Todesstrafe

Re: Todesstrafe

Beitragvon Dissidenkt » Fr 18. Jun 2010, 07:28

Auf der einen Seite der Kammer wird ein Holzpodest mit einem Metallstuhl errichtet, auf dem der Delinquent festgeschnallt wird, eine Kapuze über dem Kopf, eine Zielscheibe auf die Brust geheftet. Auf der anderen Seite befindet sich eine Ziegelmauer mit einem rechteckigen Fenster.

Hinter dem Fenster stehen fünf freiwillige Scharfschützen. Sie legen identische Gewehre vom Kaliber .30 an. Eines der Gewehre enthält eine Platzpatrone, doch die Schützen wissen nicht, welches. Der Verurteilte bekommt die Gelegenheit für ein paar letzte Worte.

Auf ein Kommando hin drücken die Schützen dann ab, aus einer Entfernung von nicht mal sieben Metern. Erfahrungsgemäß zielen sie so gut, dass die Kugeln nur ein einziges Einschussloch hinterlassen. Das Blut wird von einem Tablett unter dem Stuhl aufgefangen. Bis zu 25 Zeugen verfolgen das Ganze durch Glasscheiben auf drei Seiten der Kammer.

Bild
http://www.spiegel.de/panorama/gesellschaft/0,1518,701196,00.html

Wäre Ronnie Lee Gardner in einem anderen Viertel in einer "gesunden" amerikanischen Famile groß geworden, dürfte er jetzt am anderen Ende des Gewehrlaufs stehen und seiner Mordlust freien Lauf lassen. Zur Belohnung dafür, dass er dann einen gefesselten Menschen mit einem Gewehr aus 7 Metern Entfernung erschiessen würde, bekäme er eine Gedenkmünze.

Eine Gesellschaft mit solchen Regeln ist psychisch krank.
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Re: Todesstrafe

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Fr 18. Jun 2010, 12:47

ganimed hat geschrieben:Ich bin etwas verwirrt. 1:1 scheint bei mir etwas anderes zu bedeuten.
Ist nicht meine Schuld, wenn du anderes Deutsch (oder so) sprichst.
ganimed hat geschrieben:Wenn mich eine Wespe sticht, dann wäre das die erste 1. Die andere 1, rechts neben dem Doppelpunkt, wäre dann, dass ich die Wespe zurücksteche.
Es geht doch nicht um dich :kopfwand:
ganimed hat geschrieben:Oder, falls mich ein Kind überfährt, dass ich es dann zurück überfahre.
Nun ja, irgendwie ist es schwierig für einen Ermordeten oder sonst wie getöteten eine 1:1-Rache durchzuführen.
Und für die Hinterbliebenen ist 1:1 in beiden Fällen (nicht in deinen Versuchen durch krampfhaftes Nichtverstehen dich rauszumogeln) die Tötung desjenigen, der ihr Kind getötet hat.

Bionic hat geschrieben:
1von6,5Milliarden hat geschrieben:das Recht jemanden umbringen zu dürfen, nur weil dieser jemanden umgebracht hat, dieses Recht verdient in der heutigen Zeit kein Verständnis mehr.
Ich hab mich jetzt zwar gegen die Todesstrafe ausgesprochen, aber warum denkst du verdient allein dieses Recht keine beachtung mehr?
Auch ich bin fähig mal was falsch zu lesen oder auch falsch zu schreiben.
Trotzdem will ich dich darauf hinweisen, dass Verständnis und Beachtung doch "leicht" unterschiedliche Bedeutung haben. Oder ist dies in deinem Umfeld gleichbedeutend?
ganimed hat geschrieben:Ist eine rechtsgültige Strafe eigentlich auch eine Form der Rache? Ich würde denken ja.
Zu rechtsgültige Strafe und Rache:
Bei uns (nicht in den USA), soll eine Strafe den Rechtsfrieden wieder herstellen, also auch eine Genugtuung für die Opfer bzw. Hinterbliebene sein, eine Erziehungsmaßnahme, eine Abschreckung, ein Schutz der Bevölkerung und nicht zuletzt (theoretisch, durch Sparmaßnahmen immer mehr nur noch auf dem Papier) eine Maßnahme in der eine Resozialisierung erreicht werden kann - bei Personen die noch nie wirklich sozialisiert waren, natürlich etwas schwer.

