Körper & Leben & Geist/Seele

Re: Körper & Leben & Geist/Seele

Beitragvon Mark » So 6. Feb 2011, 02:59

@ Shine
Wie sollen wir den argumentatorisch mit den häufig angebrachten persönlichen Erlebnissen umgehen, die ja angeblich nur supernaturalistisch erklärbar sein können.. ?
Sollen wir etwa einfach glauben ?
Wären wir Naturalisten wenn wir sowas täten ?
Was denkst Du was die Menschen da draussen alles Stein auf Bein beschwören persönlich erlebt zu haben ? Und in welches Weltbild kann man den ganzen Summsarum zusammen konsistent integrieren ? Das ist alles belanglos ohne reproduzierbare Effekte. Verstehst Du den Standpunkt wenigstens irgenwie ?
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Re: Körper & Leben & Geist/Seele

Beitragvon Shine » So 6. Feb 2011, 03:21

[MOD]Unnötiges Vollzitat des kompletten Vorbeitrags, 1v6,5M[/MOD]
Ich verlange von der Wissenschaft nicht, dass sie mir glaubt. Aber all dieses "Sammelsurium" von Erfahrungen lässt sich mit dem Stempel "nicht beweisbar" auch nicht als "inexistent" und Hirngespinste einfach vom Tisch wischen. Ich habe nie behauptet, dass sich die Existenz eines immateriellen Bewusstseins beweisen lässt. Dass das so ist, hat für mich als gläubiger Mensch auch durchaus seinen Sinn: Die Suche nach Gott ist ein Weg, den jeder für sich selbst gehen muss. Ich akzeptiere, dass einige diesen Weg nicht gehen wollen. Was mich stört ist der Anspruch auf "Wissenschaftlichkeit" derer, die glauben, mit der Nicht-Nachweisbarkeit Gottes den Beweis dafür zu haben, dass Gott nicht existiert.
Wenn du für die beiden konkreten Beispiele keine andere Erklärung hast als die des Zufalls oder meines Hirngespinstes, darf ich weiterhin meinen Erfahrungen telepathischer Kommunikation Glauben schenken.
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Re: Körper & Leben & Geist/Seele

Beitragvon Mark » So 6. Feb 2011, 03:33

Hast Du keine andere Wahl ? Dann musst Du wohl.
Es ist letztlich "kosmogalaktisch" unerheblich mit welchen Vorstellungen ein Mensch sich zufrieden gibt. Uns geht es nur darum den Leuten aufzuzeigen, daß sie die Wahl haben es auch konsistenter und plausibler zu halten.
Aber was die Wissenschaftlichkeit angeht : Die Wissenschaft beschäftigt sich nicht mit Beweisen für oder gegen nicht definierbare Entitäten. Nur immer dann wenn Religion wissenschaftlich analysierbare Bereiche tangiert (Behauptungen) begibt sie sich auf fremdes Terrain. Unsere Ablehnung von unwissenschaftlichen Annahmen ist kein Dogma, wir sind nur deshalb nicht "bei Gott", weil wir immer noch auf der Suche sind nach irgendwelchen Belegen dafür daß dies irgendeinen Sinn ergibt. Wir fühlen uns psychisch "stabiler" bzw standfester ohne supernaturalistische Annahmen. Anderen geht es genau andersrum. Wir urteilen nicht.
Hey, was ist wenn dieses Universum am Ende doch nur ein Ei war, aus dem schlussendlich tatsächlich ein Gott ausschlüpft ? Und jeder von uns ist ein Partikel seines Seins.. Aber ich denke nicht, daß es für mich von Bedeutung ist mein Leben darauf auszurichten..ach was, das spüre ich ;-)
Zuletzt geändert von Mark am So 6. Feb 2011, 03:54, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Warum gibt es Religionen?

Beitragvon Myron » So 6. Feb 2011, 03:52

Shine hat geschrieben:Also gibt es eben doch Immaterielles, sonst gäbe es ja die Mathematik nicht


Die Sinnhaftigkeit und Verständlichkeit der mathematischen Begriffe ist unabhängig vom wirklichen Dasein mathematischer Gegenstände. Die Bedeutung einer fiktiven Geschichte hängt ja auch nicht vom wirklichen Dasein der Dinge oder Personen ab, von denen sie handelt.

Shine hat geschrieben:Immaterielles aber braucht … Immaterielles/Geist/Bewusstsein, um erkannt und verstanden zu werden. Auch ein Wort ist immateriell und kann nur von dem in Gedanken umgesetzt werden, der es versteht. Sonst ist es nur ein Laut, ein physikalisches Phänomen. Ein geschriebenes Wort ist Träger oder Symbole eines immateriellen Gedankens. Mit ihm kann Immaterielles sogar „aufbewahrt“ werden. Immaterielles und Geist sind also durchaus verständliche Begriffe, die jedem einleuchten.


Dass Erkennen und Verstehen Bewusstsein voraussetzen, ist klar. Und psychologische Begriffe wie <Empfindung>, <Gefühl>, <Stimmung>, <Gedanke> und <Vorstellung> sind in der Tat verständlich.
Die philosophische Frage ist aber, ob der volkspsychologische Dualismus von Psyche und Physis auf einer naiven Illusion beruht oder nicht.
Und was sprachliche Gebilde wie Buchstaben, Wörter und Sätze anbelangt, so ist zwischen konkreten Buchstaben-, Wort- und Satzexemplaren und abstrakten Buchstaben-, Wort- und Satztypen zu unterscheiden. In den Augen eines Materialisten sind Letztere lediglich irreale intentionale Objekte. Daraus, dass wir abstrahierend an den Buchstaben "A" als Typ denken oder darüber sprechen können, ohne dabei an ein bestimmtes konkretes Exemplar davon zu denken oder darüber zu sprechen, folgt nicht, dass er als abstrakter Typ real ist.

