fopa hat geschrieben:Mein Problem mit "Spiral Dynamic" ist, dass dabei unser gesamtes Verhalten auf Meme zurückgeführt wird, also quasi alles Kultur ist, weil alles erlernt ist. ...
Aber so funktioniert der Mensch nicht! Hardware und Software sind nicht vollkommen getrennt!
Ich sehe das so wie Du, aber wer behauptet denn, dass es anders sei?
Die Trennung zwischen Hardware und Software, die letztlich sowieso eine schlechte Analogie ist, oder Geist und Gehirn ist eine, die wir brauchen, um uns bestimmten Phänomenen zu nähern, damit ist nicht gesagt, dass sie wirklich besteht.
fopa hat geschrieben:Die Ablehnung des "Spiral Dynamic"-Modells hat auch nicht zwangsläufig zur Folge, dass man Dawkins- oder Darwin-Jünger ist. Umgekehrt genauso wenig. Weil es in der einen Theorie eine Ungereimtheit gibt, ist nicht gleich alles an der Theorie falsch.
Im Übrigen würde ich als Gegenpart zum "Spiral Dynamic" nicht Dawkins, sondern eher Konrad Lorenz oder Irenäus Eibl-Eibesfeldt sehen.
Das hatte ich so auch nicht gesehen.
Die Mem-Idee ist ja von Dawkins und Lorenz und Eibl-Eibesfeldt sind nicht Dawkins Gegner was
das angeht, sondern dort ging es primär um die Frage, ob es bei der Evolution eher um Arterhalt geht oder um das Individuum.
Die Waage ist damals auf Dawkins Seite gekippt, nicht etwa wegen der empirischen Befunde, sondern wegen eines spieltheoretischen Modells, das Kommentkämpfer und Beschädigungskämpfer verglichen hat und das viele empirische Zwischenstufen völlig unter den Tisch fallen lässt.
Die Mem-Idee ist reizvoll, weil sie auch Biologen erlaubt, mal von dieser Hardware-Fixierung loszulassen. Sie wieder darauf zu reduzieren, dass man sagt, Meme gibt es ja eigentlich gar nicht, ist dann der Ausweis, dass der Sprung nicht gelungen ist.
Ist so ungefähr, wie zu sagen, Gedanken gäbe es ja „in Wirklichkeit“ nicht.
Die sollen dann so was wie die Innenseite elektrochemischer Prozesse sein, doch wo dieses Innen eigentlich liegt, ist auch schon nicht mehr klar und dann kommen diese ganzen Ideen von, „es gibt mich eigentlich gar nicht“ zustande und eine krude Vermengung von Logik und Empirie die dann so aussieht: Weil es im Kopf kein Männchen gibt, was rumflitzt und winkt, gibt es auch kein Ich.
Dass alles nur Kultur wäre, ist genauso ein Konstrukt, wie die Idee alles sei Biologie oder Physik, absolut betrachtet völlig wertlos, weil eine metaphysische Behauptung und erkenntnistheoretisch gesehen sehr begrenzt in der Reichweite, denn bereits die Sprache die auch Naturwissenschaftler benutzen um ihre Ergebnisse auszutauschen, sperren sich vor dem Zugang einer naturwissenschaftlich-reduzierenden Vorgehensweise.
fopa hat geschrieben:Was die Ausnutzung unserer Gehirnleistung in prähistorischer Zeit angeht, stimme ich ujmp zu. Wenn es nicht so gewesen wäre, dass es für den Menschen einen Vorteil dargestellt hat, ein besseres gedankliches Leistungsvermögen zu besitzen, hätte sich dieses höchstens durch komischen Zufall entwickelt. (Siehe auch
Evolution und unterschiedlicher Geschmack?)
Selbst der frühe Mensch (älter als 100.000 Jahre) dürfte ein hohes Gehirnleistungsvermögen gehabt haben, denn soo viel hat sich an uns seitdem nicht verändert. (
http://en.wikipedia.org/wiki/Archaic_Homo_sapiens)
Diese vollkommen unhinterfragte Übernahme des Vorteils-, Nutzendenkens finde ich interessant.
Das ist doch unter memetischen Gesichtspunkten mal etwas, was die Analyse lohnt.
Alle Welt scheint sich einig zu sein, dass die Welt ein riesiges Optimierungsprogramm ist, Nutzen und immer mehr Nutzen. Für wen oder was, da „die Natur“ ja doof und tot ist? Kommt natürlich drauf an, ob Natur all das ist, was die Naturgesetze beschreiben, also zu weit über 99,99% doofes, totes Gas und irgendwelche Formen von dunkler Energie und Materie, über die niemand was Genaues weiß oder ob Natur die Biosphäre ist, also all das, was lebt.
Passt doof und tot mit der Idee des Nutzens überhaupt zusammen?
Und was steht am Ende des Nutzens? Energetisch stabile Bindungen? Oder erfolgreiche Fortpflanzung? Oder Erkenntnis? Oder Spaß? Oder Zufriedenheit? Oder Schönes? Oder Gutes?
Ja der Nutzen um den geht’s, aber wie es mit den aller selbstverständlichsten Begriffen nun mal so ist.
Da wird genüsslich versucht so einen Begriff wie Qualia zu zerlegen, weil hohoho, den gibt’s doch gar nicht, aber der Nutzen, der liegt bekanntlich auf der Straße, leuchtet grün, ist eckig und schmeckt nach Himbeere, wie wir alle wissen.
Adam Smith war doch vor Charles Darwin, nicht wahr? Wäre doch lustig, wenn am Anfang der Biologie ein Mem steht.
http://de.wikipedia.org/wiki/Klassische ... .931790.29