Zappa hat geschrieben:Nanna hat geschrieben: ... und ein Privatmann überzieht das private Pflegeheim mit Klagen und gewinnt, weil das Pflegeheim nicht den Hauch eines Beleges über die durchgeführte Arbeit hat.
Und das sollte man mal generell ändern!
Es ist so wie Provinzler sagt, wir dokumentieren uns nicht nur im Gesundheits- und Pflegebereich zu Tode um potentielle Rechtsansprüche abzuwehren und die Horden von Beratern und Qualitätsmanagern mit Daten zu füttern. Ein Irrsinn!
Richtig, aber wie?
Dasselbe Phänomen, überall, alle sind in Watte gepackt, bereit wegen jeder Schramme eine Prozesslawine loszutreten.
Die Gegenwehr ist die Hyperdokumentation.
Nanna hat geschrieben:Solches streamlining hat halt auch seine Schattenseiten, weil im Prinzip nur noch atomisierte Arbeitsschritte ausgeführt werden und man dann sein Häkchen setzt, dass man es wirklich gemacht hat. Daraus und aus der Tatsache, dass 200 ml Flüssigkeitsaufnahme sich messen lassen und drei freundliche Wort nicht, ergibt sich dann auch diese Roboterhaftigkeit der Pflege.
Korrekt.
Hinzu kommt, dass man Häkchen auch setzen kann, wenn man der Oma nichts zu trinken gegeben hat.
Nanna hat geschrieben:Klar, mehr als dass ein Liter Flüssigkeit getrunken wurde, wird mit einer solchen Pflege nicht erreicht, aber das ist nunmal das, was ein standardisiert arbeitender Pflegeapparat am ehesten leisten kann. Und dass damit Bürokratie einhergeht, ist das Normalste der Welt.
Und dennoch etwas, unter dem Pflegekräfte leiden.
Nanna hat geschrieben:Für etwas Besseres bräuchtest du vermutlich eine sehr anders angelegte Pflege, vielleicht z.B. mehr in Richtung Mehrgenerationenwohnen, wo in WGs mit alten Menschen jüngere Pfleger wohnen und entsprechend emotionale Beziehungen aufbauen.
Erst mal würden mehr Pflegekräfte helfen, aber der Beruf ist nicht sonderlich attraktiv, so dass die Verweildauer in der Pflege recht kurz ist, 8 Jahre im Schnitt, die ambitionierten gehen noch eher, weil sie sich das so nicht vorgestellt haben.
Die Mehrgenerationenwohnungen sind an sich ein gutes Modell, die Frage ist allerdings, welchen Nutzen die Jüngeren davon haben?
Nanna hat geschrieben:Das hat aber auch seine ganz eigenen Tücken und geht auch nicht für jeden. Bloß die Bürokratie zu entrümpeln wird vielleicht punktuelle Verbesserungen bringen, aber sicher nicht die massiven Landgewinne, von denen ihr da träumt.
Nein, das ist das altbekannte Demographieproblem in Reinform. Proportional mehr alte Menschen als junge, die versorgt werden müssen, was a) Geld kostet und b) Pflegekräfte erfordert. Da das nicht zu finanzieren ist, floriert der graue Markt mit Pflegekräften aus Polen und demnächst Rumänien und Bulgarien. Wer sich auch das nicht leisten kann, pflegt halt selbst und ich danach in aller Regel kaputt und eigentlich immer heillos überfordert.
Drei bis vier mal nachts aufzustehen um den Ehemann zu lagern, damit er sich nicht wundliegt (
https://de.wikipedia.org/wiki/Dekubitus), ist nichts, was die Gesundheit fördert.
Immerhin, dann kackt die Oma selbst schneller ab und verbraucht weniger Rente, das ist gesamtgesellschaftlich nützlich.
Nanna hat geschrieben:Automatisierte Dokumentation mit einem Wald von Sensoren könnte noch eine Alternative sein, die in den kommenden Jahren realisierbar wird, aber das ist mehr Zukunftsträumerei als ein konkretes Konzept für die Gegenwart.
Stimmt, da könnte man die NSA Überwachung dann mal konstruktiv nutzen und das Berufsbild würde noch mal deutlich attraktiver geworden.