Die extropischen Grundsätze

Die extropischen Grundsätze

Beitragvon Max » Mi 25. Apr 2007, 09:52

DIE EXTROPISCHEN GRUNDSÄTZE

Version 3.0

© 1998 Max More
Vorsitzender, Extropy Institute

EXTROPIE: Das Ausmaß an Intelligenz, Information, Ordnung, Lebenskraft und Optimierungspotential eines Systems.

EXTROPIANER: Diejenigen, die danach streben, Extropie zu vermehren.

EXTROPIANISMUS: Die sich fortentwickelnde transhumanistische Philosophie der Extropie.

Der Extropianismus ist eine transhumanistische Philosophie. Die extropischen Grundsätze stellen eine eigene, spezielle Form transhumanistischen Denkens dar. Wie die Humanisten bevorzugen auch die Transhumanisten Vernunft und Fortschritt sowie Werte, die eher unser eigenes Wohlergehen fördern, als sich nach religiösen Vorschriften zu richten. Der Transhumanismus ist die Fortführung des Humanismus mit dem Ziel, die menschlichen Grenzen sowohl mit Hilfe von Wissenschaft und Technik als auch durch kritisches und kreatives Denken zu überwinden. Wir sind überzeugt, daß Altern und Tod vermeidbar sind. Wir streben nach ständiger Verbesserung unserer geistigen und körperlichen Fähigkeiten und möchten unsere emotionale Entwicklung vorantreiben. Für uns stellt die Menschheit nur ein Übergangsstadium im Prozess der Evolution von Intelligenz dar und wir befürworten den Einsatz von Technik, um unseren Übergang vom menschlichen zum transhumanen oder posthumanen Zustand zu beschleunigen. Mit den Worten des Physikers Freeman Dyson: "Die Menschheit scheint mir für den Anfang ganz vielversprechend zu sein, das letzte Wort ist sie aber sicher nicht."

Diese Grundsätze sind nicht als absolute Wahrheiten mit universeller Gültigkeit zu verstehen. Sie fassen lediglich die elementaren Vorstellungen und Ansätze jener Menschen zusammen, die sich "Extropianer" nennen. Die extropischen Ideen bilden das Grundgerüst für einen Diskurs über den Zustand der Menschheit, allerdings bietet dieser Text absichtlich keine konkreten Überzeugungen, Technologien oder Interpretationsmöglichkeiten an. Die Grundsätze sind vielmehr eine ausbaufähige Struktur, die es erlaubt, das Leben rational und effektiv anzugehen, frei von Dogmen, die wissenschaftlicher oder philosophischer Kritik nicht standhalten können. Wie die Humanisten treten wir für eine rationale Weltanschauung ein, die es uns ermöglicht, uns besser in der Welt zurecht zu finden. Deshalb versuchen wir, jeden Dogmatismus zu vermeiden. Die extropische Philosophie verkörpert eine Weltanschauung, die uns beflügelt und motiviert, die aber gleichzeitig offen ist für Überarbeitungen und Anpassungen, die sich aus neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen, vernunftbasiertem Denken oder aus dem Wunsch nach Optimierung ergeben.



1. Kontinuierlicher Fortschritt
Das Verlangen nach mehr Intelligenz, Weisheit und Effektivität, nach unbegrenzter Lebensdauer und der Beseitigung politischer, kultureller, biologischer und psychologischer Grenzen der Selbstverwirklichung. Die Überwindung von Hindernissen, die unserem Fortschritt und unseren Möglichkeiten im Wege stehen. Die Besiedlung des Weltalls und grenzenloser Fortschritt.



2. Selbstverbesserung
Permanente moralische, intellektuelle und körperliche Arbeit an sich selbst durch kritisches und kreatives Denken, individuelle Verantwortung und durch selbstbestimmte Experimente. Das Streben nach Erweiterung unserer biologischen und neuronalen Fähigkeiten sowie nach emotionaler und psychologischer Vervollkommnung.



3. Aktiver Optimismus
Positive Erwartung als Antriebskraft des Handelns. Vernunftbasierter, auf das Handeln abzielender Optimismus statt blindem Glauben und zögerlichem Pessimismus.



4. Intelligente Technologie
Der kreative Einsatz von Wissenschaft und Technik, um die "natürlichen" Grenzen unserer biologischen Herkunft, Kultur und Umwelt hinter uns zu lassen. Technik nicht als Selbstzweck, sondern als effektives Mittel, um das Leben zu verbessern.



5. Offene Gesellschaft
Das Streben nach einer Gesellschaft, die freie Meinungsäußerung, unabhängiges Handeln und selbstbestimmtes Experimentieren zulässt. Widerstand gegen autoritäre Kontrolle, der Wunsch nach der Regelung durch Gesetze und dezentrale Macht. Verhandlung statt Gewalt, freier Austausch statt Zwang. Offenheit für neue Entwicklungen, kein starres Utopia.



6. Selbstbestimmung
Die Forderung nach unabhängigem Denken, individueller Freiheit und Verantwortung, Selbstbestimmung, Selbstachtung und gegenseitigem Respekt.



7. Rationalität
Vernunft statt blindem Glauben, kritischer Diskurs statt Dogmatismus. Offenheit gegenüber Kritik an unseren Überzeugungen und Verhaltensweisen, die Suche nach ständiger Verbesserung und die Offenheit gegenüber neuen Ideen.





1. KONTINUIERLICHER FORTSCHRITT

Wir Extropianer haben den Anspruch, uns selbst sowie unsere Kulur und Umwelt ständig zu verbessern. Wir sind bemüht, unsere körperlichen, geistigen und psychologischen Fähigkeiten zu vervollkommnen, wobei uns das kontinuierliche Streben nach Wissen und Verständnis wichtig ist. Extropianer halten nichts von der Behauptung, die menschliche Natur solle grundsätzlich unverändert bleiben, damit sie dem "Willen Gottes" entspreche oder weil alles andere "unnatürlich" sei. Wie unsere Verwandten im Geiste, die Humanisten, streben wir nach ständigem Fortschritt in alle Richtungen. Von vielen Humanisten unterscheiden wir uns jedoch durch die Bereitschaft, die menschliche Natur zur Erreichung dieser Ziele in ihrem Kern zu verändern. Wir wollen die traditionellen, biologischen, genetischen und intellektuellen Grenzen, die unseren Fortschritt einschränken, überschreiten.

Extropianer sind sich der einzigartigen intellektuellen Fähigkeiten des Menschen bewusst. Wir haben die Chance, die natürliche Evolution auf neue Ebenen zu heben. Aus unserer Sicht befindet sich die Menschheit in einem Übergangstadium auf dem Weg zwischen animalischer Abstammung und posthumaner Zukunft. Das Leben selbst entstand früh in der Entwicklung der Erde, als sich tote Materie zu ersten selbst-replizierenden Molekülen zusammensetzte. Im Prozess der natürlichen Auslese entwickelten sich komplexe Lebewesen mit immer intelligenteren Gehirnen. Aus direkten chemisch gesteuerten Reizantworten entstanden schließlich Empfindungen und Wahrnehmungen, die ein verfeinertes und aktiveres Verhalten erlaubten. Schließlich wurde mit der Entwicklung des Neokortex bewusstes Lernen und Experimentieren möglich.

Mit der Entstehung der menschlichen Fähigkeit, Begriffe zu bilden und in Konzepten zu denken, beschleunigte sich der Fortschritt um ein Vielfaches, vermittelt durch Intelligenz, Technik und wissenschaftliche Arbeitsweisen. Wir möchten nun diesen evolutionären Prozess fortführen und beschleunigen und dabei die biologischen und psychologischen Grenzen des Menschen überwinden.

Wir geben uns mit den vielen Unzulänglichkeiten menschlicher Existenz nicht zufrieden und sind entschlossen, die natürlichen und bis jetzt widerspruchslos akzeptierten Grenzen unserer Möglichkeiten zu überschreiten. Wir befürworten den Einsatz von Wissenschaft und Technik, um die Beschränkungen unserer Lebensdauer und Intelligenz sowie unserer individuellen Lebenskraft und Freiheit aufzuheben. Wir finden es unsinnig, kleinlaut irgendeine "natürliche" Begrenzung unserer Lebensdauer hinzunehmen. Wir sind überzeugt, dass das Leben sich von der Bindung an die Erde - der Wiege der menschlichen und transhumanen Intelligenz - lösen wird, um den Weltraum zu besiedeln.

Kontinuierlicher Fortschritt ist ohne wirtschaftliches Wachstum nicht denkbar. Wir sind der Überzeugung, dass auch in Zukunft genügend natürliche Ressourcen für weiteres Wachstum verfügbar sein werden und wir wissen, dass es möglich ist, Wachstum und Umweltschutz zu vereinen. Extropianer treten für einen Umweltschutz ein, der auf Vernunft und nicht auf Zwang basiert. Er sollte darauf abzielen, die Voraussetzungen für unsere Weiterentwicklung zu verbessern. Die bevorstehende enorme Verlängerung der Lebensspanne wird eine intelligente Verwaltung der Ressourcen und der Umwelt fördern, und ein effektives Wirtschaftssystem schafft ein Klima der Innovationsfreudigkeit, das durch den Austausch alter Verfahren, gegen neue, umweltfreundliche einen effektiven Umweltschutz ermöglicht und eine künstliche Beschränkung von Wachstum und Fortschritt unnötig macht. Mit der Besiedlung des Weltraums werden die uns zur Verfügung stehenden Energiequellen und Ressourcen um ein Vielfaches zunehmen. Vielleicht fördert ja die Aussicht auf ein verlängertes Leben Weisheit und Voraussicht und läßt Rücksichtslosigkeit und Verschwendung obsolet werden. Behutsam und mit Bedacht sind wir um ständigen individuellen und gesellschaftlichen Fortschritt bemüht.

