Myron hat geschrieben:Selbst das Geschehen innerhalb schwarzer Löcher ist nicht gesetzlos.
Die grundlegenden Naturgesetze, die Urgesetze der Natur, gelten immer und überall.
Aber wie soll es dann einen Fortschritt in der Wissenschaft geben, wenn die Naturgesetze diese Eigenschaften haben? Diese Gesetze haben sich doch im Laufe der Zeit geändert, weil sie die Wirklichkeit nicht mehr hinreichend genau beschreiben konnten. Ich bezweifel daher, dass es so sinnvoll ist, den Begriff der Natur von den Naturgesetzen abhängig zu machen, wenn die Naturgesetze vielmehr von der Wirklichkeit kritisiert werden können.
Myron hat geschrieben:Über den genauen ontologische Status von Naturgesetzen streiten die Gelehrten. (Manche bestreiten sogar deren Realität.)
Ich denke, dass Naturgesetze real und allgemeine Tatsachen sind. Gesetzestatsachen sind zwar physikalische Objekte, die immer und überall herrschen, aber selbst nicht raumzeitlich ausgedehnte Objekte. (Man könnte ihnen höchstens eine zeitliche Ausdehnung zusprechen, wenn man sie für immerwährend erachtet.)
Gott existiert auch schon immer und für alle Zeit und er ist überall. Viel "raumzeitlicher" scheinen mir Naturgesetze auch nicht zu sein.
Myron hat geschrieben:Wenn mit "Universum" die natürliche Welt gemeint ist, dann gibt es für den Naturalisten nichts außerhalb des Universums. Der Naturalist bestreitet ja gerade die Existenz einer Übernatur.
Was Naturwissenschaftler freilich nicht davon abhält, über den Raum außerhalb des Universums nachzudenken und unser Universum für eine blubbernde Blase unter vielen zu halten u.ä.
Wäre das deiner Meinung nach eine Aussage über Übernatürliches? Oder wie sieht es aus, wenn Physiker behaupten, es gebe unendlich viele Parallelwelten: ist das eine naturwissenschaftliche Aussage?
Myron hat geschrieben:Nathan hat geschrieben:Und ist Kunst der Wissenschaft grundsätzlich zugänglich?
Es gibt psychologische und soziologische Theorien der Kunst.
Ich bin nicht sicher, ob ich das Beispiel so glücklich gewählt habe, ich denke noch mal drüber nach...
Myron hat geschrieben:Dort, wo die Theologie wissenschaftlich ist, ist sie keine eigentliche Theologie, sondern Religionsgeschichte, -psychologie, -soziologie oder Sprachwissenschaft (Philologie); und dort, wo sie eigentliche Theologie ist, ist sie keine Wissenschaft, sondern Religionsphilosophie (religiöse Metaphysik).
Worunter fällt denn dann beispielsweise folgende Überlegung: immer dann, wenn Israel Gott gehorchte und nur ihn anbetete, ging es ihm gut, wenn es den Götzen diente, wurde es versklavt. Demnach hat Gott seine Existenz immer wieder und nachhaltig bewiesen. Zusammen mit der Untersuchung der Überlieferung kann man doch auf so einer Grundlage eine Aussage über Gott machen, oder? Was soll daran nicht wissenschaftlich sein? Oder wenn Propheten Ereignisse über mehrere Jahrhunderte vorausgesagt haben, dann ist das in der Bibel ein Grund, seiner Botschaft zu glauben. Wieso soll das nicht wissenschaftlich sein? Was ist daran weniger plausibel als an historischen oder soziologischen Theorien?
Myron hat geschrieben:— Natürlich spielen die Naturwissenschaften für den naturalistischen Standpunkt eine sehr wichtige Rolle, was aber nicht bedeutet, dass für ihn die anderen Wissenschaften, die Sozialwissenschaften (Psychologie, Soziologie), irrelevant sind.
— Augustine's Definition ist keineswegs zirkulär. Ausgehend von seiner Definition des Natürlichen kann er "Natur" ja einfach als "Gesamtheit alles Natürlichen" auffassen. Und "Naturwissenschaft" bedeutet dann schlicht "Wissenschaft vom Natürlichen".
Er würde aber auch in der Psychologie und der Soziologie vermutlich den Naturalismus voraussetzen, den er eigentlich zu definieren versucht. Denn sobald ein Psychologe aufgrund seiner Forschung Aussagen über beispielsweise Engel machen würde, wäre dies für ihn wohl "unwissenschaftlich" noch bevor er die Untersuchung kennt. Andererseits könnte ein Psychologe wilde Theorien darüber anstellen, wie bestimmte Verhaltensmuster sich aus der Evolution ergeben haben, ohne dass auch nur die Chance besteht, diese Theorien jemals begründen zu können, und doch würde dies nicht als unwissenschaftlich eingestuft. Die einzige Regel hinter diesem Begriff ist wenn ich das richtig sehe, bereits der Naturalismus. Und das ist natürlich zirkulär.