Shine hat geschrieben:
Trotzdem: die Naturwissenschaft weiß keinesfalls so genau weiß, was Bewusstsein ist. Geist – oder Bewusstsein - also etwas, das ganz anderst ist als Materie, unterliegt nicht den Gesetzen der Materie. Daher können die Naturwissenschaften über Geist/Bewusstsein keine Aussage machen.


Das Haben von Bewusstsein besteht in nichts anderem als im Haben von Empfindungen, Gefühlen, Stimmungen, Gedanken oder Vorstellungen.
Das Besondere an diesen Körpervorgängen ist, dass sie sowohl eine objektive als auch eine subjektive Dimension aufweisen, was nicht auf alle Körpervorgänge zutrifft. Sie sind nicht nur, sondern sie erscheinen auch ihrem Träger (in einer ihre Materialität verschleiernden Art und Weise).

Shine hat geschrieben:
Wie bereits gesagt: Das einzige was der Naturwissenschaft möglich ist, ist die Observation der Materie.


Zur Erfassung der subjektiven Dimension der psychophysischen Gehirnvorgänge sind Selbstbeobachtungsberichte erforderlich, was aber nicht bedeutet, dass sich diese auf nichtphysische Phänomene beziehen.

Shine hat geschrieben:
Geist/Bewusstsein kann sich mit der Materie verbinden und deren Realität erleben, kann aber auch ohne diese, in einer ihr eigenen Realität existieren, von der keine materielle Wahrnehmung möglich ist.


Wenn die natürliche evolutionäre Entstehung von Geist/Bewusstsein mysteriös erscheint, dann erscheint das übernatürliche Zustandekommen einer Leib-Seele-Verbindung im substanzdualistischen Sinne wesentlich mysteriöser.

Shine hat geschrieben:
Es ist im Grunde ein Paradox: Wir benützen materielle Mittel um geistige Tätigkeiten des Gehirns festzustellen. „Feststellen“ tut aber letzten Endes nicht das dazu benützte Gerät, sondern wiederum das Bewusstsein (der Geist) der Person, die die Messungen auswertet. Alles Materielle ist daher nur ein „Träger“ für Geistiges: ob Buchstaben, Ziffern und Zahlen, ein Messgerät, ein Computer, das Gehirn … alles sind im Grunde nur Werkzeuge des Geistes. Und nun soll gerade „Geist“ nur als „Prozess“ existieren, der beginnt und endet, während die Substanz der „Geistträger“ erhalten bleibt?


Die Begriffe <Bewusstsein>, <Geist>, <Gemüt>, <Seele> beziehen sich nicht auf selbstständige Dinge, sondern auf die Gesamtheit der psychischen (psychophysischen) Eigenschaften und Fähigkeiten, die ein bewusstes körperliches Lebewesen besitzt, trägt.

Shine hat geschrieben:
Ich behaupte, dass Bewusstsein das eigentliche Leben ist. Es gibt kein Leben ohne Bewusstsein.


Du glaubst also, dass alle Pflanzen Gefühle haben?
Es wird dich vielleicht überraschen, aber der Materialismus ist mit dem Panpsychismus nicht grundsätzlich unvereinbar. Der panpsychistische Materialismus besteht in der Ansicht, dass alle physischen Dinge psychische Eigenschaften haben und diese subjektive bzw. subjektiv-objektive ("sobjektive") physische Eigenschaften sind.
Wie glaubhaft der panpsychistische Materialismus ist, sei hier dahingestellt.

Shine hat geschrieben:
Auch ein Grashalm oder ein Einzeller hat mehr Bewusstsein/Leben als ein hochtechnologisierter Roboter. Es wird sie geben: Roboter mit Elektronengehirnen, die sogar lernfähig sind, mit den Menschen interagieren und sich selbst reparieren, ja sogar selbst produzieren können. Es ist alles nur eine Frage der Programmation. Der technologische Fortschritt ist nicht aufzuhalten. Aber Bewusstsein werden diese Wunderwerke der Technik keines haben, auch wenn sich alles in ihnen „bewegt“ und sie lebendig wirken.


Ich wüsste nicht, wieso es grundsätzlich unmöglich sein sollte, dass ein künstliches Nervensystem in einem künstlichen Organismus Bewusstseinszustände hervorbringt. Alle natürlichen und künstlichen Dinge sind aus physischen und chemischen Elementen zusammengesetzt.

Shine hat geschrieben:
Wie aber tatsächlich Leben in der Materie entsteht, wie aus Materie etwas Lebendiges wird, wurde noch nie beobachtet. Doch selbst wenn man es könnte – denn irgendwann wurde es in der Materie ja lebendig –, ja selbst wenn man den Prozess künstlich erzeugen könnte, würde man nur das Ei erkennen, das aus dem nichts erscheint.


Leben ist genauso wenig eine immaterielle "Essenz" wie Geist/Bewusstsein, sondern schlicht eine bestimmte Organisationsform der Materie. Es gibt keine unüberbrückbare ontologische Kluft zwischen unbelebter, belebt-unbeseelter und belebt-beseelter Materie, da alle materiellen Systeme aus physischen und chemischen Elementen bestehen, die aus ein und demselben Bausatz der Natur stammen.

Shine hat geschrieben:Das von uns beobachtbare biologische Leben ist nur das Ergebnis des Zusammenwirken von Geist und Materie.


