Naturalismus als Weltanschauung

Re: Naturalismus als Weltanschauung

Beitragvon Nathan » So 20. Apr 2008, 13:32

Qubit hat geschrieben:
Nathan hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:Naturalismus ist die Auffassung, dass es keine Übernatur gibt.


Nur braucht ihr dafür wieder eine Defintion von "Natur", womit wir wieder am Anfang der Debatte wären.


Nein, brauchen wir nicht, zumindestens was mich angeht.


Wenn ich dich richtig verstehe, legt die Wissenschaft fest, was Natur ist. Man kann demnach nicht mit einem fertigen Begriff von Natur oder Materie in die Wissenschaft einsteigen. Wohl aber mit einer bestimmten Methode. Nur wenn du diese Methode ausführst, kommt dabei vermutlich nichts heraus, was nicht auch ein Christ teilen wird - es sei denn, zu dieser Methode gehöre schon der Atheismus. Aber der hat an sich nichts mit Wissenschaft zu tun.
Könnte ich mich also nach deiner Vorstellung als "christlicher Naturalist" betrachten?
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Re: Naturalismus als Weltanschauung

Beitragvon Nathan » So 20. Apr 2008, 13:37

Qubit hat geschrieben:Das Dogma des "Übernatürlichen" steht der wissenschaftlichen Naturaufklärung im Wege, insofern Auswirkungen auf die Natur behauptet werden.


Du weißt aber, dass die Naturwissenschaft von Christen erfunden wurde, oder? Ausschlaggebend war das neue Bild von der Vernunft des Menschen, der nicht mehr viel zugetraut wurde. Deshalb hat man sich nicht mehr, wie die Katholische Kirche, an die antiken Philosophen gehalten, sondern ist dazu übergegangen, die Welt direkt zu erforschen. Dabei hat man beispielsweise herausgefunden, dass Frauen tatsächlich genauso viele Zähne haben wie Männer - obwohl Aristoteles hier etwas anderes behauptet hat...

Wo ist denn deiner Auffassung nach die Wissenschaft durch den Glauben an "Übernatürliches" aufgehalten worden und was hätte man stattdessen jetzt schon erreichen können. Ich bin mal gespannt auf deine Antwort...
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Re: Naturalismus als Weltanschauung

Beitragvon Robert » So 20. Apr 2008, 14:38

Nathan hat geschrieben:Du weißt aber, dass die Naturwissenschaft von Christen erfunden wurde, oder?


Der 2. Weltkrieg und der Holocaust wurde auch von den Christen erfunden. :ohm:

Deine These sollte deshalb wohl eher so lauten: Die Naturwissenschaft wurde aus dem christlichen Glauben/Bekenntnis heraus erfunden.

Und dies sollte jetzt erstmal bewiesen werden. :lachtot:

Nathan hat geschrieben:Nur wenn du diese Methode ausführst, kommt dabei vermutlich nichts heraus, was nicht auch ein Christ teilen wird - es sei denn, zu dieser Methode gehöre schon der Atheismus.


Hä?!

Der Atheismus ist gegenüber dem Theismus (u.a. Christentum) eine Minimalanschauung und besagt nur, dass Gott nicht benutzt wird. Aus diesem Grunde wäre eine atheistische Methode, ein Vorgehen ohne das Beziehen auf einen Gott. Wieso sollte ein Christ deshalb diese Methode nicht auch anwenden können?

Verbietet es der Glaube, irgendetwas ohne Gott zu erklären? :lachtot: Die Kaffetasse ist mir aus der Hand gerutscht. Dies war sicher Gott (theistische Erklärung) und nicht die Tatsache, dass man sie nicht richtig angefasst hat (atheistische Erklärung).

Mal davon abgesehen, dass du atheistische Methode selbst eingeführt hast und behauptest, dass es solch eine gibt. :applaus:

Nathan hat geschrieben:Wo ist denn deiner Auffassung nach die Wissenschaft durch den Glauben an "Übernatürliches" aufgehalten worden und was hätte man stattdessen jetzt schon erreichen können. Ich bin mal gespannt auf deine Antwort...


Du stellst ja sinnlose Aufforderungen. Wer von uns hat ne Kristallkugel und weiß, was in der Zukunft passiert? :kopfwand:

Ansonsten ist es schon ziemlich blauäugig, was du im Satzteil vor der Konjunktion behauptest. Die Wissenschaft wird von Wissenschaftlern betrieben und wenn diese Personen in ihrer Arbeit blockiert werden, wird auch die Wissenschaft blockiert. Jetzt sieh mal in die Geschichte zurück und schau dir mal das Paradebeispiel Galileo Galilei an. :irre:
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Re: Naturalismus als Weltanschauung

Beitragvon Myron » So 20. Apr 2008, 14:57

Nathan hat geschrieben:1. Versuch: Wahr ist nur, was die Wissenschaften erforschen können (umgangssprachlich vielleicht "die Natur" oder "physische Welt").
Kritik: Dann schließt es den Glauben an wissenschaftlich nicht gesicherten und überprüfbaren Wissens ein und lässt sich nicht mehr von Religionen unterscheiden.


Der Naturalist glaubt, dass es nur eine einzige, allumfassende Wirklichkeitssphäre gibt, die 100%ig natürlich und zumindest theoretisch 100%ig wissenschaftlich erforschbar ist.

