Kinderergonomie von Rationalisten

Re: Kinderergonomie von Rationalisten

Beitragvon stine » Sa 20. Mär 2010, 08:20

ganimed hat geschrieben:Ich bin christlich und relativ gläubig aufgewachsen. Dann fing der Glaube so ab 18 an zu zwicken und zu drücken. Und irgendwann mit 35 ist das Korsett dann gerissen. Und da lag der Naturalismus rum und ich merkte, dass ich diesen feinen Zwirn auch irgendwie schon die ganze Zeit an hatte.
:2thumbs:
So schön hat das noch niemand formuliert. Möchtest du das urheberrechtlich schützen lassen?
Ansonsten kommt das in den nächsten Pfarrbrief auf die Seite für Kirchenaustritte.

LG stine
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Re: Kinderergonomie von Rationalisten

Beitragvon ganimed » Sa 20. Mär 2010, 17:04

stine hat geschrieben:Ansonsten kommt das in den nächsten Pfarrbrief auf die Seite für Kirchenaustritte.

Es gibt einen Pfarrbrif mit einer Seite für Kirchenaustritte? :^^: Erstaunlich. Natürlich habe ich absolut nichts gegen eine Verwendung dort und freue mich.
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Re: Kinderergonomie von Rationalisten

Beitragvon ganimed » Sa 20. Mär 2010, 17:52

Charles Dawkins hat geschrieben:Die heutigen Arten sind der Grundstock für die Zukunft. Umso mehr von ihnen übrigbleibt, bzw. umso unterschiedlicher und genetisch verschieden die Überlebenden der Katastrophe namens Menschheit sein werden, umso weniger ist der Gesamtprozess zurückgeworfen durch die Menschen.

Welcher Gesamtprozess? Ich höre hier die Vermutung heraus, dass hinter dem Ganzen vielleicht ein großer Plan, eine Absicht, ein Ziel steckt? Ich bin eher nicht dieser Ansicht. Was kann ich mir nochmal kaufen für genetische Verschiedenheit?

Ich gebe zu, das mit uns Menschen ist nun so ungefähr der größte und schnellste Einschnitt in der Artengeschichte seit vielleicht der kambrischen Explosion. Insofern sind wir Zeitzeugen eines unglaublichen historischen Vorgangs. Ich bin mir aber sicher, dass egal was wir an Kahlschlag noch zustande bringen, das Leben alle Lücken und Nischen füllen wird, die dabei entstehen. Selbst wenn die Menschheit zum Beispiel vielleicht doch noch zugrunde geht und nur ein paar primitive Stämme in nicht völlig vergifteten Lebensräumen übrig bleiben, dann gib der Natur ein paar hundertausend Jahre Zeit und das meiste ist wieder besiedelt und blüht und gedeiht. Und je weniger Arten dann als Ausgangsmaterial existieren, desto größer ist wieder der Explosions- und Artenentstehungseffekt, so wie im Kambrium eben. Die Gefahr, dass wir das Leben auf diesem Planeten klein kriegen oder auf Dauer schädigen oder den Gesamtprozess stoppen, ist absolut nicht vorhanden.

Charles Dawkins hat geschrieben:Ich finde man braucht für die Erhaltung keine Gründe wie die immer wieder genannten medizinischen Gründe... Dahinter steckt ja schon wieder nur die Absicht die Natur auszunutzen.

Falls jemand für die Erhaltung ist, dann hat er auch Gründe die letztlich egoistisch sind. Was anderes gibt es gar nicht. So meine ich jedenfalls. Insofern ist "bestimmte Arten putzig finden" ein ebenso guter Grund wie die Ehrfurcht vor dem Gesamtprozess oder was auch immer. Und Panda-Bären sind wirklich sehr sympathisch. Und die Delfine sind unsere Evolutionskumpels, fast so schlau wie wir und viel netter als Menschen. Die Menschheit sollte sich in Grund und Boden schämen, solche Mitkreaturen zu jagen oder zu schädigen. Wenn ich die Norweger und Japaner erwische, die heutzutage noch Wale fangen. Blödmänner!

Ich selber würde ja auch sofort für Arterhaltung sein. Aber nur als Nebeneffekt einer konsequenten Bevölkerungsschrumpfung. Ich finde, der Menschheit größtes Problem ist die Überbevölkerung. Raus aus den ungünstigen Gebieten, zuück schrumpfen auf, sagen wir, 1 Milliarde Menschen. Das fände ich sehr sinnvoll. Und in den frei werdenden Gebieten oder den dünner besiedelten kehren dann die Tiere und Pflanzen zurück und alle leben in friedlicher und erheblich stabilerer Koexistenz. So eine Art- und Umwelterhaltung fände ich toll.

Aber bis dahin habe ich immer Bauchschmerzen wenn ich gut meinende, idealistische Tierfreunde und ihre teilweise recht aufwändigen Rettungsaktionen sehe. Solange jeden Tag tausende von Menschenkindern an Hunger und vermeidbaren Krankheiten sterben, finde ich ja immer, dass man erstmal da was machen sollte anstatt die Brutstätten von seltenen Papageien gegen Ratten zu beschützen. (Na ja, ich mache keins von beiden, große Klappe nichts dahinter) "Macht euch die Erde untertan" klingt in der Tat blöd. Aber der Mensch sollte dem Menschen schon das wichtigste sein.

Charles Dawkins hat geschrieben:Wenn du ihnen die Berechtigung auf Leben absprichst, so muss ich dagegenhalten worin denn das Recht des Menschen liegt? Er hat kein Recht dazu, er macht einfach.

Genau wie jedes andere Lebewesen in der endlosen Geschichte dieses Planeten das auch gemacht hat. Jeder nimmt sich so viel wie er kriegen kann. Oder hat je ein Tyrannosaurus Rex oder ein Löwe oder ein Elefant gedacht: ich jage jetzt mal weniger, esse weniger Bäume und schone mal lieber meine Umwelt, weil die anderen Tiere so nett sind?
Es wäre also eigentlich erstmal umgekehrt zu fragen: wieso sollte ausgerechnet der Mensch die erste Kreatur in der langen Evolutionsgeschichte sein, die nicht egoistisch handelt? Bisher hatte jeder das Recht, einfach zu machen. Wieso wir nicht?

Wenn wir Menschen einen Rückzieher machen, weniger werden, uns auf nette Plätzchen zurück ziehen (wohlgemerkt aus Eigennutz und intelligenter Nachhaltigkeit) und die materielle Existenz der meisten Menschen gesichert ist, erst dann kann man fragen, was wir zu unserem egoistischen Vorteil noch alles tun könnten. Und dann würde man sicher auch wieder Tiere lieb haben und sich an der Diversität der Arten, soweit es sie dann noch gibt, erfreuen. Wenn einzelne Menschen bereits heute Tiere schützen und die Umwelt bewahren wollen, dann wohl einfach nur, weil sie eben dieses Bedürfnis haben und ausleben. Meinetwegen. Ich habe ja auch tausend Interessen und Hobbies und lasse ebenfalls die drängenden Menschheitsprobleme außen vor. Eine globale Menschheitsaufgabe und eine 'edle' und besonders gerechte Gesinnung kann ich im Naturbewahren aber jedenfalls nicht entdecken.
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Re: Kinderergonomie von Rationalisten

Beitragvon Charles Dawkins » Sa 20. Mär 2010, 20:38

ganimed hat geschrieben:Welcher Gesamtprozess? Ich höre hier die Vermutung heraus, dass hinter dem Ganzen vielleicht ein großer Plan, eine Absicht, ein Ziel steckt? Ich bin eher nicht dieser Ansicht. Was kann ich mir nochmal kaufen für genetische Verschiedenheit?


Da hörst du falsch. So war es nicht gemeint.

ganimed hat geschrieben:Und je weniger Arten dann als Ausgangsmaterial existieren, desto größer ist wieder der Explosions- und Artenentstehungseffekt, so wie im Kambrium eben. Die Gefahr, dass wir das Leben auf diesem Planeten klein kriegen oder auf Dauer schädigen oder den Gesamtprozess stoppen, ist absolut nicht vorhanden.


