AgentProvocateur hat geschrieben:Ach, es geht Dir also gar nicht um das gleiche Lebensrecht aller Wirbeltiere, sondern es ist nur das Gewissen der Menschen, das Dir am Herzen liegt?
Irgendwie liest du da Dinge, die ich nicht geschrieben habe. Ich wollte damit ausdrücken, dass ich auch Teilziele verfolge und mich auch für bessere Haltungsbedingungen einsetze, dass das aber für mich nicht das Endziel sein kann.
1von6,5Milliarden hat geschrieben:Dass du dich vor manchen Antworten drückst würde ich ja eigentlich nicht so "schlimm" ansehen (bei manchen Fragen die ich gestellt habe, wüsste ich die Antwort für mich auch nicht 100%ig - z.B. "wo ist die Grenze"), aber deine absolutistische Art ("ich bin gut", "moralisch überlegen" etc.) gepaart mit keinem erkennbarem Versuch eine echte Antwort zu geben, empfinde ich als suboptimal.
Du hälst dir die Ohren zu, singst "Lalala" und behauptest dann ich hätte deine Fragen nicht beantwortet. Das ist natürlich auch eine Taktik.
Manche Fragen sind auch absolut irrelevant und nur ein schwaches Ablenkungsmanöver.
1von6,5Milliarden hat geschrieben:Die Frauen-/Mädchenverstümmelung ist kein originäres Thema von ai, liegt aber gefühlsmäßig wohl dir am nächsten.
Ich habe nur neulich eine große Anzeige für das ai-Magazin oder so ähnlich gesehen und da ging es um Frauenrechte.
AgentProvocateur hat geschrieben:Und das ist einfach nur furchtbar falsch. Menschenrechte sind nicht nur ein Anspruch gegenüber dem Handeln des Staates an sich. In einem Staat, in dem sie gewährleistet werden, sind sie selbstverständlich auch Ansprüche gegenüber Dritten. Wären sie das nicht, wären die Menschenrechte in diesem Staat nicht gegeben. Und so ist das Gegenargument schlichter Nonsense. Es spielt dabei keine Rolle, wie Menschenrechte entstanden sind, ob sie eine Reaktion auf institutionalisierte Gewalt waren oder nicht. Sie sollen gegen jede Art von Gewalt schützen, nicht lediglich gegen institutionalisierte Gewalt. Daher ist es in einem Staat, der die Menschenrechte gewährleistet, mit Sanktionen belegt, wenn die Menschrechte von Dritten, (die nicht den Staatsorganen angehören), verletzt werden. Es ist obligatorisch, dass nicht ein Mensch einen anderen ohne guten Grund tötet.
Darüber habe ich auch länger nachgedacht, beziehungsweise denke ich immer noch, in ihrem Buch stehen ein paar Seiten zu dem Thema, das Fazit:
"Insgesamt betrachtet scheint es daher, dass die Verstöße gegen die Menschenrechte, um als solche zu gelten, in irgendeinem Sinn offiziell sein müssen, und dass dementsprechend die Menschenrechte die Individuen nur vor Verstößen aus einer bestimmten Richtung schützen. Deren Ursprung können die Rechtssysteme, die Regierungen und ihre Vertreter, das Militär und im allgemeinen jeder institutionelle Organismus sein, aber nicht die einzelnen Mitglieder der Gemeinschaft. Diese Vorstellung wird verständlich, wenn der Begriff der Menschenrechte implizit die Tatsache beinhaltet, dass die Vorschriften, die dieses Rechte mit sich bringen, sich zumindest in erster Instanz an diejenigen wenden, die innerhalb eines Staates oder eines vergleichbaren gesellschaftlichen Systems die Macht innehaben."
Das heißt aber natürlich nicht, dass das Verhältnis der einzelnen Individuen nicht auch geregelt werden muss, die erweiterte Theorie der Menschenrechte hat also nur einen begrenzten Anwendungsbereich.
AgentProvocateur hat geschrieben:Es ist doch völlig absurd, erst mal zu behaupten, Menschen und Tiere seien gleich, alle (bzw. bestimmte Tiere) sollten das das gleiche Recht auf Leben bekommen wie es sich Menschen untereinander zugestehen und dann aber auf der anderen Seite das völlig zu ignorieren, wenn es um die Frage geht, ob Tiere Tiere töten dürfen.
Damit behandelt man Menschen und Tiere unterschiedlich, was man aber nun mal schlicht nicht darf, wenn man sie als gleich ansieht, das ist total unlogisch. Menschen dürfen demnach Tiere nicht töten, (weil die ein grundsätzliches Recht auf Leben haben), Tiere dürfen aber Tiere töten. Das schreit geradezu nach einer Begründung. Wo bleibt das hier proklamierte grundsätzliche Recht auf Leben bestimmter Tiere, wenn andere Tiere diese Tiere töten dürfen?
Die Frage ob es moralisch in Ordnung ist eine Handlung zu begehen stellt sich streng genommen nur, wenn derjenige, der die Handlung setzt ein moralisches Subjekt ist, was die meisten Tiere und viele Menschen nicht sind. Es macht keinen Sinn darüber zu debattieren ob der Löwe die Gazelle töten "darf", höchstens ob es unsere Pflicht ist, das zu verhindern, da wir moralische Subjekte sind und sich nur für uns moralische Pflichten ergeben.
