Deutsches Brights-Forum 2006 - 2014 (ARCHIV)

Am letzten Donnerstag lief auf 3-Sat eine Sendung über Physik. Unter anderem wurde erwähnt, dass sich die Materie vom Ort des Urknalls weg beschleunigt auseinanderbewege.

- ist diese Aussage beweisbar/richtig?
- geht man dennoch davon aus, dass sie diese Beschleunigung wieder in eine Verzögerung wandelt?

Soweit ich das weiß ist es eine richtige Aussage. Feststell-und messbar ist das durch die Rot-Verschiebung im Licht einzelner Sterne/Galaxien. Durch die Untersuchung im Infrarot-Bereich ist man ungefähr bei 13Mrd. Jahren angelangt. Sehr gut erläutert und mit entsprechenden Bildern unterlegt The First Galaxies

11,7 Milliarden Jahre wurde für das Alter des Universums angegeben.

Bis vor einiger Zeit hat man aus der Rotverschiebung nur geschlossen, dass die Materie gegenwärtig noch auseinanderfliegt, nicht aber, dass diese Bewegung auch noch schneller wird.

Mit der Beschleunigung hätte ich meine Probleme, weil man dann erst den Grund verstehen müsste, um zu sagen, dass diese Beschleunigung sich wieder umkehrt und sich das ganze in umgekehrter Richtung bewegt (Vorstellung vom "pulsierenden" Universum).

Danke, dass du die Frage noch einmal aufwirfst.
Natürlich weiß ich, dass eine Beschleunigung für uns Menschen nicht spürbar wäre, sondern wir lediglich langsamer werden in einer gleichbleibenden Umgebung. Aber dennoch stellt sich mir immer wieder die Frage, ob eine Beschleunigung für uns wirklich messbar wäre, da alle unsere Zeitgeber der selben Beschleunigung ausgeliefert wären und sich auch entsprechend verhielten.

LG stine

Hier ist von 12,8 Mrd. Jahren die Rede, die ersten 700 Millionen Jahre, nach dem Urknall war das Universum undurchsichtig, nach deren Darstellung. Wobei das Dunkle Zeitalter 400.000 Jahre nach dem Urknall begonnen haben soll.
Ansonsten ist dass das Problem der Inflation und Deflation des Universums.
Es gibt schnelle und langsamere Ausreisser.

Soweit ich weiß:
Nach unserem derzeitigen Wissensstand, spricht alles für eine beschleunigte Ausdehnung = die Anzeichen können nach derzeitigem Wissen nur so interpretiert werden.

Der Rest (Zusammenfall) ist Theorie und wurde bisher nicht nachgewiesen.

@1von6,5Milliarden:
Die Rückwärtsbewegung ergibt sich eigentlich nur, wenn man annimmt, dass dass die Teile nicht beschleunigt auseinander fliegen. Durch die Gravitation würde dann eine Abbremsung stattfinden und es würde sich die Bewegung irgendwann umkehren. Ob es dann "pulsieren" würde, wäre dann wieder eine ganz andere Frage.

@Stine: Wenn in die selbe Richtung beschleunigt würde, könnte man es auch nicht feststellen. Es bewegt sich aber alles vom Ort des Urknalls weg, also in verschiedene Richtungen.

Stichwort "Dunkle Energie":

http://www.zeit.de/2008/21/N-Dunkelenergie

http://hubblesite.org/hubble_discoveries/dark_energy

@Myron: Danke.
Die Sache ist als "relativ" neu. Die Theorie des Pulsierens wäre damit erst mal hinfällig - schade eigentlich.

Wundert mich eigentlich, dass es da noch nicht mehr irrationale Spekulationen gibt, etwa "wir werden beschleunigt in Richtung Gott" oder als neuer "Beweis" für den Indeterminismus . Das bietet sich doch an.

@ HFRudolph: Ich finde auch, dass es schade ist, dass das pulsierende Universum hinfällig ist. Es wäre so elegant gewesen und würde die Erklärungslast in puncto "wer hat den Big Bang ausgelöst?" ein wenig von unseren Schultern nehmen - "det war halt imma so", wie der Berliner sagen würde, ein ewiges Auf und Ab, der gegenwärtige Bin Bang durch den letzten Big Crunch verursacht. Jetzt sind wir wohl zum Kältetod verdammt - gähnende, öde Langeweile überall.

Aber bis dahin werden wir noch genug Zeit haben, uns gegenseitig mit Massenvernichtungswaffen etc. wegzupusten...

Ich wollte es gerade sagen, warm wird es schon noch.

Das pulsieren hätte noch so allerlei andere Fragen gelöst.

Ich hatte in der 3-Sat-Sendung den Eindruck, dass zwar einerseits die Beschleunigung genannt wurde, der Widerspruch zum "Pulsieren" aber nicht präsent war. Überhaupt gab es noch andere Logik-Fehler, vor allem von Seiten des Senders...

So auf die Schnelle kann ich keine Schlussfolgerungen daraus ziehen, man kann sich da vieles vorstellen und logische Schlussfolgerungen sind ganz schwierig. Es kann ja sogar noch dann pulsieren, wenn es jetzt noch beschleunigt wird...

