssen Gott beweisen, da sie die Behauptung aufstellen.


Die Theisten müssen zweifelsohne Argumente vorlegen, die für die Existenz Gottes sprechen. Wenn sie das nicht tun, oder wenn sich ihre Argumente als nicht beweiskräftig erweisen, dann ist der negative Atheismus, d.i. der Nichtglaube an Gottes Existenz, gerechtfertigt.
Der positive Atheismus, d.i. der Glaube an Gottes Nichtexistenz, ist hingegen erst dann gerechtfertigt, wenn die Atheisten stichhaltige Argumente vorlegen, die in die Schlussfolgerung "Gott existiert nicht" münden.
Manche meinen, mit der Rechtfertigung des negativen Ath. sei zugleich der positive Ath. gerechtfertigt; doch diese Ansicht ist auch unter den Atheisten umstritten.
Benutzeravatar
Myron
Mitglied des Forenteams
Mitglied des Forenteams
 
Beiträge: 4808
Registriert: So 1. Jul 2007, 17:04

Re: Christopher Hitchens: Religion vergiftet die ganze Welt

Beitragvon Max » So 16. Sep 2007, 16:14

Myron hat geschrieben:
Max hat geschrieben:Der starke Atheist oder Antitheist geht noch ein wenig weiter, er sagt: es gibt keinen Gott. Diese Aussage hat aber - von den Idioten unter den Atheisten mal abgesehen - nichts mit einem Glaube zu tun.


Mit einem Glauben im Sinne einer subjektiv oder objektiv begründeten Überzeugung von der Wahrheit oder Wahrscheinlichkeit einer Aussage, von der Tatsächlichkeit eines Sachverhalts hat sie durchaus etwas zu tun.

Das ist eine Wortklauberei.
Max
 
Beiträge: 2038
Registriert: So 10. Sep 2006, 09:55

Re: Christopher Hitchens: Religion vergiftet die ganze Welt

Beitragvon Max » So 16. Sep 2007, 16:18

Der positive Atheismus, d.i. der Glaube an Gottes Nichtexistenz, ist hingegen erst dann gerechtfertigt, wenn die Atheisten stichhaltige Argumente vorlegen, die in die Schlussfolgerung "Gott existiert nicht" münden.
Was meinst du mit "münden"?

Man kann Argumente haben so viel man will - dadurch wird man dennoch nie den Satz "Es existiert kein Gott" deduzieren können. Zum einen sind die Argumente selbst fehlbar. Zum Anderen kann durch Deduktion kein Gehalt gewonnen werden. Die Argumente müssten also bereits die Aussage, dass kein Gott existiert enthalten, was wiederum die Deduktion oder das "münden" unnötig machen würde.
Max
 
Beiträge: 2038
Registriert: So 10. Sep 2006, 09:55

Re: Christopher Hitchens: Religion vergiftet die ganze Welt

Beitragvon Myron » So 16. Sep 2007, 20:02

Max hat geschrieben:
Myron hat geschrieben:Mit einem Glauben im Sinne einer subjektiv oder objektiv begründeten Überzeugung von der Wahrheit oder Wahrscheinlichkeit einer Aussage, von der Tatsächlichkeit eines Sachverhalts hat sie durchaus etwas zu tun.

Das ist eine Wortklauberei.


Nein, ist es nicht.
Benutzeravatar
Myron
Mitglied des Forenteams
Mitglied des Forenteams
 
Beiträge: 4808
Registriert: So 1. Jul 2007, 17:04

Re: Christopher Hitchens: Religion vergiftet die ganze Welt

Beitragvon Myron » So 16. Sep 2007, 20:27

Max hat geschrieben:
Der positive Atheismus, d.i. der Glaube an Gottes Nichtexistenz, ist hingegen erst dann gerechtfertigt, wenn die Atheisten stichhaltige Argumente vorlegen, die in die Schlussfolgerung "Gott existiert nicht" münden.
Was meinst du mit "münden"?


Argumente enden mit einer aus den Prämissen hergeleiteten Konklusion.

Max hat geschrieben:Man kann Argumente haben so viel man will - dadurch wird man dennoch nie den Satz "Es existiert kein Gott" deduzieren können.


Man muss natürlich zuerst spezifizieren, gegen welchen Gott man argumentiert.
Wenn einfach von Gott die Rede ist, dann ist damit der Gott des Theismus gemeint.