Nathan hat geschrieben:2. Versuch: Wahr ist, was die Wissenschaft für wahr hält.
Kritik: Dann gibt es nicht nur Rückschritte im Wissensstand, sondern diese Position ist der Wissenschaftskiller, weil Wissenschaft ein Zweifeln an der Wahrheit wäre.


Der Naturalist glaubt zumindest, dass es kein "höheres" oder zuverlässigeres Wissen gibt als das wissenschaftliche, insbesondere das naturwissenschaftliche.

Nathan hat geschrieben:3. Versuch (sind eher Vorschläge von mir): "Es gibt keine unsichtbaren Personen". Diese Definition des Naturalismus hat zwar nichts mehr mit Natur oder Wissenschaft zu tun, aber sie könnte immerhin etwas sein, worauf sich Naturalisten am ehesten einigen können.
Kritik: Dieser Glaube schließt allerdings auch Einhörner und Kobolde nicht aus.


Eine ganz zentrale These des Naturalismus ist:
Es gibt keine nichtphysischen Dinge mit psychischen Eigenschaften.
Das heißt, es gibt keine Seelen- oder Geistersubstanzen (und damit eben auch keine immateriellen Personen, die natürlich aufgrund ihrer Körperlosigkeit unsichtbar wären).
Mit anderen Worten, der Naturalismus erklärt den Substanzdualismus für falsch.
(Ich würde sagen, der Naturalismus besteht minimalerweise in dieser These, d.h. ein Substanzdualist kann auf keinen Fall als Naturalist gelten.)

Einhörner, wenn es sie gäbe, wären keine übernatürlichen Wesen, d.h. keine immateriellen Wesen mit mentalen Eigenschaften, sondern einfach natürliche exotische Tiere. Ein Kobold ist ein sogenannter Hausgeist, aber es ist leider so, dass derartige Geistwesen in den Volksmythen nicht wirklich als absolut immaterielle Wesen betrachtet werden. In der Regel wird solchen Geistern oder Gespenstern ein "paraphysischer" Körper zugesprochen, d.i. eine "feinstoffliche", luftartige oder nebelhafte Gestalt.
Solche volkstümlichen Geistwesen, deren Charakterisierungen logisch inkohärent sind, haben nichts mit den Geistern oder Seelen der philosophischen Substanzdualisten zu tun, die absolut keine physischen Eigenschaften und damit auch keinerlei physische Gestalt haben—weder eine "grobstoffliche" noch eine "feinstoffliche"—, und die nicht einmal innerhalb des Raumes existieren.

Jaegwon Kim stellt die Sache klar:

"We commonly think that we, as persons, have both a mental and a bodily dimension—or mental aspects and material aspects. Something like this dualism of personhood, I believe, is common lore shared across most cultures and religious traditions, although it is seldom articulated in the form of an explicit set of doctrines as in modern western philosophy and some developed theologies. It is often part of this 'folk dualism' that we are able to survive bodily deaths, as souls or spirits, and retain all or most of the mental aspects of ourselves, such as memory, the capacity for thought and volition, and traits of character and personality, long after our bodies have crumbled to dust.
Spirits and souls as conceived in popular lore seem not be entirely without physical properties, if only vestigially physical ones, and are not what Descartes and other philosophical dualists would call souls or minds—wholly immaterial and nonphysical substances with no physical properties whatever. For example, souls are commonly said to leave the body when a person dies and rise upward toward heaven, indicating that they are thought to have, and be able to change, locations in physical space. And they can be heard and seen, we are told, by people endowed with special powers and in an especially propitious frame of mind. Souls are sometimes pictured as balls of bright light, causing the air to stir as they glide through space and even emitting faint unearthly sounds. But souls and spirits depicted in stories and literature, and in films, are not the immaterial minds of the serious dualist. These latter souls are wholly immaterial and entirely outside physical space."


(Kim, Jaegwon. Physicalism or Something Near Enough. Princeton, NJ: Princeton University Press, 2005. p. 73)

Nathan hat geschrieben:4. Versuch (ebenfalls ein Vorschlag von mir): Es gibt keinen Gott.
Kritik: wenn das der eigentliche Inhalt des Begriffes "Naturalismus" wäre, dann fragt man sich natürlich, was der Begriff des "Naturalismus" überhaupt soll, weil diese Position schon durch den Begriff "Atheismus" bezeichnet wird. Im Übrigen bewegte man sich dann auf dem gleichen Erkenntnismodus wie andere Gläubige auch.


Gott ist als immaterielle Person, als körperloser Geist charakterisiert, und der Glaube an derartige Wesen ist ja bereits durch die Verneinung des Substanzdualismus ausgeschlossen. Das heißt, der Naturalist lehnt nicht nur den Glauben an die besondere Seelensubstanz namens "Gott" ab, sondern den Glauben an Seelensubstanzen überhaupt!
Und in diesem Sinne ist der Naturalismus weiter gefassst als der Atheismus, welcher lediglich den Glauben an göttliche Seelensubstanzen verwirft.
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Re: Naturalismus als Weltanschauung

Beitragvon Nathan » So 20. Apr 2008, 15:01

Robert hat geschrieben:
Nathan hat geschrieben:Du weißt aber, dass die Naturwissenschaft von Christen erfunden wurde, oder?