Für Opfer oder Hinterbliebene mag es auch etwas eine Rachebefriedigung sein - wenn subjektiv die schwere der Strafe als angemessen angesehen wird.
Bionic hat geschrieben:Ich bin ja gegen die Todesstrafe, aber du schreibst hier so, als wäre Mord etwas Banales.
Du meinst es wäre besser, man würde immer noch eine Betroffenheitsäußerung nachschieben, das Mord böse ist, Totschlag auch, aber etwas weniger etc.?
Nun ich bin der Meinung, dass hier jeder (ich hoffe es jedenfalls) sozial und humanistisch genug ist, dass man dies ihm nicht jedes mal noch dazuschreiben muss. Wir sind hier (glaubte ich zumindest bisher) nicht im Betroffenheitsfernsehen irgendeines Privatsenders - mir jedenfalls ginge es um echten Gedanken- und nicht um Worthülsenaustausch.

Mord ist nicht banal, aber leider leben wir in einem Staat, der aus finanziellen Gründen geschätzt jeden zweiten Mord nicht einmal als solchen erkennen will. (Muss ich da meine Betroffenheit noch irgendwie extra ausweisen?)
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Re: Todesstrafe

Beitragvon Nanna » Fr 18. Jun 2010, 16:03

Dissidenkt hat geschrieben:Eine Gesellschaft mit solchen Regeln ist psychisch krank.

Das bringt die Sache auf den Punkt. Selbst die Giftspritze ist ein brutaler Gewaltexzess. Übersteigerter Machtwahn scheint mir eine Ursache für dieses Vorgehen zu sein, irgendjemand nutzt die Ängste vor Kriminalität schlichtweg aus um seinen Tötungs- und Reinigungsfantasien freien Lauf zu lassen. Gerade in den USA ist irgendwie so vieles extrem, das fängt bei den Essensportionen an und hört bei dieser Barbarei auf.
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Re: Todesstrafe

Beitragvon Bionic » Sa 19. Jun 2010, 02:12

Dissidenkt hat geschrieben:Wäre Ronnie Lee Gardner in einem anderen Viertel in einer "gesunden" amerikanischen Famile groß geworden, dürfte er jetzt am anderen Ende des Gewehrlaufs stehen und seiner Mordlust freien Lauf lassen. Zur Belohnung dafür, dass er dann einen gefesselten Menschen mit einem Gewehr aus 7 Metern Entfernung erschiessen würde, bekäme er eine Gedenkmünze.

Genau darum geht es. Danke.
Dissidenkt hat geschrieben:Eine Gesellschaft mit solchen Regeln ist psychisch krank.

Ja das ist sicher! Nur es sind ja viele Gesellschaften psychisch krank. Das würde ja deren Strafmündigkeit auch in Frage stellen.
Ich sag ja nicht dass ich dem Rechtssystem absolut vertraue, aber das ginge ja schon etwas weit.
1von6,5Milliarden hat geschrieben:Trotzdem will ich dich darauf hinweisen, dass Verständnis und Beachtung doch "leicht" unterschiedliche Bedeutung haben. Oder ist dies in deinem Umfeld gleichbedeutend?

Sorry ich dachte du hättest Beachtung geschrieben. Ich sollte echt besser aufpassen... Also warum findest du dass es kein Verständnis mehr verdient?
1von6,5Milliarden hat geschrieben:Du meinst es wäre besser, man würde immer noch eine Betroffenheitsäußerung nachschieben, das Mord böse ist, Totschlag auch, aber etwas weniger etc.?

Nein! Es ging darum dass du von nur Mord gesprochen hast. Das find ich schon etwas fraglich.
1von6,5Milliarden hat geschrieben:Mord ist nicht banal, aber leider leben wir in einem Staat, der aus finanziellen Gründen geschätzt jeden zweiten Mord nicht einmal als solchen erkennen will. (Muss ich da meine Betroffenheit noch irgendwie extra ausweisen?)