Das bekannteste atheologische Argument ist das folgende (hier in seiner schlichtesten Form):

1 01 Wenn Gott existiert, dann sind die Eigenschaften Gottes mit der Existenz von Übeln vereinbar. (P)
2 02 Es ist nicht der Fall, dass die Eigenschaften Gottes mit der Existenz von Übeln vereinbar sind. (P)
1,2 03 Folglich ist es nicht der Fall, dass Gott existiert. (1,2 modus tollens)

Dieses Argument ist folgerichtig, aber die Theisten bestreiten natürlich dessen Beweiskräftigkeit, d.h. sie bestreiten, dass alle Prämissen wahr sind. Denn sie verneinen Prämisse 2.

Hier findest Du einige weitere atheologische Argumente, die allesamt sogar mit der Schlussfolgerung enden, dass Gott unmöglich existiert:

http://www.infidels.org/library/modern/ ... tible.html

Max hat geschrieben:Zum einen sind die Argumente selbst fehlbar. Zum Anderen kann durch Deduktion kein Gehalt gewonnen werden. Die Argumente müssten also bereits die Aussage, dass kein Gott existiert enthalten, was wiederum die Deduktion oder das "münden" unnötig machen würde.


Ich weiß nicht genau, was Du meinst.
Der Satz "Gott existiert nicht" oder "Der Gott G existiert nicht" darf natürlich nicht als Prämisse in atheologischen Argumenten eingesetzt werden.

(Wer gegen die Existenz von Göttern überhaupt argumentieren will, der sollte sich am besten ein Argument ausdenken, das mit der Schlussfolgerung endet, dass ein unkörperlicher Geist ein Unding ist. Daraus würde bei Hinzufügung der Prämisse, dass Götter, wenn sie existieren, unkörperliche Geister sind, sofort die Nichtexistenz von Göttern folgen.)
Benutzeravatar
Myron
Mitglied des Forenteams
Mitglied des Forenteams
 
Beiträge: 4808
Registriert: So 1. Jul 2007, 17:04

Re: Christopher Hitchens: Religion vergiftet die ganze Welt

Beitragvon Max » So 16. Sep 2007, 20:53

Wenn einfach von Gott die Rede ist, dann ist damit der Gott des Theismus gemeint.
Das sind mehr als nur einer.

1 01 Wenn Gott existiert, dann sind die Eigenschaften Gottes mit der Existenz von Übeln vereinbar. (P)
2 02 Es ist nicht der Fall, dass die Eigenschaften Gottes mit der Existenz von Übeln vereinbar sind. (P)
1,2 03 Folglich ist es nicht der Fall, dass Gott existiert. (1,2 modus tollens)
Dem stimme ich natürlich zu. Aber es handelt sich hierbei um keinen Beweis, weil deine Prämissen Vorraussetzungen haben.

Ich weiß nicht genau, was Du meinst.
Der Satz "Gott existiert nicht" oder "Der Gott G existiert nicht" darf natürlich nicht als Prämisse in atheologischen Argumenten eingesetzt werden.
Ich meine folgendes: Durch Beweis kann kein Gehalt gewonnen werden. Nach einer Konklusion hat man genau das, was man davor auch schon hatte, nur anders formuliert. Die Tatsache, dass Leid existiert, impliziert zum Beispiel notwendigerweise, dass es keinen gibt, der dieses Leid ausschaltet. Würde es jemanden geben, der das Leid ausschaltet, gäbe es das Leid nicht mehr.
Max
 
Beiträge: 2038
Registriert: So 10. Sep 2006, 09:55

Re: Christopher Hitchens: Religion vergiftet die ganze Welt

Beitragvon Myron » Mo 17. Sep 2007, 00:37

Max hat geschrieben:
Wenn einfach von Gott die Rede ist, dann ist damit der Gott des Theismus gemeint.
Das sind mehr als nur einer.


Ein Gott mit Sohn (der christliche Gott) kann freilich nicht mit einem Gott ohne Sohn (der islamische Gott) identisch sein.
Ich beziehe mich hauptsächlich auf den Gottesbegriff des philosophischen (Mono-)Theismus (bzw. der Natürlichen Theologie), der von solchen "kleinlichen" Unterschieden zwischen den monotheistischen Offenbarungsreligionen Judentum, Christentum und Islam abstrahiert.

Max hat geschrieben:Aber es handelt sich hierbei um keinen Beweis, weil deine Prämissen Vorraussetzungen haben.


