300: Der Fascho-Film

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Beitragvon Andreas Müller » Mi 13. Jun 2007, 20:50

Wahrscheinlich ist es dir nicht klar, aber was du da aussagst, entspringt einer idealistischen Denkweise. Du behauptest praktisch, dass Werke irgendwie aus einem geistigen Nichts entstehen können. Um auf dein Beispiel einzugehen:

daß eine Großfamilie neongrüner Elefanten in mehrfachen Salti von Baumwipfel zu Baumwipfel springt und dabei "Alle meine Entchen" singt. Sagen wir, auf zwei Seiten.


Zunächst einmal: Offenbar kennst du die deutsche Sprache, weil dieser Plot in Deutsch verfasst wurde. Du verwendest Begriffe aus der Wortfamilie der Biologie: Großfamilie, Elefant, Baumwipfel, Entchen, also musst du über ein gewisses Grundwissen über Biologie verfügen, vor allem wegen dem Begriff "Großfamilie", weil du offenbar weißt, dass Elefanten in Großfamilien leben. Du verwendest rhetorische Stilmittel, Antithetik (neongrüner Elefant), Alliteration (springt, singt), Epanalepse (Baumwipfel zu Baumwipfel), Anthropomorphisierung (singender Elefant) und Ironie (du meinst das Gegenteil, nämlich, dass es absurd wäre, wenn so ein Plot eine Ideologie enthielte). Diese Stilmittel dienen überwiegend der Satire meiner Sichtweise durch ihre karikiert-überspitzte Darstellung. Ein Satiriker ist davon überzeugt, im Recht zu sein und möchte seine Leser zu seiner Perspektive erheben, um mit ihm gemeinsam auf das Objekt der Satire - in diesem Fall meine Sichtweise - hinabblicken zu können. Sein Ziel ist die Zerstörung dieses Objekts. Da du dich mit dieser Satire direkt an den Urheber des Spottzieles wendest, an mich, bist du dir sicher, dass dies keine erwähnenswerten negativen Konsequenzen haben wird, du lebst also in einer Gesellschaft, welche diese Art der Kommunikation ermöglicht, in einer freien Gesellschaft. Des weiteren kann ich nicht allzu wichtig sein, sonst hättest du dir wohl etwas mehr Mühe gegeben mit deiner Satire, aber sie mag gut genug sein, um zumindest die vermeintliche Lächerlichkeit meiner Position zu offenbaren.

Soviel nur ganz oberflächlich. Und doch habe ich schon recht viel über den gesellschaftlich-weltanschaulichen Hintergrund von dir und deinem Plot herausgefunden, nicht wahr?
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Beitragvon Falk » Mi 13. Jun 2007, 21:54

Halt, halt, halt, halt, jetzt verwurstelst du mE aber etwas.

Was du beschreibst hat nichts mit dem Begriff von Weltanschauung zu schaffen, zu dem ich etwa faschistisches Gedankengut zähle. Ich denke, da muß man unterscheiden.
Daß man nur in einem bestimmten gesellschaftlichen Kontext etwas (er)schaffen kann, hat ja niemand bestritten, es ist wohl unstrittig. Es ging darum, daß Kunstwerke auch bloße Unterhaltung sein können, ungefärbt von Religion, Ideologie und dergleichen. Und ersteres ist mein Beispiel, wie ich meine, sehr wohl.

Übrigens finde ich deine Interpretation etwas seltsam. Wieso Satire? Auf was sollte das denn eine Satire sein? Ein paar Stilmittelchen machen ja noch kein Genre. :)
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Beitragvon [C]Arrowman » Mi 13. Jun 2007, 22:08

gibts davon auch ne Übersetzung für Leute deren Fachgebiet eher von pragmatischer und anwendungsorientierter Natur ist?
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Beitragvon Kival » Mi 13. Jun 2007, 22:14

Andreas Müller hat geschrieben:Plot


In etwa die Zielrichtung und führung einer Handlung. Ein Plot ist etwas, bei dem keine rein-zufällige Aneinaderreihung von Ereignissen beschrieben wird, sondern eine Zusammenführung der Elemente stattfindet.

Andreas Müller hat geschrieben:Antithetik


Nutzung inhaltlicher Gegensätze.

Alliteration


Wörterfolge mit gleichen Anfangsbuchstaben

Epanalepse


Wiederholung von Wörtern oder Wortgruppen am Anfang eines "Satzes" (im weiteren Sinne... will jetzt ja nicht zu ausführlich werden)
Anthropomorphisierung


Tieren oder Dingen menschliche Eigenschaften zuweisen.


