Bisheriges Streben der Evolution

Bisheriges Streben der Evolution

Beitragvon xander1 » So 21. Okt 2012, 17:58

Angeblich strebt die Evolution nicht gegen irgendein Ziel habe ich mal gehört.
Allerdings ist ja was bei rausgekommen, beim Evolutionsvorgang oder wie man den nennen mag.
Jedenfalls frage ich mich, was man so zusammentragen kann, gegen was die Evolution scheinbar gestrebt haben muss, damit das erreicht werden kann, was heute da ist.

Ich will ja nicht unterstellen, dass die Evolution quasi "bewusst" ein Ziel hatte, aber wenigstens dass sie scheinbar ein Ziel gehabt haben muss, bzw. eigtl. mehrere.
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Re: Bisheriges Streben der Evolution

Beitragvon Darth Nefarius » So 21. Okt 2012, 18:17

Das ist final gedacht. In der Tat ist dein erster Eindruck, dass die Evolution kein zielgerichtetes Phänomen ist, richtig. Um es vereinfacht zu beschreiben: Evolution ist eine Kettenreaktion, die zu mehreren Zweigen führte. Einige dieser Zweige variierten in der Reaktion, andere endeten, weil sie ins Leere liefen. Sind dir radikalische, chemische Reaktionen bekannt? Die sind eine eigentlich ganz gute Analogie zu diesem Mechanismus, ein Teil dieser heißt sogar "Kettenfortpflanzungsreaktionen". Und auch da gibt es die unterschiedlichsten Produkte. Du wirst doch einem solchen chemischen Mechanismus auch keine Absicht unterstellen, oder? Die Evolution ist das quasi in groß.
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Re: Bisheriges Streben der Evolution

Beitragvon Arathas » Mo 22. Okt 2012, 09:20

xander1 hat geschrieben:Ich will ja nicht unterstellen, dass die Evolution quasi "bewusst" ein Ziel hatte, aber wenigstens dass sie scheinbar ein Ziel gehabt haben muss


Dass die Evolution kein Ziel verfolgt, sieht man am einfachsten daran, dass man sich vorstellt, in eine Zeitmaschine zu steigen:

Anfangs reist du gleich mal ein paar hundert Millionen Jahre zurück, zu dem Zeitpunkt, als die ersten Insekten auf dem Planeten auftauchten. Das Ziel der Evolution muss also scheinbar sein, Insekten hervorzubringen, die echt tolle Eigenschaften haben können, Augen haben, usw.

Dann reist du zu dem Zeitpunkt, als die ersten Samenpflanzen auftauchten, unter anderem auch begünstigt durch die Insekten. Das Ziel der Evolution muss also scheinbar sein, Samenpflanzen hervorzubringen.

Dann reist du zu dem Zeitpunkt, als die Dinos die ganze Erde bevölkerten. Das Ziel der Evolution muss also scheinbar sein, Dinosaurier hervorzubringen.




Das kann man nun ewig so fortführen, egal in welche Epoche du reist. Das scheinbare Ziel der Evolution ist immer der derzeitige Ist-Zustand, den man sieht. In keiner Epoche außer der, in der wir gerade leben, hätte man vermuten können, dass der Mensch oder Primaten das scheinbare Ziel der Evolution sein könnten. Es gab vor 200 Millionen Jahren ganz einfach NICHTS, was darauf hingedeutet hätte.
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Re: Bisheriges Streben der Evolution

Beitragvon Darth Nefarius » Mo 22. Okt 2012, 16:48

Das ist auch ziemlich richtig. Atavismen und Homologien sind der beste Beweis für Ziellosigkeit. Da kann sich bei dem einen Nachfahren aus dem Zahn ein Haar , bei dem anderen eine Schuppe bilden, bei dem einen kann aus einer Flosse ein Fuß, bei dem anderen ein Flügel werden. Dann gibt es noch Stammbäume, wie beim Wal, wo seine Vorfahren zunächst Flossen hatten, die näheren dann Beine, er dann wieder Flossen. Dann gab es noch viele Stammbäume, die einfach ins Leere liefen, die dementsprechend das "Ziel" gehabt haben müssen, auszusterben. Das ist absurd. Es gibt kein Ziel, es gibt keinen Sinn, nur den Willen zu Überleben.
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Re: Bisheriges Streben der Evolution