Ein Argument ist genau dann beweiskräftig, d.i. ein Beweis, wenn es folgerichtig ist (d.h. wenn die Konklusion logisch aus den Prämissen folgt) und wenn all seine Prämissen wahr sind.
Die Folgerichtigkeit eines Arguments lässt sich anhand objektiver logischer Kriterien relativ einfach feststellen; doch ob es auch beweiskräftig ist, d.h. ob tatsächlich sämtliche Prämissen wahr sind oder nicht, darüber gehen die Meinungen insbesondere bei philosophischen Argumenten oft weit auseinander.

Max hat geschrieben:Ich meine folgendes: Durch Beweis kann kein Gehalt gewonnen werden. Nach einer Konklusion hat man genau das, was man davor auch schon hatte, nur anders formuliert.


Nein, das stimmt nicht.
Wenn man über ein beweiskräftiges Argument verfügt, dann verfügt man mit dessen Konklusion über eine Aussage, deren Wahrheit eben dank der Beweiskraft des Arguments bewiesen ist. Bevor man über ein beweiskräftiges Argument verfügt, hat man nur ein unbewiesene Aussage.
Der Gewinn einer bewiesenen Aussage ist durchaus etwas Gehaltvolles.
Benutzeravatar
Myron
Mitglied des Forenteams
Mitglied des Forenteams
 
Beiträge: 4808
Registriert: So 1. Jul 2007, 17:04

Re: Christopher Hitchens: Religion vergiftet die ganze Welt

Beitragvon Max » Mo 17. Sep 2007, 11:07

Ein Gott mit Sohn (der christliche Gott) kann freilich nicht mit einem Gott ohne Sohn (der islamische Gott) identisch sein.
Ich beziehe mich hauptsächlich auf den Gottesbegriff des philosophischen (Mono-)Theismus (bzw. der Natürlichen Theologie), der von solchen "kleinlichen" Unterschieden zwischen den monotheistischen Offenbarungsreligionen Judentum, Christentum und Islam abstrahiert.
Die Anhänger der drei großen monotheistischen Religionen glauben an viele verschiedene Götter. Frag einmal hundert Kirchenbesucher, wie sie Gott definieren, danach frag hundert Juden und dann noch hundert Moslems. Dabei wirst du deutlich mehr als drei verschiedene Antworten bekommen. Für die verschiedenen Gottesbilder einen abstraktes Bild zu erfinden, ist irreführend und falsch.

Ein Argument ist genau dann beweiskräftig, d.i. ein Beweis, wenn es folgerichtig ist (d.h. wenn die Konklusion logisch aus den Prämissen folgt) und wenn all seine Prämissen wahr sind.
Die Folgerichtigkeit eines Arguments lässt sich anhand objektiver logischer Kriterien relativ einfach feststellen; doch ob es auch beweiskräftig ist, d.h. ob tatsächlich sämtliche Prämissen wahr sind oder nicht, darüber gehen die Meinungen insbesondere bei philosophischen Argumenten oft weit auseinander.
Ja. Aber wie willst du bei diesem Vorgang Gehalt gewinnen? Wie willst du auf neue Aussagen kommen, die nicht schon in den Prämissen stecken?

Der Gewinn einer bewiesenen Aussage ist durchaus etwas Gehaltvolles.
Nur wenn der Beweis fehlerhaft ist. Wie gesagt: Durch Beweis kann kein Gehalt gewonnen werden.

Nicht, dass ich mir auf Autoritäten berufen will - Nur exemplarisch:
"Durch logische Folgerung kann niemals Gehalt gewonnen werden. Der Spielraum der in Betracht kommenden Aussagen wird in der Deduktionsrichtugn jeweils größer oder er bleibt gleich; ihr Gehalt an Information wird dabei kleiner oder er bleibt gleich. Man kann gewissermaßen durch ein deduktives Verfahren aus einer Aussagenmenge nur die Information herausziehen, die in ihr schon enthalten ist. Ein solches Verfahren dient dazu, eine Aussagenmenge zu "melken", nicht dazu, neue Informationen zu erzeugen." (Hans Albert, Traktat über kritische Vernunft, 5. Aufl., S.13f)

"In der Logik ist nichts zufällig: Wenn das Ding im Sachverhalt vorkommen kann, so muß die Möglichkeit des Sachverhaltes im Ding bereits präjudiziert sein." (Tractatus 2.012)
Max
 