Ein solches Zusammenwirken wäre völlig unbegreifbar und unerklärlich—ein übernatürliches Wunder.
Es ist ja schon sehr fraglich, ob es überhaupt Sinn macht, Nichtlebewesen und insbesondere nichttierischen Lebewesen Bewusstsein zuzuschreiben.

Shine hat geschrieben:Bewusstsein muss kein „Ich“-Bewusstsein bedeuten, sonst wären die meisten Tiere, aber auch Neugeborene, nur organische Maschinen, das sind sie aber wohlweislich nicht.


Richtig, Bewusstsein ist nicht gleich Selbstbewusstsein.

Shine hat geschrieben:Wir können auch nicht sagen, ab wann etwas Bewusstsein hat und denken kann. Und wir können auch nicht einfach behaupten, dass es dazu unbedingt ein Gehirn braucht.


Es mag schon sein, dass sich nicht genau ermitteln lässt, bei welcher Tierart Bewusstsein zum ersten Mal aufgetaucht ist; aber das ändert nichts an der wohlbegründeten evolutionsbiologischen Annahme, dass es eine solche Tierart gibt bzw. gegeben hat.

Was die angebliche Gehirn- oder Nervensystemunabhängigkeit von Bewusstseinsvorgängen betrifft, so widersprechen sämtliche neurologisch-psychologischen Erkenntnisse dieser Annahme.

Shine hat geschrieben:Gott IST trotzdem.


Gott ist, falls er ist!

Shine hat geschrieben:Die Menschen suchen Gott seit erdenklicher Zeit. Wenn Gott kein Gegenstand des Denkens oder Vorstellens wäre, würden ihn die Menschen nicht suchen.


Was suchen die Menschen denn seit Urzeiten? Etwa den Gott des christlichen Monotheismus? Wohl kaum!
Du gehst davon aus, dass es schon immer einen im Wesentlichen einheitlich charakterisierten "Suchgegenstand" gegeben hat. Doch das ist mitnichten der Fall. Es gibt weltweit unzählige unterschiedliche Vorstellungen von Gottheiten oder dem Göttlichen, die man unmöglich alle in einen Topf mit dem Aufkleber "Gott" werfen kann.

Shine hat geschrieben:
Je materialistischer die Einstellung und die Ablehnung einer immateriellen Existenz ist, desto abgestumpfter wird auch das natürliche Wahrnehmungsvermögen dafür. Auch hierzu braucht es Übung: Wer sich immer die Augen verbindet, erblindet.


Darauf einen Schopenhauer:

"Die Religionen sind wie die Leuchtwürmer: Sie bedürfen der Dunkelheit, um zu leuchten."

Der Nachweis eines angeborenen Hangs zum Glauben an das Schalten und Walten übernatürlicher (persönlicher) Akteure in der Welt würde meiner Meinung nach eher den Naturalismus bestätigen, der darin nichts weiter als eine natürliche Neigung des "kindlichen", d.h. vorphilosophisch-vorwissenschaftlichen Geistes zu anthropomorphisch-anthropozentrischen Weltdeutungen und naiven personalistischen Erklärungen von Naturphänomenen sähe. Diese urtümlichen Denkweisen stammen aus einer Zeit, als der Begriff eines unbewusst und eigengesetzlich, d.i. selbstständig-selbsttätig ablaufenden Naturvorganges noch nicht gebildet war.

Shine hat geschrieben:
Nein, ich spreche nicht von „raumunabhängige Zeit“ und auch nicht von Physik. Die Ewigkeit ist zeitlos und Gott hat mit Physik nichts gemeinsam.


Wie C. S. Lewis so treffend sagt, Unsinn bleibt auch dann Unsinn, wenn man ihn auf Gott bezieht.
Der Begriff eines zeitlosen Geistes ist, wie gesagt, unsinnig.

Shine hat geschrieben:
Ja eben: jenseits unseres sensorischen Wahrnehmungsvermögens, jenseits unseres beschränkten Vorstellungshorizonts. Davon ist die Existenz Gottes wie gesagt aber nicht abhängig. Es ist ganz gleichgültig, wo oder wie ich ihn mir vorstelle.


Du kannst unter "Gott" gerne "das Transzendente" verstehen. Doch darauf lässt sich keine supernaturalistische Theologie aufbauen, denn es könnte ja genauso gut sein, dass das Transzendente die fundamentale Natur der Materie ist.

Shine hat geschrieben:
Und was bedeutet für dich „schon immer“?. „Dynamik“ ist zeit- und raumbedingt. „Als was“ war also die Materie „schon immer vorhanden“ und „in was“ befand/befindet sie sich?


Die Urform der Materie ist mir unbekannt, aber ich betrachte das Materie-Energie-Raum-Zeit-System als ein einheitliches Gebilde, das sich in nichts anderem befindet. Der Begriff <Weltkörper> kommt mir in den Sinn.
(Die bekannte vierdimensionale Raumzeit könnte natürlich in eine höherdimensionale Raumzeit eingebettet sein. Wenn ich von der Raumzeit spreche, dann meine ich damit jedenfalls nicht unbedingt nur die 4D-Raumzeit, sondern die ?D-Raumzeit, je nachdem, wie viele räumliche und zeitliche Dimensionen es insgesamt gibt.)

Shine hat geschrieben:Sagen wir, den Menschen ist das angeborene Wissen zu eigen, dass es zwischen Himmel und Erde mehr gibt, als was sich … "erfassen" lässt!


Jenes angebliche "Mehr" könnte ganz natürlich, ganz materiell sein.