Beitragvon mat-in » Mo 22. Okt 2012, 21:34

Die Evolution paßt Lebewesen permanent an die Umgebung an, wobei Umgebung auch andere Lebewesen bedeutet. Welche Route diese Anpassung nimmt ist aber ohne Ziel oder Absicht. Hätte auch ganz anders laufen können.
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Re: Bisheriges Streben der Evolution

Beitragvon xander1 » Di 23. Okt 2012, 12:49

Wenn es aber eine Absicht gäbe, was wäre die Absicht?
Man kann doch sagen, dass es einen Trend gab von einer Zelle zu vielen Zellen.
Man kann andere Trends ablesen, eigentlich extrem viele Trends.
z.B. gab es wohl auch einen Trend hin zu mehr Intelligenz.
Eine Bakterie hat weniger Intelligenz als der Mensch oder der Delphin.

und und und ...
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Re: Bisheriges Streben der Evolution

Beitragvon Zappa » Di 23. Okt 2012, 16:45

xander1 hat geschrieben:Man kann doch sagen, dass es einen Trend gab von einer Zelle zu vielen Zellen.


Was Du Trends nennst, sind Selektionsvorteile. Mehr kann man aus der Evolutionstheorie nicht herausholen ...

Abgesehen davon gibt es immer noch um Potenzen mehr Einzeller als Mehrzeller, erstere sind also erfolgreicher!
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Re: Bisheriges Streben der Evolution

Beitragvon Darth Nefarius » Di 23. Okt 2012, 18:29

Es gab sehr, sehr gegenläufige Trends. Zappas Einwand ist völlig richtig. In Mikrobiologie hat uns der Dozent mal ein interessantes Beispiel für die hoffnungslose Unterzahl der Menschen verglichen mit den Einzellern gegeben: Wir würden in ein Reagenzglas passen, wenn wir etwa so groß wie sie wären und es gäbe noch genügend Platz! Gut, er war zwar ein Biologe und hatte es nicht so mit dem Rechnen, aber die Größenordnungen kamen hin.
Zusammengefasst: Ein Lebewesen kann sich dir unterschiedlichsten Nischen zu eigen machen, diese haben unterschiedlichste Anforderungen. Deswegen haben einige Stammbäume es bis zu uns gebracht, andere wie die der Nautiliden, sind eingefroren.
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Re: Bisheriges Streben der Evolution

Beitragvon mat-in » Di 23. Okt 2012, 21:16

Weiteres schönes Beispiel: So wie du gerade vor dem PC sitzt bestehst du aus mehr Bakterienzellen als menschlichen Zellen.

Man kann wirklich nicht von "trend" reden. Das komplexeres sich aus einfacherem Entwickelt ist kein "Trend dem gefolgt wird" sondern ein Ding der Logik, umgekehrt geht kaum. Das komplexes aber nicht nur Vorteile bietet sieht man ja, z.B. an den Dinos...
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Re: Bisheriges Streben der Evolution

Beitragvon Vollbreit » Di 23. Okt 2012, 21:41

Warum das denn? Ich habe mal gehört, wir bestehen aus 2 kg Bakterien. Immerhin mehr als Hirn, aber mehr als alles andere?
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Re: Bisheriges Streben der Evolution

Beitragvon Darth Nefarius » Mi 24. Okt 2012, 16:56

Die Bakterien haben sich nicht aus komplexeren Organismen entwickelt. Und wenn du dich über die Masse wunderst, aber dir mat-in sagt, dass du aus mehr Bakterien bestehst als aus eigenen Zellen, dann musst du bedenken, dass eukaryotische Zellen ein wesentlich größeres Volumen haben können, sowie eine wesentlich größere Masse als Prokaryoten. Stoffmenge ist nicht gleich Masse, Vollbreit. 20 Ameisen wiegen weniger als du (davon gehe ich mal aus), trotzdem ist die Anzahl der Ameisen höher. So ungefähr ist das mit den Bakterien und den menschlichen Zellen.
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Re: Bisheriges Streben der Evolution