Sicher. Trotzdem möchte ich nicht, das es soweit kommt.

ganimed hat geschrieben:Falls jemand für die Erhaltung ist, dann hat er auch Gründe die letztlich egoistisch sind. Was anderes gibt es gar nicht. So meine ich jedenfalls.


Naja, da gebe ich dir recht. Allerdings setze ich mich auch gerne für Tiere und Pflanzen ein, die vielen egal sind. Ich mach es vielleicht aus egoistischer Naturliebe. :^^:

ganimed hat geschrieben:Ich selber würde ja auch sofort für Arterhaltung sein. Aber nur als Nebeneffekt einer konsequenten Bevölkerungsschrumpfung. Ich finde, der Menschheit größtes Problem ist die Überbevölkerung. Raus aus den ungünstigen Gebieten, zurück schrumpfen auf, sagen wir, 1 Milliarde Menschen. Das fände ich sehr sinnvoll. Und in den frei werdenden Gebieten oder den dünner besiedelten kehren dann die Tiere und Pflanzen zurück und alle leben in friedlicher und erheblich stabilerer Koexistenz. So eine Art- und Umwelterhaltung fände ich toll.


Das wäre absolut toll... aber der Haken an der Sache ist, dass der Mensch zu dumm ist, solch eine Gemeinschaftsleistung zu erbringen.
Sowas schaffen Menschen nur im Krieg...

ganimed hat geschrieben:Aber bis dahin habe ich immer Bauchschmerzen wenn ich gut meinende, idealistische Tierfreunde und ihre teilweise recht aufwändigen Rettungsaktionen sehe. Solange jeden Tag tausende von Menschenkindern an Hunger und vermeidbaren Krankheiten sterben, finde ich ja immer, dass man erstmal da was machen sollte anstatt die Brutstätten von seltenen Papageien gegen Ratten zu beschützen.


Diese Menschen sterben oft wegen falscher Nahrungsverteilung und korrupten Regierungen. Der Artenschutz steht dem nicht im Wege, im Gegenteil... Nationalparks etc. schaffen Jobs für niedig entwickelte Länder. Und solange die kulturellen Großfamilienfantasien noch in den Köpfen der Menschen sind, trägt medizinische und Ernährungshilfe nur zu einem weiteren schnellen Wachstum der Menschen bei.

Außerdem ist das Naturschutzbudget ein Witz. Absolut kein Vergleich mit nutzlosen Budgets wie z.B. Verteidigung. Bei Medikamenten sind btw. oft die überhöhten Preise schuld, die gute Gewinne für die großen Pharmafirmen einbringen. Es geht billiger, und mehr Menschen würden so überleben.

Aber für mich das wichtigste:
Menschen werden immer neue geboren. Die in teils aufwändigen Rettungsaktionen geretteten Tiere, Pflanzen etc. gibt es nichtmehr wenn die Aktion nicht stattfindet/fehlschlägt. Auch wenn es den Menschen irgendwann besser gehen sollte, und tatsächlich die Bevölkerung auf ein gesundes Maß reduziert wäre.

ganimed hat geschrieben:Es wäre also eigentlich erstmal umgekehrt zu fragen: wieso sollte ausgerechnet der Mensch die erste Kreatur in der langen Evolutionsgeschichte sein, die nicht egoistisch handelt? Bisher hatte jeder das Recht, einfach zu machen. Wieso wir nicht?


Nunja... niemals war eine Spezies auf dem Planeten so dominant, und hat ausnahmslos alle Lebensräume dieser Erde negativ beeinflusst.
Außerdem ist der Mensch die einzige Tierart, die für sich selber eine außergewöhnliche Intelligenz und Vernunft unterstellt. Tyrannosaurus und alle anderen Arten waren gut in die Ökosysteme eingebunden und haben zu keinen Problemen geführt. Sie waren innerhalb der Nahrungsketten notwendig, z.B. als Prädator.
Innerhalt ihrer angestammten Ökosysteme sind alle Arten unschädlich, egal wieviel Egoismus du ihnen unterstellen magst. Lediglich wenn sie aktiv/passiv verschleppt werden können sie zum Problem für andere Ökosysteme werden.

Der moderne Mensch ist aber ein überall verbreiteter Allesfresser, der wahllos alles und überall dauerhaft vernichtet.
Er schießt sich ja nicht ein paar Tiere um selber zu überleben, sondern fällt gleich den ganzen Wald, um ihn dann für einen Parkplatz zu versiegeln.

Dort wo er sich integriert, wird er gleichermaßen ein Opfer seiner selbst! Man denke nur an die Indianer oder indigenen Stämme Afrikas... :/
Nicht wieder falsch verstehen, wir müssen nicht alle zu Ureinwohnern mutieren, aber Respekt vor dem anderen Leben ist angebracht.

ganimed hat geschrieben:Wenn wir Menschen einen Rückzieher machen, weniger werden, uns auf nette Plätzchen zurück ziehen (wohlgemerkt aus Eigennutz und intelligenter Nachhaltigkeit) und die materielle Existenz der meisten Menschen gesichert ist, erst dann kann man fragen, was wir zu unserem egoistischen Vorteil noch alles tun könnten.


Bis es soweit ist, wird es nichts mehr geben, das geschützt werden müsste.
Es wurde entweder von uns vernichtet, starb aus durch anthophogene Umweltveränderungen (In Kombination mit fragmentierten Lebensräumen, von denen man nicht abwandern kann) aus, oder was bislang noch häufiger ist, starb aus durch eingeschleppte Arten.

Es wird daher fast nurnoch Kulturfolger und Nutztiere/Pflanzen geben.
Ich in solch einer Welt würde ich mich freiwillig einreihen in die lange Liste der anderen Arten, und zu Zyankali greifen.
Ich schäme mich so schon oft genug für die Menschheit. :ops:

ganimed hat geschrieben:Eine globale Menschheitsaufgabe und eine 'edle' und besonders gerechte Gesinnung kann ich im Naturbewahren aber jedenfalls nicht entdecken.


Eine globale Menschheitsaufgabe? Ich denke sehr wohl das es das sein muss!
Und zwar noch weit vor dem Klimawandel.

Zu den Menschen, vor denen ich den größten Respekt habe auf dieser Erde sind die Naturschützer gut repräsentiert. Ich zumindest finde es sehr 'edel' und gerecht, auch anderen Lebewesen außer sich selbst ein Existenzrecht zuzusprechen.
Bereits einer menschliche Eizelle werden ja mehr Rechte zugesprochen als z.B. einem beliebigen andren, ausgewachsenen Primaten. Oder um es mit Monty Python zu sagen: Every sperm is sacred!

In meinen Augen ist dies einfach nur pervers, erbärlich und lächerlich.
Gerechtigkeit ist leider sowieso nur ein Gedankenkonstrukt des Menschen, das er zu selten in die Tat umsetzt. Stattdessen hofft er auf Gerechtigkeit im Jenseits. :irre:
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Re: Kinderergonomie von Rationalisten

Beitragvon ganimed » So 21. Mär 2010, 10:54

Charles Dawkins hat geschrieben:Allerdings setze ich mich auch gerne für Tiere und Pflanzen ein, die vielen egal sind. Ich mach es vielleicht aus egoistischer Naturliebe.

Völlig ok. Und ich spiele gerne Autorennen am Computer. Der Unterschied zwischen mir und dir ist nur, dass du die gesamte Menschheit als dumm und verantwortungslos bezeichnest, wenn sie nicht dein Hobby teilt. Während ich nur jeden beglückwünschen kann, wenn er seine Zeit nicht mit sinnlosen Computerspielen vergeudet.

Charles Dawkins hat geschrieben:Diese Menschen sterben oft wegen falscher Nahrungsverteilung und korrupten Regierungen. Der Artenschutz steht dem nicht im Wege, im Gegenteil

Wenn die Leute, die sich dem Artenschutz verschrieben haben, stattdessen Menschen-Hilfsprojekte auf die Beine stellen würden, dann wäre das schon ein Unterschied. Ein kleiner vielleicht, aber ein paar Kinder würden davon sicher profitieren können. Der Artenschutz schluckt ganz einfach Zeit- und Energieressourcen der idealistischen, motivierten Artenschützer. Insofern steht der Artenschutz einer gewissen Intensivierung der Menschenhilfe durchaus im Wege.

