von laie » Mi 14. Apr 2010, 07:52
Sind sie das? Es bereitet mir überhaupt keine Mühe, die Evolutionstheorie und ihre Bestandteile: Vererbung, Modifikation, Auslese in ihrer Anwendung auf biologische wie auf die kulturelle Phänomene zu akzeptieren. Dieses Gedankenspiel kostet mich gerade einmal gar nichts. Nebenbei: eine meiner ersten Vorlesungen an der Universität wurde von einem Jesuiten über Verhaltensbiologie gehalten.
Also: Christen können ohne weiteres eine Theorie wie die Evolutionstheorie verstehen (die jetzt nicht zu den kompliziertesten Exerzitien gehört, die die Menschheitsgeschichte bereithält). Wenn also Gläubige (Christen, Moslems, Hindu, etc) nicht notwendigerweise zu dumm sind, um die Evolutionstheorie zu verstehen, warum alles in der Welt sind sie dann so abweisend gegen alle Vernunft wie es scheint?
Ich möchte mich auf die Christen beschränken. Und ich möchte dabei Kreationisten und deren Epigonen, die an Intelligent Design glauben, dieses für wahr halten, ausklammern. In meinen Augen repräsentieren diese Leute nicht das Christentum, sondern stehen für den Versuch, Gott mit naturwissenschaftlichen Mitteln zu beweisen. Dieser Versuch ist in meinen Augen zum Scheitern verurteilt. Und nicht nur dieser. Aber zurück. Ich denke, in der Art und Weise, wie (natur)wissenschaftliche Theorien die Welt vermitteln, bzw. diese erst als eine Vielzahl sich ergänzender, überlappender, ausschliessender Modelle erschaffen (siehe dazu: Balzer, Moulines, Sneed: An Architectonic for Science, 1987, oder auch Balzer, 1990: Wissenschaftstheorie), liegt auch das Verständnis dafür, warum Gläubige den Glauben nicht aufgeben:
Die Anwendung einer empirischen Theorie lässt sich am besten illustrieren mit der Instantiierung einer Softwareklasse: die konkreten Instanzen können alle verschieden sein, die Klasse(n) bleibt dieselbe. Mit anderen Worten: die Frage ist nicht, ob man die Evolutionstheorie als allein selige machendes Heilmittel anerkennen kann, sondern ob man das will. Ob einem die Überraschungslosigkeit wissenschaftlicher Theorien nicht zu langweilig ist. Ob man mit solchen "nothing-but" Theorien leben möchte: der Mensch ist nichts als ein Tier, Liebe ist nichts als Eigennutz, der Unternehmer ist nichts als ein Ausbeuter, der Sinn des Lebens ist nichts als Fortpflanzung usw. usw. Dagegen wendet sich der Gläubige, davon handelt die Geschichte vom ungläubigen Thomas. Wider die zweifellosen Atheisten, für die alles nichts weiter als "nichts als" ist.