Shine hat geschrieben:
Ich finde Wissenschaft spannend und interessant. Und sie ersetzt Gott keinesfalls. Sie erklärt nur, wie er wirkt.


Wie ein reiner Geist, insbesondere ein außerraumzeitlicher, irgendetwas in der raumzeitlichen, körperlichen Welt bewirken könnte, vermag weder die Wissenschaft noch die Theologie zu erklären.

Shine hat geschrieben:
Gottesglaube und Wissenschaft widersprechen sich nicht, sie ergänzen sich.


Der Glaube an Geister und an ein körperunabhängiges Bewusstsein und die wissenschaftlichen Erkenntnisse harmonieren keineswegs miteinander.

Shine hat geschrieben:
Auch ich will wissen, was zu wissen möglich ist. Doch gerade die Wissenschaf ist nicht allwissend. Das gibt sie ja auch zu. Sie gibt auch zu, weder beweisen noch widerlegen zu können, dass es Gott gibt.


Es geht nicht um Allwissenheit, sondern darum, dass erfahrungswissenschaftliche Erkenntnisse durchaus relevante Prämissen in theologischen oder atheologischen Argumenten sein können.

Die Behauptung, der Glaube an Gott wäre allein deshalb gerechtfertigt und vernünftig, weil ein wissenschaftlicher Beweis der Nichtexistenz Gottes unmöglich wäre, ist albern.

Shine hat geschrieben:
(Mit Wissenschaft verstehen sich die Natur- und empirischen Wissenschaften, die sich ausschließlich mit Materiellem beschäftigen.) Diese sind aber nicht geeignet, über die Existenz einer immateriellen Entität Aussagen zu machen. Es scheint mir sehr fraglich von der Naturwissenschaft Antworten auf Themen zu erwarten, die nicht ihrer … Natur entsprechen. Das ist, als wollte man auf einem Apfelbaum nach Birnen suchen: es gibt dort keine! Daraus resultiert jedoch nicht, dass es keinen Birnen gibt ...


Erstens unterscheiden viele Philosophen zwischen Materialismus und Naturalismus, und zweitens setzen die Erfahrungswissenschaften den metaphysischen Materialismus bzw. Naturalismus nicht voraus, wenngleich ihre Erkenntnisse und Erfolge auf die Wahrheit des Materialismus bzw. Naturalismus hindeuten.
Es gibt, wie gesagt, auch eine empirische Parapsychologie, die "paranormale" Phänomene untersucht—bislang ohne irgendein positives Ergebnis!

Warum gibt es eigentlich keine spezielle Übernaturwissenschaft? Der Hauptgrund dürfte sein, dass die Supernaturalisten außerstande sind, eine spezielle Epistemologie und Methodologie zur Erforschung einer immateriellen Übernatur zu entwickeln.

Shine hat geschrieben:
Die Wahrscheinlichkeit, dass das Universum aus sich entstanden ist, ist in etwa die: Es entstehen zufällig die potentiellen Zutaten für ein Kuchenrezept, das sich selbst erfindet. Nun mischen sich die Zutaten auch noch selbst und das ganze bäckt sich auch noch zu einem wundervollen Kuchen.


Ich behaupte nicht, dass sich das physische Universum selbst erschaffen hat.

Shine hat geschrieben:
Hier ein weiteres Beispiel für die hypothetisch zufällige Eigenentwicklung des Universums: …


Ich habe bereits mehrmals darauf hingewiesen, dass es in der Natur nicht nur Zufälligkeiten, sondern auch Notwendigkeiten gibt.

Shine hat geschrieben:Aber „Leben“ ist nunmal nicht in der Materie enthalten, und deshalb kann sie auch keines hervorbringen, auch wenn das so aussieht und sie alle "Zutaten" hat. Irgendwie erscheint mir diese Annahme eben doch sehr einfältig: Es gibt nur das, was man sehen und anfassen kann! Dabei lehrt uns doch die Geschichte, dass das wahrhaftig nicht der Fall ist. Schon mit einem einfachen Mikroskop lässt sich schon wesentlich mehr entdecken, als das, was man normalerweise sehen kann. Inzwischen wurde „Teilchen“ entdeckt, die man schon fast nicht mehr als Materie bezeichnen kann. Ich bin zwar sicher, dass wir Gott nicht unter dem Mikroskop entdecken werden. Trotzdem halte ich es für zu simpel, ihn einfach zu leugnen.


Die physikalischen Theorien handeln auch von unbeobachtbaren bzw. nicht ohne technische Hilfe beobachtbaren Objekten. Kein Materialist ist so naiv zu behaupten, dass sich alles Materielle mit dem menschlichen Auge anschauen oder mit der menschlichen Hand anfassen lässt. Selbst die Luft in meinem Zimmer erscheint in dieser Hinsicht immateriell.

Was höchst naiv und simpel ist, ist dein Glaube, dass die Urmaterie außerstande sei, aus sich heraus etwas Neuartiges hervorzubringen. Wenn dem so wäre, dann wäre die Natur in der Tat absolut unkreativ. Aber dem ist nicht so! Ein physisch-chemisches System wird automatisch zu einem biotischen System und damit zu einer höheren Organisationsform der Materie, wenn es einen bestimmten Grad an funktionaler und struktureller Komplexität und Integrität erreicht, was zur Manifestation neuartiger systemischer Eigenschaften und Fähigkeiten führt, die als biologische Eigenschaften und Fähigkeiten bezeichnet werden.
Was für die natürliche Produktion von Biosystemen gilt, gilt analog für die noch komplexeren Psychobiosysteme wie die menschlichen Lebwesen.
Es ist alles nur eine Frage der raumzeitlichen Integration und Organisation einer Menge unterschiedlicher Atome und Moleküle. Die Belebtheit oder Beseeltheit eines Körpers ergibt sich dann ganz von allein, ohne dass die physischen Stoffe zusätzlich mit irgendeinem nichtphysischen Lebens- oder Seelenstoff vermischt werden müssen. (Der Begriff eines immateriellen Stoffes ist ja eh widersinnig.)