AgentProvocateur hat geschrieben:Nun könnte man argumentieren, dass es auch Menschen gibt, die moralisch nicht ansprechbar sind, kleine Kinder, im Koma liegende, Schlafende, geistig total Zurückgebliebene. Nun gibt es den Konsens, all die auch als gleichberechtigte Mitglieder der Gesellschaft zu sehen, ganz einfach, weil man da keine eindeutige Grenze ziehen kann oder will.
Paola Cavalieri vertritt hier den moralischen Individualismus, nachdem die Behandlung eines Individuums nicht von seiner Gruppenzuhörigkeit, sondern nur von den eigenen spezifischen Eigenschaften bestimmt wird.
Du meinst jetzt, dass es ein Kontinuum bezüglich dieser Eigenschaften gibt und dass es deshalb besser ist ein vollkommen willkürliches Kriterium, losgelöst von der eigentlichen Problematik, zu wählen? Diese Grenze lässt sich nicht eindeutig zwischen den Menschen ziehen, das stimmt, aber auch nicht eindeutig zwischen Mensch und nichtmenschlichem Tier (bezüglich der Eigenschaften), womit man dann eben dafür argumentieren kann, auch die Tiere mit ins Boot zu holen.
In allen anderen Fällen würden wir es als diskriminierend empfinden, wenn jemand nicht nach seinen Eigenschaften beurteilt wird, sondern nach einem Merkmal, das damit gar nichts zu tun hat, das ihn aber als Teil einer Gruppe ausweist, welche die Eigenschaft im Durchschnitt mehr oder weniger ausgeprägt besitzt.
AgentProvocateur hat geschrieben:Nimmt man nun sowohl Löwen als auch Gazellen in die Gemeinschaft auf, sagt man, dass deren Lebensrecht ebenso gewährleistet werden soll wie das der Menschen untereinander, dann darf man Löwen auch nicht erlauben, Gazellen zu töten, (da greift wieder der vorausgesetzte Grundsatz: Gleiches muss gleich behandelt werden). Ebensowenig wie man es dem geistig Verwirrten erlaubt, Menschen zu töten. Es ist absurd, ein Lebensrecht der Gazellen nur gegenüber Menschen anzunehmen, nicht aber gegenüber Löwen, (es sei denn, die Löwen hätten ein bestimmtes Recht, welches das Lebensrecht der Gazellen überschreitet) .
Wenn es eine für mich moralisch vertretbare Möglichkeit gäbe Raubtiere zu Veganern zu machen, würde ich mich persönlich auch als moralisch verpflichtet sehen, die Gazelle vor dem Löwen zu schützen, ich weiß nur nicht wie sich das momentan umsetzen lässt, aber ich bin da offen für Vorschläge.
Nur bevor ich mich den Löwen widme, widme ich mich erst mal den Menschen und ihren Opfern, die jährlich in die zweistelligen Milliarden gehen.
AgentProvocateur hat geschrieben:Was tust Du?
Optionen:
1. garnichts -> alle Kinder und Du verhungern
2. Du fängst die Wirbeltiere und Du und die Kinder ernähren sich davon
3. Du findest, dass die Wirbeltiere ein ebenso großes Recht auf Leben haben wie Menschen. Du nimmst zwei Stöckchen mit unterschiedlicher Länge und bestimmst: kurz = Wirbeltier, lang = Mensch. Du ziehst ein Stöckchen, wenn es ein kurzes ist, tötest Du ein Wirbeltier, wenn es ein langes ist, tötest Du ein Kind. Damit die anderen Kinder und Du überleben können.
Wenn Du wirklich konsequent im Sinne Paola Cavalieris sein willst, dann darfst Du mE nicht die Option 2 wählen. Und die Option 1 ist einfach nur feige, dann bist Du Deiner Verantwortung, (die Du mAn hast), nicht nachgekommen.
Nach Paola Cavalieri geht es nicht ums Stöckchen werfen. Im Konfliktfall muss "der Wert des Lebens" eben anders bestimmt werden, indem man die zufälligen Aspekte des Lebens abwägt, das kann dann ein bestimmtes nichtmenschliches Wirbeltier treffen, aber auch einen bestimmten Menschen.
AgentProvocateur hat geschrieben:Aber die Konsequenzen dessen liegen auf der Hand. Man stellt nun nach den Kriterien eine Liste auf und erstellt eine Rangliste aller berücksichtigenswerten Individuen, (nach Paola Cavalieri alle Wirbeltiere). Stellt sich dabei heraus, dass Antilope X einen höheren Lebenswert hat als Mensch Y, dann wirft man Mensch Y den Löwen vor, damit Antilope X verschont bleibt. Denn alle haben das gleiche Recht auf Leben, Gleiches muss gleich behandelt werden. Im Konfliktfall greift man auf die Liste zurück.
Das ist ein anderes Dilemma, so ähnlich wie das: Auf einem Gleis steht ein Mensch, ein Zug rast auf ihn zu und er wird nicht rechtzeitig zur Seite springen können. Auf einem Nebengleis steht ein schwerkranker Mensch mit Depressionen. Du stellst die Weichen. Würdest du den Zug umlenken? Falls nein: Wie viele Menschen müssten auf dem ersten Gleis stehen, damit du ihn umleitest? Würdest du auch jemanden von einer Brücke werfen um den Zug zu stoppen? Das ist auch unabhängig vom Veganismus ein Dilemma.