Charles Dawkins hat geschrieben:Aber für mich das wichtigste:
Menschen werden immer neue geboren. Die in teils aufwändigen Rettungsaktionen geretteten Tiere, Pflanzen etc. gibt es nichtmehr wenn die Aktion nicht stattfindet/fehlschlägt.

Wenn Arten sterben, dann bedeutet das ja nicht den Tod von Individuen. Ich finde es recht zynisch, den Artenschutz mit diesem Argument als wichtiger anzusehen als die Rettung von konkreten Menschenleben. Nur weil es genug Menschen gibt kommt es auf einzelne Kinder nicht an?

Charles Dawkins hat geschrieben:
ganimed hat geschrieben:wieso sollte ausgerechnet der Mensch die erste Kreatur in der langen Evolutionsgeschichte sein, die nicht egoistisch handelt? Bisher hatte jeder das Recht, einfach zu machen. Wieso wir nicht?

Nunja... niemals war eine Spezies auf dem Planeten so dominant, und hat ausnahmslos alle Lebensräume dieser Erde negativ beeinflusst.
Außerdem ist der Mensch die einzige Tierart, die für sich selber eine außergewöhnliche Intelligenz und Vernunft unterstellt.

Ich frage nach einem universellen Grund, wieso alle das Recht haben nur wir nicht. Deine Antwort scheint mir ein wenig fadenscheinig. Du zählst einfach ein paar Alleinstellungsmerkmale des Menschen auf. Du meinst wirklich, im Buch des Lebens steht die Regel, dass alle das Recht haben, möglichst viel für sich herauszuschlagen. Und dann gibt es noch einen Zusatzartikel 13a: "nur nicht, wenn man zu dominant und/oder zu intelligent ist". Klingt für mich nicht sehr überzeugend.

Charles Dawkins hat geschrieben:Tyrannosaurus und alle anderen Arten waren gut in die Ökosysteme eingebunden und haben zu keinen Problemen geführt. Sie waren innerhalb der Nahrungsketten notwendig, z.B. als Prädator.

Du verwechselst hier Ursachen und Wirkungen. Nur wenn Raubtiere zufällig nicht besonders erfolgreich und überlegen sind, stellt sich irgendwann ein Gleichgewicht zwischen Jäger und Beute ein. Welches aber auch oft ziemlich schwanken kann. Oft genug stellt sich dieses Gleichgewicht aber nicht ein und es verschwinden einfach alle Beutetiere. Dann stellt sich der Räuber entweder um auf andere Quellen oder geht selber zu Grunde. Naturgemäß sind solche Beispiele nicht so prominent, weil es in der Natur der Sache liegt, dass so etwas schnell verschwindet. Aber jedenfalls ist es doch Unsinn anzunehmen, dass alle anderen Raubtiere in einem perfekten Gleichgewicht in ihrem jeweiligen Ökosystem sind. Die (vorübergehenden) Gleichgewichte sind eher die Ausnahmen. Die Myriaden anderen Fälle sieht man nur nicht.

Charles Dawkins hat geschrieben:Der moderne Mensch ist aber ein überall verbreiteter Allesfresser, der wahllos alles und überall dauerhaft vernichtet. ... Dort wo er sich integriert, wird er gleichermaßen ein Opfer seiner selbst!

Genau so machen es viele Krankheitserreger doch auch. In vielen Fällen vernichten sie ihren eigenen Wirt und gehen dann selber zugrunde. Und jeder Tyrannosaurus würde das genau so machen, wenn er nicht zufällig das Glück hat, dass er zu doof ist, alle Beute auf einmal zu erwischen und seine Beutepopulation sich immer wieder von seinen Angriffen erholt und jene aber gleichzeitig nicht zu erfolgreich ist, um ihrerseits nicht alle ihre Pflanzen in der Gegend wegzufressen und daran zugrunde zu gehen. Das Gleichgewicht wird nirgendwo hergestellt durch freiwillige Selbstkontrolle. Überall zieht jeder so stark wie er eben kann und zu einem Gleichgewicht gehören dann eben mindestens zwei.
Und wir Menschen sind seit 10000 Jahren mit dem Ackerbautrick und der kulturellen Evolution eben so erfolgreich, dass wir wachsen bis zum Gehtnichtmehr. Aber solche scheinbaren unkontrollierbaren Prozesse gab es früher auch schon, wenn eine Art durch Mutation vielleicht mal einen riesigen Vorteil erlangt. Dann frisst und vermehrt man sich so lange, bis man an natürliche Grenzen stößt. Und dann stellt sich bestimmt irgendwann wieder ein Gleichgewicht ein, nur eben nicht schon nach 10000 Jahren. Da sollten wir mehr Geduld haben.

Charles Dawkins hat geschrieben:]Bis es soweit ist, wird es nichts mehr geben, das geschützt werden müsste.

Was macht dich so sicher? Oder ist das nur ein Totschlagargument?

Charles Dawkins hat geschrieben:Es wird daher fast nur noch Kulturfolger und Nutztiere/Pflanzen geben.

Wieso sind die nicht schützenswert?

Ich finde, auf die Frage wieso man Arten schützen muss, kann deine Antwort nur sein: weil ich das nunmal gerne so mag. Vielen ist das wichtig. Einigen aber nunmal nicht. Ein objektives Argument für die Wichtigkeit sehe ich jedenfalls nicht. Scheint mir reine Geschmackssache zu sein. Und dann wäre es unfair, sich selber einzureden, dass es so sein müsste und von der ganzen Menschheit dasselbe zu erwarten.
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Re: Kinderergonomie von Rationalisten

Beitragvon Charles Dawkins » So 21. Mär 2010, 23:45

ganimed hat geschrieben:Der Unterschied zwischen mir und dir ist nur, dass du die gesamte Menschheit als dumm und verantwortungslos bezeichnest, wenn sie nicht dein Hobby teilt.


Es geht nicht um die gesamte Menschheit. Und es geht auch nicht um irgendwelche Hobbys. Die Natur unseres Planeten mit einem Computerspiel zu vergleichen, das absolut bedeutungslos ist, finde ich unverantwortlich.

ganimed hat geschrieben:Wenn die Leute, die sich dem Artenschutz verschrieben haben, stattdessen Menschen-Hilfsprojekte auf die Beine stellen würden, dann wäre das schon ein Unterschied. Ein kleiner vielleicht, aber ein paar Kinder würden davon sicher profitieren können. Der Artenschutz schluckt ganz einfach Zeit- und Energieressourcen der idealistischen, motivierten Artenschützer. Insofern steht der Artenschutz einer gewissen Intensivierung der Menschenhilfe durchaus im Wege.


Unsinn. Im Artenschutz arbeiten weit weniger Menschen als du anscheinend denkst, und davon wiederum ein Großteil ehrenamtlich.
Was deine 'Energie' und 'Zeitressourcen' angeht, die der Artenschutz angeblich verschluckt, so muss ich doch etwas lächeln...
Die Naturschützer sollen also humanitäre Aktionen durchführen, um ihre im Naturschutz verschwendeten 'Energie' und 'Zeitressourcen' besser einzusetzen?
...Aber andererseits scheinen dir die Menschen ja selber auch nicht so wichtig zu sein, denn sonst würdest du nicht deine eigenen 'Energie' und 'Zeitressourcen' nicht mit Autorennen spielen verbringen...

Ich habe schon erwähnt das viele der aktuellen Hilfsmaßnahmen lediglich zu einer späteren Verschärfung des Bevölkerungsproblems beitragen.
Es müssen kulturelle und sozialpolitische Veränderungen in den betreffenden Ländern erreicht werden, um langfristig die Probleme der betroffenen Menschen zu lösen.