Shine hat geschrieben:Ich war jedoch selbst einmal durchaus bereit gewesen, ein naturalistisches Denken anzunehmen. Aber dann haben mich eigene Erfahrungen, aber auch solche, die mir aus meinem nächsten Umkreis bekannt wurden, zu einer absolut anderen Überzeugung geführt.


Das müssen aber sehr komische Erfahrungen sein… :^^:
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Re: Körper & Leben & Geist/Seele

Beitragvon Mark » So 6. Feb 2011, 04:03

Das kann banale Ursachen haben zB eine schwach ausgeprägte Synästhesie oder ein physisch bedingt häufigeres Auftreten von De-ja-vùs. Wer will schon gern zugeben, daß er irgendwie eventuell Fehlfunktionen im Hirn hat...dabei haben wir die doch alle mehr oder weniger. (und ich habe den starken Verdacht, das ist auch ganz gut so)
Wer einen besseren erkenntnistheoretischen Schutz vor solchen Einbildungen kennt als das Insistieren auf reproduzierbaren Ergebnissen, der soll sich uns bitte mitteilen.
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Re: Körper & Leben & Geist/Seele

Beitragvon mat-in » So 6. Feb 2011, 04:25

Shine hat geschrieben:
Mark hat geschrieben:Informationen sind nicht "nichts" !
Die Frage ist können Informationen ohne Materie gespeichert oder prozessiert werden ? Führe doch bitte eine Theorie dazu an wie das gehen soll, oder wie man nachweisen könnte, daß dem irgendwo irgendwie so ist, dann können wir das gern besprechen.

Ich hätte es gerne vermieden, aber ich komme nicht darum herum: Ich habe keine Theorie, sondern Erfahrungen gemacht, die einfach den wissenschaftlichen Erkenntnissen widersprechen.

Es kann dir niemand diese Erfahrungen Absprechen. Es kann auch niemand bestreiten, das z.B. bei manchen Menschen durch homöopathische Medikamente eine Besserung eintritt oder das es eine ganze Reihe Menschen gibt, die von Ufos entführt wurden oder die Jungfrau Maria gesehen haben. Ich kenne eine ganze Reihe Leute, die der Meinung sind, bei bestimmten Freunden vorauszuahnen, wenn diese anrufen. Nur leider sind all diese Dinge unglaublich subjektiv. Stell dir mal drei Schüsseln wasser hin: Eine mit heißem (so heiß das man noch reinfassen kann), eine mit lauwarmem und eine mit Eiswasser hin. Halte deine eine Hand eine Minute in der heißen, die andere eine Minute in der kalten und dann steck beide zeitgleich in die mittlere Schüssel... oder sprich mit Leuten, die schon mal Pilze, LSD oder so etwas "bewußtseinserweiterndes" genommen haben... oder versuch mal Strichliste zu führen, wie oft du wirklich erraten hast wer am telefon ist und wie oft du falsch gelegen hast... Es gibt für solche Dinge sehr gute wissenschaftliche Erklärungen.
Zu telepathie, fern sehen und anderen solchen Dingen sind Jahrelang Experimente durchgeführt worden. Ich selbst habe an einem teilgenommen. Meinst du nicht, das auch nur ein einziges hätte positive, nachvollziehbare Resultate liefern können, wenn denn irgend etwas dran wäre?

Wie gesagt, man glaubt dir durchaus, das du so etwas erlebst. Ich würde auch den meisten UFO-entführten glauben, das sie etwas erlebt haben, es ihnen sehr real vorkam und sie sich einen solchen Reihm drauf gemacht haben. Das bedeutet aber nicht, das es dort wirklich fliegende Untertassen gibt!

Shine hat geschrieben:Wenn dies möglich ist, dann braucht Information auch keine Materie zu ihrer Speicherung.

... wer sagt denn, daß sie das braucht? unsere Welt besteht aus mehr als Materie, das streitet keine ab. Es gibt da noch Energie und Information in Form davon, wie Materie und Energie angeordnet sind. Es braucht dazu keine Geister, Gott, Äther, Orgon, Oregano oder was du da sonst postulieren möchtest.

Shine hat geschrieben:Die Wahrscheinlichkeit, dass das Universum aus sich entstanden ist, ist in etwa die: Es entstehen zufällig die potentiellen Zutaten für ein Kuchenrezept, das sich selbst erfindet. Nun mischen sich die Zutaten auch noch selbst und das ganze bäckt sich auch noch zu einem wundervollen Kuchen.