Genug Klugscheißerei. Müsste aber reichen, um den Text zu verstehen. Wenn man sich nicht von Fachbegriffen erschlagen lässt, versteht man ihn aber eigentlich auch einfach so.
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Beitragvon Andreas Müller » Mi 13. Jun 2007, 22:16

Ich nenne dir die Definitionen von "Ideologie" nach Terry Eagleton und du suchst dir diejenige aus, über die du reden willst:

1. Der allgemeine materielle Prozess der Produktion von Ideen, Ansichten und Werten im gesellschaftlichen Leben
2. Ideen und Ansichten (entweder wahr oder falsch), welche die Bedingungen und Lebenserfahrungen einer spezifischen, gesellschaftlich bedeutsamen Gruppe oder Klasse symbolisieren
3. Die Bewerbung und Legitimation der Interessen einer solchen gesellschaftlichen Gruppe im Angesicht widerstrebender Interessen
4. eine solche Bewerbung und Legitimation, wenn sie von einer dominanten gesellschaftlichen Macht ausgeübt wird
5. Ideen und Ansichten, welche dabei helfen, die Interessen einer herrschenden Grupe oder Klasse vor allem durch Verzerrung und Verstellung zu legitimieren
6. gleichermaßen falsche und irreführende Ansichten, die nicht aus dem Interesse einer dominanten Klasse enstehen, sondern aus der materiellen Struktur der Gesellschaft als Ganzes

oder meinst du eine andere Definition von "Ideologie"?

Daß man nur in einem bestimmten gesellschaftlichen Kontext etwas (er)schaffen kann, hat ja niemand bestritten, es ist wohl unstrittig. Es ging darum, daß Kunstwerke auch bloße Unterhaltung sein können, ungefärbt von Religion, Ideologie und dergleichen


A führt logischerweise immer über B zu C. Du kannst B nicht einfach auslassen. In diesem Fall führt der gesellschaftliche Kontext über den Autor zum Werk. Du schneidest den Autor einfach raus und sagst, dass Unterhaltung unabhängig von einem gesellschaftlichen Kontext entstehen kann, du löst die logische Kette auf. Natürlich ist es jedoch so, dass die Gesellschaft - den Autor - das Werk beeinflusst. Und jeder Autor hat ein Weltbild, weil jeder Mensch ein Weltbild hat. So etwas wie "pure Unterhaltung", losgelöst vom gesellschaftlichen Einfluss und vom Weltbild des Autors, existiert nicht.
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Beitragvon [C]Arrowman » Mi 13. Jun 2007, 22:29

A führt logischerweise immer über B zu C. Du kannst B nicht einfach auslassen. In diesem Fall führt der gesellschaftliche Kontext über den Autor zum Werk. Du schneidest den Autor einfach raus und sagst, dass Unterhaltung unabhängig von einem gesellschaftlichen Kontext entstehen kann, du löst die logische Kette auf.


Ist schon klar, allerdings scheint es mir dass du eher den umgekehrten Weg gehst. Der Autor dieses Werkes hat u.A. auch Sin City gezeichenet. Seine Comics mögen düster sein, aber eine Faschistoide Intention des Autors kann ich nicht erkennen. Ich denke du versuchst Geister zu sehen, weil es Nacht ist. Das Weltbild des Autors ist, ausgehend von Sin City oder 300, ein düsteres Depressives ohne Hoffnung.

So etwas wie "pure Unterhaltung", losgelöst vom gesellschaftlichen Einfluss und vom Weltbild des Autors, existiert nicht.


Doch gibt es, nennt sich "Die Feuerzangenbowle". Ein mE sehr lustiger Film, der wohl zu dem Besten deutscher Filmkunst zählt. Im Kontext allerdings sieht das anders aus. Der Film sollte in mitten des 2. WK heile Welt vorgaukeln. Die Feuerzanfenbowle war von Anfang an als Durchhaltefilm angelegt. Ist der Film dadurch weniger komisch? Muss man den Film verbieten, weil er als Durchahltepropaganda gedacht war?
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Beitragvon Klaus » Mi 13. Jun 2007, 22:44