Beiträge: 2038
Registriert: So 10. Sep 2006, 09:55

Re: Christopher Hitchens: Religion vergiftet die ganze Welt

Beitragvon Myron » Mo 17. Sep 2007, 14:37

Max hat geschrieben:Die Anhänger der drei großen monotheistischen Religionen glauben an viele verschiedene Götter. Frag einmal hundert Kirchenbesucher, wie sie Gott definieren, danach frag hundert Juden und dann noch hundert Moslems. Dabei wirst du deutlich mehr als drei verschiedene Antworten bekommen. Für die verschiedenen Gottesbilder einen abstraktes Bild zu erfinden, ist irreführend und falsch.


Dass es eine ganze Reihe von unterschiedlichen Gottesvorstellungen gibt, wissen wir beide.
Es geht aus philosophischer Sicht darum, den gemeinsamen theistischen Kern herauszuschälen, der das Wesen Gottes beschreibt.
Und dieser besteht im Glauben, dass Gott ein selbstbewusster unkörperlicher Geist, ein persönliches leibloses Lebewesen ist, das in Ewigkeit "über der Natur" existiert und die natürliche Welt absichtlich aus nichts erschaffen hat.

"By a theist I understand a man who believes that there is a God. By a 'God' he understands something like a 'person without a body (i.e. a spirit) who is eternal, free, able to do anything, knows everything, is perfectly good, is the proper object of human worship and obedience, the creator and sustainer of the universe'. Christians, Jews, and Muslims are all in the above sense theists."

(Swinburne, Richard. The Coherence of Theism. Oxford: Oxford University Press, 1977. Intro. I)

Max hat geschrieben:Aber wie willst du bei diesem Vorgang Gehalt gewinnen? Wie willst du auf neue Aussagen kommen, die nicht schon in den Prämissen stecken?


Das will ich gar nicht; denn natürlich wird die Konklusion von der Prämissenmenge impliziert, da man sie sonst ja nicht daraus logisch ableiten könnte. Die Konklusion ist in der Tat in der Prämissenmenge unentwickelt eingeschlossen.
Im Argument wird sie lediglich aus der Annahmenmenge herausgewickelt, d.i. explizit gemacht.
(Einer komplexen Prämissenmenge sieht man nicht auf den ersten Blick an, was alles an möglichen Konklusionen in ihr steckt.)

Max hat geschrieben:
Der Gewinn einer bewiesenen Aussage ist durchaus etwas Gehaltvolles.
Nur wenn der Beweis fehlerhaft ist. Wie gesagt: Durch Beweis kann kein Gehalt gewonnen werden.

Nicht, dass ich mir auf Autoritäten berufen will - Nur exemplarisch:
"Durch logische Folgerung kann niemals Gehalt gewonnen werden. Der Spielraum der in Betracht kommenden Aussagen wird in der Deduktionsrichtugn jeweils größer oder er bleibt gleich; ihr Gehalt an Information wird dabei kleiner oder er bleibt gleich. Man kann gewissermaßen durch ein deduktives Verfahren aus einer Aussagenmenge nur die Information herausziehen, die in ihr schon enthalten ist. Ein solches Verfahren dient dazu, eine Aussagenmenge zu "melken", nicht dazu, neue Informationen zu erzeugen." (Hans Albert, Traktat über kritische Vernunft, 5. Aufl., S.13f)


Okay, ich denke, ich verstehe jetzt, was Du meinst.
Albert hat recht, und ich wollte auch nichts Gegenteiliges behaupten.
Dass ein Beweis zu keinem Informationszuwachs führt, bedeutet aber natürlich nicht, dass beweiskräftige Argumente nicht etwas sehr Wertvolles sind. Die Philosophie ist im Grunde Argumentationskunst. Der Philosoph ist stets auf der Suche nach guten Argumenten, die die Wahrheit oder zumindest die Wahrscheinlichkeit einer bestimmten Aussage zeigen.