Darauf (stellvertretend für kreationistische Ideen und was sonst noch so kommt) eingegangen: Die Vorstellung, das es nur die beiden möglichkeiten gibt: ein einziges, großes, unglaublich unwahrscheinliches Ereigniss oder Gott als Schöpfer ist schlicht unvollständig und naiv. Die wissenschaftliche Alternative ist eine Entstehung mit einfachen Regeln: klein, zufällige Zwischenschritten von denen manche von der Umgebung begünstigt, andere benachteiligt werden. Letzteres ist alles andere als zufällig. Es gibt keine irreduzierbare Komplexität, wer so etwas sagt, hat sich die Beispiele nicht angesehen. Es geht nicht um unglaublich unwahrscheinliches zufälliges, wer so etwas sagt, hällt sich absichtlich die Augen zu.
Zuletzt geändert von mat-in am So 6. Feb 2011, 04:43, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Körper & Leben & Geist/Seele

Beitragvon Mark » So 6. Feb 2011, 04:29

Keine Blasphemie über das heilige Oregano, Bruder des göttlichen Basilikum, gesegneter Bringer der Aromen in die heilige Tomatensauce !!
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Re: Körper & Leben & Geist/Seele

Beitragvon mat-in » So 6. Feb 2011, 04:44

Mark hat geschrieben:Keine Blasphemie über das heilige Oregano, Bruder des göttlichen Basilikum, gesegneter Bringer der Aromen in die heilige Tomatensauce !!

Ja, es tut mir leid, ich wiederrufe! Was wäre seine göttliche Spaghettisoße ohne Oregano! :gott:
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Re: Körper & Leben & Geist/Seele

Beitragvon ganimed » So 6. Feb 2011, 13:50

Zum verschollenen Nachbarn, an den man denkt und schon steht er vor der Tür, habe ich letztens etwas in einem Podcast gehört. Da wurde überzeugend mit abgeschätzten Zahlen belegt, wie wahrscheinlich so ein "Zufall" ist. Ich kriege das jetzt im einzelnen nicht zusammen, aber wenn man überlegt, wie viele Menschen es gibt, wie oft sie durchschnittlich an einen anderen Menschen denken, den sie lange nicht gesehen haben und wie viele Menschen nach längerer Zeit mal wieder anrufen bzw. zu Besuch kommen: ich meine, im Podcast kam heraus, dass so ein Ereignis in Deutschland 3000 mal pro Tag passiert. Die Wahrscheinlichkeit, dass es genau mir mal passiert ist also gar nicht mal so klein.

Shine hat geschrieben:Man kann das natürlich als Zufall abtun.

Und das sollte man dann wohl auch.

Viel viel überzeugender wäre, wenn du vorher aufschreibst: am 15. Juli werde ich an den und den denken, und will mal sehen, ob er dann vor der Tür steht. Wenn an deinen parapsychologischen Unmaterie-Ideen was dran wäre, müsste man sie doch besser zu fassen kriegen und durch Gedanken wirklich mal was bewegen. Ist doch komisch, dass immer nur so Wischiwaschi-Dinge dabei herauskommen, die man zumindest auch mit "Zufall" erklären kann.

Will dein jenseitiger, ewiger Geist etwa zufällig genau dasselbe, was der Gott der Christen auch merkwürdigerweise immer sicherstellt, nämlich dass es niemals eindeutige Beweise oder Hinweise auf seine Existenz gibt? Sehr verdächtig.
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Re: Körper & Leben & Geist/Seele

Beitragvon Jarl Gullkrølla » Mo 7. Feb 2011, 07:48

Shine hat geschrieben:Was mich stört ist der Anspruch auf "Wissenschaftlichkeit" derer, die glauben, mit der Nicht-Nachweisbarkeit Gottes den Beweis dafür zu haben, dass Gott nicht existiert.


Stimmt, vielmehr ist die Nicht-Nachweisbarkeit Gottes der Beweis dafür, dass Gott existiert.

"Gewiss ist, dass alle Art Transcendentalisten seit Kant wieder gewonnenes Spiel haben, – sie sind von den Theologen emancipirt: welches Glück! – er hat ihnen jenen Schleichweg verrathen, auf dem sie nunmehr auf eigne Faust und mit dem besten wissenschaftlichen Anstande den »Wünschen ihres Herzens« nachgehen dürfen. Insgleichen: wer dürfte es nunmehr den Agnostikern verargen, wenn sie, als die Verehrer des Unbekannten und Geheimnissvollen an sich, das Fragezeichen selbst jetzt als Gott anbeten? [...] Gesetzt, dass Alles, was der Mensch »erkennt«, seinen Wünschen nicht genug thut, ihnen vielmehr widerspricht und Schauder macht, welche göttliche Ausflucht, die Schuld davon nicht im »Wünschen«, sondern im »Erkennen« suchen zu dürfen!... »Es giebt kein Erkennen: folglich – giebt es einen Gott«: welche neue elegantia syllogismi! welcher Triumph des asketischen Ideals!" FWN, Zur Genealogie der Moral, Dritte Abhandlung: §25
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Re: Warum gibt es Religionen?

Beitragvon Myron » Mo 7. Feb 2011, 07:54

mat-in hat geschrieben:Du führst hier einen animismus und dualismus ins Feld, an den weder Philosophen noch Naturwissenschaftler glauben.


Es gibt erstaunlicherweise immer noch eine Reihe von Substanzdualisten unter den Philosophen, wobei fast alle davon Theisten sind – was wohl kein Zufall ist.

Ein brandneues Buch, in dem für den Substanzdualismus argumentiert wird:

The Soul Hypothesis Investigations into the Existence of the Soul
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Re: Körper & Leben & Geist/Seele

Beitragvon Myron » Mo 7. Feb 2011, 08:04

Jarl Gullkrølla hat geschrieben:
Shine hat geschrieben:Was mich stört ist der Anspruch auf "Wissenschaftlichkeit" derer, die glauben, mit der Nicht-Nachweisbarkeit Gottes den Beweis dafür zu haben, dass Gott nicht existiert.

Stimmt, vielmehr ist die Nicht-Nachweisbarkeit Gottes der Beweis dafür, dass Gott existiert.


