stine hat geschrieben:Ansonsten mag ich weiterhin zu bedenken geben, dass wir in einer christlich geprägten Kultur leben. Immer noch. Auch wenn das nicht gerne zugegeben wird.
Da müsstest du schon erklären, was das für dich konkret bedeutet. Keine Frage: ich kann Dante, Caravaggio oder Händel nur verstehen, wenn ich die religiösen Anspielungen verstehe, aber das gilt auch für die Ilias, ohne dass sich daraus die Notwendigkeit ergibt, Zeus Brandopfer dazubringen.
Wenn diese 'christliche Prägung' aber dazu führt, einem Zellhaufen eine Seele zuzusprechen und - wenn ich als Politiker die Macht dazu habe - damit die Stammzellforschung zu blockieren, oder wenn sich eine Mutter Theresa in ihren Hospizen gegen den Einsatz von Schmerzmitteln aussprach, weil uns das Leiden Gott näher bringt, halte ich eine etwaige christliche Prägung der Kultur durchaus für einen Zustand, der zu überwinden ist...
stine hat geschrieben:Kirchliche Machtstrukturen zu hinterfragen ist legitim, nützlich und richtig, Religion aber deswegen als prinzipiell schlecht hinzustellen ist sicher übertrieben
Es geht - zumindest mir - nicht darum, Religion als 'prinzipiell schlecht' hinzustellen. Sie ist sowohl biologisch als auch kulturell (memetisch) ein Ergebnis der Evolution und Moralurteile über Ergebnisse der Evolution sind albern.
Allerdings wissen wir inzwischen, dass solche Ergebnisse der Evolution uns heute in Schwierigkeiten bringen können: es machte in der Frühzeit der menschlichen Entwicklung durchaus Sinn, den Geschmack von Süßem genetisch positiv zu verankern, um eine genügende Energiezufuhr durch Obst zu gewährleisten. Umweltmäßig war halt die Gefahr, sich mit Milka und Marsriegeln Diabetes anzufressen, eine zu vernachlässigende...
stine hat geschrieben:Der Glaube macht den Menschen frei.(Ich weiß, dass das hier niemand nachvollziehen kann

)
Verzeih mir den Zynismus: bisher dachte ich immer, dass Arbeit frei macht...
stine hat geschrieben:Warum sonst aber, sollten totalitäre Machthaber Religion ablehnen? Doch nur, weil dann nicht mehr sie selbst, sondern ein imaginärer Gott angebetet wird. Etwas so "vollkommen Reines" wie ein Gott ist als Vorbild und Ideal für ein Volk sicher mehr wert, als jeder Diktator; und als gläubig Programmierter erkennt man auch sofort die menschlichen Fehler eines solchen.
Also so ganz unsinnig ist eine christlich religiöse Weltsicht sicher auch nicht.
Komm, jetzt argumentierst du unter deinem Niveau! Die Weltgeschichte ist durch alle Epochen und Kulturen voll von Beispielen, wie 'totalitäre Machthaber' prima mit Religion auskommen! Nur weil Bin Laden nicht deine liberale Kuschelvorstellung von Religion teilt, macht ihn das nicht areligiös, und in aller Regel gilt: Es ist gut, deine Macht- und Herrschaftsansprüche religiös zu legitimieren. Dass du eine andere Vorstellung von Religion hast (die natürlich die wahre und richtige ist, während die pösen Potentaten Religion nur 'mißbrauchen'...

), bedeutet nicht, dass ich dem geneigten Diktator absprechen kann, sich subjektiv als aufrechter Anhänger und Verteidiger seines jeweiligen Glaubens zu empfinden.