ganimed hat geschrieben:Der Unterschied zwischen mir und dir ist nur, dass du die gesamte Menschheit als dumm und verantwortungslos bezeichnest, wenn sie nicht dein Hobby teilt.
Es geht nicht um die gesamte Menschheit. Und es geht auch nicht um irgendwelche Hobbys. Die Natur unseres Planeten mit einem Computerspiel zu vergleichen, das absolut bedeutungslos ist, finde ich unverantwortlich.
ganimed hat geschrieben:Wenn die Leute, die sich dem Artenschutz verschrieben haben, stattdessen Menschen-Hilfsprojekte auf die Beine stellen würden, dann wäre das schon ein Unterschied. Ein kleiner vielleicht, aber ein paar Kinder würden davon sicher profitieren können. Der Artenschutz schluckt ganz einfach Zeit- und Energieressourcen der idealistischen, motivierten Artenschützer. Insofern steht der Artenschutz einer gewissen Intensivierung der Menschenhilfe durchaus im Wege.
Unsinn. Im Artenschutz arbeiten weit weniger Menschen als du anscheinend denkst, und davon wiederum ein Großteil ehrenamtlich.
Was deine 'Energie' und 'Zeitressourcen' angeht, die der Artenschutz angeblich verschluckt, so muss ich doch etwas lächeln...
Die Naturschützer sollen also humanitäre Aktionen durchführen, um ihre im Naturschutz verschwendeten 'Energie' und 'Zeitressourcen' besser einzusetzen?
...Aber andererseits scheinen dir die Menschen ja selber auch nicht so wichtig zu sein, denn sonst würdest du nicht deine eigenen 'Energie' und 'Zeitressourcen' nicht mit Autorennen spielen verbringen...
Ich habe schon erwähnt das viele der aktuellen Hilfsmaßnahmen lediglich zu einer späteren Verschärfung des Bevölkerungsproblems beitragen.
Es müssen kulturelle und sozialpolitische Veränderungen in den betreffenden Ländern erreicht werden, um langfristig die Probleme der betroffenen Menschen zu lösen.
Darum kümmern sich aber auch die Menschenhilfsorganisationen kaum, stattdessen ruinieren diese oft die Wirtschaften der Länder, indem sie Hilfsgüter wie Kleidung, Nahrung (z.B. Milchpulver) etc. aus den Industrieländern in Massen in die Entwicklungsländer bringen.
Dort haben die einheimischen Produzenten keinen Absatzmarkt mehr für ihre Produkte. Die dauerhafte Hilfsmittelabhängigkeit, auch bei medizinischer Versorgung, ist auf Dauer ruinös für die Volkswirtschaften.
Kurzfristig, z.B. nach Kriegen oder Katastrophen, ist diese Form der humanitären Hilfe absolut nötig und unabdingbar. Aber als Normalzustand ist es eine Perversion, die den Entwicklungsländern schadet. Der lange Atem der Kolonialzeit gewissermaßen...
Außerdem habe ich bereits gesagt das die größte Zahl der Schutzprojekte zusammen mit den Bevölkerungen umgesetzt werden, die davon profitieren.
Die einzigen die manchmal Nachteile haben sind große, zuweilen internationale Konzerne, die dann eben mal z.B. auf die Ausbeutung eines bestimmten Rohstoffes verzichten müssen.
ganimed hat geschrieben:Wenn Arten sterben, dann bedeutet das ja nicht den Tod von Individuen. Ich finde es recht zynisch, den Artenschutz mit diesem Argument als wichtiger anzusehen als die Rettung von konkreten Menschenleben. Nur weil es genug Menschen gibt kommt es auf einzelne Kinder nicht an?
Ach, Arten setzen sich nicht aus Individuen zusammen? Erklär mir das genauer...
Meine Aussage sollte keine Wertung von Menschen zu anderen Tieren implizieren, sondern lediglich auf die zeitliche Brisanz hinweisen.