Wir wissen es zu schätzen, wenn Menschen sich weiterbilden und die Welt erforschen. Deshalb möchten wir jeden dazu ermutigen, sich fortzuentwickeln und neue Möglichkeiten zu erproben. Wir sind weder konservativ noch radikal: wenn sich etwas bewährt hat, dann benutzen wir es, solange es funktioniert. Und was sich verbessern lässt, das verändern wir. Bei unserem Streben nach ständiger Vervollkommnung wählen wir mit Bedacht den Pfad, der zwischen Untätigkeit und Verwegenheit liegt.

Für uns sind keine Mysterien unerforschbar und keine Grenzen unverrückbar. Wir schrecken vor dem Unbekannten nicht zurück, sondern nutzen unseren Verstand, um es zu durchdringen. Wir wollen das Universum verstehen und nicht aufhören zu lernen, zu wachsen, und unser Leben intensiver zu genießen.



2. SELBSTVERBESSERUNG

Extropianer sind ständig bemüht, ihre körperlichen und geistigen Fähigkeiten sowie ihre ethischen Grundsätze zu verbessern. Wir streben danach, uns ständig zu vervollkommnen, sind uns aber gleichzeitig unserer heutigen Qualitäten bewusst. Um Fortschritte zu erzielen, ist es nötig, immer wieder frisch und kritisch an unser Leben heranzugehen. Selbstachtung darf nicht zur Selbstzufriedenheit werden; einem kritischen Verstand ist es immer möglich, sich einen besseren Zustand in der Zukunft vorzustellen. Extropianer sind stets bemüht, ihre Weisheit zu mehren, ihren Verstand zu schärfen und sich körperlich, geistig und emotional zu vervollkommnen. Wir stellen uns den Herausforderungen statt in Bequemlichkeit zu verfallen, wir suchen Innovation und Veränderung statt Imitation und Erstarrung.

Extropianer sind innovationsbegeisterte Experimentatoren, die die aktuelle Forschung verfolgen, um effizientere Methoden zur Durchsetzung ihrer Ziele zu finden. Wir sind bereit, neue Möglichkeiten zu nutzen, um unsere Transformation voranzutreiben. Bei unserer Suche nach ständigem Fortschritt verlassen wir uns auf unser eigenes Urteilsvermögen und suchen unseren eigenen Weg; wir lehnen kurzsichtige Angepasstheit, aber auch gedankenloses Aufbegehren ab. Extropianer vertreten oft Meinungen, die vom Mainstream abweichen, sie lassen sich von keinem religiösen, politischen oder intellektuellen Dogmatismus bevormunden. Extropianer bestimmen ihre Werte und ihr Verhalten selbst, sind standfest, wenn nötig, aber immer bereit, veränderten Situationen flexibel zu begegnen.

Extropianer bewegen sich an vorderster Front der Forschung, und verfolgen fortschrittliche neue Technologien mit dem Ziel, sie für ihre Selbstverbesserung nutzbar zu machen. Wir unterstützen die biomedizinische Forschung, um den Alterungsprozess zu verstehen und zu steuern, und wir nutzen die uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten, um unsere Gesundheit zu erhalten und unsere Vitalität zu steigern. Wir bereiten uns darauf vor, unsere Begabungen mit biologischen und neurologischen Techniken zu erweitern. Geschehen könnte dies auf neurochemischem Weg mit Hilfe von Computern, elektronischen Netzwerken und intelligenten Agenten, durch kreative Kognitionsmethoden, Meditation, den Visualisierungsechniken und Methoden des beschleunigten Lernens sowie der angewandten kognitiven Psychologie. Indem wir unseren Verstand und unsere Vernunft nutzen, sprengen wir die Fesseln, die uns die Natur auferlegt hat.

Da jede Person mit anderen Menschen zusammen lebt, sind wir bemüht, unsere persönlichen Beziehungen ständig zu verbessern. Uns ist klar, dass unsere Interessen mit denen anderer in enger Beziehung stehen. Deshalb versuchen wir, bei unseren Aktivitäten auf gegenseitigen Nutzen bedacht zu sein. Selbstverbesserung bedeutet nicht, uns nur noch auf uns selbst zu konzentrieren, sondern vielmehr zu versuchen, andere zu verstehen und nach optimalen persönlichen Beziehungen zu streben, die auf gegenseitiger Aufrichtigkeit, ehrlichem Umgang miteinander und gegenseitigem Wohlwollen beruhen. Die natürliche Evolution hat dazu geführt, dass unser Handeln von tierischen Trieben und Emotionen mitbestimmt wird, was uns manchmal zu feindseligem oder furchtbestimmtem Handeln treibt und uns veranlasst, andere beherrschen zu wollen. Durch Selbstreflexion, Respekt füreinander und gegenseitiges Verständnis bemühen wir uns, diese Triebe zu überwinden.

Andere Menschen sind uns wichtig: dennoch konzentrieren wir uns vor allem darauf, uns selbst zu verbessern, statt zu versuchen, andere zu verändern. Wir sind uns der Gefahren bewusst, die damit verbunden sind, über andere zu bestimmen. Deshalb versuchen wir, die Welt nur insofern zu verbessern, als wir selbst mit gutem Beispiel vorangehen und andere mit unseren Ideen bekannt machen. Einige von uns beschäftigen sich intensiv damit, andere auszubilden und sie zu verbessern; dies geschieht aber nur auf freiwilliger Basis unter Achtung der Urteilskraft, der Selbstbestimmtheit und der Würde der anderen.



3. AKTIVER OPTIMISMUS

Wir Extropianer haben eine positive, dynamische Weltanschauung, die darauf abzielt, unsere Fähigkeiten zu erweitern. Wir streben danach, unsere Ideale sobald wie möglich und in dieser Welt zu verwirklichen. Statt ein unerfülltes Leben zu führen und in Tagträume oder die Vorstellung eines "Lebens nach dem Tod" zu flüchten, nutzen wir unsere Kraft und Begeisterung, um uns selbst entsprechend unserem dynamischen Idealbild weiterzuentwickeln.

Wenn wir ein erfülltes, effektives und glückliches Leben führen wollen, müssen wir uns von Niedergeschlagenheit, Mutlosigkeit und Pessimismus lossagen. Wir wollen technische, gesellschaftliche und ökologische Probleme nicht verdrängen, aber wir lassen uns in unserem Denken und Handeln nicht von ihnen beherrschen. Wir begegnen Niedergeschlagenheit und Hoffnungslosigkeit mit der Erforschung und Nutzbarmachung neuer Möglichkeiten. Extropianer haben eine optimistische Vorstellung von der Zukunft. Wir sind überzeugt, dass es bald wirkungsvolle Gegenmittel zu vielen Gebrechen geben wird, an denen die Menschheit seit Urzeiten leidet, wenn wir nur selbst Hand anlegen und die Zukunft mitgestalten helfen. Aktiver Optimismus bedeutet, nicht passiv auf eine wundervolle Zukunft zu hoffen, sondern sie selbst so bald wie möglich mit eigenen Leistungen herbeizuführen; diese Einstellung ermöglicht es uns, die jetzigen Herausforderungen zuversichtlich anzunehmen und bessere Lösungen für die Zukunft zu finden. Wir übernehmen persönliche Verantwortung, indem wir selbst die Führung übernehmen und die Vorbedingungen für zukünftige Erfolge schaffen.

Wir stellen Grenzen in Frage, die andere für unverrückbar halten. Der wissenschaftliche und technische Fortschritt nimmt unaufhaltsam zu, die Lebensbedingungen werden besser und auch die ethischen Grundsätze entwickeln sich immer weiter. Wir sind überzeugt, dass diese Entwicklung auch in Zukunft anhalten wird. Im Moment werden mehr als je zuvor Alterungsprozesse und medizinische Fragen wissenschaftlich erforscht. Auch die Computertechnik, die Biotechnologie, die Nanotechnologie und andere Bereiche des Wissens erleben diesen Boom. Technischer und gesellschaftlicher Fortschritt erfahren eine bemerkenswerte Beschleunigung. Wir Extropianer sind bestrebt, dieses Tempo aufrecht zu halten, indem wir wichtige Forschung unterstützen und die Umsetzung ihrer Resultate an vorderster Front vorantreiben. Überzeugungen, die den Fortschritt aufhalten, stehen wir kritisch gegenüber. Wir lösen Schwierigkeiten und Probleme, indem wir grundsätzlich kreativ und offen gegenüber neuen Möglichkeiten bleiben.

Aktiver Optimismus bedeutet, sich auf Gelegenheiten und Chancen zu konzentrieren, nach Lösungen Ausschau zu halten, und sich nicht über das Unvermeidbare aufzuregen. Dazu gehört, aus Fehlern zu lernen, statt über ihnen zu brüten und sich mit Vorwürfen zu plagen. Es ist uns lieber, für etwas als gegen etwas zu sein; wir möchten Lösungen anbieten, statt gegen Bestehendes zu protestieren. Unser Optimismus beinhaltet auch Realismus, weil wir die Welt so nehmen, wie sie ist, und uns nicht darüber beklagen, wie unfair das Leben sei. Aktiver Optimismus verlangt, dass wir die Initiative ergreifen, uns den Schwierigkeiten stellen und durch unsere Handlungen zeigen, dass wir unsere Ziele erreichen können, statt uns zurückzulehnen und in Mutlosigkeit zu versinken.