Sicher jeden zweiten? Ich meine ich weiß schon dass öfters zu ungenaue Untersuchungen gemacht werden. Aber wieviele Morde nicht entdeckt werden,
kann man doch gar nicht wissen. (Betroffenheit musst du nicht schreiben.)
Nanna hat geschrieben:Das bringt die Sache auf den Punkt. Selbst die Giftspritze ist ein brutaler Gewaltexzess. Übersteigerter Machtwahn scheint mir eine Ursache für dieses Vorgehen zu sein, irgendjemand nutzt die Ängste vor Kriminalität schlichtweg aus um seinen Tötungs- und Reinigungsfantasien freien Lauf zu lassen. Gerade in den USA ist irgendwie so vieles extrem, das fängt bei den Essensportionen an und hört bei dieser Barbarei auf.

Übertreibst du da nicht etwas? Tötungs- und Reinigungsfantasien?? Ist ja nicht wie bei "Running Man".
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Re: Todesstrafe

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Sa 19. Jun 2010, 09:28

Bionic hat geschrieben: Also warum findest du dass es kein Verständnis mehr verdient?

Damit man leichter weiß um was es geht, zitiere ich mich noch einmal:
das Recht jemanden umbringen zu dürfen, nur weil dieser jemanden umgebracht hat, dieses Recht verdient in der heutigen Zeit kein Verständnis mehr.

Kleiner aber wiederholter Hinweis: ein Recht, ist ein Anspruch, kein Gefühl, keine Hoffnung, kein Wunsch.
Auch wenn du vielleicht zu jung sein könntest (?), ein gutes Beispiel ist "Marianne Bachmeier". (=> s.a. http://de.wikipedia.org/wiki/Marianne_Bachmeier)
Ich habe sehr, sehr viel Verständnis für den Wunsch dieser Mutter nach Rache, auch wenn ich zum Glück es nicht wirklich nachvollziehen kann (ich habe keine ermordete Tochter).
Aber sie hatte kein Recht auf Rache, kein Recht den Mörder zu töten.
Warum nicht?
Weil Recht wenn möglich auch was mit Gerechtigkeit zu tun haben sollte, weil Emotionen und Gerechtigkeit leider selten Hand in Hand gehen.
Rache ist selten Gerecht, deshalb darf es kein Recht auf Rache geben und auch kein Verständnis auf Recht auf Rache geben, solange sich eine soziale Gesellschaft irgendwie anders behelfen kann.

Auch weil - grundsätzlich - niemand das Recht hat jemand anderes zu töten (Notwehr u.ä. ausgenommen, wenn die Tötung angemessen oder unausweichlich ist oder zu sein scheint).
Und alleine daraus verbietet sich das Recht auf Rache schon. Denn wenn die Rache (nicht das Recht darauf) am verständlichsten ist (wenn das eigene Kind "bestialisch" ermordet wurde), ich die Rache nicht gewähren darf, dann darf ich diese in weniger verständlichen Fällen doch erst recht nicht gewähren.

Ich habe kein Verständnis für ein Recht auf Rache.

Möchte möglich sein, dass du dies (die Betonung auf Recht auf Rache) so nicht herausgelesen hast, obwohl ich der Meinung war, es stünde eigentlich doch deutlich dort.
Für den Gedanken, den Wunsch nach Rache habe ich fallweise (z.B. im Fall Bachmeier u.ä.) durchaus Verständnis. Aber die Ausführung ist weder rechtens noch richtig.

Bionic hat geschrieben:
1von6,5Milliarden hat geschrieben:Du meinst es wäre besser, man würde immer noch eine Betroffenheitsäußerung nachschieben, das Mord böse ist, Totschlag auch, aber etwas weniger etc.?

Nein! Es ging darum dass du von nur Mord gesprochen hast. Das find ich schon etwas fraglich.
Hilf mir bitte, ich finde es nicht

Bionic hat geschrieben:
1von6,5Milliarden hat geschrieben:Mord ist nicht banal, aber leider leben wir in einem Staat, der aus finanziellen Gründen geschätzt jeden zweiten Mord nicht einmal als solchen erkennen will.