Darum kümmern sich aber auch die Menschenhilfsorganisationen kaum, stattdessen ruinieren diese oft die Wirtschaften der Länder, indem sie Hilfsgüter wie Kleidung, Nahrung (z.B. Milchpulver) etc. aus den Industrieländern in Massen in die Entwicklungsländer bringen.
Dort haben die einheimischen Produzenten keinen Absatzmarkt mehr für ihre Produkte. Die dauerhafte Hilfsmittelabhängigkeit, auch bei medizinischer Versorgung, ist auf Dauer ruinös für die Volkswirtschaften.
Kurzfristig, z.B. nach Kriegen oder Katastrophen, ist diese Form der humanitären Hilfe absolut nötig und unabdingbar. Aber als Normalzustand ist es eine Perversion, die den Entwicklungsländern schadet. Der lange Atem der Kolonialzeit gewissermaßen...

Außerdem habe ich bereits gesagt das die größte Zahl der Schutzprojekte zusammen mit den Bevölkerungen umgesetzt werden, die davon profitieren.
Die einzigen die manchmal Nachteile haben sind große, zuweilen internationale Konzerne, die dann eben mal z.B. auf die Ausbeutung eines bestimmten Rohstoffes verzichten müssen.

ganimed hat geschrieben:Wenn Arten sterben, dann bedeutet das ja nicht den Tod von Individuen. Ich finde es recht zynisch, den Artenschutz mit diesem Argument als wichtiger anzusehen als die Rettung von konkreten Menschenleben. Nur weil es genug Menschen gibt kommt es auf einzelne Kinder nicht an?


Ach, Arten setzen sich nicht aus Individuen zusammen? Erklär mir das genauer... :kopfwand:
Meine Aussage sollte keine Wertung von Menschen zu anderen Tieren implizieren, sondern lediglich auf die zeitliche Brisanz hinweisen.
Wenn bei den Arten nicht unverzüglich gehandelt wird sind sie verloren. Wenn bei, wie auch immer gearteten, humanitären Hilfsprojekten nicht unverzüglich gehandelt wird, so führt dies vielleicht zu unnötigen Leid, aber die Menschen wird es trotzdem geben.

Aber solche Fragen wie du sie mir stellst, der ich niemanden umbringe, solltest du mal z.B. dem Militär stellen. Dort nimmt man 'Kollateralschäden' bewusst in Kauf. Gleichzeitig verfügt das Militär über Finanzmittel, mit denen man sowohl humanitäre, als auch ökologische Projekte locker finanzieren könnte.
Im Naturschutz vermeidet man Verluste, und strebt einen stabilen Zustand an, der eine Zukunft für beide Seiten ermöglicht.

ganimed hat geschrieben:wieso sollte ausgerechnet der Mensch die erste Kreatur in der langen Evolutionsgeschichte sein, die nicht egoistisch handelt? Bisher hatte jeder das Recht, einfach zu machen. Wieso wir nicht? Du meinst wirklich, im Buch des Lebens steht die Regel, dass alle das Recht haben, möglichst viel für sich herauszuschlagen. Und dann gibt es noch einen Zusatzartikel 13a: "nur nicht, wenn man zu dominant und/oder zu intelligent ist".


Jeder hatte das Recht, einfach zu machen? Ach, wo steht das geschrieben? Oder hast du es dir ausgedacht?
Jede Art handelt im Rahmen ihres Verhaltensrepertoires, Egoismus kann man lediglich den wenigen bewusst denkenden Tieren unterstellen. Im übrigen ist es durchaus egoistisch die Natur zu erhalten, schließlich nutzen wir diese für unzählige Aufgaben.

Fakt ist, das mir bislang keine Art innerhalb ihrer angestammten Lebensräume bekannt ist, die nicht integriert ist in ihr Ökosystem.
Zu einem Problem wird dies nur, wenn Arten in einen anderes Ökosystem gelangen, eigenständig oder durch Verschleppung. Dann handeln sie aber auch nicht anders als wie sie es zuvor taten. Der Unterschied ist hier nur, das es so aussieht als würden sie 'egoistisch' alles niedermachen, wie z.B. die Agakröte in Australien. Dieser Zustand dauert solange an, bis ein Fließgleichgewicht wieder hergestellt ist (nachdem viele im entsprechenden Ökosystem beheimatete Arten ausgerottet wurden durch den Neuankömmling). Allerdings sind solche Fälle erst durch den Menschen derart häufig geworden. Eine Kröte kommt z.B. normalerweise nicht ohne weiteres von Hawaii nach Australien...

'Universelle Gründe' könnte dir übrigends vielleicht eine Religion geben. Ich nicht.

ganimed hat geschrieben:Du verwechselst hier Ursachen und Wirkungen. Nur wenn Raubtiere zufällig nicht besonders erfolgreich und überlegen sind, stellt sich irgendwann ein Gleichgewicht zwischen Jäger und Beute ein. Welches aber auch oft ziemlich schwanken kann. Oft genug stellt sich dieses Gleichgewicht aber nicht ein und es verschwinden einfach alle Beutetiere.


Tatsächlich? Dann bin ich ja mal auf ein Beispiel gespannt, wo der Jäger seine Beute ausgerottet hat.

Ich kann dir allerdings z.B. ein Beispiel geben ohne eine Raubtierart, wo eine von Menschen ausgesetzte, exponentiell wachsende Population von Moschusochen auf einer Insel dazu führte, das die Nahrungsquelle der Insel zusammenbrach, und die Tiere daraufhin allesamt verhungerten.

Die Jägerpopulation liegt im Normalfall weit niedriger als die der Beutetiere. Höchstens bei Viren (und eventuell einigen anderen Krankheiten) gibt es Formen, die durchaus in der Lage sind, sich selbst der eigenen Lebensgrundlage zu entziehen, indem sie sämtliche Individuen einer Population dahinraffen.
Aber selbst dort ist dies bei weitem nicht der Normalfall, und schon garnicht mit Begriffen wie Intelligenz oder Egoismus zu beschreiben.

Falls du nun mit Beispielen kommst wie der verschleppten Agakröte und dem verschleppten Nilbarsch, die sich zum Teil in Ermangelung anderer Beutetiere kannibalisch ernähren, so habe ich bereits oben die Ursache geschildert.

ganimed hat geschrieben:Genau so machen es viele Krankheitserreger doch auch. In vielen Fällen vernichten sie ihren eigenen Wirt und gehen dann selber zugrunde.


Wie bereits gesagt sind diese Fälle sehr selten, denn nach einem Populationszusammenbruch der Wirte folgt der Populationszusammenbruch der Erreger.
Das Extinktionsrisiko der Erreger weit größer als das der Wirte. Einem Populationszusammenbruch können wahrscheinlich einige Wirte entgehen, aber der Erreger steht nun vor dem Problem, das es unwahrscheinlich ist einen Wirt für eine erneuten Vermehrungszyklus zu finden. Ein deutlich niedrigesres Extinktionsrisiko haben daher Krankheitserreger, die ihre Wirte nicht töten. Sie können ein annähernd stabiles Gleichgewicht auf niedrigen Niveau aufbauen, dagegen sind die letalen Erreger starken extremen Populationsschwankungen ausgesetzt.

ganimed hat geschrieben:Und jeder Tyrannosaurus würde das genau so machen, wenn er nicht zufällig das Glück hat, dass er zu doof ist, alle Beute auf einmal zu erwischen und seine Beutepopulation sich immer wieder von seinen Angriffen erholt und jene aber gleichzeitig nicht zu erfolgreich ist, um ihrerseits nicht alle ihre Pflanzen in der Gegend wegzufressen und daran zugrunde zu gehen.


Ziemlicher Unsinn, schau dir z.B. mal Löwenrudel in einem Gebiet mit hohen Wildvorkommen an.
Die Löwen töten einige Beutetiere, aber wenn ihr Hunger gestillt ist, so töten sie eben nicht ungbegrenzt weiter, obwohl sie es vielleicht könnten.
Andere Tiere trauen sich an die vollgefressenen Löwen etwas näher heran, da sie unter diesen Umständen keinen starken Jagdtrieb mehr haben.