Unsere Worte und Taten verkörpern aktiven Optimismus und spornen so andere an, sich selbst zu übertreffen. Es liegt an uns, die Initiative zu übernehmen und diesen motivierenden Optimismus zu verbreiten; unsere eigene dynamische Kraft zu erhalten und zu stärken fällt leichter, wenn wir von Gleichgesinnten umgeben sind. Wir übertragen unseren Optimismus auf andere, indem wir sie mit unseren extropischen Ideen bekannt machen und indem wir gemäß unseren Idealen leben.

Aktiver Optimismus ist mit passivem Glauben nicht vereinbar und muss immer auch kritisch sein. Unreflektierter Glaube an eine bessere Zukunft würde bedeuten, darauf zu vertrauen, dass fremde Mächte - sei es Gott, der Staat oder gar Außerirdische - unsere Probleme lösen werden. Dieser Glaube führt zu Passivität, weil er Fortschritt als Geschenk einer fremden Macht verspricht. Er fordert starre Gläubigkeit und Verehrung, und bedingt Dogmatismus und irrationales Verhalten. Aktiver Optimismus verlangt Initiative und Intelligenz. Er stärkt in uns die Überzeugung, dass wir in der Lage sind, unser Leben durch unsere eigenen Anstrengungen zu verbessern. Überall um uns herum sehen wir Möglichkeiten und Chancen, die es anzupacken und zu nutzen gilt. Wenn wir unsere Ziele erreichen wollen, ist es nötig, dass wir an uns selbst glauben und gewissenhaft arbeiten. Allerdings müssen wir aber auch immer bereit sein, unsere Pläne und Methoden zu überprüfen.

Was andere als Schwierigkeiten bezeichnen, sind für uns Herausforderungen. Wo andere aufgeben, schreiten wir voran. Wo es anderen zu viel wird, sagen wir: Vorwärts! Aufwärts! Hinaus ins Unbekannte! Wir treten ein für individuelle, soziale und technische Fortentwicklung; statt sich vom Zukunftschock überwältigen zu lassen, treiben die Extropianer die Welle des evolutionären Fortschritts immer weiter an.



4. INTELLIGENTE TECHNOLOGIE

Extropianer halten Wissenschaft und Technik für notwendig und wünschenswert. Wir wenden praxisorientierte Methoden an, um unsere Ziele zu erreichen und erweiterte Intelligenz, überlegene körperliche Fähigkeiten, psychologische Vervollkommnung, sozialen Fortschritt und eine unbegrenzte Lebensspanne Wirklichkeit werden zu lassen.Unsere Prioritäten sind Wissenschaft und Technik statt Mystizismus und Gebet. Sie sind unentbehrlich, um unsere höchsten Ziele, Ideale und Visionen zu verwirklichen und unsere weitere Fortentwicklung zu gewährleisten.Wir sind bestrebt, diese Ausdrucksformen des menschlichen Geistes zu fördern und sie einzusetzen, um die Hindernisse auf dem Weg zu unseren extropischen Zielen zu beseitigen und die inneren und äußeren Bedingungen unserer Existenz grundlegend zu verändern.

Die Technik ist eine natürliche Ausdrucksform des menschlichen Intellekts, von Kreativität, Neugier und Vorstellungskraft. Wir sind überzeugt, dass Technik immer anpassungsfähiger, intelligenter und leistungsfähiger werden wird, und wir unterstützen aktiv ihre Entwicklung. Wir werden in eine Ko-Evolution mit den Schöpfungen unseres Geistes eintreten, mit ihnen zusammen wachsen, und schließlich in einer posthumanen Symbiose mit unserer intelligenten Technik leben, was unsere Möglichkeiten vervielfachen und unsere Freiheit erweitern wird.

Grundlegende technische Innovationen begeistern uns, statt uns zu verängstigen; wir begrüßen schöpferischen Fortschritt, die Erweiterung unseres Horizonts und die kühne Erforschung neuen Territoriums. Es ist uns wichtig, dass potentiell gefährliche Technologien mit Bedacht und Umsicht entwickelt werden, wir wollen aber weder den evolutionären Fortschritt aufhalten, noch vor dem Unbekannten zurückschrecken. Furchtsamkeit und Stagnation sind unserer unwürdig; wir drängen nach vorn und reiten auf der Welle des Zukunftsschocks, statt zu stagnieren oder in primitive Verhaltensmuster zurückzufallen. Der intelligente Einsatz von Biotechnologie und Nanotechnologie sowie die Erschließung des Weltraums können das Problem der Ressourcenknappheit lösen und ökologische Belastungen verringern.

Für uns ist technologischer Fortschritt kein Selbstzweck. Er erhält seine Bedeutung aus dem praktischen Nutzen, den er uns bescheren kann. Mit intelligenter Technologie können wir nicht nur unsere Fähigkeiten erweitern, sondern auch Werkzeuge und Arbeitsmethoden entwickeln, die an unsere Bedürfnisse angepasst sind, und uns nicht zwingen, uns ihrer Funktionsweise unterzuordnen.

Wir sind überzeugt, dass die kommenden Jahre und Jahrzehnte eine Zeit enormer Umwälzungen sein werden, die unsere Möglichkeiten und Fähigkeiten um ein Vielfaches erweitern und unser Leben zum Besseren hin verändern werden. Diese technologische Veränderung wird beschleunigt werden durch die Gentechnik, die lebensverlängernden Methoden der Biowissenschaften, durch intelligente Multiplikatoren, intelligentere Schnittstellen zu schnelleren Computern, den Zusammenschluß von Neurowissenschaften und Informatik, durch weltweite Datennetze, virtuelle Realität, intelligente Agenten, schnelle elektronische Kommunikation, künstliche Intelligenz, neuronale Netzwerke, künstliches Leben, die Eroberung des Weltraums und durch die molekulare Nanotechnologie.



5. OFFENE GESELLSCHAFT

Extropianer bevorzugen offene Gesellschaftsformen, die den freien Meinungsaustausch schützen und die Freiheit gewährleisten, Kritik zu üben und Ideen in die Tat umzusetzen. Gefährlicher als schlechte Ideen an sich ist die Unterdrückung schlechter Ideen. Es ist notwendig, dass sich neue, bessere Vorstellungen durch einen evolutionären Prozess der Entstehung, Mutation und der kritischen Selektion entwickeln können. Die Meinungsfreiheit einer offenen Gesellschaft wird am besten durch eine Gesellschaftsordnung geschützt, die auf freiwilligem und selbstbestimmtem Austausch beruht. Wir widersetzen uns selbsternannten Führern oder unerwünschten Zwangsregimen. Auferzwungenen politischen Lösungen, bedingungslosem Gehorsam und unflexiblen Hierarchien, die Eigeninitiative und Intelligenz unterdrücken, stehen wir skeptisch gegenüber.

Wir handeln auf der Grundlage des kritischen Rationalismus und halten alle gesellschaftlichen Institutionen und Prozesse für Verbesserungsvorschläge offen. Für kontinuierlichen Fortschritt und effektive, rationale Entscheidungen bedarf es vielfältiger Informationsquellen und unterschiedlicher Perspektiven, die in offenen Gesellschaften einen idealen Nährboden finden. Zentralisierte Kontrolle beschränkt Forschungsfreude und Vielfalt, und erstickt abweichende Meinungen. Wir können unsere extropischen Ziele in vielen verschiedenen offenen Gesellschaftsformen verfolgen, nicht jedoch in autoritären oder totalitären Systemen oder in Theokratien. Gesellschaften mit einer umfassenden und auf Repression basierenden Zentralgewalt erlauben keinen Widerspruch und keine Vielfalt, wogegen in offenen Gesellschaften alle möglichen Organisationsformen existieren können - seien sie auf Mitwirkung und auf die Autonomie des Einzelnen ausgerichtet oder hierarchisch gegliederte bürokratische Institutionen. In einer offenen Gesellschaft können sich Einzelne auf freiwilliger Basis entscheiden, sich selbst restriktiveren Gruppierungen unterzuordnen in der Gestalt von Klubs, Privatvereinigungen oder Gesellschaften. Strikter organisierte soziale Strukturen dürfen existieren, solange es jedem frei steht, sie wieder zu verlassen. Offene Gesellschaften stellen einen Rahmen dar, in dem soziale Experimente stattfinden können und fördern Innovation und Fortschritt.

Wir Extropianer schmieden keine Pläne für die "perfekte Gesellschaft", wichtig ist uns stattdessen eine Vielfalt an Werten, an Lebensweisen und Strategien. Uns liegt nichts an einem in Perfektion erstarrten Utopia, sondern wir wollen ein "Extropia" - ein offenes, sich weiterentwickelndes Netzwerk, in dem Individuen und freiwillig gebildete Gruppen ihre sozialen Institutionen und Formen beliebig wählen können. Vielleicht erscheinen uns einige dieser Vorlieben verfehlt oder töricht, aber wir sind von den Vorzügen eines Systems überzeugt, das die Realisierung jeglicher Ideen erlaubt, sofern sie unter Zustimmung aller Beteiligten stattfindet.