Sicher jeden zweiten?
Nein, deshalb auch das Wort "geschätzt" (was ich nachträglich hervorgehoben habe in meinem Zitat).
Ob die veröffentlichte Schätzung zutreffend ist, ließe sich erst durch einen großangelegten Versuch oder durch eine Systemänderung untermauern oder widerlegen. Diese Schätzung kann übertrieben sein, vielleicht auch aus finanziellen Gründen, man will mehr Geld für seine Berufssparte, oder auch viel zu vorsichtig. Wer weiß?
Ist mir übrigens schon seit ca. 30 Jahren (+/- 5) bekannt.
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Re: Todesstrafe

Beitragvon Bionic » Sa 19. Jun 2010, 15:38

1von6,5Milliarden hat geschrieben:<span>Auch wenn du vielleicht zu jung sein könntest (?), ein gutes Beispiel ist "Marianne Bachmeier". (=> s.a. <a linkindex="109" href="http://de.wikipedia.org/wiki/Marianne_Bachmeier" class="smarterwiki-linkify">http://de.wikipedia.org/wiki/Marianne_Bachmeier</a>)</span>

Wie meinst du das zu jung?? Ich bin 25.
1von6,5Milliarden hat geschrieben:Weil Recht wenn möglich auch was mit Gerechtigkeit zu tun haben sollte, weil Emotionen und Gerechtigkeit leider selten Hand in Hand gehen.
Rache ist selten Gerecht, deshalb darf es kein Recht auf Rache geben und auch kein Verständnis auf Recht auf Rache geben, solange sich eine soziale Gesellschaft irgendwie anders behelfen kann.

Bei dem von dir genannten Fall, versteh ich das.
1von6,5Milliarden hat geschrieben:Auch weil - grundsätzlich - niemand das Recht hat jemand anderes zu töten (Notwehr u.ä. ausgenommen, wenn die Tötung angemessen oder unausweichlich ist oder zu sein scheint).

Das ist klar!
1von6,5Milliarden hat geschrieben:Und alleine daraus verbietet sich das Recht auf Rache schon. Denn wenn die Rache (nicht das Recht darauf) am verständlichsten ist (wenn das eigene Kind "bestialisch" ermordet wurde), ich die Rache nicht gewähren darf, dann darf ich diese in weniger verständlichen Fällen doch erst recht nicht gewähren.

Das stimmt. Aber bei geringeren Vergehen hast du auch kein Verständnis dafür?
1von6,5Milliarden hat geschrieben:Ich habe kein Verständnis für ein Recht auf Rache.

Aus den von dir genannten Gründen, die ich ja auch verstehe. Nur hast du hier ja nur von schlimmen Vergehen gesprochen.
Bleibst du denn bei leichteren Vergehen auch bei deiner Meinung?
1von6,5Milliarden hat geschrieben:Für den Gedanken, den Wunsch nach Rache habe ich fallweise (z.B. im Fall Bachmeier u.ä.) durchaus Verständnis. Aber die Ausführung ist weder rechtens noch richtig.

Rechtens mag sie ja nicht sein, aber warum könnte sie nicht richtig sein? Aus dem selben Grund warum es nicht rechtens ist?

Bionic hat geschrieben:
1von6,5Milliarden hat geschrieben:Nein! Es ging darum dass du von nur Mord gesprochen hast. Das find ich schon etwas fraglich.
Hilf mir bitte, ich finde es nicht

Kein Problem. Ist zwar nicht ganz der selbe Wortlaut, kommt aber auf das Selbe heraus.
1von6,5Milliarden hat geschrieben:Also findest du es richtig, dass jemand Rache ausübt? Das Recht auf Rache, also Auge um Auge, Zahn um Zahn, Leben für Leben ist archaisch, das Recht jemanden umbringen zu dürfen, nur weil dieser jemanden umgebracht hat, dieses Recht verdient in der heutigen Zeit kein Verständnis mehr.
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Re: Todesstrafe

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Sa 19. Jun 2010, 16:11

Zum letzten Punkt ("nur"):
Ja, war unglücklich formuliert. :blush2: da hast du recht. Das "nur" gehörte eindeutig raus. :up:
Da habe ich wohl während des Schreibens plötzlich die Gedankenspur gewechselt. Passiert mir häufig, meistens kommt aber absoluter Unsinn dabei raus, das merke ich dann doch noch - oder jeder erkennt, dass da einfach unverständlicher Blödsinn dasteht.