Also es gibt mehr Definitionen vom Begriff Idelogie als das Wort Buchstaben hat, deine Wahl von Eagleton ist schon willkürlich. Das geht aber zur sehr OT.
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Beitragvon Andreas Müller » Mi 13. Jun 2007, 22:51

Seine Comics mögen düster sein, aber eine Faschistoide Intention des Autors kann ich nicht erkennen


Moment, ich rede vom Autor des Films "300" und schließe vom Ergebnis auf die Ideologie, welche dahinter steckt. Der Autor ist in diesem Fall keine Person, sondern ein "impliziter Autor", eine Entität, die der Text (hier der Film) konstruiert. Vielleicht gibt es diesen Autor in der Realität gar nicht, aber es gibt den Film und es gibt die Ideologie (nach Definition 2), welche den Film beeinflusst hat. Klingt ein wenig idealistisch oder metaphysisch, ist es aber eigentlich nicht. Der implizite Autor ist eine Hilfskonstruktion.

Es könnte auch sein, dass die Macher von Comictexter über Drehbuchautor bis Regisseur alle Kommunisten sind. Das würde an der faschistischen Ideologie des impliziten Autors aber nichts ändern und demzufolge nichts an der faschistischen Ideologie, die der Film letztlich propagiert - insofern meine Interpretation ausreichend belegbar ist.

Die Feuerzanfenbowle war von Anfang an als Durchhaltefilm angelegt. Ist der Film dadurch weniger komisch? Muss man den Film verbieten, weil er als Durchahltepropaganda gedacht war?


Hiermit bestätigst du meine Theorie unabsichtlich, wenn auch methodologisch umgedreht, weil du "anders herum" an die Sache herangehst. Du schließt vom gesellschaftlichen Hintergrund auf die Motivation des Films (empfiehlt sich generell nicht), nicht vom Film auf den gesellschaftlichen/ideologischen Hintergrund. Auf jeden Fall identifizierst du die zugrunde liegende Ideologie als "Durchhalteaufruf".

Also es gibt mehr Definitionen vom Begriff Idelogie als das Wort Buchstaben hat, deine Wahl von Eagleton ist schon willkürlich


Ich halte die Definitionen für sinnvoll, aber ja, es gibt natürlich noch viel mehr davon. Ihr könnt auch selbst welche vorschlagen und wir nehmen die als Grundlage. So off-topic ist es jedenfalls nicht, es trägt schon letztlich dazu bei, dem Film und meiner Theorie auf die Spur zu kommen.
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Beitragvon Klaus » Mi 13. Jun 2007, 22:52

So jetzt mach ich mal die "Ingrid" hier, mein letzter Senf zu dem gesagten.

"Bei der intendierten Realisierung der linguistischen Simplifizierung des regionalen Idioms resultiert die Evidenz der Opportunität extrem apparent, den elaborierten und quantitativ opulenten Usus nicht assimilierter Xenologien konsequent zu eliminieren!"
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Beitragvon Andreas Müller » Mi 13. Jun 2007, 22:55

Ich soll mich also klarer ausdrücken, weil ich sonst arrogant rüberkomme und weil meine Fachsprache Widerstand erzeugt.

Ok, es hat mir nur nicht gepasst, dass ihr euch über mein Fachgebiet lustig gemacht habt, als wäre nichts dahinter und als könnte man alles hineininterpretieren, was einem so passt. Tatsächlich sollte man nichts hinein- sondern nur herausinterpretieren.
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Beitragvon molosovsky » Mi 13. Jun 2007, 23:04

Moooooment, jetzt muß ich einige Manöver veranstalten, um der Wahrheitsfindung zu dienen :-)

Ganz wichtig: Andeas seine Beispielanalyse der Elefanten-Story ist wunderbar! (Klug und komisch). Aber die Elefantenstory selber war schon Zucker!