Der 2. Weltkrieg und der Holocaust wurde auch von den Christen erfunden. :ohm:


Erkundige dich erstens mal darüber, was Hitler über die Christen dachte...
Und zeig mir zweitens, wieso sich der Antisemitismus aus der Bibel ergibt. Das Verhältnis zwischen Juden und Christen wird dort explizit und klar ausgeführt, das Ergebnis hat mit Hass nicht viel zu tun.
Und dann können wir uns drittens darüber unterhalten, welche Rolle der Darwinismus im Dritten Reich spielte.
Wir können das Thema aber auch einfach überspringen, weil es hier nicht viel zu suchen hat.

Robert hat geschrieben:Deine These sollte deshalb wohl eher so lauten: Die Naturwissenschaft wurde aus dem christlichen Glauben/Bekenntnis heraus erfunden.


Auch wenn du es gerne anders hättest, aber die Naturwissenschaften wurden tatsächlich genuin theologisch begründet, noch bevor Aufklärung oder Säkularisierung ein großes Thema waren.

Robert hat geschrieben:Der Atheismus ist gegenüber dem Theismus (u.a. Christentum) eine Minimalanschauung und besagt nur, dass Gott nicht benutzt wird.


Ich habe auch eine tolle Minimalanschauung erfunden, die besagt, dass Magnetismus nicht benutzt werden darf.
Sorry, aber ich denke, wir lassen diesen Quatsch besser, ich glaube nicht, dass die anderen hier glücklich über solche Ausflüge sind...
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Re: Naturalismus als Weltanschauung

Beitragvon Myron » So 20. Apr 2008, 15:02

Qubit hat geschrieben:Ich sprach im Kontext meiner Aussagen nie von "Wahrheit". Ein gar überflüssiger Begriff, wenn man ihn im absoluten Sinne verwenden will.


"Was wahr ist, ist absolut, ist 'an sich' wahr; die Wahrheit ist identisch Eine."

(Husserl, in "Logische Unterschungen")
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Re: Naturalismus als Weltanschauung

Beitragvon Myron » So 20. Apr 2008, 15:04

El Schwalmo hat geschrieben:ich stimme mit Dir überein, dass Nathan den Fehler macht, nach 'Wahrheit' zu suchen. Bei uns ist er da auf der falschen Baustelle.


Was meine Wenigkeit betrifft, ich suche durchaus nach der Wahrheit!
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Re: Naturalismus als Weltanschauung

Beitragvon Myron » So 20. Apr 2008, 15:12

El Schwalmo hat geschrieben:Naturalismus ist die Auffassung, dass es keine Übernatur gibt.


Ja, Naturalisten glauben, dass es nichts Naturtranszendentes gibt.
(Das soll nicht heißen, dass Naturalisten leugnen, dass es natürliche Dinge geben kann, die jenseits des menschlichen Erfahrungshorizontes liegen.)
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Re: Naturalismus als Weltanschauung

Beitragvon Robert » So 20. Apr 2008, 15:14

Nathan hat geschrieben:
Robert hat geschrieben:
Nathan hat geschrieben:Du weißt aber, dass die Naturwissenschaft von Christen erfunden wurde, oder?


Der 2. Weltkrieg und der Holocaust wurde auch von den Christen erfunden. :ohm:


Erkundige dich erstens mal darüber, was Hitler über die Christen dachte...
Und zeig mir zweitens, wieso sich der Antisemitismus aus der Bibel ergibt. Das Verhältnis zwischen Juden und Christen wird dort explizit und klar ausgeführt, das Ergebnis hat mit Hass nicht viel zu tun.


Geil, geht doch. Obwohl Christen es getan hatten, wird es nicht dem Christentum angelastet, da es nicht aus dem christlichen Verständnis vollzogen worden ist. Wieso machst du es sonst nicht auch so?

Nathan hat geschrieben:Und dann können wir uns drittens darüber unterhalten, welche Rolle der Darwinismus im Dritten Reich spielte.
Wir können das Thema aber auch einfach überspringen, weil es hier nicht viel zu suchen hat.


Darwinismus? :kopfwand: Du meinst Sozialdarwinismus und dieser hat mehr mit der lamarck'schen Lehre zu tun, als mit der darwinschen.

Nathan hat geschrieben:
Robert hat geschrieben:Deine These sollte deshalb wohl eher so lauten: Die Naturwissenschaft wurde aus dem christlichen Glauben/Bekenntnis heraus erfunden.


Auch wenn du es gerne anders hättest, aber die Naturwissenschaften wurden tatsächlich genuin theologisch begründet, noch bevor Aufklärung oder Säkularisierung ein großes Thema waren.


Nenne mal ein Beispiel gemäß deiner Ausführungen zum christlichen Verständnis.

Mir ist unteranderem der englische Bischof Robert Grosseteste bekannt, der gefordert hat, "Naturerscheinungen nach mathematisch-quantitaiven Methoden zu beschreiben". Leider musste dieser unter anderem das Papsttum kritisieren, weshalb es wohl nie zu einer Heiligsprechung kam.

Nathan hat geschrieben:
Robert hat geschrieben:Der Atheismus ist gegenüber dem Theismus (u.a. Christentum) eine Minimalanschauung und besagt nur, dass Gott nicht benutzt wird.


Ich habe auch eine tolle Minimalanschauung erfunden, die besagt, dass Magnetismus nicht benutzt werden darf.