zum ersten Punkt (Alter): Wenn du jetzt 25 bist, dann wirst du vermutlich den Fall Bachmeier vor 30 Jahren nicht so aktiv in den Zeitungen und Zeitschriften verfolgt haben. Nur darauf habe ich gezielt.
Solltest du allerdings vor 30 Jahren doch Zeitungen, Zeitschriften und Fernsehsendungen darüber wissentlich konsumiert haben, dann war mein Einwand falsch. :^^:
Und irgendwie habe ich den Eindruck gehabt, dass du eben noch auf "Unter-40-Partys" gehst. (Ich kann dir aber nicht genau sagen, warum ich diesen Eindruck gehabt habe.)

Ansonsten reden wir glaube ich etwas aneinander vorbei.
Unter "Recht auf Rache" verstehe ich eigentlich nichts anderes wie ausgeübte und erlaubte Selbstjustiz aus rein persönlichen Gründen der Rache.
Ich verstehe darunter nicht das Recht Rachegedanken zu haben.
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Re: Todesstrafe

Beitragvon Bionic » Sa 19. Jun 2010, 16:34

1von6,5Milliarden hat geschrieben:Zum letzten Punkt ("nur"):
Ja, war unglücklich formuliert. :blush2: da hast du recht. Das "nur" gehörte eindeutig raus. :up:
Da habe ich wohl während des Schreibens plötzlich die Gedankenspur gewechselt. Passiert mir häufig, meistens kommt aber absoluter Unsinn dabei raus, das merke ich dann doch noch - oder jeder erkennt, dass da einfach unverständlicher Blödsinn dasteht.

Ok danke. Ist nicht bös gemeint, ich wollts dir nur sagen.
1von6,5Milliarden hat geschrieben:zum ersten Punkt (Alter): Wenn du jetzt 25 bist, dann wirst du vermutlich den Fall Bachmeier vor 30 Jahren nicht so aktiv in den Zeitungen und Zeitschriften verfolgt haben. Nur darauf habe ich gezielt.

Ok ja das hab ich mir eh so gedacht. Ja ich bin 25.
1von6,5Milliarden hat geschrieben:Und irgendwie habe ich den Eindruck gehabt, dass du eben noch auf "Unter-40-Partys" gehst. (Ich kann dir aber nicht genau sagen, warum ich diesen Eindruck gehabt habe.)

Ja danke. Vieleicht kommt der Eindruck daher, weil ich doch manchmal etwas kompliziert schreibe.
1von6,5Milliarden hat geschrieben:Unter "Recht auf Rache" verstehe ich eigentlich nichts anderes wie ausgeübte und erlaubte Selbstjustiz aus rein persönlichen Gründen der Rache.
Ich verstehe darunter nicht das Recht Rachegedanken zu haben.

Es ist mir schon klar, dass es bei schweren Fällen kein Recht auf Rache geben darf! Aber wie siehst du das bei kleineren Delikten?
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Re: Todesstrafe

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Sa 19. Jun 2010, 16:43

Wieso sollte man ein Recht auf Rache haben, auch bei kleinen Sachen bzw. was verstehst du unter "kleineren Delikten"?
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Re: Todesstrafe

Beitragvon Bionic » Sa 19. Jun 2010, 17:25

1von6,5Milliarden hat geschrieben:Wieso sollte man ein Recht auf Rache haben, auch bei kleinen Sachen bzw. was verstehst du unter "kleineren Delikten"?

Naja bei einem Streich zB. Derjenige der einen Streich spielt handelt gesetzeswiedrig und Derjenige der sich rächen würde auch?
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Re: Todesstrafe

Beitragvon Dissidenkt » Sa 19. Jun 2010, 21:02

Der Fall Bachmeier ist ein gutes Beispiel dafür, dass man zwischen Recht und Recht unterscheiden muss, dann kommt ihr beiden auch auf einen gemeinsamen Nenner.

Es gibt zum einen das moralische/empfundene Recht und zum anderen das codifizierte Recht.