1. Andreas hat recht: alle Unterhaltung steht in einem politischen und ideologischen Kontext. — Zwar halte ich Andreas Aufnahme von »300« für unentspannt, aber ich hab mir ja mal die Zeit genommen und ihn zu massieren versucht. mal gucken. Vielleicht ist er ja bei dem nächsten entsprechenden Flm nun besser gefeit.
(Nebenbei: Frank Miller, der Autor von »300« hat sich Lorbeeren im Comicautoren-Himmel dadurch verdient, daß er diese ganzen Kleine Jungs träumen von starken Helden-Themen auf eine erwachsenere Stufe gehoben hat. »300« ist eben als Comic und Film sozusagen Grundlagenkatharsis-Nachhohl-Lektion erstmal wohl für Amis und andere europaferne Kunden, denn Sparta, diese Schlacht und eben die Berichte sind sozusagen Teil der Ursuppe, aus der dieses ganze Heldending sich entwickelt hat. Ich räume ein, der Film ist auch für mich seltsam und verdreht, weil hier eben sozusagen von hinten das Pferd gezäumt wurde; nicht die Antike authentisch, sondern Antike, so wie sie sich als Mythos verbildlicht hat, angefangen von den verschiedenen Barockkünsten über eben Leni und Co bis eben in die heutigen Superhelden-Comicwelten. Wer sich halt tiefer auf so "Tüdelkram" wie Batman, Superman und Konsorten einläßt, landet irgendwann bei den Spartanern.)

2. Alle Unterhaltung unterliegt deshalb auch der Sphäre des politisch-ideologischen, weil die Fragen eben sind: Wem nützt dieses? Vergeßt die Eskapismus-Keule nicht (ich als Phantastik-Fan kenn mich da auau aus.)

3. Unterhaltung die nur unterhält und niemanden weh tut fördert (ob beabsichtigt oder nicht) den Status Quo, ist also auch nur Opium fürs Volk, Ablenkung (achen sie nicht auf den Mann hinter dem Vorhang).


Deshalb sollte man eben zwichen Intention und Wirkung unterscheiden.
Niemand war entsetzter als Paul Verhoeven selbst, daß sein »Starship Troopers« (womöglich) einen Einschreibungsanstieg bei der US Army zeitigte. Immerhin hat Verhoeven als Kind selbst die Nazihorden in Holland erlebt (deshalb auch so krasse, graphische Gewalt in seinen Filmen, weil er als Mensch zeigen möchte: Ja, das gibt es, so rot und grauselig gehts zu wenn Leiber zu Klump geschlagen werden).

Freilich kann man Zack Shnyder vorwerfen im Vergleich zu Kalibern wie Paul Verhoeven oder Oliver Stone ein Grünschnabel zu sein. Aber für einen zweiten Film macht er mit »300« eine ganz gute Figur, soweit. Richtig heikel wird für mich seine »Watchmen«-Verfilmung, die wohl für Sommer/Herbst 2008 ansteht. Denn hier wird sich nun für mich endgültig zeigen: hat er was drauf, oder ist er nur ein geschickter Handwerker.


Was meint ihr: haben entsprechende Bellezismus oder gar Weltende herbeisehnende Kreise »300« in die Welt gesetzt, damit verängstige Hinterwäldler aller Himmelsrichtungen sich so richtig schon zum Antiwestlichen Befreiungskrampf inspirieren und anstacheln lassen? Immerhin ist dann ja ein richtiges fettes Rüstungsbudget allerorten zu erwarten und gewisse Kreise verdienen sich dumm und dusselig.

Ja ist »300« womöglich (mit)verantwortlich für den Rekord-Verteidigungshaushalt der USA?

Fragen über Fragen. Vielleicht werden die ja mal in einer "Fortsetzung" geklärt. Frank Miller hat kundgetan, einen weiteren antik-griechischen Stoff adaptieren zu wollen (sowohl wieder als Breitformat-Comic , wie auch als Film, doch diesmal nur, wenn er selbst Regie führen darf … hmmmm, deutet ein klein wenig darauf hin, daß er nicht ganz 100% zufrieden mit »300« war).

Grüße
Alex / molo
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Beitragvon Andreas Müller » Mi 13. Jun 2007, 23:17

Andeas seine Beispielanalyse der Elefanten-Story ist wunderbar!


Thanks. =)

starken Helden-Themen auf eine erwachsenere Stufe gehoben


Daran habe ich auch gedacht, ob das vielleicht eine Deutung sein könnte. Ich räume die Möglichkeit ein, dass es Frank Millers Intention war, was jedoch als Film dabei heraus gekommen ist, trifft diese nicht mehr.

Sparta, diese Schlacht und eben die Berichte sind sozusagen Teil der Ursuppe, aus der dieses ganze Heldending sich entwickelt hat


Das stimmt, überhaupt ist es ein wichtiger Mythos für die gesamte westliche Kultur.

entsetzter als Paul Verhoeven selbst, daß sein »Starship Troopers« (womöglich) einen Einschreibungsanstieg bei der US Army zeitigte


Hier haben wir die umgekehrte Situation: Eine Satire wird von ernst genommen und ihre scheinbare Ideologie kopiert und sogar in Taten umgesetzt. Da wäre ich auch schockiert. Bei 300 ist es aber eher ein Film, der direkt eine solche Ideologie an den (dummen) Mann bringen will.

damit verängstige Hinterwäldler aller Himmelsrichtungen sich so richtig schon zum Antiwestlichen Befreiungskrampf inspirieren und anstacheln lassen?