Wir halten nichts von der technokratischen Vorstellung einer zentralen Zwangskontrolle durch selbsternannte Experten, denn keine Gruppe von Spezialisten kann die ungeheure Komplexität einer Ökonomie und einer Gesellschaft verstehen und kontrollieren, die aus vielen Individuen zusammengesetzt ist. Im Gegensatz zu Utopia-Anhängern jeglicher Couleur geht es Extropianern nicht darum, jedes Details menschlichen Lebens sowie die Formen und Funktionen von Institutionen nach einer alles bestimmenden Vision zu ordnen. Da wir alle Teil der Gesellschaft sind, liegt uns ihre Weiterentwicklung sehr am Herzen, aber diese Weiterentwicklung muss auch den Einzelnen respektieren. Soziale Veränderung sollte in kleinen Schritten geschehen, indem wir eine Institution nach der anderen auf freiwilliger Basis verbessern, und nicht gemäß eines zentral verordneten, alles umfassenden Plans. Wir sind bestrebt, soziale Institutionen und ökonomische Mechanismen ständig zu vervollkommnen, aber wir sind uns der Schwierigkeiten bewusst, die mit der Optimierung komplexer Systeme einhergehen. Unsere Ziele sind radikal, doch unseren Weg dahin wählen wir mit Bedacht, weil wir genau wissen, dass Veränderungen an komplexen Systemen unvorhergesehene Konsequenzen haben können. Das Experimentieren mit vielen verschiedenen Lösungsansätzen und Verfeinerungen gleichzeitig - eine Art gesellschaftliche Parallelverarbeitung - funktioniert besser als eine utopische, zentral verwaltete Technokratie.

Für uns sind Staat und Gesetz kein Selbstzweck, sondern ein Mittel, um Fortschritt und Glück zu erreichen. Wir sehen keine Gesetze oder ökonomischen Strukturen als endgültig und unveränderbar an, sondern bevorzugen diejenigen Verordnungen, die zum jeweiligen Zeitpunkt am Besten geeignet erscheinen, um Offenheit und gesellschaftlichen Fortschritt zu fördern. Wir setzen uns gegen die gefährliche Konzentration von Macht ein und für die Herrschaft der Gesetze an Stelle des willkürlichen Regiments dubioser Führer. Uns ist klar, dass auf Zwang basierende Macht korrumpierend wirkt und zur Unterdrückung alternativer Ideen und Ansätze führt, und deshalb bevorzugen wir die Gleichheit aller vor dem Gesetz. Wir setzen uns für offene Gesellschaften ein, denn sie bieten einen Rahmen für Einzelne und Gruppen, ihren Interessen auf friedfertige und produktive Weise nachzugehen.

Extropianer wollen weder herrschen noch beherrscht werden. Wir sind der Überzeugung, dass jeder Einzelne selbst für sein Leben verantwortlich sein sollte, und dass zu den Erfordernissen einer gesunden Gesellschaft sowohl individuelle Freiheit als auch Verantwortlichkeit gehören. Damit offene Gesellschaften existieren können, muss es jedem freigestellt sein, seinen Interessen auf seine eigene Weise nachzugehen. Damit aber Individuen und Gesellschaft sich miteinander entfalten können, muss diese Freiheit immer mit persönlicher Verantwortung verknüpft sein. Nur Menschen mit der Mentalität jugendlicher Halbstarker verlangen Freiheit ohne Verantwortlichkeit.



6. SELBSTBESTIMMUNG

Für Extropianer ist die Selbstbestimmung ein wichtiger Bestandteil offener Gesellschaften. In dem Maße, in dem uns die kulturelle und technische Entwicklung immer weitere Handlungsspielräume eröffnet, nimmt die Bedeutung der Selbstbestimmung zu. Es liegt dann an uns, selbst zu entscheiden, auf welche Weise wir uns verändern oder nicht verändern wollen. Selbstbestimmung setzt voraus, dass wir uns über unsere Werte und Ziele im Klaren sind - ein deutliches Ziel im Leben zu haben, verschafft uns nicht nur praktischen Nutzen und emotionale Genugtuung, sondern schützt uns auch vor der Manipulation durch andere. Doch die Unabhängigkeit von anderen bringt uns nur dann ein erfülltes Leben und die Möglichkeit individueller Weiterentwicklung, wenn sie mit Selbstbestimmung verknüpft ist.

Um Selbstbestimmung zu ermöglichen, müssen wir uns zunächst einen klaren Begriff unseres Selbst entwickeln und dann diese Vision diszipliniert und aktiv verwirklichen. Im menschlichen Wesen sind vielerlei Wünsche und Triebe verankert, die durch Evolution und Kultur geformt wurden. Selbstbestimmt zu sein bedeutet, sich zwischen widerstrebenden Wünschen und Aspekten der Persönlichkeit zu entscheiden. Spontaneität ist wichtig, doch um dauerhaft ein gesundes und erfolgreiches Ich zu schaffen, benötigen wir Selbstdisziplin und Durchhaltevermögen.

Persönliche Verantwortung und Selbstbestimmung gehen für uns Hand in Hand mit der Bereitschaft zu persönlichen Experimenten, denn Extropianer übernehmen selbst die Verantwortung für ihre Aktivitäten und geben nicht anderen die Schuld an den Resultaten. Der Wille zum Experimentieren und zur Selbstverbesserung birgt Risiken; wir möchten die Freiheit haben, die Risiken gegen die Chancen abzuwägen, unser eigenes Urteil zu bilden und die Verantwortung für das Ergebnis zu übernehmen. Wir wenden uns energisch gegen diejenigen, die versuchen, uns ihre Auffassungen von der Sicherheit und Effektivität unserer Selbstexperimente aufzuzwingen. Persönliche Verantwortung und Selbstbestimmung sind nicht mit einer autoritären Zentralgewalt vereinbar, die die Möglichkeiten selbstbestimmter Personen einschränkt und ihnen die Fähigkeit raubt, eine spontane Ordnung zu bilden.

Die Anwendung von Zwang, sei es zur Durchsetzung des angeblichen "Wohls aller" oder für den von oben verordneten Schutz des Einzelnen, ist für uns inakzeptabel, denn Zwang fördert Ignoranz und zerstört die persönliche Verantwortlichkeit, indem er die Verbindung zwischen einer Handlung und ihren Konsequenzen schwächt. Extropianer sind rationale Individualisten, die auf der Grundlage ihrer eigenen Urteilskraft handeln, informierte Entscheidungen treffen und sowohl aus ihren Erfolgen wie auch aus ihren Unzulänglichkeiten Nutzen ziehen.

Da alle Menschen das Recht auf Selbstbestimmung haben, müssen wir dies auch bei anderen respektieren. Wo immer es möglich ist, sollte verhandelt werden, statt Druck auszuüben, rationale Diskussion an die Stelle von Zwang und Manipulation treten und Kooperation der Konfrontation vorgezogen werden. Wir schätzen das selbstbestimmte Leben anderer Personen und deren eigene Werte und Ziele. Deshalb üben wir uns in Zusammenarbeit mit beiderseitigem Nutzen, statt zu versuchen, unsere Interessen auf Kosten anderer durchzusetzen. Wir bringen unseren Respekt für die Autonomie und Vernunft unserer Mitmenschen zum Ausdruck, indem wir lernen, uns effektiv zu verständigen und auf Lösungen mit beiderseitigem Nutzen hinzuarbeiten.

Extropianer lassen sich bei ihren zwischenmenschlichen Aktivitäten von der Idee des Wohlwollens leiten. Wohlwollen geht Hand in Hand mit dem Respekt vor anderen und dem Vertrauen zu sich selbst. Wir sehen es aber nicht als Verpflichtung, unsere Interessen für andere zu opfern, vielmehr bedeutet es für uns, dass wir grundsätzlich hilfsbereit sind. Andere Menschen sind für uns zuerst einmal eine potentielle Quelle von Freundschaft, Zusammenarbeit und Vergnügen. Wir sind überzeugt, dass eine wohlwollende Grundeinstellung nicht nur angenehmer und stabiler ist, als es Zynismus und Feindseligkeit sein könnten, sondern dass sie auch dazu führt, vom Gegenüber gut behandelt zu werden. Zum Wohlwollen gehört ein gewisser moralischer Anstand, der Höflichkeit, Geduld und Ehrlichkeit erfordert. Und obwohl es nicht darum geht, uns um jeden Preis mit allen Menschen gut zu verstehen, versuchen wir, den Nutzen unserer Beziehungen zu anderen zu maximieren.

Selbstbestimmung bedeutet, unser Leben selbst in die Hand zu nehmen. Dazu müssen wir unsere Handlungen sorgfältig planen und selbstständig denken. Extropianer sind sich der verbreiteten menschlichen Schwäche bewusst, das Denken anderen zu überlassen, eine Schwäche, die uns vor allem in Religionen, in der Politik, auf dem Gebiet der Moral und in menschlichen Beziehungen ausgeprägt zu sein scheint. Unser Anliegen ist es, diese Schwäche zu überwinden. Wenn wir unser Leben selbst bestimmen wollen, müssen wir uns für eigene Werte, Ziele und Handlungen entscheiden. Neue Technologien eröffnen uns nicht nur neue Handlungsspielräume, sondern erlauben uns auch, über uns selbst in körperlicher, geistiger und psychologischer Hinsicht zu bestimmen. Wenn wir unser Leben selbst in die Hand nehmen, können wir diese neuen Möglichkeiten nutzen, um uns selbst im Einklang mit unseren Vorstellungen weiterzuentwickeln.



