ujmp hat geschrieben:Möglicherweise trotzdem falsch. Getreide kann m.W. in den Anfängen der Domestizierung nicht als Nahrungsquelle gedient haben, weil es viel zu wenig Ertrag bot. ... Der Witz ist nun, dass den Menschen zwei verschiedene Arten von Rauschmitteln bekannt waren: Alkohol und Drogen (z.B. Fliegenpilze). ...
Deine These ist ja ganz putzig (habe wirklich sehr geschmunzelt), aber Du bist ein bisschen zu sehr geisteswissenschaftlich geprägt - fürchte ich.
Diamond versucht seine These anhand von historischen, molekularbiologischen und archäologischen FAKTEN zu belegen. Natürlich können diese Fakten falsch sein, dann ist es aber theoretisch relativ einfach (wenn auch evtl. konkret mühsam) diese zu widerlegen. Also eine falszifizierbare These, sowas mag ich!
Zunächst eimal ist es wohl so, dass Mais (und übrigens auch Reis) wesentlich weniger Eiweiß besitzen als die urtümlichen Getreidearten (Einkornweizen, Emmerweizen und Gerste). Getreide lies sich anfangs sehr gut als Nebenprodukt anbauen (Diamond geht interessanterweise davon aus, dass die ersten sesshaften Hominiden in Eurasien ihre Äcker in ihren Notdurftarealen selber angelegt haben :). Darüberhinaus behaupte Diamond, dass Getreide sehr wohl von Anfang an gute Erträge lieferte (ein Faktum, dass man überprüfen könnte), die Ausgangsform des Mais (Teosinte heisst das Zeugs) aber praktisch gar nicht. Abgesehen davon hatte der Urmais eine harte, unverdaulich Schale, die Eurasischen Getreidesorten nicht, auch ein Vorteil. Hinzu kommt, das Mais ursprünglich nicht in Nordamerika gut wuchs, erst um 900 nach Chr. lassen sich Maissorten nachweisen, die zu erkläglichen Erträgen auch in Nordamerika führten. Da war die Landwirtschaft in Europa und Asien längst voll etabliert und ertragreich, wofür es eine Fülle archäologischer und historischer Beleg gibt.
Es kommt im Übrigen nicht nur auf die einzelnen Pflanzensorten an, sondern man braucht einen Fächer von Pflanzen (Kohlehydratspender, Eiweißspender, Faserpflanzen etc.) und zusätzlich noch domestizierbare Tiere um eine ertragreiche Landwirtschaft aufzubauen. Nur wenn für alle wichtigen Bereiche geeignete Ausgangs"produkte" vorliegen lohnt sich der Übergang vom Jäger und Sammler zum Ackerbauern und wird dann auch irgendwann vollzogen - das ist das zentrale Argument Diamonds.
PS: Wenn dich das Thema interessiert kann ich die Lektüre des Buches nur empfehlen, es ist interessant, originell und spannend zu lesen und als Taschenbuch recht preiswert (ISBN 978-5-569-17214-6). Dabei kommt es auch gar nicht so auf die einzelnen Fakten an, sondern auf die erfrischend unkonventionelle Denke.