Das hat man ja schon in den Reaktionen von Iranern auf den Film gesehen. Die westlichen Hinterwäldler dürfte er auch erreicht haben mit gegenteiligem Effekt.

Ja ist »300« womöglich (mit)verantwortlich für den Rekord-Verteidigungshaushalt der USA?


Wir wollen die Wirkung dieses Machwerks nun nicht derart übersteigern.
Andreas Müller
 
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Beitragvon Falk » Do 14. Jun 2007, 09:21

alle Unterhaltung steht in einem politischen und ideologischen Kontext.


Nur insofern als daß kein Autor frei von Ideologie* ist. Daraus folgt aber nicht, daß diese Ideologie auch in dessen Werke fließt. Das folgt einfach nicht, es ist ein Fehlschluß und sonst nichts.

Daher kann es sehr wohl Werke geben, die pure Unterhaltung sind.

Andreas hat sich ja schon sehr elegant herausgewurstelt: Mit der Rede vom impliziten Autoren, und davon, daß der Macher des faschistischen Filmes 300 auch Kommunist sein könnte, hat er eine Kehrtwendung um 180° vollzogen. Wenn ein Autor, der der Ideologie X folgt, einen Film machen kann, der die Ideologie (immer im Sinne von 3+) Y oder Z oder A oder B usw. impliziert, warum sollte er dann keinen Film machen können, der nichts davon impliziert?

*Wenn ich aus der obigen Liste wählen soll, dann nehme ich alle ab 3. Wenn 2 schon Ideologie ist, hat Andreas recht - ohne geht es nicht - aber: die faschistische Ideologie, die er sieht, gehört sicher nicht zu 2, sondern zu den folgenden Punkten. D.h. ein Film, der nur Ideologien der Art 2 enthält, wäre mE durchaus ein rein unterhaltender Film.
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Beitragvon [C]Arrowman » Do 14. Jun 2007, 09:56

Moment, ich rede vom Autor des Films "300" und schließe vom Ergebnis auf die Ideologie, welche dahinter steckt. Der Autor ist in diesem Fall keine Person, sondern ein "impliziter Autor", eine Entität, die der Text (hier der Film) konstruiert. Vielleicht gibt es diesen Autor in der Realität gar nicht, aber es gibt den Film und es gibt die Ideologie (nach Definition 2), welche den Film beeinflusst hat. Klingt ein wenig idealistisch oder metaphysisch, ist es aber eigentlich nicht. Der implizite Autor ist eine Hilfskonstruktion.


Aha, du bildest dir also nicht ein, dass der Film faschistisch ist, sondern du bildest dir einen faschistischen Autor ein, um den Film als faschistisch bezeichnen zu können... Sonst gehts noch oder? :irre: [beside Topic, der Intelligent Designer ist mE eine ähnliche Hilfskonstruktion]

Hier haben wir die umgekehrte Situation: Eine Satire wird von ernst genommen und ihre scheinbare Ideologie kopiert und sogar in Taten umgesetzt. Da wäre ich auch schockiert. *richtig, Starship Troopers ist Satire* Bei 300 ist es aber eher ein Film, der direkt eine solche Ideologie an den (dummen) Mann bringen will *falsch der Film will nur unterhaltsames Metzelkino sein*.


zu Iran: der Iran ist z Zt. auf Kollisionskurs mit dem Westen, von daher ist es wohl eher eine küstliche Hochstilisierung die der Iran betreibt um den pöhsen Westen seine Fehler vorzuführen. Wäre der Fim tatsächlich so faschistisch, dann müsste doch Hitlerfan Achmadinedschad den Film lieben...
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Beitragvon Klaus » Do 14. Jun 2007, 10:21

zu Iran: der Iran ist z Zt. auf Kollisionskurs mit dem Westen, von daher ist es wohl eher eine küstliche Hochstilisierung die der Iran betreibt um den pöhsen Westen seine Fehler vorzuführen. Wäre der Fim tatsächlich so faschistisch, dann müsste doch Hitlerfan Achmadinedschad den Film lieben...