Moralisch kann man Eltern deren Kinder ermordet oder missbraucht wurden, das Recht auf Rachegefühle nicht absprechen. Tatsächlich wäre es eher unnormal, wenn Eltern diese Gefühle nicht hätten. Gleichzeitig muss das gesellschaftlich codifizierte Recht - vertreten durch den Staat - aber diese Rache um jeden Preis verhindern, da es sonst schlicht und einfach überflüssig wäre und sich die Gesellschaft in Rache und Blutfehden verstricken würde, wie es zB in Albanien der Fall ist.

Ich billige Frau Bachmeier das moralische Recht zu, den Mörder ihrer Tochter töten zu wollen, erwarte aber gleichzeitig vom Staat, dass er dies verhindert. Wenn es ihr - wie in diesem Fall - gelingt, hat nicht Frau Bachmeier versagt, sondern der Staat. Verurteilen würde ich sie deshalb nicht.

Ähnlich verhält es sich mit dem moralischen Recht eines Verurteilten fliehen zu wollen. Natürlich muss der Staat dafür sorgen, dass dies nicht geschieht. Wenn es dennoch passiert, kann man dem Geflohenen keinen Vorwurf machen, er kann dafür auch nicht bestraft werden. Nimmt er aber Geiseln oder verletzt er andere Personen, ist das selbstverständlich strafbar.
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Re: Todesstrafe

Beitragvon Nanna » Sa 19. Jun 2010, 21:25

In der Tat, wer alleine (!) aus staatlichem Gewahrsam flieht, kann dafür nicht belangt werden, höchstens für Sach- und Personenschäden, die er dabei verursacht hat. Der Unterschied zum Töten des Mörders des eigenen Kindes (und ähnlich gelagerter Fälle) ist aber, dass es hier auch keinen direkt Geschädigten gibt. Man könnte allenfalls argumentieren, dass die öffentliche Ordnung und die Anordnung der Justiz vom Geflohenen missachtet wurden, aber das ist schon eine ziemlich abstrakte Form von Schädigung. Der Mörder, der von Menschen wie Fr. Bachmann getötet wird, ist aber ganz unzweifelhaft geschädigt. Die Tatsache, dass man selbst Schädigung erfahren hat, gibt aber nicht das Recht, anderen zu schaden. Ich darf z.B. auch keine Banken anzünden, weil diese mein Geld verbrannt hat, auch wenn die Wut natürlich äußerst nachvollziehbar wäre.
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Re: Todesstrafe

Beitragvon Dissidenkt » Sa 19. Jun 2010, 21:56

Nanna hat geschrieben: Ich darf z.B. auch keine Banken anzünden, weil diese mein Geld verbrannt hat, auch wenn die Wut natürlich äußerst nachvollziehbar wäre.


Den Verlust von Geld, sollte man doch von dem Verlust eines Kindes unterscheiden. :erschreckt:
Es geht beim Kindsmord um eine emotionale Ausnahmesituation, das Schlimmste was Menschen angetan werden kann. Rachegefühle sind eine völlig normale Reaktion damit fertig zu werden. Der Staat weiss das und muss es deshalb verhindern. Über Menschen, die wie Frau Bachmeier mit dieser extremen Ausnahmesituation nicht klar kommen, würde ich nicht den Stab brechen.

Anderes Extrembeispiel: der Fall Gäfgen.
Selbstverständlich darf der Staat grundsätzlich und ausnahmlos nicht foltern. Dennoch kann ich die Beamten verstehen, die es in der Ausnahmesituation (Lebensgefahr für ein entführtes Kind) dennoch getan - oder angedroht haben. Solche Einzelfälle sind eine Frage der Zivilcourage. Wäre ich in Daschners Situation und hätte berechtigten Grund anzunehmen, dass das Kind noch lebt und der Entführer durch physische Gewalt zu beeindrucken ist, hätte ich ähnlich gehandelt und mich nachher selbst angezeigt. Mit dem Gedanken - nicht alles für das entführte Kind getan zu haben - würde ich nicht leben wollen.
Zuletzt geändert von Dissidenkt am Sa 19. Jun 2010, 22:06, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Todesstrafe

Beitragvon Nanna » Sa 19. Jun 2010, 21:59

Ich setze das keinesfalls gleich, aber das Beispiel ist gut zur Illustration.