Genauso würde auch ein Tyrannosaurus nicht, wie vom Moskito gestochen, jedes Tier töten. Er wird versuchen satt zu werden, und Nachwuchst zu produzieren.
In der Population machen es alle so, und sind so wiederum zeitverzögert den Populationschwankungen der Beutetiere unterworfen.
Was die Tyrannosaurier machen würden wenn sie intelligenter wären?
Genau dasselbe, es sei denn sie sind genauso kurzsichtig wie Menschen, und denken sich: Mit neuen erfundenen Waffen kann man mehr Beute machen. Erlegen wir doch einfach alle auf einmal, dann brauchen wir die nächsten Jahre nichtmehr zu jagen.

ganimed hat geschrieben:Das Gleichgewicht wird nirgendwo hergestellt durch freiwillige Selbstkontrolle. Überall zieht jeder so stark wie er eben kann und zu einem Gleichgewicht gehören dann eben mindestens zwei.


Ich habe nie behauptet, das es das irgendwo freiwillige Selbstkontrolle gibt. Sie ist allerdings beim Menschen notwendig, wenn er sich nicht wie ein z.B. Pockenvirus sein eigenes Grab schaufeln möchte, bzw. in einer Welt leben möchte, wo nur die Reste seines Eroberungsfeldzuges noch existent sind.

ganimed hat geschrieben:Und wir Menschen sind seit 10000 Jahren mit dem Ackerbautrick und der kulturellen Evolution eben so erfolgreich, dass wir wachsen bis zum Gehtnichtmehr. Aber solche scheinbaren unkontrollierbaren Prozesse gab es früher auch schon, wenn eine Art durch Mutation vielleicht mal einen riesigen Vorteil erlangt. Dann frisst und vermehrt man sich so lange, bis man an natürliche Grenzen stößt. Und dann stellt sich bestimmt irgendwann wieder ein Gleichgewicht ein, nur eben nicht schon nach 10000 Jahren. Da sollten wir mehr Geduld haben.


Wie in meinem Beispiel mit den Moschusochsen auf der insel, ist es fraglich, ob sich mal eben so ein Gleichgewicht einstellt, wenn eine exponentiell wachsende Population 'plötzlich gegen eine Wand fährt'. Die Wirkung für den Menschen können durchaus Verteilungskämpfe, Hungersnöte etc. sein. Ich möchte keine Endzeitszenarien entwerfen, aber ohne Komplikationen wird sich dieser Prozess nicht bewerkstelligen lassen.

Danach gibt es dann ein stabiles Gleichgewicht aus Menschen, Hausschweinen, Wanderratten und Kakerlaken. :mg:

Du überschätzt bei weitem die Auswirkung von einzelnen Mutationen... Einen gewaltigen Vorteil gibt es extrem selten, ich möchte nicht ausschließen das es soetwas gibt, aber es ist mir kein Fall bekannt.

Was mir jedoch bekannt ist sind Fälle von fruchtbaren Hybridisierungen, die gegenüber den Elternarten große Vorteile, und invasives Auftreten haben. Ein bekanntes Beispiel ist das Salz-Schlickgras (Spartina anglica). Diese Hybridart entstand durch Chromosomenverdopplung aus der unfruchtbaren Hybride Spartina x townsendii, die wiederum die beiden Elternarten Spartina alterniflora (Nordamerika) und Spartina maritima (einheimisch) in sich vereint. Diese vor wenigen Jahren derart entstandene neue Spezies ist den beiden Ursprungsarten in zahlreichen Belangen überlegen, und verdrängt diese.
Aber dabei sind komplette Genome beteiligt, nicht bloß eine einzige Mutation.

ganimed hat geschrieben:Wenn wir Menschen einen Rückzieher machen, weniger werden, uns auf nette Plätzchen zurück ziehen (wohlgemerkt aus Eigennutz und intelligenter Nachhaltigkeit) und die materielle Existenz der meisten Menschen gesichert ist, erst dann kann man fragen, was wir zu unserem egoistischen Vorteil noch alles tun könnten.
Charles Dawkins hat geschrieben:Bis es soweit ist, wird es nichts mehr geben, das geschützt werden müsste.

Was macht dich so sicher? Oder ist das nur ein Totschlagargument?


Ganz einfach... Weil der Mensch von sich aus nicht solche Vernunftleistungen erbringen wird, und sich von selbst zurückzieht. Das wäre schön, aber ich halte es schlicht nicht für realistisch. Dementsprechend wird auch nichtmehr viel Natur übrig sein, wenn es zu einem unweigerlichen Populationszusammenbruch der Menschen kommt.
Schau dir Haiti an (unabhängig von der Erdbebenkatastrophe), so sieht ein Land aus, wo die natürlichen Ressourcen aufgrund der menschlichen Armut restlos ausgenutzt wurden. Und du glaubst da noch ernsthaft, diese Entwicklung würden die Menschen in anderen Teilen der Welt nicht genauso erwarten?

Charles Dawkins hat geschrieben:Es wird daher fast nur noch Kulturfolger und Nutztiere/Pflanzen geben.
ganimed hat geschrieben:Wieso sind die nicht schützenswert?


Geschützt werden Arten, die in ihrer Existenz bedroht sind. Wenn wir die Naturlebensräume zerstört haben bleiben nur wenige ubiquitäre Arten über, die häufig und meist global verbreitet sind. Wozu sollte man häufige Arten schützen?
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Re: Kinderergonomie von Rationalisten

Beitragvon ganimed » Mo 22. Mär 2010, 22:01

Charles Dawkins hat geschrieben:Die Natur unseres Planeten mit einem Computerspiel zu vergleichen, das absolut bedeutungslos ist, finde ich unverantwortlich.

Wenn ich Computerspiele nutze, dann ist das in der Tat für jeden anderen bedeutungslos. Mir bringt es ein wenig Spaß.
Was ist mit einem Naturschützer? Was bewirkt sein Handeln konkret. Und was würde passieren, wenn er nicht als Naturschützer aktiv ist? Für den normalen Basisaktivisten, der nicht über Politik oder größere Verbände agiert, sondern konkret irgendwelche Schutzprojekte unterstützt, würde ich denken, dass die Wirkung kaum messbar ist. Oder? Könnte man da also nicht ebenfalls von Bedeutungslosigkeit sprechen? Ich unterstelle deshalb, dass es vor allem der persönliche Spaß ist, um den es auch beim Naturschützer geht.

Charles Dawkins hat geschrieben:Was deine 'Energie' und 'Zeitressourcen' angeht, die der Artenschutz angeblich verschluckt, so muss ich doch etwas lächeln...

Ich freue mich, wenn es amüsiert. Aber deine Gegenargumente finde ich nicht sehr stichhaltig. Ich überschlage mal:
1) es würden relativ wenig Ressourcen verschluckt
Wenn es so wenig ist, wieso dann überhaupt für Naturschutz investieren? Und außerdem ist es egal, wie viele Ressourcen es absolut gesehen sind. Jedenfalls muss sich ein Naturschützer nach seinen Prioritäten fragen lassen. Wieso hilft er Tierarten wenn doch gleichzeitig Menschen in Not sind?
2) ich selber wäre ja auch nicht aktiv
Völlig irrelevant. Ob das Verhalten von Naturschützern zu hinterfragen ist, hängt ganz sicher nicht von meinem Lebenswandel ab.
3) Menschen helfen verschärft oft nur das Bevölkerungsproblem
Dasselbe könnte man über Tiere auch sagen. Wenn du Arten rettest, dann verlängert das ja nur die Gefährdung. Denn wie will man eine endgültige Rettung erreichen? Und außerdem ist das ein sehr zynisches Argument. Hilft man deiner Ansicht nach der Menschheit also letztlich eher, indem man Kinder verhungern lässt? Kann nicht dein Ernst sein.
4) Menschenhilfsorganisationen schaden oft der Wirtschaft des hilfsbedürftigen Landes
Wenn du die Missstände so deutlich siehst, dann gründe doch eine eigene Organisation, machs besser oder hilf auf andere Art und Weise.
5) die größte Zahl der Naturschutzprojekte kommt der Bevölkerung vor Ort zugute
Durch direkte, auf die Menschen gerichtete Hilfe wäre aber vermutlich, bei gleichen Ressourcen, mehr Wirkung möglich. Außerdem bleiben noch die Artenschutzprojekte, die in reichen Ländern stattfinden und wo also 100% der "Ressourcen" verbraucht werden.