Tja, was will man auch mit Magnetismus, wenn man über Literatur philosophiert?

Nathan hat geschrieben:Sorry, aber ich denke, wir lassen diesen Quatsch besser, ich glaube nicht, dass die anderen hier glücklich über solche Ausflüge sind...


OK, aber worauf soll dann Qubit dann noch antworten?

Darauf wohl nicht mehr:
Nathan hat geschrieben:Nur wenn du diese Methode ausführst, kommt dabei vermutlich nichts heraus, was nicht auch ein Christ teilen wird - es sei denn, zu dieser Methode gehöre schon der Atheismus.
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Re: Naturalismus als Weltanschauung

Beitragvon Myron » So 20. Apr 2008, 15:20

Nathan hat geschrieben:Du weißt aber, dass die Naturwissenschaft von Christen erfunden wurde, oder?


Von wegen!
Du solltest wissen, dass die Naturwissenschaft ihre Wurzeln bei den Naturphilosophen im alten Griechenland hat, die lange vor Christus lebten.
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Re: Naturalismus als Weltanschauung

Beitragvon Nathan » So 20. Apr 2008, 15:34

Myron hat geschrieben:
Nathan hat geschrieben:Der Naturalist glaubt, dass es nur eine einzige, allumfassende Wirklichkeitssphäre gibt, die 100%ig natürlich und zumindest theoretisch 100%ig wissenschaftlich erforschbar ist.


Was "100ig natürlich" heißt müsstest du noch erklären.
Über den zweiten Teil habe ich ja schon gesagt, dass er den Glauben an Dinge einschließt, die (derzeit) nicht wissenschaftlich erforschbar sind, und wie gesagt: auch ein Christ geht davon aus, dass jeder Mensch irgendwann vor Gott stehen muss.

Du hast dich in deinem letzten Posting vehement gegen den Substanzdualismus ausgesprochen (also in etwa meinen Vorschlag 3). Wären unsichtbare Substanzen nicht auch etwas, das vielleicht irgendwelchen wissenschaftlichen Experimenten zugänglich ist?
Ich bin kein Physiker, aber wie ist das denn mit Kräften? M.W. kann man die Wirkung von Kräften zwar messen, aber nicht die Kraft selber beobachten. Kann man von einer Kraft sagen, sie sei "physisch"? Zumindest sind sie körperlos, oder? Und du schließt vermutlich nicht alles aus, was körperlos ist. Trifft es meine Formulierung nicht doch besser, dass du nur nicht an unsichtbare Personen glaubst? (Warum auch immer).
Du kommst ihr in deinem letzten Abschnitt schon recht nahe, wenn du hier nur noch "Seelensubstanzen" ausschließt. Nur gibt es gerade hierzu viele Versuche, ganz ernsthaft zu überprüfen, ob Menschen beispielsweise wiedergeboren werden und sich an Dinge erinnern können, die sie nicht wissen können. Wenn es so etwas wie Seelenwanderung gäbe, dann könnte sie auch der Wissenschaft zugänglich sein. Würde dann deine Überzeugung, es gebe keine "Seelensubstanzen" über den Ergebnissen der Wissenschaft stehen, oder würde das Gewicht der Wissenschaft dann den Ausschlag geben?
Nebenbei: ich glaube weder an Wiedergeburt noch hänge ich an der Vorstellung von "Seelensubstanzen". Die Begriff in der Bibel sind hier sehr bildhaft und erlauben keine dualistische Aufteilung. Christen glauben an ein Leben nach dem Tod, aber sie erhalten dort einen neuen Körper! Wir sind dort keine reinen Geistwesen, wenn ich das richtig sehe, aber es sind auch Körper, die nicht aus "Fleisch und Blut" sind. Also es bleibt spannend :pfeif:

Wenn du stattdessen sagst, du glaubst nur an Dinge, für die es Gründe gibt, dann schließe ich mich an und bin ein christlicher Naturalist.
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Re: Naturalismus als Weltanschauung

Beitragvon Nathan » So 20. Apr 2008, 15:46

Myron hat geschrieben:
Nathan hat geschrieben:Du weißt aber, dass die Naturwissenschaft von Christen erfunden wurde, oder?


Von wegen!
Du solltest wissen, dass die Naturwissenschaft ihre Wurzeln bei den Naturphilosophen im alten Griechenland hat, die lange vor Christus lebten.