Ich würde natürlich auch mildernde Umstände für solche mordenden Eltern befürworten, das ist ganz klar, aber einem de-facto-Freibrief zum Töten von Kindsmördern kann ich nicht befürworten, bei allem Verständnis.
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Re: Todesstrafe

Beitragvon Dissidenkt » Sa 19. Jun 2010, 22:39

Nanna hat geschrieben: einem de-facto-Freibrief zum Töten von Kindsmördern kann ich nicht befürworten, bei allem Verständnis.


Es geht nicht um einen juristischen Freibrief für Eltern, die aus Rache Kindsmörder ermorden. Selbstverständlich muss Mord strafbar bleiben.
Es geht um die moralische Bewertung.
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Re: Todesstrafe

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Sa 19. Jun 2010, 23:03

Naja, ich sehe es moralisch und juristisch aber eher zu sich ähnlich. Es ist und bleibt Mord (ob bzw. dass jetzt im Fall Bachmeier da auch noch andere Faktoren wie Narzissmus, Aufbauschen durch die Presse etc. dazugekommen sind, sei jetzt mal egal).
Denn Rache ist eigentlich ein niederer Beweggrund, sowohl juristisch wie auch moralisch. Aber das Leid als Mutter eines missbrauchten und ermordeten Kindes führt zu mildernden Umständen und in diesem Fall eben zu einer Einstufung nur als Totschlag, was aber IIRC durchs eher umstritten war und wohl auch eine Folge oder zumindest Begleiterscheinung des Mediendrucks.
Der Rachegedanke (oder Rachegefühle) ist in gewissem Maße normal und natürlich, Rache selber ist m.E. moralisch wie juristiusch verwerflich, insbesondere wenn die Racheausführung berechnend/geplant erfolgt, also keine Affekttat mehr ist.
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Re: Todesstrafe

Beitragvon Mark » Sa 19. Jun 2010, 23:07

interessant finde ich das viele hier den Standpunkt zu vertreten scheinen Menschen hätten "von Grund aus" überhaupt irgendwelche Rechte.
Was soll denn dabei "von Grund aus" bedeuten ?
Ein "Recht" ist doch kein Naturgesetz. Es ist ein juristischer Begriff, der oftmals im "Laienkreis" aus dem Bauch heraus und weniger aus der Kenntnis juristischer Schriften wahrgenommen wird, aber nichtsdestotrotz sehen wir ja alle worauf unsere Gesellschaft sich im Zweifelsfalle letztendlich verlässt : Auf Richter und Anwälte und dickkkkke Bücher voller Regelungen.
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Re: Todesstrafe

Beitragvon Bionic » So 20. Jun 2010, 00:42

1von6,5Milliarden hat geschrieben:Rache selber ist m.E. moralisch wie juristiusch verwerflich, insbesondere wenn die Racheausführung berechnend/geplant erfolgt, also keine Affekttat mehr ist.

Warum ist Rache allgemein verwerflich? Wenn wir mal von einem Streich ausgehen?
Mark hat geschrieben:interessant finde ich das viele hier den Standpunkt zu vertreten scheinen Menschen hätten "von Grund aus" überhaupt irgendwelche Rechte.

Schon mal von den Menschenrechten göhrt?
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Re: Todesstrafe

Beitragvon Nanna » So 20. Jun 2010, 01:59

Bionic hat geschrieben:
Mark hat geschrieben:interessant finde ich das viele hier den Standpunkt zu vertreten scheinen Menschen hätten "von Grund aus" überhaupt irgendwelche Rechte.

Schon mal von den Menschenrechten göhrt?