Charles Dawkins hat geschrieben:Meine Aussage sollte keine Wertung von Menschen zu anderen Tieren implizieren, sondern lediglich auf die zeitliche Brisanz hinweisen. Wenn bei den Arten nicht unverzüglich gehandelt wird sind sie verloren. Wenn bei, wie auch immer gearteten, humanitären Hilfsprojekten nicht unverzüglich gehandelt wird, so führt dies vielleicht zu unnötigen Leid, aber die Menschen wird es trotzdem geben.

Wenn eine Art ausstirbt, muss dafür ja noch nicht einmal unbedingt ein Tier leiden. Es genügt ja, wenn sie sich einfach nicht mehr fortpflanzen. Durch das Aussterben einer Art, so scheint mir, wird in der Regel tierisches Leid nicht vergrößert. Und dennoch erscheint dir das Verhindern des Artensterbens dringender als die Minderung menschlichen Leides? Wie gesagt, jeden Tag sterben Kinder. Kann es überhaupt noch dringlicher sein?

Charles Dawkins hat geschrieben:Jeder hatte das Recht, einfach zu machen? Ach, wo steht das geschrieben? Oder hast du es dir ausgedacht?

Das steht nirgendwo geschrieben. Ebenso wie nirgendwo eine Einschränkung geschrieben steht. Wenn also nirgendwo nichts geschrieben steht, dann schließe zumindest ich daraus, dass alles erlaubt ist. Oder etwa nicht? Meine Gegenfrage: wie kommst du darauf, dass nicht jeder das Recht hat, einfach zu machen? Hast du dir das ausgedacht?

Charles Dawkins hat geschrieben:Dann bin ich ja mal auf ein Beispiel gespannt, wo der Jäger seine Beute ausgerottet hat.

Ich habe kein konkretes Beispiel. Aber brauche ich eines? Du willst allen Ernstes behaupten, dass alle Tiere immer in einem ökologischen Gleichgewicht leben und die einzige Ausnahme wäre, wenn Tiere vom Menschen in fremde Ökosystem ausgesetzt werden? Wieso sind dann die unzähligen fossilen Tierarten ausgestorben noch bevor es Menschen gab? Hat es niemals eine Tierart gegeben, die von Fressfeinden ausgerottet wurde?

Charles Dawkins hat geschrieben:Die Löwen töten einige Beutetiere, aber wenn ihr Hunger gestillt ist, so töten sie eben nicht ungbegrenzt weiter

Das war auch nicht gemeint. Selbstverständlich töten die Löwen nicht über ihren Hunger hinaus. Aber sie vermehren sich natürlich stärker, wenn das Nahrungsangebot groß ist. Und je mehr Löwen desto mehr Beutetiere werden getötet.

Charles Dawkins hat geschrieben:Ich habe nie behauptet, das es das irgendwo freiwillige Selbstkontrolle gibt. Sie ist allerdings beim Menschen notwendig, wenn er sich nicht wie ein z.B. Pockenvirus sein eigenes Grab schaufeln möchte, bzw. in einer Welt leben möchte, wo nur die Reste seines Eroberungsfeldzuges noch existent sind.

Die Frage nach dem, was der Mensch möchte, scheint mir der springende Punkt zu sein. Möchte der Mensch in einer Welt X leben oder nicht? Auch in deiner Formulierung läuft es auf eine Geschmacksfrage hinaus. Der eine möchte möglichst alle Tierarten erhalten, die er so kennt. Ein anderer möchte sogar noch ausgestorbene wieder zurück haben (alte Pferderassen, Mammuts, ...) wieder andere sind mit deutlich weniger Natur zufrieden. Alles gut und schön. Aber wieso sollte jemand seinen individuellen Geschmack zum Universalmaßstab zu machen und der Menschheit bei Nichteinhaltung globale Dummheit vorwerfen? Ich glaube aber, genau das tust du.
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Re: Kinderergonomie von Rationalisten

Beitragvon Charles Dawkins » Di 23. Mär 2010, 03:05

Ich habe keine Lust mehr explizit alles auseinander zu nehmen, denn ich habe den Eindruck ich rede bei dir gegen eine Wand.
Du scheinst dich für die Weiterentwicklung und das Wachstum der Menschheit zu interessieren, nicht aber für die Natur des Planeten.
Insofern macht diese Diskussion für mich keinen Sinn, deine Interessenlage ist nunmal eine andere.

Abgesehen davon passt unsere Diskussion sowieso nicht zum Threadthema. :^^:

Ich interessiere mich für das Gegenteil, denn meiner Meinung nach muss die Bevölkerung drastisch begrenzt werden.
In erster Linie wegen den anderen, noch auf der Erde verbliebenen, Lebewesen.
Aber auch weil wir uns aufgrund der immer schnelleren Bevölkerungsexplosion innerhalb weniger Jahrzehnte die eigenen Lebensgrundlagen für Jahrtausende zerstören. Rückblickend wird vieleicht in den Geschichtsbüchern stehen: Es war eine kurze Party, aber das wars wert. Oder vielleicht doch nicht?

ganimed hat geschrieben:Hilft man deiner Ansicht nach der Menschheit also letztlich eher, indem man Kinder verhungern lässt? Kann nicht dein Ernst sein.


Du weißt schon, das menschliches Leid nicht nur auf diese Generation beschränkt ist, oder?
Wenn die heute lebenden Menschen so weitermachen wie bisher, sieht die Zukunft der nächsten Generationen alles andere als rosig aus.
Wenn man an ein baldiges Ende der Welt glaubt kann einem das egal sein. Aber wenn man davon ausgeht, dass der Mensch vielleicht noch viele tausend Generationen vor sich hat, sieht man, wie verrückt das Ganze ist.
Um es hart zu sagen: Rettest du ein hungerndes Kind, so bekommt es vielleicht selber zehn Kinder. Wenn die Gründe, die schon bei dem einen Kind dazu geführt haben das es hungert, nicht komplett behoben wurden, so werden die Kinder mit großer Wahrscheinlichkeit dasselbe Schicksal erleiden.
Das heißt nicht, das man Menschen verhungern lassen soll, aber man muss dafür sorgen das sich die Entwicklung nicht zusätzlich verschärft.

Und dies geht nur über bevölkerungsbegrenzende Maßnahmen:
Durch Verhütung, Bildung, einer andere Familien- bzw. Sozialpolitik etc.

Was macht also mehr Sinn?
Wenn sich viele Verbraucher wegen einigen begrenzten Ressourcen den Schädel einschlagen, oder die Anzahl der Verbraucher zu begrenzen, so das alle längerfristig genug Ressourcen haben?


Eigentlich müsstest du gerade, wenn du ein Menschenfreund bist dafür plädieren, das sich diese Eskalationsspirale nicht noch weiter dreht.
Welchen konkreten Nutzen haben andere Menschen von einer wachenden Weltbevölkerung? Von den meisten anderen Menschen hat man überhaupt nichts. Wichtig sind uns lediglich die wenigen Menschen die einen umgeben, Freunde, Verwandte, Bekannte, und eventuell Vorbilder bzw. Promis... Ob in der Welt eine Milliarde oder 10 Milliarden Menschen lebt spielt für den einzelnen kaum eine Rolle. Allerdings kann eine Milliarde Menschen z.B. zehnmal länger unseren jetzigen Lebensstil nutzen, die natürlich nachwachsenden Ressourcen wären ständen ausreichend bereit, man bräuchte ja lediglich einen Bruchteil der heutigen Ressourcen.