Was die Theisten oft übersehen, ist, dass das erkenntnistheoretische Argument gegen die Gerechtfertigtheit des Glaubens an die Nichtexistenz Gottes zugleich ein Argument gegen die Gerechtfertigtheit des Glaubens an die Existenz Gottes ist.
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Re: Körper & Leben & Geist/Seele

Beitragvon Jarl Gullkrølla » Mo 7. Feb 2011, 09:19

Schon die Verbindung: Gott und Existenz -- wovon sprechen wir denn, wenn wir sagen, dass etwas exisitere? Einerseits ist 'x existiert' die Paraphrase von 'es gibt ein x'. Auf diese Weise wäre folgendes ein sinnvoller Ausdruck: es existiert ein x, sodass x außerraumzeitlich ist -- es ist hierbei vollkommen egal, ob jenes x ein Referendum hat, ob es sich sozusagen auf ein außersprachliches Etwas bezieht.

Dann aber gibt es auch noch die "kontingente" Gebrauchsart, bei der gesagt werden kann, dass die Existenz eines Dinges ende; ein Mensch etwa exisitert solange bis er stirbt, eine Uhr solange bis sie zerbombt wird, ein Berg solange bis die Witterung ihn abgetragen hat. Dieser Begriff von Existenz hat zur Vorraussetzung also den Begriff der Dauer; Dauer aber setzt Anfang und Ende voraus, Anfang und Ende setzen aber Zeit und Raum voraus: diesen Begriff der Existenz auf etwas Außerraumzeitliches anzuwenden wäre also nicht einmal sinnvoll. Diese Auffassung hebt die Widerlegung des ontologischen Gottesbeweises Kant auf (weil Existenz hier ein Prädikat ist) - unter der Annahme aber, dass die Anzahl von Prädikaten die Größe und Vollkommenheit von Dingen nicht ausmachen -- hierauf muss ich ja jetzt nicht eingehen.

Vielmehr: es gibt ein x, sodass x außerraumzeitlich ist und x existiert -- das hieße: es gibt ein x, welches nicht in der Zeit ist, und welches einen Anfang in der Zeit hat

Die Verwirrung, die mit dem Begriff der Ewigkeit hier getrieben wurde kann ebenfalls aufgeklärt werden. Er liegt ebenfalls im Mißverständnis zweier Gebrauchsarten von 'Ewigkeit'. Einmal kann Ewigkeit natürlich bedeuten das Unendlich an Zeit, und andererseits die Zeitlosigkeit. Ewig ist im zweiten Gebrauch der Augenblick: denn der Augenblick ist zeitlich unausgedehnt, also punktuell (wäre dem nicht so, so wäre eine Stunde 60 Minuten lang, vermehrt um die Dauer der Augenblicke).
Der andere Gebrauch setzt ein falsches Zeitverständnis voraus, nämlich eines, bei dem die Zeit anwächst, als ein Strom, der aus der Vergangenheit in die Zukunft fließt. Man hätte dabei zwei Möglichkeiten: die Gegenwart ist, sozusagen, in der Brandung der Strömung und wird von der Strömung vorangetrieben. Das entspricht nicht unserem Erleben: es würde bedeuten, dass wir stets im selben Augenblick verharrten, und die Vergangenheit beständig anwüchse.
Dann bleibt noch übrig, dass der Punkt des Erlebens statisch sei, und die Zeit um ihn herumfließt. Wenn er von der Vergangenheit in die Zukunft fließt, so hieße das: erst naht uns ein Erlebnis aus der Vergangenheit, und nachdem wir es erlebt haben, ist es in der Zukunft. Das ist offensichtlich Unsinn. Nachdem wir etwas erlebt haben, liegt das Erlebte in der Vergangenheit, nicht in der Zukunft.
Die Zeit fließt also von der Zukunft in die Vergangenheit. Das aber heißt auch, dass Zeit nicht anwächst, das heißt, es gibt kein Unendlich an Zeit. Die Verwirrung liegt darin, Außerzeitlichkeit aufzufassen als Unendlichkeit von Zeit, wo es doch eben mit Zeit einfach nichts zu tun hat. Auerzeitlich sind etwa die Punkte, mit denen Zeitstrecken umgrenzt werden.

Zeitlich unausgedehnt, außerraumzeitlich: "Immaterielles aber braucht … Immaterielles/Geist/Bewusstsein, um erkannt und verstanden zu werden." Shine

Hier würde ich gerne beschrieben haben wie:
a) wie zwei x einander erkennen können, die nicht voneinander getrennt sind, da sie keine räumliche Distanz haben können, weil sie keinen Raum haben, außerräumlich sind
b) wie zwei x einander erkennen können, ohne das das Erkennen ein Prozess ist, da es kein Prozess sein kann, weil jene zwei x außerzeitlich sind


"Es gibt kein Leben ohne Bewusstsein."

Hier würde ich gerne beschrieben haben:
c) wie etwas außerraumzeiliches die Bedingung der Möglichkeit für Prozesse sein kann, wo Prozesse doch raumzeitlich ausgedehnt sind, und -- wie die Eleaten gezeigt haben -- ein Kontinuum niemals aus Diskreta entstehen können; will heißen, eine Linie etwa kann nicht aus Punkten entstehen, es sei denn, es würden sie unendlich viele Punkte zu dieser Linie zusammengesetzt werden, was bedeutete, dass entweder Unendlich viele Punkte ohne Zeitausdehnung einen Prozess bilden (was keinen Sinn ergibt), oder dass die kürzeste Bewegung unendlich viel Zeit bräuchte; nochmal anders: würden Prozesse, und so das Leben, erst durch Außerraumzeiliches ermöglicht, so würde der schnellste Läufer eine Schildkröte nicht einholen, wenn diese zwei Meter vor ihm starten würde: entspricht das unserem Erleben? Nein, der schnellste Läufer überholt die Schildkröte. Leben ist ein Prozess und setzt als solcher nichts Außerraumzeitliches voraus.
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Re: Warum gibt es Religionen?