So hätte man es gerne: dann wäre die Vorstellung vom "Mittelalter" belegt und die Neuzeit könnte an der Antike anknüpfen. Aber die Antike kannte keine Naturwissenschaft, weil sie keinen Schöpfergott kannte. Sie hatte nur die Möglichkeit zu sammeln und die einzige Form der Ordnung, die sie in den Kosmos bringen konnten, war die ihrer eigenen Vernunft. Daraus ergaben sich ja die bekannten Probleme, die Bewegung der Himmelskörper zu beschreiben, weil man nicht von der Vorstellung lassen konnte, sie auf Kreisbahnen zu denken.
Der Gedanke an einen Schöpfer hatte zur Folge, dass die Welt auf einmal einen Sinn haben konnte, eine Ordnung, welche die Gedanken und Vernunft des Menschen übersteigt und deshalb erst herausgefunden werden muss!
Die Katholische Kirche hat sich hier stärker an die griechischen Philosophen angelehnt, und war gerade deswegen wissenschaftlich weniger aktiv. Die Reformation hat sich dann nicht nur von der Katholischen Kirche losgesagt, sondern damit auch von der Antike, d.h. erst mit der Reformation gab es also den großen Bruch, der dann zu den bekannten Errungenschaften der Neuzeit führte (ich weise auch immer gerne darauf hin, dass die westliche Demokratie zunächst eine Kirchenform war, bevor sie im säkularen Rahmen ausprobiert wurde, aber das ist ein anderes Thema).
Die großen Gelehrten am Beginn der modernen Naturwissenschaft, haben auf jeden Fall ihr Vorgehen ausdrücklich mit ihrem Glauben an einen persönlichen Schöpfergott begründet.
Zum Glück hat es nie ein wirkliches Aufleben der Antike gegeben, sonst wäre wieder der dunkle Vorhang der menschlich begrenzten Vernunft über die Schöpfung gezogen worden.
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Re: Naturalismus als Weltanschauung

Beitragvon Klaus » So 20. Apr 2008, 16:04

Nathan hat geschrieben:Die Katholische Kirche hat sich hier stärker an die griechischen Philosophen angelehnt, und war gerade deswegen wissenschaftlich weniger aktiv. Die Reformation hat sich dann nicht nur von der Katholischen Kirche losgesagt, sondern damit auch von der Antike, d.h. erst mit der Reformation gab es also den großen Bruch, der dann zu den bekannten Errungenschaften der Neuzeit führte (ich weise auch immer gerne darauf hin, dass die westliche Demokratie zunächst eine Kirchenform war, bevor sie im säkularen Rahmen ausprobiert wurde, aber das ist ein anderes Thema).
Die großen Gelehrten am Beginn der modernen Naturwissenschaft, haben auf jeden Fall ihr Vorgehen ausdrücklich mit ihrem Glauben an einen persönlichen Schöpfergott begründet.
Zum Glück hat es nie ein wirkliches Aufleben der Antike gegeben, sonst wäre wieder der dunkle Vorhang der menschlich begrenzten Vernunft über die Schöpfung gezogen worden.


Die Reformation hat sich nicht von der katholischen Kirche losgesagt, die Reformation wurde der katholischen Kirche blutig abgerungen.
Westliche Demokratie ist nach der Säkularisation entstanden und ging einher mit der Änderung des Status des Landadels,ich empfehle dir mal etwas Geschichte zu studieren, aber nicht deine evangelikale, sondern als Wissenschaft.
Der dunkle Vorhang religiösen Denkens wurde durch die Aufklärung beiseite geschoben.
In Geschichte hättest du eine 6 verdient.
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Re: Naturalismus als Weltanschauung

Beitragvon El Schwalmo » So 20. Apr 2008, 16:44

Myron hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:ich stimme mit Dir überein, dass Nathan den Fehler macht, nach 'Wahrheit' zu suchen. Bei uns ist er da auf der falschen Baustelle.

Was meine Wenigkeit betrifft, ich suche durchaus nach der Wahrheit!

das Problem scheint mir vor allem darin zu liegen, zu erkennen, dass man sie gefunden hat.
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Re: Naturalismus als Weltanschauung

Beitragvon El Schwalmo » So 20. Apr 2008, 16:46

Robert hat geschrieben:Darwinismus? :kopfwand : Du meinst Sozialdarwinismus und dieser hat mehr mit der lamarck'schen Lehre zu tun, als mit der darwinschen.

was meinst Du mit 'Lamarckismus'? Wie hängt der mit 'Sozialdarwinismus' zusammen?
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Re: Naturalismus als Weltanschauung

Beitragvon Myron » So 20. Apr 2008, 17:00

Nathan hat geschrieben:Was "100ig natürlich" heißt müsstest du noch erklären.


"gänzlich" halt.
(Der praktischen wissenschaftlichen Erforschung des Alls durch den Menschen sind natürlich Grenzen gesetzt.)

Nathan hat geschrieben:Du hast dich in deinem letzten Posting vehement gegen den Substanzdualismus ausgesprochen (also in etwa meinen Vorschlag 3). Wären unsichtbare Substanzen nicht auch etwas, das vielleicht irgendwelchen wissenschaftlichen Experimenten zugänglich ist?


Es könnte Indizien geben, die indirekt auf ein Wirken solch nichtphysischer Wesenheiten schließen lassen.

Nathan hat geschrieben:Ich bin kein Physiker, aber wie ist das denn mit Kräften? M.W. kann man die Wirkung von Kräften zwar messen, aber nicht die Kraft selber beobachten. Kann man von einer Kraft sagen, sie sei "physisch"? Zumindest sind sie körperlos, oder? Und du schließt vermutlich nicht alles aus, was körperlos ist. Trifft es meine Formulierung nicht doch besser, dass du nur nicht an unsichtbare Personen glaubst? (Warum auch immer).


Mit "Körper" sind nicht nur feste Körper gemeint, sondern physische Dinge in allen möglichen Aggregatszuständen.
Es gibt allerdings einige physikalische Objekte, die man nur noch schlecht als "körperlich" im eigentlichen Sinne bezeichnen kann, wie Felder oder Raumbereiche. Kräfte sind natürlich auch physikalische Objekte, aber sie sind keine selbstständigen physischen Dinge, sondern Eigenschaften physischer Dinge, was aufgrund ihrer häufigen sprachlichen Verdinglichung oft verkannt wird.

