provinzler hat geschrieben:1. Ich will keine Blankoschecks ausstellen: Da ein Politiker nicht haftbar gemacht werden kann, wenn er nach der Wahl ganz was andres tut, als angekündigt, stellt man ihm eigentlich defacto einen Blankoscheck aus.
2. Die individuelle Nichtigkeit ist Garantiert mit meinem 62 millionstel Nanostimmchen. Warum sollte ich mich darauf einlassen, wenn mir schon am Roulettetisch die Verlustchance von maximal 1:36 zu hoch ist? Ich mag einfach keine Spiele mit negativem Erwartungswert.
Die Demokratie ist nunmal die schlechteste aller Staatsformen - mit Ausnahme aller anderen. Was fändest du denn gerechter oder besser?
Zu Punkt 1 gebe ich dir Recht: Es ist im Grunde schon ein Witz, dass man Sachen, die für's Wahlprogramm wichtig sind und für die man möglicherweise gewählt wurde, hinten runterfallen lässt, sobald man gewählt ist. Das einzig gangbare wäre, die Parteien für so etwas systematisch abzustrafen und nicht mehr zu wählen, allerdings - auch da hast du ja Recht - kann man dann überhaupt keine Partei mehr wählen.
Aber jede Alternative, Parteien auf die Einhaltung ihres Wahlprogramms festzunageln, scheint mir schwierig bis nicht machbar. Nehmen wir mal an, Wahlprogramme würden als eine Art Vertrag gesehen, die die Partei mit der Bevölkerung schließt, so ähnlich, wie bei zwei Firmen, die einen Vertrag eingehen, wo eine Seite die Lieferung von XYZ verspricht und haftbar gemacht werden kann, wenn sie XYZ nicht in angemessener Zeit liefert.
Hört sich vielleicht gut an, aber wer würde sich dann noch auf Politik einlassen? Denn es hängt so oft (immer?) nicht an einem Menschen oder einer Partei, um etwas durchzubringen; die Opposition (oder auch die eigene Partei) kann einem da so schnell einen Strich durch die Rechnung machen. Es ist ja nicht so, dass eine gewählte Partei eine diktatorische Herrschaft im Land inne hat und tatsächlich auch alles machen kann, was sie versprochen hat. Ein gutes Beispiel ist da Obama, der zumindest einige der Sachen, für die er mal stand, versucht hat, umzusetzen. Es ist eben viel zu oft ein Kampf gegen Windmühlen, selbst wenn man die Absicht hat, etwas zu verändern.
Ich denke daher nicht, dass es in irgendeiner Form möglich oder sinnvoll ist, Parteien auf ihre Wahlprogramme festzutackern. Aber vielleicht hast du ja gute Ideen, wie man dieses Problem umschiffen könnte?