Aus der Sicht des Iran ist der Westen auf Kollisionskurs mit dem Iran, der Westen, insbesondere die USA stilisieren künstlich ein Problem hoch, welches so nicht existent ist. Deine Darstellung zur Iran-Problematik ich schlicht indifferent. Ich möchte dich sehen, wenn eine ganze Flotte vor deiner Haustür kreuzt, bei deinem Nachbarn der christliche Mob wütet, natürlich in Form einer Armee, die dort durch Lügen hingekommen ist.
Die USA haben die ganze Welt verarscht und belogen, die UNO unter Druck gesetzt, und jetzt regen sie sich über den Iran auf. Warum nicht über Nordkorea, warum dort nicht das Spiel mit den Muskeln, ganz einfach, die Gefahr dort in einen atomaren Konflikt zu geraten ist viel grösser, als beim Iran, also sucht man sich den schwächeren Teil der sogenannten Schurkenstaaten aus.
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Beitragvon [C]Arrowman » Do 14. Jun 2007, 11:41

Ich weiß nicht, ich würde primär versuchen, keinen Angriffsgrund zu liefern. Außerdem ist das keine Rechtfertigung für äußerungen wie etwa das Hitler ein dufte Typ war, von anderen Verbrechen gegen die Menschenrechte ganz zu schweigen. Ich würde auch keine Terrormilizen finannzieren, und keine Atombombe bauen wollen. Atomwaffen sind in keiner weise als Wafffe geeignet. Der Iran setzt auf die Abschreckung. Außerdem wundert es mich, dass der Iran, wenn er doch sein Uran für friedliche Zwecke einsetzen will keine Kontrolleure zulässt.
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Beitragvon Klaus » Do 14. Jun 2007, 11:56

Der Iran wird nicht von den USA unter Druck gesetzt wegen der Äußerungen eines Ministerpräsidenten, der selbst einigen Geistlichen des Landes mittlerweile peinlich ist.
Der Iran versucht die Vorherrschaft unter islamischen Ländern an sich zu reißen. Das ist den Saudis ein Dorn im Auge, also heult man sich bei den Amis die Augen aus.
Der Iran hat jede Menge Öl und trotzdem eine negative Energiebilanz, er muß ca. 50% des im Lande geförderten Öls einsetzen um eigene Energie zu produzieren, dann kommen noch eine Reihe von anderen Defiziten hinzu.
Die Produktion von angereichertem Uran ist doch nur ein Vorwand des Westens, es geht um den Einfluss des Landes im Nahen und Mittleren Osten.
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Beitragvon Andreas Müller » Do 14. Jun 2007, 13:57

Mit der Rede vom impliziten Autoren, und davon, daß der Macher des faschistischen Filmes 300 auch Kommunist sein könnte, hat er eine Kehrtwendung um 180° vollzogen


Nein, hab ich nicht. Von faschistischen Filmemachern war nie die Rede, sondern nur von einem faschistischen Film. Lies noch mal meine Beiträge, wenn du mir nicht glaubst.

Ich habe noch nie einen derart faschistischen Film gesehen


Das war meine Eröffnungsthese, kein Wort von faschistischen Filmemachern.

Und natürlich halte ich es für sehr unwahrscheinlich, dass alle an der Produktion des Films Beteiligten Kommunisten waren, ich kann es nur nicht mit letzter Sicherheit ausschließen, was ich überhaupt nur erwähnt habe, um den impliziten Autor zu erklären.

Daraus folgt aber nicht, daß diese Ideologie auch in dessen Werke fließt. Das folgt einfach nicht


Ideologie heißt bei mir laut Definition 2: Ideen und Ansichten (entweder wahr oder falsch), welche die Bedingungen und Lebenserfahrungen einer spezifischen, gesellschaftlich bedeutsamen Gruppe oder Klasse symbolisieren

Natürlich hat das einen Effekt auf den Film! Sonst müsste der Regisseur, Drehbuchautor und co. in einem Vakuum leben, völlig unbeeinflusst von der Gesellschaft, die bei ihm den Ton angibt.

Wenn ein Autor, der der Ideologie X folgt, einen Film machen kann, der die Ideologie (immer im Sinne von 3+) Y oder Z oder A oder B usw. impliziert, warum sollte er dann keinen Film machen können, der nichts davon impliziert?