Wenn bei den Arten nicht unverzüglich gehandelt wird sind sie verloren. Wenn bei, wie auch immer gearteten, humanitären Hilfsprojekten nicht unverzüglich gehandelt wird, so führt dies vielleicht zu unnötigen Leid, aber die Menschen wird es trotzdem geben.
Aber solche Fragen wie du sie mir stellst, der ich niemanden umbringe, solltest du mal z.B. dem Militär stellen. Dort nimmt man 'Kollateralschäden' bewusst in Kauf. Gleichzeitig verfügt das Militär über Finanzmittel, mit denen man sowohl humanitäre, als auch ökologische Projekte locker finanzieren könnte.
Im Naturschutz vermeidet man Verluste, und strebt einen stabilen Zustand an, der eine Zukunft für beide Seiten ermöglicht.
ganimed hat geschrieben:wieso sollte ausgerechnet der Mensch die erste Kreatur in der langen Evolutionsgeschichte sein, die nicht egoistisch handelt? Bisher hatte jeder das Recht, einfach zu machen. Wieso wir nicht? Du meinst wirklich, im Buch des Lebens steht die Regel, dass alle das Recht haben, möglichst viel für sich herauszuschlagen. Und dann gibt es noch einen Zusatzartikel 13a: "nur nicht, wenn man zu dominant und/oder zu intelligent ist".
Jeder hatte das Recht, einfach zu machen? Ach, wo steht das geschrieben? Oder hast du es dir ausgedacht?
Jede Art handelt im Rahmen ihres Verhaltensrepertoires, Egoismus kann man lediglich den wenigen bewusst denkenden Tieren unterstellen. Im übrigen ist es durchaus egoistisch die Natur zu erhalten, schließlich nutzen wir diese für unzählige Aufgaben.
Fakt ist, das mir bislang keine Art innerhalb ihrer angestammten Lebensräume bekannt ist, die nicht integriert ist in ihr Ökosystem.
Zu einem Problem wird dies nur, wenn Arten in einen anderes Ökosystem gelangen, eigenständig oder durch Verschleppung. Dann handeln sie aber auch nicht anders als wie sie es zuvor taten. Der Unterschied ist hier nur, das es so aussieht als würden sie 'egoistisch' alles niedermachen, wie z.B. die Agakröte in Australien. Dieser Zustand dauert solange an, bis ein Fließgleichgewicht wieder hergestellt ist (nachdem viele im entsprechenden Ökosystem beheimatete Arten ausgerottet wurden durch den Neuankömmling). Allerdings sind solche Fälle erst durch den Menschen derart häufig geworden. Eine Kröte kommt z.B. normalerweise nicht ohne weiteres von Hawaii nach Australien...
'Universelle Gründe' könnte dir übrigends vielleicht eine Religion geben. Ich nicht.
ganimed hat geschrieben:Du verwechselst hier Ursachen und Wirkungen. Nur wenn Raubtiere zufällig nicht besonders erfolgreich und überlegen sind, stellt sich irgendwann ein Gleichgewicht zwischen Jäger und Beute ein. Welches aber auch oft ziemlich schwanken kann. Oft genug stellt sich dieses Gleichgewicht aber nicht ein und es verschwinden einfach alle Beutetiere.
Tatsächlich? Dann bin ich ja mal auf ein Beispiel gespannt, wo der Jäger seine Beute ausgerottet hat.
Ich kann dir allerdings z.B. ein Beispiel geben ohne eine Raubtierart, wo eine von Menschen ausgesetzte, exponentiell wachsende Population von Moschusochen auf einer Insel dazu führte, das die Nahrungsquelle der Insel zusammenbrach, und die Tiere daraufhin allesamt verhungerten.
Die Jägerpopulation liegt im Normalfall weit niedriger als die der Beutetiere. Höchstens bei Viren (und eventuell einigen anderen Krankheiten) gibt es Formen, die durchaus in der Lage sind, sich selbst der eigenen Lebensgrundlage zu entziehen, indem sie sämtliche Individuen einer Population dahinraffen.
