smalonius hat geschrieben:El Schwalmo hat geschrieben:Ich kenne mich in der Geschichte der Evolutionsforschung ganz passabel aus, Du kannst mir glauben, dass hier schon viele Ballons geplatzt sind.
Und wieviele dieser Ballons hat ID zum Platzen gebracht?
Genau solche Beispiele würde ich gerne von dir hören.
das ist eine interessante Frage. Man muss hier unterscheiden, ob jemand auf der Basis der Intelligent Design-'Theorie' eine naturwissenschaftliche Aussage widerlegt hat, oder ob jemand, der Intelligent Design vertritt, aus der Primärliteratur Sachverhalte herausgesucht hat, die eine Auffassung widerlegten.
Beispiele für den ersten Fall kenne ich nicht, ich kann mir auch kaum vorstellen, dass es die geben könnte. Dann dazu müsste es Intelligent Design erst einmal schaffen, Vorhersagen zu machen (eben die von mir erwähnten prinzipiellen Lücken).
Für den zweiten Fall gibt es durchaus Beispiele. Aber das ist dann nichts, was sich Intelligent Design als Intelligent Design an die Fahnen heften könnte, sondern lediglich der Aufweis von Kritikmangel in unserem Lager.
Ein grauenhaftes Buch ist
Wells, J. (2000) 'Icons of Evolution. Science or Myth? Why Much of What We Teach About Evolution is Wrong' Washington, Regnery Pub.
Es ist randvoll mit Fehlern, aber wenn man die Vorwürfe mit dem vergleicht, was in Schul- und Lehrbüchern steht, sieht man, wo das Problem liegt.
Nur ein Beispiel. Das erste wirklich überzeugende Beispiel für 'selection in the wild' waren Kettlewells Experimente zum Melanismus beim Birkenspanner. Kritik aus dem Lager der Evolutionsgegner hat zumindest dazu geführt, dass man das, was man lange Jahre als Musterbeispiel an wissenschaftlichem Vorgehen herausgehoben hat, nachuntersuchte. Dabei fand man zwar nichts, was Kettlewell widerlegte, aber vieles von dem, was man heute weiß, hätte man 'damals' wissen müssen, bevor man aus diesem Beispiel eine 'Ikone' machte.
Ein anderes: es gibt einen sehr anschaulichen Artikel, wie kumulative Selektion funktioniert
Nilsson, D.-E.; Pelger, S. (1994) 'A Pessimistic Estimate of the Time Required for an Eye to Evolve' Proceedings of the Royal Society of London B 256:53-58
Er wird viel zitiert, ganz aktuell beispielsweise in
Kummer, C. (2009) 'Der Fall Darwin. Evolutionstheorie contra Schöpfungsglaube' München, Pattloch
und dort als Beispiel, wie der Computer dem menschlichen Denken nachhelfen kann. Dass es sich um eine Computersimulation handle, steht auch in vielen anderen Arbeiten, beispielsweise auch bei Dawkins.
Berlinski, D. (2003) 'A Scientific Scandal' Commentary Apr.:29-36
hat dann in seiner üblichen großmäuligen Übertreibung einen Skandal daraus gemacht, dass diese Arbeit keinerlei Ergebnisse einer Modellierung enthält, die mit einem Computer erstellt wurde. An sich kein Problem, aber eben ein Beispiel dafür, dass man 'Hechte im Karpfenteich' ab und an benötigen könnte.
Ähnlich sah es mit Dawkins 'toy program', das einen ähnlichen Sachverhalt veranschaulichen sollte, aus. Sein 'methinks its like a weasel'-'Programm' diente nur zur Veranschaulichung und Dawkins schrieb expressis verbis, dass es die realen Sachverhalte eben nicht beschreiben würde. Ich möchte aber nicht wissen, wie viele Menschen dieses Beispiel als reales Modell missverstanden. Intelligent Design-Vertreter haben hier auch Kritik geäußert.
Versteh' mich nicht falsch, das ist nur das, was ich schon mehrfach schrieb: die 'negative Apologetik' von Intelligent Design sollte man nicht unterschätzen. Da deren 'positive Apologetik' aber so schwach ist, ist das weiter ohne Belang. Der größte Fehler, den man machen kann, ist, Intelligent Design so zu kritisieren, dass diese Menschen diese Kritik dazu verwenden können, eine schlagkräftige Gegenkritik zu formulieren und so davon abzulenken, dass Intelligent Design an sich nichts taugt.
Lange Rede, kurzer Sinn: solange man gute Argumente gegen Intelligent Design hat, scheint mir Hysterie, falls mal irgendwo ein Vertreter dieser Auffassung seine Meinung äußern möchte, übertrieben.