platon hat geschrieben:NorMill65 hat geschrieben: Kann nicht verstehen, weshalb man oft nicht anerkennen möchte, dass Jesus eine historische Figur ist.
Damit wir uns nicht missverstehen, die Tatsache, dass ein völlig Unbeteiligter wie Tacitus von diesen Chrestianern schreibt, ist ein ganz starker Hinweis, dass ein Mensch, den man den "Gesalbten" nannte, um diese Zeit gelebt haben dürfte. Aber:
Ob er das gesagt und getan hat, was vier Evangelien, eine Offenbarung und noch 20 weitere Bücher behaupten, das darf doch stark bezweifelt werden, zumal hinter diesen Werbebroschüren, die 100 bis 400 Jahre nach dem Tod des Heilsbringers geschrieben wurden, ausschließlich Eigennutz steckt
Ich geb dir da tendenziell Recht. Ich sehe die Sache im Grunde so, dass der Herr Jesus tatsächlich lebte und aufgrund besonderer Umstände, besonderer Erfahrungen einfach eine beeindruckende Persönlichkeit mit einer für seine Zeit recht ungewöhnlichen Lebensweise war, die er den Menschen, wie es in der Zeit in der Region durchaus üblich gewesen ist, gerne predigte - nicht weniger, aber auch nicht mehr. Er hat sich, davon bin ich auch übezeugt, mit den Aussätzigen der Bevölkerung auseinandergesetzt, Bettler, Prostituierte etc. Sind alles nicht so Besondere Sachen, aber für die Zeit bemerkenswert. Er hat dafür womöglich ne Menge Aufmerksamket bekommen, positive (im Volk), negative (auch vom Volk oder auch von Gelehrten etc), was er an sich nicht unbedingt gewohnt war. Ihm ist die ganze Sache so dermaßen zu Kopf gestiegen, dass er schön einen an die Mamel bekommen hat und sich tatsächlich für einen Auserwählten und vielleicht sogar den Sohn Gottes angesehen hat. Soweit ist noch alles im Lot, oder?
Ich glaube, er war mit seinen Ansichten so erfolgreich, dass er in heutiger Zeit ggf sogar A1-Prominenz hätte sein können. Die ganzen Geschehnisse um seine Person sind dann im Nachhinein derart aufgebauscht worden, dass man ihn quasi "in den Himmel gelobt" hat. Die Theologie, die Paulus, seine Nachfolger und andere "Interpreten" u.a. ja auch in den unterschiedlichsten Evangelien verbreitet haben, dienten tatsächlich in gewisser Weise dem eigenen Nutzen. Sie hielten Jesus für so Besonders, dass sie versuchten, die Leute für ihre Sache zu gewinnen. Haben sie ja auch viele Jahrhunderte geschafft. Dein Vergleich mit der PR in eigener Sache ist wirklich gut: sie haben sich diese Sache zu Nutze gemacht, um für sich einen Profit zu haben - genau wie heute: DSDS, GNTM, Supertalent etc. (heute sind eben andere Qualitäten gefragt, um populär zu werden, und die Vermarktung führt schneller zum Profit).
Im Zuge der Aufklärung ist natürlich das gesamte jüdische Weltbild, das ja auch der christlichen Wahrnehmung zu Grunde liegt, überholt und dient maximal noch als nette Metapher. Dass die Kirchen daran so festhalten, muss man ihnen verzeihen: wer über knapp zwei Jahrtausende eine solche Macht und solchen Reichtum angehäuft hat, und das mit Hilfe einer Lehre, die genau die gegenteiligen Ideale fordert, möchte sich das natürlich nicht wieder nehmen lassen - die Entwicklung dahin begann aber vermutlich nicht mit einer solchen Perspektive.
Ich denke, dass das besondere Wirken eines überaus normalen Menschen durch die zunächst rein mündliche Tradierung und dabei stete Hinzudichtung von prägnanten Einzelheiten in Verbindung gesetzt mit der jüdischen Messias-Prophetie (die ersten Christen WOLLTEN diesen Messias!) zu der besonderen Rezeption und Legendenbildung der Jesus-Figur geführt haben - alles andere hat sich dann bis heute eben so weiterentwickelt.