Beitragvon mat-in » Mi 24. Okt 2012, 22:38

Du hast ganz grob gesagt etwa 10000 milliarden Körperzellen und beherbergst 100000 milliarden Bakterien. Das liegt - wie Darth schon sagt - am Größenunterschied. E.coli, ein typischer Darmbewohner ist um 1µm dick und 2-4µm lang. Kleine Körperzellen wie Retina Ganglionzellen haben einen Zellkörper von etwa 10µm Durchmesser, ein Axon das etwa 1µm dick und bis zu über einem meter lang wird. Typische Fettzellen sind um 100µm (0,1mm) im Durchmesser. Es gibt Einzeller die so klein sind, daß sie in der Replikationsspindel (dem Apparat der die Chromosomen bei der Zellteilung auseinander bewegt) leben und dann bei der Zellteilung auch auf die Tochterzellen aufgeteilt werden... ja, Evolution ist lustig und immer für nen Spaß gut.
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Re: Bisheriges Streben der Evolution

Beitragvon xander1 » Do 25. Okt 2012, 10:16

Ist Evolution ein Optimierungsvorgang?
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Re: Bisheriges Streben der Evolution

Beitragvon Arathas » Do 25. Okt 2012, 11:15

Selektiv gesehen: Klar. Ein Schneehase mit weißem Fell ist optimiert auf das Leben in einer Schneelandschaft. Er könnte auch in einem wärmeren Gefilde überleben, in dem kein Schnee liegt bzw. in seinem Lebensraum, wenn dieser wärmer und schneelos wird. Aber da wäre dann sein weißes Fell nicht mehr optimal.

Die Frage ist: Optimierungsvorgang auf was? Auf eine Begebenheit: Ja, auf Hunderttausend andere: Nein.
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Re: Bisheriges Streben der Evolution

Beitragvon Darth Nefarius » Do 25. Okt 2012, 17:37

Es gibt zu viele relative Maßstäbe, um von Optimierung zu sprechen. Es ist ein "Angepasst-werden".
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Re: Bisheriges Streben der Evolution

Beitragvon mat-in » Do 25. Okt 2012, 21:04

Es ist schon eine Optimierung, aber eben eine Multifaktorielle und daher ist nicht immer alles "ideal" sondern eben nur so, daß es sehr gut paßt alles in allem unter den Umständen an die man sich angepaßt hat und unter Beachtung wie man sich schon entwickelt hat.
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Re: Bisheriges Streben der Evolution

Beitragvon Darth Nefarius » Sa 3. Nov 2012, 17:23

Das wird die Leute verwirren. Es ist keine Optimierung, sondern ein "Angepasst-werden", bleiben wir dabei. Die Intention der Frage wird dazu verleiten von einem Ziel auszugehen, wenn du das auch nur ansatzweise so formulierst, dass man dies reininterpretieren könnte. Manche Leute sind sehr hartnäckig bei ihren Interpretationen und stellen nur rhetorische Fragen.
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Re: Bisheriges Streben der Evolution

Beitragvon xander1 » Sa 3. Nov 2012, 20:35

Ich denke nicht, dass es ein statisches festes Ziel ist. Man könnte sagen, dass es ein sich wechselndes Ziel ist. Das würde dem gleich kommen, dass es gar kein Ziel gibt. Aber so einfach ist es auch nicht. Deswegen denke ich, dass es ein dynamisches Ziel ist, nämlich dem was die Evolutionstheorie schon sagt: Anpassung.

Ein Angepasst werden kann eine Optimierung sein und eine Optimierung kann ein angepasst werden sein.

Das ist so als würde man nicht auf eine Variable optimieren, sondern auf einen Algorithmus.

Und wenn man auf einen Algorithmus optimiert, dann scheint das so, als gäbe es kein Ziel, weil es eben kein festes Ziel ist.
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Re: Bisheriges Streben der Evolution

Beitragvon Darth Nefarius » So 4. Nov 2012, 10:38

Das Ziel ist zu überleben, einige haben mehr Erfolg als andere, das schlägt sich im Genpool nieder, ändert die Population und deren Fähigkeiten. Aber dieses Ziel haben die Lebewesen für sich, das ist kein übergeordnetes Ziel der Evolution.
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Re: Bisheriges Streben der Evolution

Beitragvon mat-in » So 4. Nov 2012, 22:16

Und damit kommen wir an den Punkt der "Warum" Frage. Und manche Fragen sind es eben nicht wert auch nur gestellt zu werden. Nicht alles hat einen sinn, nur weil wir dazu neigen durch unsere anpassung als soziale Wesen überall eine Absicht zu vermuten...
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