Das ich daher die Menschen in der Gesamtheit für dumm halte, ist daher wohl naheliegend. Menschenmassen neigen dazu extrem beeinflussbar und dumm zu handeln, man denke nur an den Nationalsozialismus. :irre:
Ein einzelner kann sich intelligente Gedanken machen, aber bestimmen tut immer die Masse (oder derjenige auf den die Masse hört...).
Darum ist es auch wichtig gescheite Politiker bzw. Führungspersöhnlichkeiten zu haben. Was passiert, wenn dies nicht der Fall ist, sieht man ja aktuell in Nordkorea, fast ganz Afrika, Iran, und vielen anderen Ländern...
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Re: Kinderergonomie von Rationalisten

Beitragvon stine » Di 23. Mär 2010, 07:52

Charles Dawkins hat geschrieben:Wenn die heute lebenden Menschen so weitermachen wie bisher, sieht die Zukunft der nächsten Generationen alles andere als rosig aus.
Aber es wird doch immer besser, was meinst du?
Noch nie konnten Menschen weltweit so gut leben. Selbst in den armen Ländern ist die Überlebenschance deutlich besser geworden, dank kostenloser ärztlicher Einsätze und Medikamentenvergabe aus den reicheren Ländern. Schulen werden gebaut, um den kleinen Kindern auch im Dschungel lesen und schreiben beizubringen und die Wichtigkeit des Geldverdienens hat sich selbst in der letzten Ecke dieser Welt schon herumgesprochen.
Selbst die Urwälder werden privatisiert, und können endlich unbeschadet am Leben erhalten werden.
Bist du Pessimist oder was?

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Re: Kinderergonomie von Rationalisten

Beitragvon Charles Dawkins » Di 23. Mär 2010, 09:50

Hmm... Stine... Ich vermisse Nachhaltigkeit in deinem Beitrag, oder habe ich die Ironie nicht verstanden?

Die Lebenserwartung ist bislang zweifellos gestiegen, auch die Lebensqualität der meisten Menschen.

Aber:

Einige Rohstoffe werden beim derzeitigen Verbrauch nurnoch wenige Jahrzehnte verfügbar sein.
Phosphor, eines der wichtigsten Stoffe der Düngemittelindustrie, gibt es in abbaubarer Form vielleicht noch 50 Jahre, Uran geht schnell zur Neige, Erdöl und Erdgas sind ebenfalls nicht unbegrenzt. Seltene Metalle wie Indium und Gallium die in zahlreichen technischen Anwendungen benötigt werden gehen ebenfalls zur Neige.

Noch gibt es genug für alle, einige Jahrzehnte wird dies noch funktionieren.
Mir geht es aber nicht um ein Zeitfenster von wenigen Jahren, sondern um die nach uns kommenden Generationen. Welchen Sinn macht es sich einerseits so um Nachwuchs zu bemühen, aber andererseits damit die Zukunft von vielen folgenden Generationen deutlich zu verschlechtern?

Das Bevölkerunsgwachstum ist nachwievor fast exponentiell, das heißt der Bedarf an allen Ressourcen inclusive Land wird stetig weitersteigen.

Die Bildung als gut zu bezeichnen, da tu ich mich ja schon in Deutschland schwer dies zu behaupten. Weltweit betrachtet kommt die Bildung immernoch viel zu kurz, nicht zuletzt auch bei Frauen in islamischen Staaten.

Und was die Urwälder betrifft: Die Staaten haben beschlossen einige Prozente der Landesflächen für Naturschutzzwecke zu schützen, die dann wie eine Perlenkette einige wichtige Lebensräume erhalten sollen.
Im Endeffekt heißt dies aber, das für den 'Rest' Holzschlaglizenzen verteilt werden, und andersweitige Nutzungen z.B. als Palmölplantage vorgesehen sind.
Die Wälder und anderen Lebensräume werden nicht mehr, das Gegenteil ist der Fall, und umso mehr Rohstoffe und Land für die immer weiter wachsende Bevölkerung benötigt werden, desto mehr beschleunigt sich der Prozess.

Vom weltweiten Regenwaldgürtel der Tropen wird bis auf einige kleine, geschützte Gebiete nichts mehr übrig bleiben, wenn es nach den Staaten geht die diesen besitzen. Einzelne Lebensraumflicken ohne Kontakt zueinnander sind wie Inseln, und sehr labil. Innerhalb isolierter Gebiete, und ohne Austausch gehen trotz Schutz viele Spezies verloren. Selbst im Yellowstone Nationalpark sind trotz Schutzmaßnahmen schon Arten ausgestorben.

Wenn es einen Grund gäbe optimistisch zu sein sag ihn mir, ich würde gerne optimistischer sein. Aber ich sehe mich als Realist.
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Re: Kinderergonomie von Rationalisten

Beitragvon stine » Di 23. Mär 2010, 15:24

Menschen, allen voran die Gebildeten der reichen Zivilisationen, haben für sich in Anspruch genommen die Kontrolle über die Welt zu übernehmen und stehen jetzt da, hoffnungslos überfordert, dabei ist es völlig egal welchen Einzelbereich sie dabei ins Auge fassen und noch schlimmer wird es, wenn sie die Zusammenhänge ahnen können und dann versuchen Details zu verändern, um das Komplexe neu zu gestalten.
Ja, mein Post war etwas ironisch, aber soweit daneben ist er nicht.
Wir reichen Länder mischen uns in alles, weltweit. Wir wollen Frieden schaffen mit unseren Prämissen wir wollen das Leid verbannen mit unserer Sicht auf das was Leid ist und wir wollen dass alle gesund sind und lange leben und jeder jederzeit seine Launen beliebig ausleben kann. Und das nachhaltig. Und überall.

Das geht aber nicht. Unsere Nachkommen werden damit zufrieden sein müssen, was wir ihnen überlassen, genau wie wir als Nachkommen das auch mussten und unsere Eltern auch und unsere Großeltern auch schon. Sie werden sich ihr Leben so einrichten müssen, wie es dann am besten für sie sein wird und sie werden einen Weg finden, weil Leben sich immer irgendwie Bahn bricht.

Es ist müssig darüber zu diskutieren, wieviel Benzin ein Auto verbrauchen darf oder wieviele Wale oder Delfine jährlich geschlachtet werden dürfen, es ist müssig darüber nachzudenken, ob Schmuck aus Elfenbein und Pelzjacken eine dauerhafte Wertanlage sein können oder ob es besser ist in Gold zu investieren. Solange es irgend etwas gibt, das Menschen ausschöpfen können, solange wird es Menschen geben die das auch tun. Und genausolange wird es Menschen geben, die darunter zu leiden haben, weil die Welt so funktioniert.
Es gibt kein Oben ohne ein Unten und es gibt keine Energie im Stillstand.

Und wenn ich mich augenblicklich deswegen aus dem Fenster stürze, dann bleibt das auch ohne Belang. Es bleibt auch ohne Belang, wenn ein Amokläufer Kinder und Lehrer in irgendeiner Schule erschießt oder in China die Bauern an verseuchtem Wasser sterben. Warum? Weil es nie alle Menschen gleichermaßen betrifft und es daher keinen Einzelnen gibt, der das ändern könnte.
Bedauern, Versprechen, kluge Worte, Wegweisungen, wissenschaftliche Erkenntnisse, wenn wir Glück haben, verliert sich das in Einzelmaßnahmen, aber wahrscheinlicher ist, dass das ganze im Sand verläuft.

Eine ganze Flut von Besserwissern ist inzwischen auf dem Weg das Schicksal dieser Welt in die Hand zu nehmen, aber es endet immer am großen Tisch beim abendlichen Diner mit Kaviar und Schampus.

Warum solltest jetzt ausgerechnte DU, Charles Dawkins, daran etwas ändern können?
Es wird getan werden, was Profit bringt und es wird überleben, wer entweder 100€ für Edelwasser ausgeben oder wer schmutziges Wasser unbeschadet trinken kann.

Charles Dawkins hat geschrieben:Welchen Sinn macht es sich einerseits so um Nachwuchs zu bemühen, aber andererseits damit die Zukunft von vielen folgenden Generationen deutlich zu verschlechtern?
Sinn macht nur, was dir ein gutes Gefühl gibt.