Entscheidend bei der Erhöhung könnte die "Wiederauferstehung" des Jesus sein, ein Vorgang, dessen Alltäglichkeit man heute in jedem Leichenschauhaus gewohnt ist - der zu der damaligen Zeit aber womöglich noch nicht als so gewöhnlich bekannt war. Was die Himmelfart angeht, versuche ich tatsächlich auch schon länger, mir einen Reim darauf zu machen. Ich halte es dabei definitiv für realistischer, dass irgendwelche Aliens zufällig damals hier waren und Jesus zu sich hoch beamten, als dass Gott ihn zu sich holte (und ich sage auch ganz offen, dass ich die Existenz von Aliens für nahezu ausgeschlossen halte). Sie ist wahrscheinlich vielmehr theologisch notwendig gewesen, und sollte - bitte liebe Fundis! - nicht wörtlich genommen werden.
stine hat geschrieben:Ansonsten wärst du vielleicht in einer kommunistischen Militatärdiktatur, wo die Freiheit der Gedanken mit dem Tode bestraft werden würde.
Kirchliche Machthaber kämpfen noch heute darum, dass der christliche (durchaus humanitäre) Grundgedanke nicht ihre religiöse Macht zerschlagen möchte.
Das Erste weisst du nicht. Die Lehre wird zwar auf Jesus zurückgeführt. Ob er der Erste war ist nicht gesichert. Ich sehe, vielleicht klingt das jetzt auch etwas strange, eine stete (evolutionäre) Entwicklung, beim Menschen insbesondere des Geistes und des Bewusstseins. Vieles musste einfach so kommen, weil die Zeit reif dafür war. Die Relativitätstheorie Einsteins war zu Beginn des letzten Jahrhunderts als menschliches Geistesprodukt einfach fällig und ein Kind ihrer Zeit. Hätte Einstein sie nicht formuliert, hätte es später ein anderer getan. Genauso ist es vermutlich mit der Lehre, die auf Jesus Christus zurückgeführt wird. Warum glaubst du, wurde sie so populär? Weil die Menschen sie verstehen und begreifen können! Anderenfalls wärene seine Gedanken weniger als ein Furz in der Wüste! Die Menschen leben den Geist, weil sie es so wollen, nicht weil Jesus diese Lehre in die Welt brachte.
Und was die Kirche, insbesonder die katholische, angeht, liebe stine, bei allem Respekt: die Typen leben nicht in unserer Zeit oder Realität! Sie geben sich irgendwelchen Idealen hin, weil es ihnen in ihrem eigenen "Gotteswahn" damit besser geht - aber mit dem Leben von den Menschen hat das nix zu tun. Ein Mann wie der Papst fordert allen Ernstes die leidgeplagte, afrikanische Bevölkerung auf, enthaltsam zu leben, bitte bitte keine Kondome zu benutzen, um so die Verbreitung von AIDS einzudämmen - und das nur, weil er selber ein Riesen-Problem mit seiner eigenen Sexualität hat und sich sein Leben lang verklemmt einschränken musste. Hat der eigentlich schon mal was von Verantwortungsbewusstsein mitbekommen, und zwar SEINER Verantwortung bei seiner Stellung in der Welt? Hat der schon mal realisiert, dass sein kleinster Staat der Welt da oben auf dem Elfenbeinturm so rein gar nichts mit dem zu tun hat, was hier unten auf der Erde passiert? Zwischen seinen alten Männern kann er mit seinen Lehren wohl für Frieden sorgen, keine Frage, aber was hat dieser Mini-Flecken Erde mit seinen geistig einigen Bewohnern mit dem Rest des Planeten zu tun: mit dem Kongo, mit dem Sudan, mit Nordkorea, mit Afghanistan, mit den Favelas Südamerikas und und und. Da nämlich geht´s um nix anderes als um das nackte Überleben! Und nicht um heere Ideale!Mann, mann! Die Katholiken müssen einfach endlich mal klar kommen!Und endlich mal im Hier und Jetzt ankommen und ihre gutgemeinten Ratschläge in praktikable Vorgehensweisen ummünzen.
Anders geht es einfach nicht!