Das Hauptproblem bei einem Argument ist weniger die formale Herleitung der Schlussfolgerung, die anhand objektiver, von jedermann nachvollziehbarer logischer Kriterien vollzogen wird, sondern das Finden wahrer Prämissen, was sich um so schwieriger gestaltet, je weiter man in den Bereich der Metaphysik eindringt.
Benutzeravatar
Myron
Mitglied des Forenteams
Mitglied des Forenteams
 
Beiträge: 4808
Registriert: So 1. Jul 2007, 17:04

Re: Christopher Hitchens: Religion vergiftet die ganze Welt

Beitragvon Max » Mo 17. Sep 2007, 19:56

Es geht aus philosophischer Sicht darum, den gemeinsamen theistischen Kern herauszuschälen, der das Wesen Gottes beschreibt.
Welchen Nutzen soll das haben?

Wenn man das Wort "Gott" übergreifend für alle monotheistischen Götter verwendet, führt das nur zu Missverständnissen: Der Theist sagt dann, dass all die Millionen Leute an eni und dasselbe glauben.

Die Philosophie ist im Grunde Argumentationskunst. Der Philosoph ist stets auf der Suche nach guten Argumenten, die die Wahrheit oder zumindest die Wahrscheinlichkeit einer bestimmten Aussage zeigen.
Es wäre schön, wenn dies auf alle Philosophen zuträfe.
Max
 
Beiträge: 2038
Registriert: So 10. Sep 2006, 09:55

Re: Christopher Hitchens: Religion vergiftet die ganze Welt

Beitragvon Myron » Mo 17. Sep 2007, 21:59

Max hat geschrieben:Wenn man das Wort "Gott" übergreifend für alle monotheistischen Götter verwendet, führt das nur zu Missverständnissen: Der Theist sagt dann, dass all die Millionen Leute an ein und dasselbe glauben.


Mehr als die Hälfte der Menschheit teilt sich im Wesentlichen denselben theistischen Gottesbegriff:

“[Theism] affirm[s] the existence of a being with one or more of the following properties: being a person without a body (i.e. a spirit), present everywhere, the creator and sustainer of the universe, a free agent, able to do everything (i.e. omnipotent), knowing all things, perfectly good, a source of moral obligation, immutable, eternal, a necessary being, holy, and worthy of worship."

(Swinburne, Richard. The Coherence of Theism. Oxford: Oxford University Press, 1977. p. 2)

Für die Theisten ist der Grund des Seins ein selbstbewusstes Wesen ohne Körper, eine unendlich-vollkommene immaterielle Person, und für die Atheisten eben nicht.
Benutzeravatar
Myron
Mitglied des Forenteams
Mitglied des Forenteams
 
Beiträge: 4808
Registriert: So 1. Jul 2007, 17:04

Re: Christopher Hitchens: Religion vergiftet die ganze Welt

Beitragvon gavagai » Mo 17. Sep 2007, 22:23

Myron hat geschrieben:Die Theisten müssen zweifelsohne Argumente vorlegen, die für die Existenz Gottes sprechen. Wenn sie das nicht tun, oder wenn sich ihre Argumente als nicht beweiskräftig erweisen, dann ist der negative Atheismus, d.i. der Nichtglaube an Gottes Existenz, gerechtfertigt.
Der positive Atheismus, d.i. der Glaube an Gottes Nichtexistenz, ist hingegen erst dann gerechtfertigt, wenn die Atheisten stichhaltige Argumente vorlegen, die in die Schlussfolgerung "Gott existiert nicht" münden.
Manche meinen, mit der Rechtfertigung des negativen Ath. sei zugleich der positive Ath. gerechtfertigt; doch diese Ansicht ist auch unter den Atheisten umstritten.

Servus Myron, das sehe ich anders und begründe es wie folgt:
Wenn Leute behaupten, z.B. das Loch Ness Ungeheuer gibt es und wenn sich ihre Argumente als nicht beweiskräftig erweisen, dann bin ich sofort berechtigt, ja muß es sogar, davon ausgehen, dass es nicht existiert = in deinen Worten: positiver A-Loch-Nessismus.
Stell dir vor es wäre anders herum.
Jemand fragt mich: sind hier im raum unsichtbare wirkungslose weiße Mäuse? Nach der obigen Position, wäre mir nur erlaubt: ich glaube nicht an deren existenz; nicht aber: Nein, hier im Raum sind keine unsichtbare wirkungslose weiße Mäuse. IMO ist das absurd. Meine Einweisung nach Gabersee (Nervenklinik unweit von hier) würde zurecht erfolgen.
Ähnlich: jemand behauptet: auf jedem Grashalm sitzt ein unsichtbarer Gnom, der den Halm bei Wind und nur bei Wind so bewegt, dass er gemäß den angenommenen Naturgesetzen, schwingt.
Nach der obigen Position, wäre mir nur erlaubt: ich glaube nicht an die Existenz solcher Gnome; nicht aber: Nein, solche Gnome existieren nicht. IMO ist das absurd.
Zu jedem Krampf, dessen Existenz irgendjemand behauptet, müsste man sagen: Na ja, ich glaube es nicht; aber die Nicht-Existenz deines Krampfs (z.B. Flying Spagetti Monster) will ich / darf ich nicht behaupten.
Ich meine: wer eine Existenzaussage macht, muß mind. Indizien bringen.
Ansonsten gilt: Yeti, Engel, Gnome, Flying Spagetti Monster, Götter, Elfen und den Großen Grünen Steinefresser 100 Meter in der Erde: gibt es nicht.
gavagai
 