"Die »Kraft« ist kein Ding, sondern das Attribut eines Dinges, nämlich dessen Wirkungsfähigkeit, insofern sie in der Wesenheit des Dinges selbst gegründet ist. (...) Die Kraft einer Substanz ist die Eigenschaft, vermöge deren sie ihre Wirkung ausübt."
(http://www.textlog.de/3831.html)

Kräfte sind also als Wirkungsfähigkeiten Eigenschaften stofflicher Dinge. Als solche sind sie keine Körper, und es ist in der Tat leicht irreführend, wenn man sowohl von physischen/materiellen Dingen als auch von physischen/materiellen Eigenschaften spricht. Vielleicht wäre es besser, statt von physischen von physikalischen Eigenschaften zu sprechen, um klarzumachen, dass Eigenschaften nicht aus Atomen bestehen.
(Eine Suche bei Google und GoogleBooks hat ergeben, dass die Phrasen "physische Kräfte" und "physikalische Kräfte" in der Literatur fast gleich häufig vorkommen. Allerdings wird die Phrase "physikalische Eigenschaften" erheblich häufiger gebraucht als die Phrase "physische Eigenschaften".
Im Englischen gibt es übrigens kein entsprechendes Problem, da darin nur das eine Wort "physical" vorkommt, das einerseits "die Physis betreffend"/"materiell"/"körperlich" und andererseits "auf die Physik bezogen"/"die Physik betreffend" bedeuten kann.)

Ich habe außerdem keineswegs alle Dinge ausgeschlossen, die nicht im engeren Sinne körperlich sind, sondern nur alle nichtphysischen Dinge mit psychischen Eigenschaften!
Man mag ein physikalisches Feld als "unkörperlich" oder "körperlos" bezeichnen, doch kein Physiker schreibt einem Kraftfeld Bewusstsein und geistig-seelische Eigenschaften zu.
(Es ist anzumerken, dass die Philosophen der Physik darüber streiten, ob Felder als substanzielle Dinge oder als Eigenschaften der Raumzeit betrachtet werden sollen, welche damit selbst "substanzialisiert" wird.)

Nathan hat geschrieben:
Du kommst ihr in deinem letzten Abschnitt schon recht nahe, wenn du hier nur noch "Seelensubstanzen" ausschließt. Nur gibt es gerade hierzu viele Versuche, ganz ernsthaft zu überprüfen, ob Menschen beispielsweise wiedergeboren werden und sich an Dinge erinnern können, die sie nicht wissen können. Wenn es so etwas wie Seelenwanderung gäbe, dann könnte sie auch der Wissenschaft zugänglich sein. Würde dann deine Überzeugung, es gebe keine "Seelensubstanzen" über den Ergebnissen der Wissenschaft stehen, oder würde das Gewicht der Wissenschaft dann den Ausschlag geben?


Das Hauptproblem ist zunächst der Begriff einer selbstständigen Seele.
Wenn es nicht gelingt, dessen Inhalt in sich stimmig, d.h. widerspruchsfrei auszugestalten, dann ist er von vornherein für die Wissenschaft unbrauchbar.
Und selbst wenn ein solcher konsistenter Begriff vorliegt, bleibt immer noch die Schwierigkeit, diesen so zu operationalisieren, dass anhand konkreter empirischer Kriterien entschieden werden kann, ob ein Phänomen vorliegt bzw. ob man auf ein Phänomen schließen kann, das unter jenen Begriff fällt.

Nathan hat geschrieben:
Nebenbei: ich glaube weder an Wiedergeburt noch hänge ich an der Vorstellung von "Seelensubstanzen".


Wenn du an einen persönlichen Gott glaubst, dann musst du auch an Seelensubstanzen glauben!
Denn Gott (ich rede vom Gott des Theismus) ist eine solche Seelen- oder Geistersubstanz.
("Substanz" im metaphysischen, nicht im chemischen Sinne!)

"In asserting the existence of God, traditional Western theism asserts the existence of a purely spiritual being. According to this form of theism, God is a nonphysical spirit, or soul, with the power to affect physical things."

"Indem er die Existenz Gottes behauptet, behauptet der traditionelle westliche Theismus die Existenz eines rein geistlichen Wesens. Dieser Form des Theismus nach ist Gott ein nichtphysischer Geist oder eine [nichtphysische] Seele mit der Macht, physische Dinge zu beeinflussen."
[meine Übers.]

(Hoffman, Joshua, and Gary S. Rosenkrantz. The Divine Attributes. Oxford: Blackwell, 2002. p. 39)

Nathan hat geschrieben:
Die Begriff in der Bibel sind hier sehr bildhaft und erlauben keine dualistische Aufteilung. Christen glauben an ein Leben nach dem Tod, aber sie erhalten dort einen neuen Körper! Wir sind dort keine reinen Geistwesen, wenn ich das richtig sehe, aber es sind auch Körper, die nicht aus "Fleisch und Blut" sind.