Beitragvon mat-in » Mo 7. Feb 2011, 10:25

Myron hat geschrieben:Ein brandneues Buch, in dem für den Substanzdualismus argumentiert wird:The Soul Hypothesis Investigations into the Existence of the Soul[/url]
Will ich mir das mal anschaun? Na, zu midnest klappentext lesen zum aufmuntern :)

Jarl Gullkrølla hat geschrieben:
Shine hat geschrieben:Was mich stört ist der Anspruch auf "Wissenschaftlichkeit" derer, die glauben, mit der Nicht-Nachweisbarkeit Gottes den Beweis dafür zu haben, dass Gott nicht existiert.
Stimmt, vielmehr ist die Nicht-Nachweisbarkeit Gottes der Beweis dafür, dass Gott existiert.

Du weißt schon, das derjenige der sowas postuliert, ob es nun Elfen, Götter oder eine Teekanne ist in der Beweispflicht ist?

Deiner Argumentation folgend kann ich genauso behaupten das Gott von einem Zerg-Overlord ( sc2armory.com/game/zerg/units/overlord ) der hinter ihm steht kontrolliert und manipuliert wird. Das ist genauso sinnvoll, genauso stichhaltig und genauso unwiederlegbar wie deine Annahme das es Gott gibt.

Du bist!
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Re: Körper & Leben & Geist/Seele

Beitragvon Jarl Gullkrølla » Mo 7. Feb 2011, 11:50

Echt mal Leute, ich hab die Aussage Shines polemisiert, und dass sogar mit dem Hinweis darauf, dass diese Art des Rückzuges in das sanctuarium ignorantiae nicht neu ist, und Kant den neuen Schleichweg hin zu jener Vernünftelei eröffnet hat; aber Spinoza schon kennt jene Art des "Beweises" der Existenz Gottes: "wir könnens nicht wissen: also gibt es ihn" (daher hab ich ja auch die tolle Phrase "sanctuarium ignorantiae"). Wir können nicht wissen, ob Barack Obama eigentlich nur ein verkleideter ein Krebsmensch ist: also ist er einer. Wir können nicht Wissen, ob das Salz ursprünglich durch eine verzauberte Mühle ins Meer kam, die immer das malt, was man sich wünscht: also ist es so.

PS: I love the sound of zerg-flying units exploding...
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Re: Körper & Leben & Geist/Seele

Beitragvon mat-in » Mo 7. Feb 2011, 12:31

Tut mir leid, ich wollte dich nicht persönlich angreifen. Es ist nur häufiger mal... schwer verständlich, was andere sagen wollen, ironie kommt im internet nicht ausreichend rüber und polemik scheint all zu oft normal zu sein.
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Re: Körper & Leben & Geist/Seele

Beitragvon Jarl Gullkrølla » Mo 7. Feb 2011, 14:14

Persönlich wasauchimmer ist ja egal -- aber keine Kraft verschwenden auf solchen Mist, das ist wichtig: there is still a world to win!
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Re: Körper & Leben & Geist/Seele

Beitragvon mat-in » Mo 7. Feb 2011, 19:16

Jarl Gullkrølla hat geschrieben:there is still a world to win!

Du bist noch keine 30, oder? :^^:
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Re: Körper & Leben & Geist/Seele

Beitragvon Mark » Di 8. Feb 2011, 01:33

Hat schon mal jemand eine sogenannte Linie an und für sich gesehen ? Also nicht etwas materielles wie ein linienFÖRMIGer Strich auf einem Untergrund, oder eine Schnur die aus Atomen besteht.. Sondern eine Linie die per se existiert ?
Oder ein Dreieck ? Oder ein Quadrat ?
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Re: Körper & Leben & Geist/Seele

Beitragvon Myron » Di 8. Feb 2011, 02:08

Jarl Gullkrølla hat geschrieben:Einerseits ist 'x existiert' die Paraphrase von 'es gibt ein x'.


Nein, es ist zu unterscheiden zwischen individuellen Existenzsätzen mit Eigennamen ("Angela Merkel existiert") oder Kennzeichnungen ("Die deutsche Bundeskanzlerin existiert") und generellen Existenzsätzen ("Es gibt deutsche Bundeskanzlerinnen"/"Es gibt mindestens eine deutsche Bundeskanzlerin").
Äquivalent sind aber die Sätze "Angela Merka existiert" und "Es gibt jemanden, der mit Angela Merkel identisch ist".

Jarl Gullkrølla hat geschrieben:Hier würde ich gerne beschrieben haben wie:
a) wie zwei x einander erkennen können, die nicht voneinander getrennt sind, da sie keine räumliche Distanz haben können, weil sie keinen Raum haben, außerräumlich sind
b) wie zwei x einander erkennen können, ohne das das Erkennen ein Prozess ist, da es kein Prozess sein kann, weil jene zwei x außerzeitlich sind


Gute Fragen!
Wie können körperlose Engel oder Seelen im Himmel einander wahrnehmen und miteinander kommunizieren?
Die Antwort "Auf irgendeine übersinnliche Weise" ist nichtssagend.

Fußnote: Der räumliche Abstand zweier außerräumlicher Seelen beträgt weder 0m noch n>0m, da er gar nicht definiert ist.
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