7. RATIONALITÄT

Extropianer treten für Vernunft, Kritikfähigkeit, intellektuelle Unabhängigkeit und Ehrlichkeit ein. Wir lehnen blinden Glauben und passive Selbstgefälligkeit ab, denn sie führen zu Dogmatismus, Anpassung und Stagnation. Unser Ziel ist Selbstverbesserung durch Selbstverwandlung, und dazu müssen wir unsere Vorstellungen, Aktivitäten und Strategien immer wieder neu überprüfen. Extropianer ziehen es vor, Fehler zuzugeben und aus ihnen zu lernen, statt Unfehlbarkeit für sich zu beanspruchen. Die analytische Klarheit präzisen Denkens ist uns lieber als verschwommene, aber angenehmen Illusionen. Wir bevorzugen empirische Beobachtungen statt Mystizismus und eigenständige Bewertung statt Konformität. Eine Weltanschauung zu haben, ist uns wichtig, aber wir lehnen jeden religiösen, politischen oder persönlichen Dogmatismus ab, denn er ist die Quelle blinden Glaubens, der Herabminderung menschlicher Werte und systematischer Unvernunft.

Wir sind keine Zyniker, die jede neue Idee ablehnen. Genauso wenig aber begrüßen wir leichtgläubig jeden neuen Gedanken, ohne ihn zu hinterfragen. Wir suchen kritisch und kreativ nach großartigen neuen Ideen und verwerfen falsche Vorstellungen, egal, ob sie alt oder neu sein mögen. Es ist uns klar, dass Fortschritt auf persönlicher und gesellschaftlicher Ebene nur möglich ist, wenn wir sowohl die Dogmen und Anmaßungen der Vergangenheit in Frage stellen, als auch Widerstand leisten gegen die populären zeitgenössischen Selbsttäuschungen.

Wir erkennen keine Autoritäten an, die behaupten, die endgültige Wahrheit zu verkünden. Kein Individuum, keine Institution, kein Buch und kein einzelnes Prinzip kann jemals die Wahrheit als Ganzes darstellen. Kein Glaube ist unfehlbar, und muss daher immer überprüft und hinterfragt werden können. Offenbarungen, Autoritäten und Gefühle sind für uns keine verlässliche Grundlage des Wissens. Behauptungen, die nicht überprüfbar sind, haben für uns wenig Wert. Wir verlassen uns auf unser eigenes Urteilsvermögen und revidieren kontinuierlich unsere eigenen intellektuellen Fähigkeiten und Maßstäbe. Dass wir besonderen Wert auf den Vorrang der Vernunft legen, bedeutet nicht, dass wir Intuition und Emotionen ablehnen: sie liefern uns nützliche zusätzliche Informationen und sind zu Recht ein wichtiger Teil unseres Denkprozesses. Gefühl und Intuition stellen für uns aber nicht die Quelle einer letzten unumstößlichen Wahrheit dar. Für uns sind sie ein Teil der unbewussten Informationsverarbeitung, über deren Genauigkeit wir keine Aussage machen können.

Extropianer suchen nach objektivem Wissen und Wahrheit. Wir sind überzeugt, dass wir die Wirklichkeit begreifen können, und dass der menschliche Verstand mit Hilfe der Wissenschaft die Grenzen seiner Wahrnehmung und seines Begreifens Stück für Stück überwinden kann, um die Welt so zu erkennen, wie sie wirklich ist. Die Menschheit kann stolz auf ihre bisherigen Errungenschaften zurückblicken, wir dürfen jedoch nicht vergessen, wie viel Unverstandenes wir noch zu lernen haben. Wir haben Vertrauen in unser Vermögen, unser Wissen ständig zu erweiteren, aber wir sind immer auf der Hut davor, unserer typischen menschlichen Neigung zu erliegen und uns auf eine bequeme Erklärung festzulegen, die wir dann nicht mehr aufgeben möchten.



SCHLUSSWORT

Diese Grundsätze sind weder als feste Regeln gedacht, die man einem anderen aufzwingen sollte, noch ergreifen sie Partei für eine bestimmte Technologie. Sie sind keine endgültigen, unveränderlichen Behauptungen und stellen auch keinesfalls die absolute Wahrheit dar. Dennoch verleihen sie den Werten und Einstellungen Ausdruck, die uns Extropianer vereinen in unserer entschlossenen, aber spielerischen Suche nach der Verwirklichung unserer individuellen Ziele.



WEITERE INFORMATIONEN

Eine ausführliche Behandlung dieser Grundsätze kann in einzelnen Aufsätzen nachgelesen werden, von denen einige in "EXTROPY: The Journal of Transhumanist Thought" (http://www.extropy.org/eo/) veröffentlicht sind. Die ursprüngliche Behandlung des "aktiven Optimismus" findet sich in Extropy #8, eine andere, mehr an der Praxis orientierte Fassung ist online verfügbar. Selbstverbesserung wird in "Technological Self-Transformation" in Extropy #10 behandelt. Der Grundsatz der Selbstbestimmung wurde in "Self-Ownership: A Core Transhuman Virtue" entwickelt, veröffentlicht in Extropy Online. Ein umfassend kritisches, erkenntnistheoretisches Verständnis des rationalen Denken wurde als "Pancritical Rationalism: An Extropic Metacontext for Memetic Rationalism" auf der EXTRO 1 Konferenz 1994 vorgetragen. Der grundlegende Aufsatz über Transhumanismus, "Transhumanism: Toward a Futurist Philosophy", wurde in Extropy, und eine spätere Darstellung des Transhumanismus, "On Becoming Posthuman", in Free Inquiry veröffentlicht. Viele Fragen, die sich aus diesem Text ergeben, werden im FAQ unter http://www.extropy.org/ beantwortet.



LITERATUR

Die folgenden Bücher sind aufgeführt, weil sie extropischen Ideen Ausdruck verleihen. Wenn ein Buch hier erscheint, bedeutet dies aber nicht, dass sein Inhalt oder die Vorstellungen seines Autors in völliger Übereinstimmung mit den Extropischen Grundsätzen stehen. Schon das Lesen der ersten zehn Bücher wird viele Bestandteile der extropischen Weltanschauung klar werden lassen.

Diese ersten zehn Bücher tauchen zusätzlich noch einmal in den darauf folgenden Listen zu den einzelnen Themenbereichen auf.

[Bücher, für die keine deutsche Übersetzung vorlag, sind mit einem Stern gekennzeichnet. Ansonsten ist der Orginaltitel in Klammern hinter dem der deutschen Übersetzung wiedergegeben. - Anm. d. Ü.]

Paul M. Churchland: *Matter and Consciousness

Richard Dawkins: Das egoistische Gen (The Selfish Gene)

Eric Drexler: *Engines of Creation

David Friedman: *The Machinery of Freedom (2nd Ed.)

Hans Moravec: Mind children: der Wettlauf zwischen menschlicher und künstlicher Intelligenz
(Mind Children: The Future of Robot and Human Intelligence)

Ed Regis: *Great Mambo Chicken and the Transhuman Condition

Julian Simon: *The Ultimate Resource (2nd ed.)

Robert Anton Wilson: Der neue Prometheus (Prometheus Rising)

Ayn Rand: Atlas wirft die Welt ab (Atlas Shrugged) (Roman)

Marc Stiegler: *The Gentle Seduction (fiction) (Roman)



Wissenschaft

Isaac Asimov: Die exakten Geheimnisse unserer Welt (Asimov's New Guide to Science)

Maureen Caudill: *In Our Own Image: Building An Artificial Person

Richard Dawkins: Das egoistische Gen (The Selfish Gene) ; Der blinde Uhrmacher (The Blind Watchmaker)

Stuart Kauffman: *The Origins of Order: Self-Organization and Selection in Evolution

Bart Kosko: Fuzzy-logisch (Fuzzy Thinking)

Ilya Prigogine, Isabelle Stengers: *Order Out of Chaos

Carl Sagan: Der Drache in meiner Garage oder die Kunst der Wissenschaft, Unsinn zu entlarven
(The Demon-Haunted World: Science as a Candle in the Dark)



Wichtige Technologien

Alcor Foundation: *Cryonics: Reaching For Tomorrow

Ward Dean, John Morgenthaler: *Smart Drugs and Nutrients

Eric Drexler: *Engines of Creation ; *Nanosystems: Molecular Machinery, Manufacturing, and Computation

Douglas Hofstadter: Gödel, Escher, Bach (Gödel, Escher, Bach)

Hans Moravec: Mind children: der Wettlauf zwischen menschlicher und künstlicher Intelligenz
(Mind Children: The Future of Robot and Human Intelligence)

Ed Regis: *Great Mambo Chicken and the Transhuman Condition ; *Nano



Philosophie

William Warren Bartley: Flucht ins Engagement (The Retreat to Commitment)

Paul M. Churchland: *Matter and Consciousness ; *A Neurocomputational Perspective

Martin Gardner: *Fads and Fallacies in the Name of Science

David Gauthier: *Morals By Agreement

Douglas Hofstadter, Daniel Dennett: Einsicht ins Ich (The Mind's I)

John L. Mackie: Das Wunder des Theismus (The Miracle of Theism)

Michael Shermer: *Why People Believe Weird Things



Wirtschaftswissenschaften/Gesellschaft

Ronald H. Coase: *The Firm, the Market, and the Law

David Friedman: *The Machinery of Freedom (2. Aufl.)

Kevin Kelly: Das Ende der Kontrolle (Out of Control)

Friedrich A. von Hayek: Die Verfassung der Freiheit (The Constitution of Liberty)

Karl Popper: Die offene Gesellschaft und ihre Feinde (The Open Society and Its Enemies)

Julian Simon: *The Ultimate Resource (2. Aufl.)