Beiträge: 344
Registriert: So 29. Okt 2006, 21:17
Wohnort: Wasserburg am Inn

Re: Christopher Hitchens: Religion vergiftet die ganze Welt

Beitragvon emporda » Di 18. Sep 2007, 05:07

Myron hat geschrieben:Die Theisten müssen zweifelsohne Argumente vorlegen, die für die Existenz Gottes sprechen. Wenn sie das nicht tun, oder wenn sich ihre Argumente als nicht beweiskräftig erweisen, dann ist der negative Atheismus, d.i. der Nichtglaube an Gottes Existenz, gerechtfertigt.

Das trifft zumindest auf gläubige Katholiken nicht zu. Gott bzw. die Existenz des KK-Gottes ist nicht hinterfragbar. Das Lehramt der KK - präsent durch die Bischöfe - kann die Diskussion zu jedwedem Thema verbieten, wenn es glaubt, dadurch die Entstehung von Irrtümern vermeiden zu können. Katholiken haben nicht zu diskutieren, sondern zu gehorchen und haben folglich auch keine eigene Meinung zu haben. Der Versuchung zum Dissens zu verfallen, bedeutet die Triebkräfte der Untreue gegen den Heiligen Geist entfalten zu lassen. Immerhin sind Triebe in der Rhetorik der KK wie z.B. der Sexualtrieb der vielen Tausend Priester etwas verwerflich Sündhaftes und gehören foglich als geheime Verschlußsache vor der Öffentlichkeit verborgen.

Wer trotzdem versucht die Wahrheit des Glaubens samt der Existenz Gottes zu begründen, bei dem liegt gemäß päpstlicher Ratzinger-Definion ein persönlicher Defekt, ein ungenügend gebildetes Gewissen und eine sündige Verfaßtheit vor - mit anderen Worten eine schwerwiegende psychische Störung und charakterliche Macke. Folglich wäre es absurd von einem gläubigen KK-Christen Argumente zur Existenz Gottes zu erwarten. Da aber ein ungläubiger Christ gar kein Christ ist, wäre solcher gar nicht in der Lage so etwas zu begründen. Denn Glaube ist Wahrheit und Unglaube ist Lüge und gelogene Argumente sind keine.

Ich bezeiche das als katholische Rabulistik, widersprecht es außerdem jeder Gesetzmäßigkeit der Vernunft und der Logik. Die Schlußfolgerung Glaube=Unvernunft ist daher nicht von der Hand zu weisen.
Benutzeravatar
emporda
 
Beiträge: 1123
Registriert: Di 7. Aug 2007, 17:56
Wohnort: Begur-Spanien

Re: Christopher Hitchens: Religion vergiftet die ganze Welt

Beitragvon lorenz » Di 18. Sep 2007, 08:31

emporda hat geschrieben:Wer trotzdem versucht die Wahrheit des Glaubens samt der Existenz Gottes zu begründen, bei dem liegt gemäß päpstlicher Ratzinger-Definion ein persönlicher Defekt, ein ungenügend gebildetes Gewissen und eine sündige Verfaßtheit vor - mit anderen Worten eine schwerwiegende psychische Störung und charakterliche Macke.

:lachtot:
Ist das (in Italics) irgendwo her zitiert? Bzw. wo steht das sinngemäß (bei Ratzinger)? Vielleicht hast du sogar einen Link parat.
Benutzeravatar
lorenz
 
Beiträge: 289
Registriert: Mi 13. Dez 2006, 13:36
Wohnort: middle world

Nächste

Zurück zu Religion & Spiritualität

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 2 Gäste