Gandalf hat geschrieben:Soweit ich weis vertreten Astrologen - entgegen einer scheinbar weit verbreiteten Ansicht (= "Glaube") - 'nicht' die Meinung, dass Gestirne/Sternbilder/Planten/etc. einen 'kausal-energetischen' (= das, was als "wissenschaftlich erfahrbar" angesehen wird) Einfluss auf uns ausüben. Es wird regelmäßig von einem 'Anzeigesystem' ( = Analoguhr) gesprochen.
(Das Folgende wurde hier schon einmal zitiert:)
"Welcher Natur dieser Zusammenhang ist - ob es sich also z.B. um physikalisch nachweisbare Wirkungen der Planeten handelt oder eher um die Wirkung eines kosmischen Analogie-Prinzips - läßt sich beim heutigen Wissensstand nicht entscheiden. Die eindeutig bestehenden rein physikalischen Einflüsse kosmischer Prozesse auf irdische Abläufe (deren augenfälligstes Beispiel wohl die Jahreszeiten und die Gezeiten der Meere darstellen) sind nicht ausreichend, den komplexen kosmisch-irdischen Zusammenhang im Sinne der Astrologie umfassend beschreiben zu können."(
http://www.dav-astrologie.de/0-verband/astro-these.htm)
Was unter der "Wirkung eines kosmischen Analogie-Prinzips" zu verstehen ist, bleibt—ganz esoteriktypisch—im Dunklen.
Wie könnten systematische Ähnlichkeits- oder gar Gleichheitsbeziehungen zwischen den Gestirnskonstellationen und den "Lebenkonstellationen" der Menschen zustande kommen?
Der Astrologe wird antworten, "Durch ebendieses kosmische Analogie-Prinzip"—doch die Frage ist ja, was das sein soll und wie es funktioniert.
Gandalf hat geschrieben:Und die Einteilung naturalistisch/supernaturalistisch setzt voraus, dass 'Wissenschaft', so wie sie zur Zeit betrieben wird, das Maß der Dinge sei, nach dem man Einteilungen vornehmen kann. Dabei werden aber z.B. auch gerade jahrhundertelang bewährte - und stets stillschweigend implizierte - 'Grundpfeiler' (Lokalität und Realismus') durch die QT grundsätzlich in Frage gestellt und daher nur 'behelfsmäßig' (und einen - für mich - zu einem hohen Preis) in dieses "kausal-energetische Weltbild" integriert (man könnte auch sagen "zurechtgestutzt")
Die Wirkungsweise der höchst verblüffenden, aber unleugbar nachgewiesenen nichtlokalen Korrelationen in der Quantenwelt ist nach wie vor rätselhaft, obgleich es diverse Erklärungsansätze gibt:
http://plato.stanford.edu/entries/qm-action-distancehttp://plato.stanford.edu/entries/physics-holismDer Begriff der Nichtlokalität ist (leider) zu einem neuen Lieblingsbegriff der Esoteriker, der Paraphysiker und Parapsychologen geworden. Wenn ihnen sonst nichts einfällt, dann berufen sie sich zur Erklärung der von ihnen behaupteten Phänomene mit Begeisterung auf irgendwelche nichtlokalen Zusammenhänge im Kosmos, auf "spukhafte Fernwirkungen".
Wie auch immer die richtigen Physiker die "spukhaften Fernwirkungen" erklären, so steht doch vorab fest, dass diese nicht derart "spukhaft" sind, dass man von
hyperphysischen Wirkungszusammenhängen sprechen müsste, die keinen physikalischen Gesetzen unterliegen.
Nun noch einmal zur Unterscheidung zwischen "natürlich" und "übernatürlich".
Der Philosoph
Paul Draper verwendet folgende Definition:
"x is supernatural =df. x is not part of nature and x can affect nature.
(...)
Nature =df. the spatiotemporal universe of physical entities together with any entities that are ontologically or causally reducible to those entities."———
"x is übernatürlich =df. x ist nicht Teil der Natur und x kann die Natur beeinflussen.
(...)
Natur =df. das raumzeitliche Universum der physischen Entitäten zusammen mit allen Entitäten, die auf jene Entitäten ontologisch oder kausal reduzierbar sind." [© meine Übers.]
(Draper, Paul. "God, Science, and Naturalism." In
The Oxford Handbook of Philosophy of Religion, edited by William J. Wainwright, 272-303. Oxford: Oxford University Press, 2005. p. 277+)
(Man beachte, dass Draper's Definition nach nichtphysische Entitäten wie Zahlen oder Mengen nicht übernatürlich, sondern nur nichtnatürlich sind, weil abstrakte Entitäten per definitionem kausal impotent, d.h. buchstäblich wirkungslos sind. Falls sie überhaupt real sind, dann können sie keinen Einfluss auf das Naturgeschehen ausüben.)
Für einen Naturalisten ist das
Prinzip der geschlossenen Naturkausalität unverhandelbar. Wer es aufgibt, der öffnet einer Wunderwelt Tür und Tor und macht die Naturwelt damit zum Wirkungskreis übernatürlicher Wesen und Kräfte. Wenn also für die behaupteten astrologischen Korrelationen irgendein
kausal irreduzibles hyperphysisches Wirkungsprinzip verantwortlich wäre, dann könnte man die Astrologie mit Recht als supernaturalistisch bezeichnen. Wenn jedoch—stets angenommen, die astrologischen Korrelationen wären real—bloß irgendeine (noch) unbekannte physikalische Wirkungsweise dahintersteckte, dann wäre die Astrologie als naturalistisch zu bezeichnen.