Weil die Gesellschaft, in welcher der Autor lebt, sein Werk beeinflusst! Erkläre mir doch bitte mal den Entstehungsprozess eines Films, der "pure" Unterhaltung ist. Wie soll ein Mensch seine gesamten Erfahrungen und Ansichten einfach abschalten können? Kann ein Autor ein Buch in Deutsch schreiben, obwohl er die Sprache nie gelernt hat? Kann ein Autor über seine Erfahrungen in Brasilien schreiben, wenn er noch nie da war und nicht weiß, was Brasilien ist? Kann er über die Kleidung und das Aussehen der Spartaner Bescheid wissen, wenn er nicht in einer Gesellschaft lebt, die ihm Zugriff auf dieses Wissen ermöglicht? Das ist doch verrückt, warum merkt ihr das nicht!?

Aha, du bildest dir also nicht ein, dass der Film faschistisch ist, sondern du bildest dir einen faschistischen Autor ein, um den Film als faschistisch bezeichnen zu können... Sonst gehts noch oder?


Lass die Beleidigungen. Wenn ich von einem Fachgebiet keinerlei Ahnung hätte, wäre ich meiner Sache nicht so sicher, das steht mal fest. Der implizite Autor ist die Person, die man sich beim Lesen oder Film ansehen vorstellt, welche diesen Film gedreht hat. Jemand muss schließlich den Titel geschrieben haben, die Regieanweisungen, die Anordnung des Textes oder Films. Die Person, die man sich dabei vorstellt, KANN überhaupt nicht identisch sein mit dem tatsächlichen Regisseur oder Autor. Man kann nicht wissen, was sich dieser dabei gedacht hat, als er den Film so oder so gedreht hat. Vielleicht hat er den Film im Schlafwandeln gedreht oder bekifft, das weiß man doch nicht! Du kannst nicht in den Kopf des realen Regisseurs reinsehen, du kannst dir nur einen Film ansehen und dir überlegen, warum er so gedreht wurde. Die Person, die du dir vorstellst, existiert aber nur in deinem Kopf. Wenn du den Film gut interpretierst, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass der implizite Autor mit dem realen übereinstimmt, das ist schon richtig. Das Problem bei einem Film ist aber zusätzlich, dass mehrere Leute am Entstehungsprozess beteiligst sind. Vielleicht waren Kameraleute, Beleuchter, Musiker alle Kommunisten und Regisseur und Comicautor Faschisten. Das weißt du doch nicht, zumindest nicht, indem du dir den Film ansiehst! Das wissen sie nur selbst, was sie denken und glauben.

Wäre der Fim tatsächlich so faschistisch, dann müsste doch Hitlerfan Achmadinedschad den Film lieben...


Das ist ja haarsträubend... Der Faschismus war für den größten Teil seiner Geschichte eine katholische Politideologie, in Spanien, Italien, überall unterstützt von der katholischen Kirche. Ich wage ernsthaft zu bezweifeln, dass die "Islamofaschisten" allzu gut auf die anderen Faschisten zu sprechen sind. Im Faschismus siegt der Stärkere, also können sich zwei faschistische Länder gut und gerne bekämpfen.
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Beitragvon Haru » Di 10. Jul 2007, 16:14

Hmmm, ich würde den Film vom Stil her in einer Reihe mit den Odysseeverfilmungen sehen (was auch die Stereotype bei der Darstellung der beiden Seiten angeht), bei einer Comicvorlage wird das ganze dann natürlich noch extremer dargestellt. Als faschistisch oder ähnliches würde ich ihn nicht betrachten.
Darüber was die Intention war, den Film gerade jetzt zu machen, kann man natürlich nur spekulieren. Es gab in den letzten Jahren schon einige kostspielige Verfilmungen der Antike ("Troja", "Gladiator", "Rom"), da kann ich mir gut vorstellen, dass der Film auch einfach dem allgemeinen Interesse an der Thematik entsprungen ist. Oder der Verantwortliche hatte gerade Lust dazu. Ausschließen, dass er mit der Wahl des Zeitpunktes irgendwelche kriegstreiberischen Interessen verfolgte, kann man natürlich nicht, ich halte es aber nicht für sonderlich wahrscheinlich.
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Beitragvon [C]Arrowman » Di 10. Jul 2007, 16:23

Interessanter Weise neign die Dollinken in den Film eher den Kampf der Arbeiterklasse gegen das Kapital hinein zu interpretieren...
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