Julian Simon, Herman Kahn (Hrsg.): *The Resourceful Earth



Psychologie

Nathaniel Branden: *Honoring the Self

Harry Browne: *How I Found Freedom in an Unfree World

Stephen R. Covey: Die sieben Wege zur Effektivität (The 7 Habits of Highly Effective People)

Timothy Leary: Info-Psychologie (Info-Psychology)

Matt Ridley: Die Biologie der Tugend (The Origins of Virtue)

Robert Anton Wilson: Der neue Prometheus (Prometheus Rising)



Allgemeines über die Zukunft

Damien Broderick: *The Spike

Freeman Dyson: *Infinite in All Directions

F.M. Esfandiary: *Optimism One



Zur Erhöhung der Motivation

FM-2030: *Are You a Transhuman?

Robert Ettinger: *Man into Superman

Jerry Pournelle: *A Step Farther Out

Alvin Toffler: Machtbeben (Powershift)



Lebensverlängerung

Robert C. W. Ettinger: Aussicht auf Unsterblichkeit? (The Prospect of Immortality)

Alan Harrington: *The Immortalist

Albert Rosenfeld: *Prolongevity II

Roy L. Walford: Leben über 100 (Maximum Life Span)



Geschichte

Daniel J. Boorstin: *The Creators ; Die Entdecker / Entdeckungen (The Discoverers)

Bruce Mazlish: *The Fourth Discontinuity

Richard Tarnas: Idee und Leidenschaft (The Passion of the Western Mind)



Kunst

Natasha Vita More: *Create/Recreate



Romane

Roger MacBride Allen: *The Modular Man

Jack Dann, Gardner Dozois (Hrsg.): *Immortals

Greg Egan: Quarantäne (Quarantine) ; Cybercity (Permutation City) ; *Axiomatic

James L. Halperin: *The First Immortal

Robert A. Heinlein: Die Ausgestossenen der Erde (Methusaleh's Children) ; Die Leben des Lazarus Long (Time Enough for Love)

James P. Hogan: Der tote Raumfahrer (Inherit the Stars)

Linda Nagata: *Tech Heaven

Bart Kosko: *Nanotime

Charles Platt: *The Silicon Man

Ayn Rand: Atlas wirft die Welt ab (Atlas Shrugged)

Eric Frank Russell: Die große Explosion (The Great Explosion)

Robert Shea, Robert Anton Wilson: Illuminatus! (Illuminatus!)

L. Neil Smith: Der Durchbruch (The Probability Broach)

Neal Stephenson: Diamond Age: Die Grenzwelt (The Diamond Age)

Bruce Sterling: Schismatrix (Schismatrix)

Marc Stiegler: *The Gentle Seduction ; *EarthWeb

Vernor Vinge: *"True Names" ; *"The Ungoverned" in Across Realtime

David Zindell: Neverness (Neverness)





DANKSAGUNG

Ich möchte mich bei allen bedanken, die mir zu den verschiedenen Entwürfen dieser überarbeiteten Version der Extropischen Grundsätze Anregungen und Vorschläge haben zukommen lassen, insbesondere bei E. Shaun Russell, Dan Fabulich, Nicholas Bostrom, David C. Harris, Robert J. Bradbury, Chris Hibbert, Kenneth Allen Hopf, Holger Wagner, Peter Voss und Wade Cherrington.

[Der Übersetzer möchte sich ganz herzlich bei Hubert Mania bedanken, der durch seine gründliche Überarbeitung die Übersetzung entscheidend verbessert hat. Mein Dank gilt ferner Christian Weisgerber, der die deutsche Bearbeitung der Literaturliste übernommen hat. - Anm. d. Ü.]



COPYRIGHT

Der Extropischen Grundsätze 3.0 dürfen in jeder öffentlichen oder privaten Publikation - in Printmedien oder auf elektronischem Weg - ohne besondere Erlaubnis wiedergegeben werden, wenn dieser Text unverändert, vollständig, und unter Einschluss dieser Bedingung reproduziert wird. Für eine Benachrichtigung über Veröffentlichung oder Verbreitung wäre ich dankbar. Die Extropischen Grundsätze 3.0 sind copyright (c)1998 Max More, c/o Extropy Institute, 769 El Camino Real, #234, Sunnyvale, CA 94087. more@extropy.org or max@maxmore.com.

Aus dem Amerikanischen übertragen von Torsten Nahm
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Beitragvon Klaus » Mi 25. Apr 2007, 10:08

Hey Max, danke für die Werbung.
Ergänzend möchte ich hier noch Aubrey de Grey nennen, seinen Vortrag zum Thema des Alterns und Sterbens als ingenieurtechnisches Phänomen bei TED.
Der Neal Stephenson Barock Zyklus, zu dem The Diamond Age gehört kann ich in seiner Gänze empfehlen, Quicksilver ist der erste Band, wie alles anfing, das Informationzeitalter meine ich, Newton, Leibnitz und viele andere kommen fiktiv zu Wort.

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Beitragvon Klaus » Mi 25. Apr 2007, 10:33

Auf CyborgDemocracy wurde die Grußbotschaft zur Gründung des brightsnet veröffentlicht. Der Inhaber dieses Blogs ist ein Bright.
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Beitragvon molosovsky » Mi 25. Apr 2007, 10:48

Liebe Leut,

Transhumanismus ist kein Spaß.

»Unbegrenze Lebensdauer«
… da gehen bei mir alle Alarmglocken hoch. Statt Evolution also irgendwann die Herrschaft eines Unsterblichenmobs (der sich aus Langeweile selber wiederverwertet)?

»die menschlichen Grenzen sowohl mit Hilfe von Wissenschaft und Technik«
… Cyberware als DER nächste große Markt (nach Trinkwasser). Nicht vergessen: hast DU nicht genug Kohle, dann gibts auch keine transhumanistischen Gadgets für DICH.

»um unseren Übergang vom menschlichen zum transhumanen oder posthumanen Zustand zu beschleunigen.«
… Ungeduld ist aller Laster Anfang. (Aber da kommen eh noch harte Konflikte auf die Menschen zu. Für eine richtige Raumfahrerei werden die Menschen sich wohl mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln selbst optimieren müssen. Wenn aber Astronatauten mit transhumanistischer Technik fürs All fit gemacht werden, schreien halt auch die geistigen Mantafahrer auf und wollen auch einen Hirnspoiler.)

Und wer versaut mir die Leseliste: Unmenschin und Anti-Emphatin Ayn Rand. Sorry, aber die ist der Fliegenschiß im Kaffee, der für mich diese Grundsatzerklärung als schön getarntes Geflöte erscheinen läßt. Wer hat der hat, der hat. Die allen sollen halt verrecken. Danke, setzten, sechs in Mitmenschlichkeit.

Beunruhigte Grüße
Alex / molo

Wegen Neal Stephenson (den ich sehr hoch schätze und im Sommer erscheinenden »MAGIRA – Jahrbuch zur Fantasy« bespreche): Grad las ich ein neues Interview bei der Netzzeitung. Gleich mal eine herbe Enttäuschung für alle naiven Web 2.0- und Technikgadgets-Kinder:

Netzeitung.de: Herr Stephenson, wie gefällt Ihnen die Online-Welt Second Life?

Neal Stephenson: Ich bin noch nie dort gewesen, darum weiß ich nicht viel darüber.

Netzeitung.de: Das ist schwer zu glauben. In Ihrem Roman «Snow Crash» haben Sie 1992 diese virtuelle Welt praktisch erfunden.

Stephenson: Ein Freund von mir drückt es gerne so aus: Wir haben nur 30.000 Tage zu leben. Ich habe bereits mehr als 17.000 davon verbraucht. Ein räumliches Internet ist eine interessante Idee, aber es gibt andere spannende Möglichkeiten meine verbleibenden 13.000 Tage zu nutzen. In dieser Zeit könnte ich großartige Menschen treffen, Zeit mit meinen Lieben verbringen, gute Bücher lesen oder schöne Teile der Erde besuchen. Wenn ich auf meinem Totenbett liege, werde ich kaum sagen: Ich wünschte, ich hätte mehr Zeit damit verbracht, auf meinem Arsch zu sitzen und auf Pixel zu starren.



Stephenson: Das Problem heute ist, dass die Werkzeuge, die man braucht, um neue Technologien zu entwickeln für normale Menschen zu teuer und zu kompliziert sind. Deshalb stehen sie nur großen Firmen zur Verfügung. Gleichzeitig sind Technologien so kompliziert geworden, dass es für Individuen schwer ist, Neues zu erschaffen. Stattdessen ist ein großes Team von Ingenieuren notwendig. Das erfordert Kapital. Doch diejenigen, die eine Firma leiten, gehen meist nur widerwillig Risiken ein.
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Beitragvon molosovsky » Mi 25. Apr 2007, 11:37

Noch ein extensiver Zitatennachtrag zu meiner Skepsis gegenüber Transhumanismus.

Hier aus einem dem Telepolis-Beitrag von Max More »Vom biologischen Menschen zum posthumanistischen Wesen«
Alle Menschen sind das Opfer von Altern und Tod. Der Tod ist in den Worten von Alan Harrington eine Zumutung für die Transhumanisten, die nicht mehr akzeptierbar ist. Die ärgerliche Wahrheit ist, daß das Altern gerade dann unsere Energien aussaugt, wenn wir beginnen, einen Funken an Weisheit und Wissen zu erlangen. Die Natur gestattet uns nicht, aus unseren Jahrzehnten der Erfahrung Kapital zu bilden. Der Tod ergreift uns, um uns den letzten Schlag zu geben. Daher ist für die Extropianer und andere Transhumanisten der Sieg über das Altern und den Tod die dringendste und wichtigste Aufgabe unserer Zeit.