Aber selbst dort ist dies bei weitem nicht der Normalfall, und schon garnicht mit Begriffen wie Intelligenz oder Egoismus zu beschreiben.
Falls du nun mit Beispielen kommst wie der verschleppten Agakröte und dem verschleppten Nilbarsch, die sich zum Teil in Ermangelung anderer Beutetiere kannibalisch ernähren, so habe ich bereits oben die Ursache geschildert.
ganimed hat geschrieben:Genau so machen es viele Krankheitserreger doch auch. In vielen Fällen vernichten sie ihren eigenen Wirt und gehen dann selber zugrunde.
Wie bereits gesagt sind diese Fälle sehr selten, denn nach einem Populationszusammenbruch der Wirte folgt der Populationszusammenbruch der Erreger.
Das Extinktionsrisiko der Erreger weit größer als das der Wirte. Einem Populationszusammenbruch können wahrscheinlich einige Wirte entgehen, aber der Erreger steht nun vor dem Problem, das es unwahrscheinlich ist einen Wirt für eine erneuten Vermehrungszyklus zu finden. Ein deutlich niedrigesres Extinktionsrisiko haben daher Krankheitserreger, die ihre Wirte nicht töten. Sie können ein annähernd stabiles Gleichgewicht auf niedrigen Niveau aufbauen, dagegen sind die letalen Erreger starken extremen Populationsschwankungen ausgesetzt.
ganimed hat geschrieben:Und jeder Tyrannosaurus würde das genau so machen, wenn er nicht zufällig das Glück hat, dass er zu doof ist, alle Beute auf einmal zu erwischen und seine Beutepopulation sich immer wieder von seinen Angriffen erholt und jene aber gleichzeitig nicht zu erfolgreich ist, um ihrerseits nicht alle ihre Pflanzen in der Gegend wegzufressen und daran zugrunde zu gehen.
Ziemlicher Unsinn, schau dir z.B. mal Löwenrudel in einem Gebiet mit hohen Wildvorkommen an.
Die Löwen töten einige Beutetiere, aber wenn ihr Hunger gestillt ist, so töten sie eben nicht ungbegrenzt weiter, obwohl sie es vielleicht könnten.
Andere Tiere trauen sich an die vollgefressenen Löwen etwas näher heran, da sie unter diesen Umständen keinen starken Jagdtrieb mehr haben.
Genauso würde auch ein Tyrannosaurus nicht, wie vom Moskito gestochen, jedes Tier töten. Er wird versuchen satt zu werden, und Nachwuchst zu produzieren.
In der Population machen es alle so, und sind so wiederum zeitverzögert den Populationschwankungen der Beutetiere unterworfen.
Was die Tyrannosaurier machen würden wenn sie intelligenter wären?
Genau dasselbe, es sei denn sie sind genauso kurzsichtig wie Menschen, und denken sich: Mit neuen erfundenen Waffen kann man mehr Beute machen. Erlegen wir doch einfach alle auf einmal, dann brauchen wir die nächsten Jahre nichtmehr zu jagen.
ganimed hat geschrieben:Das Gleichgewicht wird nirgendwo hergestellt durch freiwillige Selbstkontrolle. Überall zieht jeder so stark wie er eben kann und zu einem Gleichgewicht gehören dann eben mindestens zwei.
Ich habe nie behauptet, das es das irgendwo freiwillige Selbstkontrolle gibt. Sie ist allerdings beim Menschen notwendig, wenn er sich nicht wie ein z.B. Pockenvirus sein eigenes Grab schaufeln möchte, bzw. in einer Welt leben möchte, wo nur die Reste seines Eroberungsfeldzuges noch existent sind.
ganimed hat geschrieben:Und wir Menschen sind seit 10000 Jahren mit dem Ackerbautrick und der kulturellen Evolution eben so erfolgreich, dass wir wachsen bis zum Gehtnichtmehr. Aber solche scheinbaren unkontrollierbaren Prozesse gab es früher auch schon, wenn eine Art durch Mutation vielleicht mal einen riesigen Vorteil erlangt. Dann frisst und vermehrt man sich so lange, bis man an natürliche Grenzen stößt. Und dann stellt sich bestimmt irgendwann wieder ein Gleichgewicht ein, nur eben nicht schon nach 10000 Jahren. Da sollten wir mehr Geduld haben.