Myron hat geschrieben:Nathan hat geschrieben:Von dem Kriterium der Supervenienz bin ich auch nicht ganz überzeugt, denn alle Dinge hängen von Gott ab, d.h. wenn es Gott nicht gäbe, gäbe es auch keine Welt. Supernenidiert Gott dann nicht die Welt? Natürlich ist das die Meinung eines Christen, aber die ist ja in der Definition nicht von vornherein ausgeschlossen.
Da Gott kein physisches Wesen ist und auch in keiner Weise auf irgendetwas Physischem superveniert, ist er ein übernatürliches Wesen, dessen Existenz der Naturalismus verneint.
Dann müsste er aber auch genau diese Aussage verneinen, weil sie der Wissenschaft nicht zugänglich ist. So kommt man bestenfalls zum Agnostizismus. Aber bleiben wir erst mal bei der Frage, ob man sinnvoll zwischen "natürlich" und "übernatürlich" unterscheiden kann.
Myron hat geschrieben:Wenn man annimmt, dass Gott existiert, dann ist die Welt zwar von Gott kausal abhängig (Stichwort "creatio continua"), aber sie superveniert (* nicht auf Gott, was ja bedeuten würde, dass sich die Welt nur dann verändern könnte, wenn Gott sich änderte. Letzteres ist jedoch der theologischen These von der Unwandelbarkeit Gottes ("immutabilitas Dei") zufolge unmöglich.
(* Ein, wie ich finde, passender deutscher Begriff für "Supervenienz" ist "Wandlungsabhängigkeit".)
Die theologische These von der Unwandelbarkeit Gottes habe ich in der Bibel noch nie gelesen, es scheint mir eher eine philosophische These zu sein. Und Philosophen waren schon immer Meister darin, ihre eigenen Gotteserfindungen nach allen Regeln der Kunst zu widerlegen
Nein, Gott steht in der Bibel zwar zu seinem Wort und wir können uns auf ihn verlassen (nur in diesem Zusammenhang wird Gott als unwandelbar beschrieben), aber das ist etwas völlig anders als die philosophische Lehre von der Unwandelbarkeit oder sogar der Unbewegtheit! In der Bibel handelt Gott, er entscheidet, er kommuniziert und offenbart sich. Ob man das jetzt als Wandelbarkeit betrachtet ist mir eigentlich egal, auf jeden Fall hängt dieses Handeln mit den Ereignissen auf der Erde zusammen. Und dieser Zusammenhang lässt sich sehr wohl biblisch belegen. Demnach gäbe es dann wohl doch die Welt durch Gott superveniert, oder?
Myron hat geschrieben:Nathan hat geschrieben:"Natur" als "Welt" oder "Weltsystem" zu erklären wird nicht viel bringen, weil der Begriff der Welt vom Weltbild abhängt (z.B. von der Frage, ob sie die Summe alles Natürlichen ist o.ä.) und mit dem Begriff "System" wird selbst der vage Begriff von der "Welt" noch schwammiger.
Ich habe nicht einfach "Weltsystem", sondern "physisches Weltsystem" gebraucht!
Außerdem sind die Begriffe "Welt" und "System" in diesem Zusammenhang gar nicht so schwammig, wie du behauptest.
Siehe:
— "System":
http://tinyurl.com/6qgaw6"als gemeinsame grundlage fast aller bedeutungen und anwendungen hat 'system' den allgemeinsten sinn 'ein sinnvoll gegliedertes ganzes, dessen einzelne teile in einem zweckmäszigen zusammenhang stehen oder unter einem höheren prinzip, einer idee, einem gesetz sich zu einer einheit zusammenordnen'"— "Weltsystem":
http://tinyurl.com/6y7unt(Für mich schließt das Weltsystem sowohl den Makro- als auch den Mikrokosmos ein.)
Ich sehe trotzdem nicht, wieso der Begriff "Welt" den Begriff "Natur" erklären kann. Die oben diskutierten Schwierigkeiten bleiben doch weiter bestehen.
Der Begriff "System" qualifiziert die Natur darüber hinaus als etwas "sinnvoll gegliedertes", was ich sehr schön finde, aber immer noch nicht erklärt, was denn nun "Natur" ist und was nicht. Denn sinnvoll gegliedert sind vielleicht auch Bereiche in der unsichtbaren Welt...
Gruß
Nathan