(c) Kommunikation:
Auf der Suche nach dem spezifisch Menschlichen, das die These von der "Krone der Schöpfung" erhörten könnte, schienen wir in der Vergangenheit vielfach fündig geworden zu sein, aber immer gab es einen schlauen Affen, der uns eines Besseren belehrte. Schimpansen nutzen wie wir viele unterschiedliche Werkzeuge zur Lösung von praktischen Problemen und Bonobos bedienen sich einer Reihe einfallsreicher Sexualpraktiken zur Lösung sozialer Probleme. Aber wie ist es mit der Sprache? Sind wir wenigstens noch die einzigen, die sprechen können? Ja! Aber der Affe ist möglicherweise auf dem Weg dahin. Dass sich Schimpansen mit Menschen in einfacher Zeichensprache verständigen können, wurde schon vor vielen Jahren festgestellt. BR-Online (2004) (
http://www.br-online.de/wissen-bildung/artikel/0401/17-affen-grammatik/index.xml) berichtet von neueren Forschungen:
"[...] Wilde Affen etwa nutzen bestimmte Laute, um Gegenstände ihrer Umgebung zu bezeichnen. In Gefangenschaft trainierte Affen können sogar abstrakte Bild-Symbole zu einfachen Sätzen zusammensetzen. [...] Marc D. Hauser, Professor für Psychologie und Neurowissenschaft an der Universität von Harvard, erforscht seit über 15 Jahren die Fähigkeit von verschiedenen Primaten, bestimmte Aspekte von Sprache wahrzunehmen. Dazu trainiert er die Affen nicht, sondern untersucht ihre spontanen Reaktionen auf bestimmte Muster der Sprache, immer im direkten Vergleich mit menschlichen Neugeborenen. Doch, was er auch testete, immer zeigten die Affen die gleichen Wahrnehmungsfähigkeiten wie die Menschenbabys. [...] Die Primaten können beispielsweise eindeutig Schottisch von Japanisch unterscheiden. Und sie können wie Säuglinge einfache abstrakte Regeln einer Sprache erkennen - das Grundprinzip der Grammatik. Hauser spielte so genannten Liszt-Affen, einer kleinen Primatenart aus Kolumbien, eine Folge von Kunstworten vor, die aus drei Silben zusammengesetzt waren, wobei zweite und dritte Silbe gleich waren (ABB): wi-di-di, le-we-we usw. Folgte auf eine solche Reihe ein anders gebildetes Wort wie wi-wi-di (AAB), wurde es von den Äffchen als aus der Reihe fallend wahrgenommen. [...]"
Es scheint, als würden Affen einfache sprachliche Grundlagen verstehen. Mit komplexeren Sprachregeln können sie aber nicht mehr umgehen. Der Fortschritt, den der Mensch gemacht hat, ist seine komplizierte Grammatik. Offenbar liegt unser Menschsein verborgen in verschachtelten Nebensätzen (die übrigens auch nicht jedes Mitglied unserer Spezies erfolgreich konstruieren kann, wie das Beispiel des bayerischen Ministerpräsidenten zeigt).
(d) Ökonomisches Handeln:
Zu den großartigsten Errungenschaften der Menschheit gehört - ganz gleich, wie man es moralisch bewerten mag - das ökonomische Denken und Handeln. Nach dem Prinzip Eigennutz verfahren aber auch Affen. Und sie können lernen, mit Geld umzugehen. Rolf Degen berichtet in BILD DER WISSENSCHAFT (4/2007) (
http://www.wissenschaft.de/wissenschaft/hintergrund/276129.html?page=0), dass unsere haarigen Vettern uns dabei in nichts nachstehen:
"[...] Affen können unerwartet gut mit Geld umgehen: Sie nutzen Rabatte, verstehen das Konzept der unterschiedlichen Kaufkraft und sparen manchmal sogar. Doch auch bei ihnen verdirbt zuviel Geld den Charakter – es kann sie zu Betrügern und Dieben machen. In allen Fällen ist den Tieren wie den Menschen Gerechtigkeit wichtig, und ebenfalls wie die Menschen haben auch die Affen Angst vor Verlusten. [...]"
Das Prinzip Eigennutz findet seinen deutlichsten Niederschlag im wirtschaftlichen Handeln. Seien es Menschen, Schimpansen oder Kapuzineraffen, es ist überall das gleiche gottlose Verhalten. Forscher berichten sogar von Diebstahl und käuflicher Liebe, in dem ein Weibchen einem Männchen für Geld Sex gestattete, wobei die Affendame ihren Verdienst anschließend direkt in Naturalien umtauschte: Sie kaufte sich ein paar leckere Trauben. Der Umgang mit Geld wird gesteuert durch das Streben nach größtmöglichem Gewinn.
(e) Überlegenheit:
Die Sonderstellung des Menschen gerät noch mehr ins Wanken, v.a. angesichts folgender Erkenntnisse, die bei der WELT (23.4.2007) (
http://www.welt.de/wissenschaft/article828184/Was_Affen_besser_koennen_als_wir.html) von Elke Bodderas zusammengestellt wurden. Die Evolution hat unseren nächsten zoologischen Verwandten Dinge mitgegeben, auf die wir neidisch sein müssen: Ein wunderbares Gedächtnis und die Fähigkeit zu schneller Assoziation.
"[...] Wenn Ayumu Lust hat auf Obst, fummelt sie eine Münze hervor, geht zum Automaten und wirft sie ein. Es gibt Bananen, Äpfel, Rosinen, Feigen. Rosinen mag sie am liebsten. Das Geld hat sich die Schimpansin selber verdient – beim Computerspiel, ihre Gegner sind Menschen. Beim Spiel Mensch gegen Affe gewinnt Ayumu jedes Mal. Es ist eine Szene, angesichts deren sich Verhaltensforscher erstaunt die Augen reiben. Die Schimpansin sitzt vor einem Touchscreen-Monitor, in Sekundenbruchteilen blitzen Zahlen von 1 bis 9 auf und verschwinden wieder, zurück bleiben weiße Quadrate. Die Schimpansin presst ihren Finger auf die Kästchen und holt die Zahlen zurück – mathematisch genau, in aufsteigender Reihenfolge: 1,2,3 und so weiter. Das schafft kein Mensch. [...]"
Beim SPIEGEL (17.4.2007) (
http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/0,1518,477761,00.html) war eine Woche vorher zu lesen, dass uns die Schimpansen sogar genetisch überlegen sind. Seitdem wir uns vor sechs Millionen Jahren trennten - so ein Vergleich von 14.000 bei Menschen und Schimpansen vorkommenden Genen - waren die Affen in der positiven Selektion erfolgreicher. Forscher stellten fest, "dass sich beim Schimpansen immerhin 233 Gene durch positive Selektion geändert haben dürften, beim Menschen hingegen nur 154". Sie konnten sich besser an ihre Umwelt anpassen, weil sie lange Zeit in einer größeren Population gelebt haben. Beim Menschen hingegen, der in kleinen, stark fragmentierten Gemeinschaften lebte, kam es häufiger zu zufälligen, auch nachteiligen Veränderungen.