Dem möchte ich gegenüberstellen, einige Absätze aus den Briefen Caesars in »Die Iden des März« (1948) von Thornton Wilder gegenüberstellen. Wilders Meisterwerk ist eines meiner Allzeitlieblingsbücher, und folgende Zeilen bringen die Widerspruchlichkeit — die sich auch im Pro und Contra und dem ›Wie‹ des Transhumanismus findet — besser zum Ausdruck, als was ich selber zusammenstammeln könnte. Hervorhebungen im Text stammen von mir.

»Oh, es wirken Gesetze in der Welt, deren Tragweite wir kaum ahnen können. Wie oft haben wir erhabene Größe gan in Lawinen von Bösen ins Rollen bringen, und Tugend von Schlechtigkeit gezeugt gesehen. {…} In unserem engen Blickfeld sagen wir ›Gut‹ und ›Böse‹, aber woraus die Welt nutzen zieht, das ist der Stärke Grad, darin liegt ein Gesetz verborgen, aber wir sind nicht lange genug anwesend, um mehr zu erblicken, als zwei Glieder der Kette. Dem entspringt der Gram über die Kürze des Lebens.«

»Das Leben hat keinen Sinn, außer dem, den wir ihm geben. Es ermutigt den Menschen nicht, noch demütigt es ihn. Weder Seelenqual noch höchster Wonne können wir entgehen, aber diese Zustände haben aus eigenem uns nichts zu sagen. Diese Himmel und Höllen warten auf den Sinn, den wir ihnen geben.«



»Das Wort Freiheit ist in jedermanns Mund, aber in dem Sinne in dem es da gebrauch wird, war nie jemand frei, und wird es nie sein. Wie meine Feinde mich sehen, sitze ich mit all den Freiheiten angetan da, die ich anderen gestohlen habe. Ich bin ein Tyrann, und sie vergleichen mich mit den Potentaten und Sartrapen des Ostens. Aber es gibt keine Freiheit, außer in Verantwortlichkeit. Der kann ich sie nicht berauben, denn sie besitzen keine. Ich habe nie aufgehört ihnen Gelegenheiten zu bieten sie zu übernehmen. Die Römer sind sehr findig darin geworden, sich den Verpflichtungen politischer Freiheit zu entziehen, und ihren Preis nich zu bezahlen. Sie sind Schmarozzer dieser Freiheit geworden, die ich freudig ausübe, durch meine Bereitwilligkeit zu einer Entscheidung zu gelangen und sie aufrecht zu halten und die ich mit jedem zu teilen bereit bin, der ihre Bürde auf sich nehmen will.
Cassius wünscht, ich solle die fanatischen Schreien zum schweigen bringen, die Tag für Tag über mich und unsere Verordnungen losziehen. Brutus wünscht. ich soll die Reinheit unseres römischen Bluts sichern, indem ich den Anspruch auf das Bürgerrecht möglichst einschränke. Beim Auf und Unter von Castor und Pollux, ein afrikanischer Türhüter weiß da besser Bescheid.
Das alles ist Verweigerung der Freiheit, denn nur indem wir einen Sprung ins Unbekannte wagen, wissen wir, daß wir frei sind. Das unverkennabre Zeichen derer, die ihre Freiheit zurückgewiesen haben, ist Neid, ist die Geldsucht des Auges, das nicht zur Ruhe kommen kann, ehe es nicht niedrige Beweggründe bei allen zu entdecken vermeint, die ihre Freiheit nicht empfangen, sondern zeugen.
Ich habe mir jedoch in Erinnerung gerufen, daß der Geist frei ist. {…} Der Geist wird leicht müde und in Furcht versetzt, aber es gibt keine Beschränkung für die Bilder, die er sich macht, und auf diese Bilder stolpern wir zu. Ich habe oft bemerkt, daß die Menschen zwar sagen, es gebe eine Grenze, über die hinaus ein Mensch nich laufen oder schwimmen, einen Turm erbauen oder eine Grube graben darf, aber ich habe nie jemanden sagen hören, daß es eine Schranke für Weisheit gebe. Der Weg steht besseren Dichtern als Homer offen, und besseren Herrschern als Caesar. Keine Grenzen für Verbrechen und Torheit sind je erdacht worden. Auch darüber freue ich mich und nenne es: ein Geheimnis. Und es hält mich davon ab, zu einem summarischen Schluß über unser menschliches Dasein zu gelangen. Wo ein Unerkennbares ist, da ist auch eine Verheißung.«


Grüße
Alex / molo
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Beitragvon Klaus » Mi 25. Apr 2007, 13:19

Molo, du kannst doch deine skeptische Haltung bewahren, das ist völlig in Ordnung, nur ändern werden wir es nicht mehr. Mit dem ersten Computer ist dieser Mechanismus in Gang gesetzt worden, seit dem wird alles getan um Murphy´s Law einzuhalten und der Fahrplan stimmt, bis jetzt. Die Verdopplungszeiträume für erkanntes Wissen werden immer kürzer, allein wenn im November das Cern in Betrieb geht werden täglich 5 pentabyte Informationen gewonnen.
Wenn die Entwicklung der Speicherdichte weiter so fortschreitet werden wir in 15-20 Jahren die Speicherdichte des menschlichen Gehirns erreichen, es wird dreidimensionale Bits geben und der Mensch wird beginnen sich zu vernetzen, über entsprechende Interfaces, die Grundlagen hierfür hat man in Karlsruhe gelegt, vor ein paar Jahren, als eine menschlche Nervenzelle mit einem Transistor kommuniziert hat. chips werden eingesetzt werden um zerstörte Nerven zu ersetzen. Alles geht in Richtung technische Singularität, die Rolle des Menschen darin wird heute bestimmt, auch seine sozialen Beziehungen.

Literarisch ist das doch umgesetzt, ob nun Alistair Reynolds oder Dan Simmons, William Gibbson. Leute wie Minsky, Lovelock, Brockman oder Aubrey de Grey schaffen die Grundlagen, selbst die Kirche ist durch Teilhard de Chardin´s Noosspähre vertreten.
Skepsis ist immer angebracht. Leider hat sich die Realität immer schlimmer als die literarische Fiktion erwiesen.
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Beitragvon molosovsky » Mi 25. Apr 2007, 14:14

Tag Klaus,

Du nimmst meine Bedenken falsch entgegen, wenn Du mich als verbitterten Technikhasser und »Fummelhände weg von GOttes Schöpfung«-Verfechter siehst. Im Gegenteil sehe auch ich gerne mit Optimismus auf wissenschaftliche und technische Errungenschaften. (Ich trag Brille, ’n Klassiker tranhumanistischer Technik :-)

In meinen Augen sind aber die transhumanistischen Heilsversprechen von Unsterblichkeit schlicht eine Blendungs- und Verführungskarotte.
Weltraumlift, Treibhaustechnik a la Earth II, Werkstoffverbesserungen … vieles gäbe es, was sinnvoller und weniger ›mephistophelischer‹ waäre, als diese kindisch-bockige Kampfansage an die Sterblichkeit. — Wenn Sterbliche oftmals vor lauter »haben wollen« und entsprechendem Abgelenktsein nichts gescheites mit ihrem Leben anzufangen wissen, wie soll Unsterblichkeit solche Tendenzen mildern?

Was die literarischen Visionen einer auf uns zukommenden Singularität betrifft: ich kenne entsprechende Prosa von William Gibson, Bruce Sterling, Neal Stephenson und jüngst Justana Robson und Charles Stross, und die sind alles andere als unskeptisch.

Transhumanismus ist eine der augenfälligeren Aufbruchsgemeinschaften im Ringen um Verwöhnungsquellen. Max More predigt ja ganz im Sinne des gelobten Landes nordamerikanischer Kontinent. Europa ist fad, verklemmt und überreguliert (was ja zu einem Gutteil auch stimmt), wer Köpfchen hat, Spaß haben und dabei was werden will unterwirft sich der Kalifornisation. Hey mach mit beim jubelnden Fleisch des Gestalt-Gehirns der Neo-Futuristen.

Bitter aber imho unvermeintlich werden wohl solche selbsternannten Übermensch-Aspiranten mittel- und langfristig gewinnen, denn sie verstehen es, die knackigeren, reizvolleren Verlockungen in Aussicht zu stellen.

Willkommen im Deadwood des Informationszeitalters.

Grüße
Alex / molo
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Beitragvon Klaus » Mi 25. Apr 2007, 14:25

Die Gefahren sehe ich auch.
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Beitragvon Mark » Do 26. Apr 2007, 10:32

unsterblichkeit ?
kein erwachsenes wesen ist so dumm zu glauben er würde für immer gebraucht oder aber könnte für immer so weitermachen ohne sich irgendwann wie ein lebender toter zu fühlen.
wer sollte so etwas erreichen wollen ? nur religiöse.
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Beitragvon Max » Do 26. Apr 2007, 12:17

kein erwachsenes wesen ist so dumm zu glauben er würde

Ja, das sind alles furchtbare Vollidioten.

für immer gebraucht

Es geht im Humanismus gerade darum das Glück des Einzelnen zu maximieren, nicht das irgendeines kollektiven Staates. Und selbst wenn, es ist auch für das Kollektiv sinnvoll, wenn gewisse Personen länger leben und in einem körperlichen Zustand sind, der ihnen eine hohe Leistungsfähigkeit ermöglicht.

oder aber könnte für immer so weitermachen ohne sich irgendwann wie ein lebender toter zu fühlen.