Kennst du auch so Tage, wo alles schief läuft und dich auch noch jeder blöd anmacht?
Eben. Kenne ich auch. Das passiert aber ob man sich darüber ärgert oder nicht. Da ist es doch besser sich nicht zu ärgern, oder?
Nur wer die Welt um sich herum verändert, verändert überhaupt etwas.
Wer also dem Urwald helfen will, muss dorthin.

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Re: Kinderergonomie von Rationalisten

Beitragvon ganimed » Di 23. Mär 2010, 21:24

Charles Dawkins hat geschrieben:Du scheinst dich für die Weiterentwicklung und das Wachstum der Menschheit zu interessieren, nicht aber für die Natur des Planeten.
Insofern macht diese Diskussion für mich keinen Sinn, deine Interessenlage ist nunmal eine andere.

Ich muss zugeben, dass ich bei dieser Diskussion in nicht besonders konstruktiver Weise vorgegangen bin, sorry. Ich war in erster Linie daran interessiert zu prüfen, ob du vielleicht stichhaltige Argumente für den Artenschutz hast. Mir fallen nämlich keine ein und deshalb verstehe ich die Artenschützer im besonderen aber auch allgemein die Grünen als politische Kraft nicht immer richtig. Ich habe einstweilen die vage Theorie, dass da viel Idealismus und viel irrationale Angst vor Veränderungen im Spiel ist. Aber so ganz plausibel ist mir diese Umweltschutzdenke bis heute noch nicht.

Meine eigene Haltung ist übrigens contra Wachstum. Wenn ich (allerdings nur theoretisch) verhungernden Kindern helfen will, dann nicht etwa um das Bevölkerungswachstum zu fördern, sondern es ginge darum, das Leid zu lindern. Und jetziges Leid gegen mögliches zukünftiges abzuwägen scheint mir relativ unethisch zu sein.

Das Verhungern der Ärmsten ist sicher auch keine wirkungsvolle Maßnahme gegen die Überbevölkerung. Da hoffe ich schon auf globale, politische Prozesse. Mut gemacht hat mir dieser YouTube-Vortrag mit den animierten Statistiken. Ich finde das jetzt nicht mehr, wurde hier im Forum verlinkt, ein Vortrag auf englisch, wo die statistischen Daten seit den 60er Jahren über die Zeit wanderten. Anzahl der Kinder pro Familie geht zurück, Bruttosozialprodukt wächst, so war glaube ich der Zusammenhang. Und das fast überall auf der Welt.

Könnte sein, dass die nächsten paar Generationen noch einiges auszustehen haben, wegen Rohstoffmangel, Ressourcenknappheit, etc. Meine Hoffnung wäre jedoch, dass mit der Zeit und mit einigen weiteren technischen Errungenschaften (beispielsweise Energiegewinnung und Genetik) das große Schiff langsam rum kommt. Das Ruder hat schon angefangen, sich zu drehen, so entnehme ich den erwähnten Statistiken.

Mein Fazit: Überbevölkerung als größtes Problem muss gelöst werden. Hunger, Not und Elend ebenso. Artenschutz sehe ich dagegen als deutlich niedrigere Priorität. Kann man sich mal drum kümmern, wenn die anderen Probleme gelöst sind.
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Re: Kinderergonomie von Rationalisten

Beitragvon ganimed » Di 23. Mär 2010, 21:32

stine hat geschrieben:Solange es irgend etwas gibt, das Menschen ausschöpfen können, solange wird es Menschen geben die das auch tun. Und genausolange wird es Menschen geben, die darunter zu leiden haben, weil die Welt so funktioniert.

Das klingt relativ deprimierend und fatalistisch. Im Grund hast du recht. Aber bei dieser allgemeinen Formulierung geht eine wichtige Komponente verloren. Entscheidend ist, wie viele Menschen ausschöpfen und nehmen und wie viele andere Menschen leiden. Zwar wird es immer Leid geben, aber diese Erkenntnis darf auf keinen Fall verhindern, dass wir versuchen es zu minimieren.

Also bitte ein wenig mehr Optimismus. Selbst wenn der völlig deplatziert wäre, er ist gesund. Und man wird glücklicher, wenn man positiv denkt.

Also jetzt mal bitte alle im Chor: et hätt noch immer jot jejange!!
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Re: Kinderergonomie von Rationalisten

Beitragvon stine » Mi 24. Mär 2010, 08:00

ganimed hat geschrieben:Könnte sein, dass die nächsten paar Generationen noch einiges auszustehen haben, wegen Rohstoffmangel, Ressourcenknappheit, etc.
Diese Misere ist doch hausgemacht. Immer mehr Dienstleistung wird technisiert, Beispiele wo der auskunfts- und hilfsbereite Angestellte durch Automaten, Bildschirme und Telefoncomputer ersetzt wird, gibt es doch zuhauf.
Alle diese "Errungenschaften" kosten Ressourcen und Rohstoffe. Von den Spekulationen damit ganz zu schweigen.

Geh mal in eine der vielen Sperrmüllzentralen und schau in den Container für technische Abfälle; da liegen sie, die Ressourcen und Rohstoffe, gebraucht und entsorgt. Es gibt zwar auch hier Hoffnung, der ganze Schrott wird aufbereitet und die teuren Metalle zurückgewonnen, aber das ist auch nicht umsonst. Ohne Energiezufuhr und ohne (Trink)wasser geht da auch nichts.
(Übrigens: im besten Falle finden dort die entsorgten Dienstleister noch einen Job)

ganimed hat geschrieben:Also jetzt mal bitte alle im Chor: et hätt noch immer jot jejange!!
Sag ich doch!
Heute scheint die Sonne!

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Re: Kinderergonomie von Rationalisten

Beitragvon Charles Dawkins » Do 25. Mär 2010, 22:22

ganimed hat geschrieben:Also jetzt mal bitte alle im Chor: et hätt noch immer jot jejange!!


Das möchte ich so nicht als Schlussatz stehen lassen. :/

Wenn schon so etwas, dann bitte die folgende simple Feststellung:
Es besteht dringender Handlungsbedarf, wenn uns die Probleme nicht über den Kopf wachsen sollen.

Klingt fast so wie die Abschlusserklärung der in die Hose gegangenen Klimakonferenz...
Aber es ist nunmal so, dass erstmal der Wille da sein muss um etwas gemeinsam bewegen zu können.
Wenn dieser nicht vorhanden ist, oder sich stattdessen Resignation breit macht, ist keinem geholfen.
Aber mit jeder Person die mit den Problemen vertraut ist steigt auch die Chance, zusammen etwas zu bewegen.
Schließlich möchten wir alle nicht, dass irgendwelche Horrorszenarien wahr werden.

In diesem Sinne:

Yes we can! :mg:
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Re: Kinderergonomie von Rationalisten

Beitragvon stine » Fr 26. Mär 2010, 08:48

Aber was können wir?
Und wie fängst du an Charles Dawkins?
WO schränkt sich jeder hier ein?

Es fängt doch schon damit an, dass man viele Ideen gar nicht umsetzt. Im Kleinen schon nicht. Wer spart zB heute noch Strom, wo doch der Wechsel zum Billiganbieter so einfach geworden ist. Die Lichter brennen im ganzen Haus und die Maschinen waschen, kochen und vernetzen global rund um die Uhr, das goldene Kalb Auto ist immer noch das beliebteste Fortbewegungsmittel. Kannst du dir eigentlich vorstellen was eine bürgerliche Mittelstandsfamilie im goldenen Europa Jahr für Jahr so an Rohstoffen, Energie und Nahrungsmitteln verbraucht? Wieviel Kunststoffmüll und wieviel Elektroschrott sie erzeugen und wieviel Billigklamotten und Billigflüge verbraucht werden? Wieviel Waschmittel, Shampoo und Putzmittel ins Wasser gespült werden? Ganz zu schweigen von der Hormonverseuchung der Gewässer durch verschiedene Medikamente...

Da hilft der Klimagipfel gar nichts. Es sollen immer die anderen gut sein. Klar muss die herstellende Industrie umdenken und umrüsten, aber die größte Kraft ist der Endverbraucher, er diktiert letztlich, wie es laufen soll und da sehe ich um mich herum immer noch nur Ignoranz.
Billig mal viel ist Wohlstand.

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