Wie in meinem Beispiel mit den Moschusochsen auf der insel, ist es fraglich, ob sich mal eben so ein Gleichgewicht einstellt, wenn eine exponentiell wachsende Population 'plötzlich gegen eine Wand fährt'. Die Wirkung für den Menschen können durchaus Verteilungskämpfe, Hungersnöte etc. sein. Ich möchte keine Endzeitszenarien entwerfen, aber ohne Komplikationen wird sich dieser Prozess nicht bewerkstelligen lassen.
Danach gibt es dann ein stabiles Gleichgewicht aus Menschen, Hausschweinen, Wanderratten und Kakerlaken.
Du überschätzt bei weitem die Auswirkung von einzelnen Mutationen... Einen gewaltigen Vorteil gibt es extrem selten, ich möchte nicht ausschließen das es soetwas gibt, aber es ist mir kein Fall bekannt.
Was mir jedoch bekannt ist sind Fälle von fruchtbaren Hybridisierungen, die gegenüber den Elternarten große Vorteile, und invasives Auftreten haben. Ein bekanntes Beispiel ist das Salz-Schlickgras (Spartina anglica). Diese Hybridart entstand durch Chromosomenverdopplung aus der unfruchtbaren Hybride Spartina x townsendii, die wiederum die beiden Elternarten Spartina alterniflora (Nordamerika) und Spartina maritima (einheimisch) in sich vereint. Diese vor wenigen Jahren derart entstandene neue Spezies ist den beiden Ursprungsarten in zahlreichen Belangen überlegen, und verdrängt diese.
Aber dabei sind komplette Genome beteiligt, nicht bloß eine einzige Mutation.
ganimed hat geschrieben:Wenn wir Menschen einen Rückzieher machen, weniger werden, uns auf nette Plätzchen zurück ziehen (wohlgemerkt aus Eigennutz und intelligenter Nachhaltigkeit) und die materielle Existenz der meisten Menschen gesichert ist, erst dann kann man fragen, was wir zu unserem egoistischen Vorteil noch alles tun könnten.
Charles Dawkins hat geschrieben:Bis es soweit ist, wird es nichts mehr geben, das geschützt werden müsste.
Was macht dich so sicher? Oder ist das nur ein Totschlagargument?
Ganz einfach... Weil der Mensch von sich aus nicht solche Vernunftleistungen erbringen wird, und sich von selbst zurückzieht. Das wäre schön, aber ich halte es schlicht nicht für realistisch. Dementsprechend wird auch nichtmehr viel Natur übrig sein, wenn es zu einem unweigerlichen Populationszusammenbruch der Menschen kommt.
Schau dir Haiti an (unabhängig von der Erdbebenkatastrophe), so sieht ein Land aus, wo die natürlichen Ressourcen aufgrund der menschlichen Armut restlos ausgenutzt wurden. Und du glaubst da noch ernsthaft, diese Entwicklung würden die Menschen in anderen Teilen der Welt nicht genauso erwarten?
Charles Dawkins hat geschrieben:Es wird daher fast nur noch Kulturfolger und Nutztiere/Pflanzen geben.
ganimed hat geschrieben:Wieso sind die nicht schützenswert?
Geschützt werden Arten, die in ihrer Existenz bedroht sind. Wenn wir die Naturlebensräume zerstört haben bleiben nur wenige ubiquitäre Arten über, die häufig und meist global verbreitet sind. Wozu sollte man häufige Arten schützen?