Also ich finde das Leben toll. ;-)

nur religiöse.

Offensichtlich nicht.
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Beitragvon ostfriese » Do 26. Apr 2007, 15:55

Ich staune über Eure Belesenheit, und da ich diesbezüglich nicht mithalten kann (um Transhumanist zu werden, bin ich viel zu faul), möchte ich nur ganz laienhaft meine persönlichen Gedanken / Bedenken einstreuen.

Wir erleben doch bereits das Auseinanderdriften der Welt. Da sind die einen, die mit dem technologischen Fortschritt hechelnd Kontakt zu halten versuchen (wenigstens als Konsumenten, wenn schon nicht als Gestalter); und da sind die anderen, für welche die Welt jenseits ihres Tals oder ihrer Weidegründe eine undurchschaubare, befremdliche, feindselige geworden ist, von der sie abhängig sind, aber auf deren Entwicklung sie keinerlei Einfluss haben. Die Abgehängten, denen der exponentiell beschleunigende Fortschrittszug einfach davon gefahren ist, sind ein gefundenes Fressen für Prediger und Demagogen, ein fruchtbarer Nährboden für jede Form von Irrationalität. Und diese wachsende Masse der Zu-kurz-Gekommenen wird früher oder später jede Utopie zermalmen.

Zu unterstellen, alle Menschen hätten die theoretische Möglichkeit, an ihrer "Vervollkommung" wirksam zu arbeiten, so ihnen nur ausreichend Lebenszeit bliebe, ist naiv, sachlich falsch und als Diskriminierung gegenüber den "Dummen", "Unwilligen" oder "Schwachen" zutiefst inhuman. Insofern birgt der Transhumanismus einen hoch gefährlichen sozialen Sprengstoff.
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Beitragvon Klaus » Do 26. Apr 2007, 16:13

Jede wissenschaftliche Erkenntnis/Neuerung birgt den Ansatz des Mißbrauchs in sich (Brecht"Das Leben des Galilei")
Die zweiklassige Informationsgesellschaft ist nicht Ausdruck des Transhumanismus, sondern der gegenwärtigen politisch-ökonomischen Entwicklung der Welt.
Der Transhumanismus manifestiert sich heute eher Abseits von der Gesellschaft, in zutiefst demokratischen, gleichberechtigten und freien Strukturen. Transhumanisten treten ein für die Gleichberechtigung aller Individuen, für die Freiheit des Internet, für Abtreibung, Sterbehilfe, keine Diskriminierung von Minderheiten, egal welcher Art.
Die von mir erwähnte Site CyborgDemocracy ist anarchistisch organisiert und wird vom BrightsNet hochgeschätzt.
Die Diskussion erinnert mich ein bißchen an das was ich über Singer oder Dawkins höre, nämlich, dass sie faschistisch sind und extrem rechtskonservative Standpunkte vertreten.
Macht Euch doch ersteinmal mit dem Transhumanismus vertraut und gebt dann ein Urteil ab und fangt nicht mit dem "ewigen Leben" an, das ist eine Definitionsfrage und kann nicht mit dem ewigen Leben, welches die Kirchen propagieren verglichen werden.
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Beitragvon [C]Arrowman » Do 26. Apr 2007, 16:55

Ich muss sagen dass ich das etwas kritisch sehe, obwohl ich dem Grundgedanken zustimme.

Zu 1. und 2.:Grenzenloser Fortschritt führt dazu, dass wir Technologien entwickeln, die wir (zumindest vorläufig) nicht beherschen können, bzw. deren Auswirkungen nicht abschätzen können, daher halte ich einen Fortschritt auf Teufelkommraus als einen Weg ins verderben. Jerder Schritt solte überlegt sein, jedes Risiko genau abgewägt. Versteht mich nicht falsch, ich freue mich immer wenn wir neu Erkenntnisse machen, aber sollten wir immer mit bedacht vorgehen. Auch sehe ich es kritisch mit Wissenschaftlichen Mitteln den Menachen zu verbessern (Gentechnik, Implantate). Dies könnte zu einer 2-Klassengesellschaft führen, die, die sich den Schnickschnak leisten können, und die, die es nicht können. Auch basieren die Überlegungen auf die Möglichkeit in den Weltraum vorzustoßen, etwas, worauf ich mich nicht verlassen würde.

Zu 3.: Ich war schon immer ein Realist/Pessimist. Murphys Gesetze sind unerbittlich. Optimisten werden immer enttäuscht, Realisten planen die Enttäuschung mit ein, für Pessimisten ist enttäuschung die Regel. Und überhaupt aktiv, wer hat schon bock sich immer und immer wieder enttäuschen zu lassen?

Zu 4.: ******Wir werden in eine Ko-Evolution mit den Schöpfungen unseres Geistes eintreten, mit ihnen zusammen wachsen, und schließlich in einer posthumanen Symbiose mit unserer intelligenten Technik leben, was unsere Möglichkeiten vervielfachen und unsere Freiheit erweitern wird.******

Das hat eine von zweien Folgen; die Technik wächst uns über den Kopf (das Matrix-Szenario) oder wir verschmelzen mit ihr ( das wir sind Borg-Szenario). Keine von den beiden Seiten ist für mich Attraktiv.

Zu 5.,6. und 7.: Die Passagen sind in Ordnung.
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Beitragvon Klaus » Do 26. Apr 2007, 16:59

die Technik wächst uns über den Kopf (das Matrix-Szenario)


Aber das tut sie doch schon seit Jahren, manche Leute können noch nicht mal ihren Video-Recorder programmieren. Die meisten Menschen sind mit der Komplexität der sie umgebenden Technik überfordert, deshalb Aufklärung, und diese nicht nur im technischen Bereich.
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Beitragvon Andreas Müller » Do 26. Apr 2007, 17:26

Man muss eben das politische Element an den Transhumanismus geknüpft lassen. Klaus hat schon Recht, dass der Missbrauch kein Argument gegen eine an sich neutrale Sache ist. Man kann sie so oder so nutzen. Transhumanismus ist aus anderen Gründen nicht mein Ding, nämlich weil mir nicht klar ist, wie man auf diese Weise in vorhersehbarer Zukunft das Leid der Menschen mindern will. Außerdem sehe ich nicht, wo darin Sex eine Rolle spielt und die Frage werden sich viele Leute stellen. =)
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Beitragvon ostfriese » Do 26. Apr 2007, 21:53

Klaus hat geschrieben:Macht Euch doch ersteinmal mit dem Transhumanismus vertraut und gebt dann ein Urteil ab und fangt nicht mit dem "ewigen Leben" an, das ist eine Definitionsfrage und kann nicht mit dem ewigen Leben, welches die Kirchen propagieren verglichen werden.

Klaus, hast Du mal darüber nachgedacht, warum die Lebensverlängerung bei den "extropischen Grundsätzen" so eine seltsam große Rolle spielt?

Falls nicht, will ich Dir die Frage beantworten: Innerhalb eines begrenzten Lebens ist die Prämisse, ein jeder Mensch könne sich "vervollkommnen" (alle "politischen, kulturellen, biologischen und psychologischen Grenzen der Selbstverwirklichung" überschreiten) und teilhaben am unbeschränkten Fortschritt, offensichtlich falsch. Das ganze Konzept des Transhumanismus steht und fällt folglich mit der Lebensverlängerung, mit der Abschaffung des (normalerweise Energien und Potenziale raubenden) Alterungsprozesses. Und der Tod führt natürlich das Credo des permanenten Strebens ad absurdum ("Wer immer nach dem Nutzen strebt, der glaubt wohl, dass er ewig lebt; sonst würd' er vor der Frage stutzen: Am letzten Tag, wo bleibt der Nutzen?"), muss also überwunden werden...

Obwohl ich gern philosophiere und "auf Vorrat denke", würde ich mir in Bezug auf den Transhumanismus damit mindestens so lange Zeit lassen, bis der erste Siebzigjährige den Hundertmeterweltrekord bricht. Bis dahin halte ich die reale Welt für inkompatibel mit dieser Utopie (deren Kühnheit fraglos ihren Charme hat).
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Beitragvon molosovsky » Fr 27. Apr 2007, 00:04

{Gelöscht. Sorry. Geschrieben ohne zu denken.
Alex / molo}
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Beitragvon HF******* » Fr 27. Apr 2007, 08:16

Der Autor schrieb:
Außerdem sehe ich nicht, wo darin Sex eine Rolle spielt und die Frage werden sich viele Leute stellen.


:lachtot: Na, jeder Mensch soll sich selbst verbessern! :lachtot:

@Arrowman: Bis zu Ende denken finde ich auch gut; wenn man aber nichts negatives feststellt oder vorhersehen kann: Fortschritt auf Teufel komm raus! :cooler:
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Beitragvon lorenz » Di 1. Mai 2007, 09:22

EXTROPIANER: Diejenigen, die danach streben, Extropie zu vermehren.
1. Kontinuierlicher Fortschritt
2. Selbstverbesserung
3. Aktiver Optimismus
4. Intelligente Technologie
5. Offene Gesellschaft
6. Selbstbestimmung
7. Rationalität
dazu noch Gesundheit, Schönheit und vielleicht ewige Jugend...

Wäre das eine Ersatzbezeichnung für die "Brights", falls der Begriff sich nicht bewähren oder im Lauf der Zeit abnutzen sollte? Ist jedenfalls alles sehr positiv, hat nix von "Atheist"... :yes:
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Beitragvon Klaus » Di 1. Mai 2007, 09:29

nix von "Atheist"... yes

:lachtot:
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