Mark hat da schon Recht. Die Menschenrechte werden zwar als universal angenommen, sind aber nichtsdestotrotz ein soziales Konstrukt. Wie schon öfter angemerkt: Normen lassen sich nicht letztbegründen. Es steht nirgendwo im Universum eine Tafel seit dem Urknall herum, auf der unlöschbar eingraviert in allen jemals benutzten Kommunikationsformen steht, dass der Spezies homo sapiens vom Planeten Erde vom Rand der Milchstraße (Virgo-Superhaufen -> Lokale Gruppe -> unten rechts, dreimal klingeln), eine leicht skurrile Randerscheinung der Evolution, irgendwelche natürlichen Rechte innewohnen würden. Wir haben uns diese Rechte gegeben, weil ihre Annahme sowohl funktional wie emotional für uns stringent ist und unseren Bedürfnissen nach Sicherheit und sozialer Gerechtigkeit entgegenkommt, nicht, weil, wir ihre Existenz irgendwo in der Natur entdeckt hätten.

Eigentlich reden wir bei diesen ganzen Diskussionen auch über Privilegien und nicht über Rechte. Privilegien sind empirisch noch klarer fassbar, man kann mit soziologischen Methoden zeigen, dass eine Gruppe offensichtlich etwas machen kann, was eine andere dagegen nicht kann, ohne massive soziale Akzeptanzprobleme zu bekommen. Rechte dagegen sind empirisch nicht fassbar, nur der Glaube daran kann - wie bei den Privilegien auch nur indirekt - nachgewiesen werden. Man kann also zwar nachweisen, dass ein Recht ein Ding ist, das viele Menschen für existent halten und ihre Handlungen daran ausrichten, empirisch aufzeigen lässt sich aber nur das gelebte Privileg, das aus dieser Rechtsannahme entsteht. Und selbst da haben wir logische Probleme, denn diese Privilegien sind auch wieder nur soziale Muster. Versuch mal empirisch nachzuweisen, dass ein Teppichmuster existiert. Schon bei kurzem Nachdenken wird klar, dass gar nicht so sicher ist, ob das Muster nun auf dem Teppich, im Kopf des Betrachters oder in einer Art Supersystem aus beiden existiert. Insofern dürfen wir nicht vergessen, wenn wir über soetwas wie Rechte reden, dass ein Satz wie "Ein Mensch hat Rechte" letztlich nur eine pragmatische Vereinfachung der tatsächlichen Sachlage darstellt.

Ich hoffe, ich habe das korrekt und halbwegs verständlich dargestellt.
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Re: Todesstrafe

Beitragvon Dissidenkt » So 20. Jun 2010, 09:13

Nanna hat geschrieben:
Bionic hat geschrieben:
Mark hat geschrieben:interessant finde ich das viele hier den Standpunkt zu vertreten scheinen Menschen hätten "von Grund aus" überhaupt irgendwelche Rechte.

Schon mal von den Menschenrechten göhrt?

Mark hat da schon Recht. Die Menschenrechte werden zwar als universal angenommen, sind aber nichtsdestotrotz ein soziales Konstrukt.


Nur weil die Menschenrechte ein soziales Konstrukt sind, bedeutet das nicht, dass sie nicht allgemeine Gültigkeit besitzen. Die allgemeine Gültigkeit besagt ja nichts anderes, als das es sich um den kleinsten gemeinsamen Nenner sozialen Zusammenlebens handelt. Das Recht auf körperliche Unversehrtheit gilt überall, auch dort, wo es kein codifiziertes Recht gibt. Du kannst nirgendwo auf der Welt hingehen und einen Menschen wahllos verprügeln. Das wird immer und überall sozial sanktioniert. Gleiches gilt für Diebstahl oder andere prinzipiell asoziale Verhaltensweisen.

Auch das Bedürfnis nach Rache ist in der Natur des Menschen angelegt und deshalb universal. Unsere Zivilisation hat sich zwar entschieden diesem Gefühl ein allgemeines Recht überzuordnen, das ändert aber nicht das natürliche Bedürfnis nach Vergeltung, sondern versucht es zu unterdrücken oder in einem allgemeingültigen Rechtsprozess zu kanalisieren.

Ein Naturrecht zeichnet sich also gerade dadurch aus, dass es nicht lokal codifiziert ist, sondern überall als Regel des Zusammenlebens Gültigkeit besitzt. Darum steht es moralisch über jedem codifiziertem Gesetz, das immer auch Ausdruck von Herrschaftsverhältnissen ist.
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