Ich halte diese Geschichten für ungereimt.
Der Glaube an eine Art von Wiedergeburt oder Wiederauferstehung bringt gewaltige Problem in puncto personale Identität mit sich, die kaum lösbar scheinen. Und die Rede von einem (menschlichen) Körper, der nicht aus Fleisch und Blut besteht, d.h. von einem nichtphysischen Körper, halte ich für vollkommen widersinnig; denn alles, was einen Körper hat, d.h. in irgendeiner Weise stofflich ist, ist per definitionem ein physisches/materielles Wesen.
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Re: Naturalismus als Weltanschauung

Beitragvon Qubit » So 20. Apr 2008, 17:01

Also, zuerst etwas zur Wissenschaft..
Fisherman's Fellow hat geschrieben:Darum ist jede wissenschaftliche Konstruktion, selbst wenn sie sich bewährt hat, falsifizierbar und insofern kontingent.

Zustimmung mit Betonung dass "falsifizierbar" nicht mit "falsch" gleichzusetzen ist ;-)

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Festlegungen finden in der Wissenschaft in Form von Axiomen (in Bezug auf Theorien) und definitorischen Festsetzungen (in Bezug auf Experimente) statt.

Wichtig ist, dass für die empirische Prüfbarkeit einer Theorie, Messungen von Experimenten schon im Kontext einer bewährten wissenschaftlichen Theorie gedeutet werden müssen.

Fisherman's Fellow hat geschrieben:In beiden Fällen geht es darum, den Gültigkeitsrahmen und die Anwendbarkeit von Theorien zu definieren oder zu erweitern.

Das kann eine wissenschaftliche Theorie für sich selbst nicht leisten.
Das geht nur im Kontext einer umfassenderen Theorie, die jene Theorie insofern erweitert, als deren Kontext empirischer Bewährung beinhaltet ist, d.h. insbesondere, dass sie damit nicht im Widerspruch stehen darf und nichtbeinhaltete Erfahrung der Wirklichkeit in ihrem Kontext empirisch bewährt beschreibt.

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Aber: Was immer ich auf der Ebene meiner Theoriebildung festlege, ich erweise damit niemals "mit Notwendigkeit" etwas Reales, und erzeuge damit schon gar nicht etwas "Selbstkonsistentes".

Richtig, auf der "Ebene der Theorienbildung" ist die Festlegung in deiner Sprechweise insofern "kontingent", als der Kontext der empirischen Bewährung auch im Kontext einer anderen wissenschaftlichen Theorie stehen kann.

Selbstkonsistenz bedeutet bzgl. Naturalismus als Prozess der Erzeugung der Ontologie der Natur, dass ALLE Erfahrungen der Wirklichkeit im Kontext der Natur stehen, der durch die wissenschaftlichen Theorien, die sich empirisch bewährt haben und somit insbesondere den Kontext der empirischen Bewährung in diesem Kontext der Natur festlegen, beschrieben wird.
Die erzeugte Ontologie ist somit selbstkonsistent. Nach deiner Wortwahl wäre sie insofern "kontingent", als dass sie als erzeuge Ontologie als ganze möglicherweise auch durch einen anderen solchen Prozess erzeugt werden könnte.

Jeder solcher Prozess erfüllt jedoch die Programmatik des Naturalismus :-)

Fisherman's Fellow hat geschrieben:Anders ausgedrückt: Es gibt im Rahmen von Rationalität keine unwiderleglich wahre Letztbegründung. Es gibt Letztbegründungen, die sich nicht widerlegen lassen, aber keine, die nicht kontingent ist.

Die "Letzbegründung" ist für den Naturalismus die "Natur" selbst ;-)
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Re: Naturalismus als Weltanschauung

Beitragvon Nathan » So 20. Apr 2008, 17:11

Klaus hat geschrieben:Westliche Demokratie ist nach der Säkularisation entstanden und ging einher mit der Änderung des Status des Landadels

Genaugenommen in England wobei die reformatorischen Dissenters die treibenden Kräfte waren. Ob dies mit einer Veränderung für den Landadel zusammenhing weiß ich nicht. Wer hat denn den Status des Landadels deiner Auffassung nach geändert?

Klaus hat geschrieben:Der dunkle Vorhang religiösen Denkens wurde durch die Aufklärung beiseite geschoben.
In Geschichte hättest du eine 6 verdient.

Ist das jetzt nur ein Spruch, oder meinst du damit irgendetwas Konkretes? Welchen Erkenntnisgewinn hat denn die selbsternannte "Aufklärung" gebracht? Und was wurde durch das christliche Denken verdunkelt? Ich staune...
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Re: Naturalismus als Weltanschauung

Beitragvon Qubit » So 20. Apr 2008, 17:20

Nathan hat geschrieben:
Qubit hat geschrieben:Das Dogma des "Übernatürlichen" steht der wissenschaftlichen Naturaufklärung im Wege, insofern Auswirkungen auf die Natur behauptet werden.

Wo ist denn deiner Auffassung nach die Wissenschaft durch den Glauben an "Übernatürliches" aufgehalten worden und was hätte man stattdessen jetzt schon erreichen können. Ich bin mal gespannt auf deine Antwort...