1) Der erste Haken dieser an sich hübschen Idee hängt mit dem Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik zusammen. Nach diesem fundamentalen Satz kann die Entropie in einem abgeschlossenem System (wie dem Universum) nicht abnehmen. Anders gesagt: der Zustand der Unordnung im System nimmt zu. Dies manifestiert sich darin, dass nach jedem Zyklus der Pulsation des Universums der Anteil der Strahlung gegenüber der der Materie zunehmen muss. Irgendwann entsteht so ein materiefreies Universum, das nicht mehr kollabieren könnte: Der Zyklus wäre unterbrochen.
2) Der zweite Haken ist, dass das Szenario den aktuellen Beobachtungsdaten (o.g. Methoden) widerspricht: Nach den aktuellen Messungen der kosmologischen Parameter wird der Kosmos ewig und sogar beschleunigt expandieren.
Ein Modell von tausenden Möglichkeiten.

Klaus hat geschrieben:1) Der erste Haken dieser an sich hübschen Idee hängt mit dem Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik zusammen. Nach diesem fundamentalen Satz kann die Entropie in einem abgeschlossenem System (wie dem Universum) nicht abnehmen. Anders gesagt: der Zustand der Unordnung im System nimmt zu. Dies manifestiert sich darin, dass nach jedem Zyklus der Pulsation des Universums der Anteil der Strahlung gegenüber der der Materie zunehmen muss. Irgendwann entsteht so ein materiefreies Universum, das nicht mehr kollabieren könnte: Der Zyklus wäre unterbrochen.

Was ist denn Strahlung, Materie oder Welle? Was schwingt, wenn keine Teilchen da sind? Unterliegt Licht etwa keiner Gravitation und könnte nicht kollabieren? Wie ist es mit der sonstigen Strahlung? Es ist eine Frage, was "Ordnung" ist. Eine andere Frage, ob dieser Teil der Thermondynamik hier anwendbar wäre - zudem ist die Ausgangsbehauptung nicht ganz korrekt, es kann die Ordnung zunehmen, wenn der maximale Zustand an Unordnung bereits erreicht ist - das ist zwangsläugfig so, wenn die Teilchen sich bewegen.

Wenn beim "Pulsieren" ein Teil der Energie außerhalb bleiben würde, dann wäre es ohnehin kein Pusieren des gesamten Universums, sondern allenfalls eines Teils.

Zudem kann Materie unzweifelhaft in Strahlung umgewandelt werden, wenn nicht ohnehin beides das selbe ist - wer sagt, ob es auch umgekehrt geht?

Diese Fragen müssten ansich erst beantwortet werden, bevor man sagt, dass es geht oder nicht.

Klaus hat geschrieben:2) Der zweite Haken ist, dass das Szenario den aktuellen Beobachtungsdaten (o.g. Methoden) widerspricht: Nach den aktuellen Messungen der kosmologischen Parameter wird der Kosmos ewig und sogar beschleunigt expandieren.
Ein Modell von tausenden Möglichkeiten.

Es handelt sich ja auch um ein älteres Szenario...

arcalexx hat geschrieben:Jetzt sind wir wohl zum Kältetod verdammt - gähnende, öde Langeweile überall.

Jein. Wenn die Energie- und Materiedichte des Universums immer weiter abnimmt, zwischen zwei Rechenschritten (Gedanken, Ursache-WIrkung-Effekten oder sonstwas Abstrakten) Jahrmillionen, Jahrmilliarden vergehen, würde eine entsprechend langsam denkende Entität davon überhaupt nichts mitbekommen, weil diese Geschwindigkeit einfach normal wäre.

Im Prinzip ist ja schon die jetzige Epoche arschkalt und tot im Vergleich zur munter blubbernden Quark-Gluonen-Suppe vom Oberlauf der Zeit: Alle paar Lichtjahre mal ein Fünkchen Licht, lauter schwarze Löcher, die diese auch noch in sich aufsaugen, es werden weniger Sterne gebohren, als alte ausglühen oder explodieren...

Sicher wird der Zeitverlauf in Relation zu vorhergehenden Zeitabschnitten langsamer. Aber da Zeit als Abfolge von Ereignissen definiert ist, ist wieder alles in Ordnung.

Vielleicht kann auch mal ein Mathematiker aushelfen: Wenn die Energiemenge im Universum gemäß dem Energieerhaltungssatz gleich bleibt, kann dieses System niemals eine absolute Null-Temperatur erreichen, obwohl sie stetig sinken wird. von den jetzigen 2,752 Kelvin auf 1K, dann 0,5... irgendwann 10^(-10)K...10^(-100)K und so weiter, sich immer der Untergrenze nähernd ohne sie jemals zu erreichen. Ergo kann das Universum niemals wirklich sterben.
Ist das plausibel oder hab ich hier einen Denkfehler?

Vielleicht: Wenn es kleinstmögliche Längen und Zeiten gibt, die sogenannten Planck-Größen, warum nicht auch eine kleinstmögliche Temperatur?

HFRudolph hat geschrieben:- ist diese Aussage beweisbar/richtig?

Nun, wir sprechen über Modelle, die zum jetzigen Zeitpunkt ähnliche experimentelle Daten vorhersagen (\lambda=1).. wir müssen daher tiefer in die Vergangenheit blicken und schauen, wie sich \lambda zusammensetzt:

WMAP-Messungen von 2006 zeigen (cum grano salis)
Abszisse: 30% "good old" baryonische Materie (~5%) + Dunkle Materie (CDM~25%)
Ordinate: 70% Dunkle Energie


Der rot-weiss-karierte Bereich zeigt (mit Signifikanz) die experimentellen Daten

HFRudolph hat geschrieben:- geht man dennoch davon aus, dass sie diese Beschleunigung wieder in eine Verzögerung wandelt?

Nein, aber man weiss es nicht genau, da Dunkle Energie und Materie noch Unbekannte sind

@QBit: Danke - sichere Schlüsse kann man eigentlich noch nicht ziehen.