Das Thema des Threads heisst "Naturalismus als Weltanschauung" und nicht "Irrglauben im Christentum" ;-)

Es geht mir in der Aussage nicht darum, wer Wissenschaft macht und ob sie durch das Dogma des "Übernatürlichen" in ihrer Entwicklung gebremst wird.
Es geht mir hier vielmehr um die Aufklärung der Menschen mit wissenschaftlichen Erklärungen über die Natur:
Schau mal, zB "Irrlichter" über Sümpfen als Geister und Dämonen zu vermeinen, macht es einer naturwissenschaftlichen Erklärung prinzipiell schwieriger verstanden zu werden. Solche "Irrlichter" gibt es vieler, nicht nur in Sumpfgebieten, sondern auch im Himmel ;-)
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Re: Naturalismus als Weltanschauung

Beitragvon Nathan » So 20. Apr 2008, 17:36

Myron hat geschrieben:Es könnte Indizien geben, die indirekt auf ein Wirken solch nichtphysischer Wesenheiten schließen lassen.


Und dann? Wären die Indizien schlechter als die Indizien, aus denen man irgendwelche Atommodelle konstruiert? Eigentlich glaubst du doch nicht an solche Wesen, oder?

Myron hat geschrieben:Mit "Körper" sind nicht nur feste Körper gemeint, sondern physische Dinge in allen möglichen Aggregatszuständen.
Es gibt allerdings einige physikalische Objekte, die man nur noch schlecht als "körperlich" im eigentlichen Sinne bezeichnen kann, wie Felder oder Raumbereiche. Kräfte sind natürlich auch physikalische Objekte, aber sie sind keine selbstständigen physischen Dinge, sondern Eigenschaften physischer Dinge, was aufgrund ihrer häufigen sprachlichen Verdinglichung oft verkannt wird.


Das ist mir schon klar, aber es macht keinen Unterschied, weil die Ursache der Wirkung unsichtbar ist. Allerdings habe ich dein Posting nicht genau gelesen, denn du hast ja wohl "psychisch" und nicht "physisch" geschrieben, damit war mein Argument sowieso obsolet:

Myron hat geschrieben:Ich habe außerdem keineswegs alle Dinge ausgeschlossen, die nicht im engeren Sinne körperlich sind, sondern nur alle nichtphysischen Dinge mit psychischen Eigenschaften!
Man mag ein physikalisches Feld als "unkörperlich" oder "körperlos" bezeichnen, doch kein Physiker schreibt einem Kraftfeld Bewusstsein und geistig-seelische Eigenschaften zu.


Myron hat geschrieben:Das Hauptproblem ist zunächst der Begriff einer selbstständigen Seele.
Wenn es nicht gelingt, dessen Inhalt in sich stimmig, d.h. widerspruchsfrei auszugestalten, dann ist er von vornherein für die Wissenschaft unbrauchbar.
Und selbst wenn ein solcher konsistenter Begriff vorliegt, bleibt immer noch die Schwierigkeit, diesen so zu operationalisieren, dass anhand konkreter empirischer Kriterien entschieden werden kann, ob ein Phänomen vorliegt bzw. ob man auf ein Phänomen schließen kann, das unter jenen Begriff fällt.


Ich weiß nicht, ob dir das genau genug ist, aber unter einer Seele stelle ich mir eine unsichtbare Person vor (nicht unbedingt körperlos), die denkt, fühlt, hofft, liebt, leidet etc...also genau das, was du nicht glaubst. Der Beweis wäre also für mich erbracht, wenn ich jemanden reden höre, den ich nicht sehen kann, eben eine unsichtbare Person.

Myron hat geschrieben:Wenn du an einen persönlichen Gott glaubst, dann musst du auch an Seelensubstanzen glauben!
Denn Gott (ich rede vom Gott des Theismus) ist eine solche Seelen- oder Geistersubstanz.
("Substanz" im metaphysischen, nicht im chemischen Sinne!)


Da wir nichts über Gott wissen können, was er uns nicht selbst offenbart, macht es keinen Sinn, Begriffe für ihn zu erfinden. Mit so etwas kann man nur auf die Nase fallen.

Myron hat geschrieben:Der Glaube an eine Art von Wiedergeburt oder Wiederauferstehung bringt gewaltige Problem in puncto personale Identität mit sich, die kaum lösbar scheinen. Und die Rede von einem (menschlichen) Körper, der nicht aus Fleisch und Blut besteht, d.h. von einem nichtphysischen Körper, halte ich für vollkommen widersinnig; denn alles was einen Körper hat, d.h. in irgendeiner Weise stofflich ist, ist per definitionem ein physisches/materielles Wesen.


Die Probleme gibt es aber vor allem, weil man in der Philosophie immer davon ausgeht, dass unsere Seele nach dem Tod den Körper verlässt, und das ist eben keine christliche Vorstellung, sondern eher Platonismus.
Über den sog. "Auferstehungsleib" können wir gar keine Aussagen machen - auch nicht, dass er "widersinnig" sei - , weil wir einfach keine anderen als die uns bekannten Körper kennen. Ob man einen Auferstehungsleib dann hinterher als "physisch" oder nicht bezeichnet, spielt für mich keine Rolle.

Aber noch mal: was wäre, wenn man mit wissenschaftlichen Mitteln die Existenz von unsichtbaren Personen (zunächst einmal Geistern) beweisen könnte. Also beispielsweise in einem streng kontrollierten Experiment würde ein Schamane Geister um eine Handlung bitten, die dann überprüfbar ist - regelmäßig und zuverlässig unter Ausschluss aller psychologischen Erklärungen.
Würde dann dein Vertrauen in die Wissenschaft oder deine Abneigung gegen unsichtbare Personen gewinnen?
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