ganimed hat geschrieben:Es stimmt, dass man eine Todesstrafe nicht wieder ausgleichen kann (zumindest nicht nach der Hinrichtung).
Aber wie gleichst du denn ein Lebenslang-Urteil aus, sagen wir nach 20 Jahren? Welche Wiedergutmachung macht 20 Jahre Gefängnis wieder gut?
ganimed hat geschrieben:Es stimmt, dass sich nach vollzogener Todesstrafe der Täter nicht mehr ändern kann. Insofern ist die Todesstrafe aus Sicht des Verurteilten irgendwie härter. Sie verwehrt ihm ein Chance, sich irgendwann zu ändern. Die Frage ist, ob eine solche Härte gerechtfertigt ist. Oder gibt es vielleicht tatsächlich keine Tat, die eine solche Härte als angemessen erscheinen lässt?
ganimed hat geschrieben:Ich erinnere mich dunkel an einen anderen Thread, wo schon ein wenig über Für und Wider der Todesstrafe diskutiert wurde. Mein damaliges Fazit war, dass es Geschmackssache ist. Der gesellschaftliche Mehrheitsgeschmack in Europa ist seit einiger Zeit klar dagegen. Teile der Restwelt sind dafür.
ganimed hat geschrieben:Ich bin diesen Dimensionen menschlicher Psyche (Morde, Gefängnis, Justizalltag) bisher noch nicht wirklich ausgesetzt gewesen (habe bisher wohlbehütet gelebt und so etwas immer nur in amerikanischen Fernsehserien gesehen). Ich habe mir da noch kein wirklich eindeutiges Geschmacksurteil gebildet. Ich finde beides (mit oder ohne Todesstrafe) gleichermaßen richtig oder falsch. Über Geschmack lässt sich streiten.
ganimed hat geschrieben:Dann ist Gefängnisstrafe auch Freiheitsberaubung und eine Verhaftung auch Entführung? Und die Exekutive hat gar kein Recht, das zu tun was sie tut? Ein merkwürdiges Bild wäre das. Nennt man das Anarchismus?
Nanna hat geschrieben:Es geht (...) darum, einen Menschen zu töten! Was auch immer dieser Mensch getan hat, das Recht auf Leben ist elementar.
ganimed hat geschrieben:Aber wie gleichst du denn ein Lebenslang-Urteil aus, sagen wir nach 20 Jahren? Welche Wiedergutmachung macht 20 Jahre Gefängnis wieder gut?
ganimed hat geschrieben:Es stimmt, dass sich nach vollzogener Todesstrafe der Täter nicht mehr ändern kann. Insofern ist die Todesstrafe aus Sicht des Verurteilten irgendwie härter.
ganimed hat geschrieben: Die Frage ist, ob eine solche Härte gerechtfertigt ist. Oder gibt es vielleicht tatsächlich keine Tat, die eine solche Härte als angemessen erscheinen lässt?
ganimed hat geschrieben: Mein damaliges Fazit war, dass es Geschmackssache ist.
ganimed hat geschrieben:Ich habe mir da noch kein wirklich eindeutiges Geschmacksurteil gebildet. Ich finde beides (mit oder ohne Todesstrafe) gleichermaßen richtig oder falsch. Über Geschmack lässt sich streiten.
Nanna hat geschrieben:Den Relativismus, den du da betreibst, halte ich für ziemlich unangebracht. Sollen wir jetzt über die Rehabilitierung von Straftätern anhand des Kriteriums entscheiden, ob sie sich denn überhaupt lohnen wird?
Nanna hat geschrieben:Das andere Problem betrifft die wohlbekannte Debatte um Willensfreiheit und Strafrecht: Falls dewr Täter zu seiner Tat determiniert war, dann ist Rache nicht nur ungeeignet, sondern sogar ungerechtfertigt. Da schwerste Straftaten kaum ohne einen gehörigen Dachschaden oder außerhalb einer absoluten Ausnahmesituation mit verzerrter Realitätswahrnehmung zu begehen sind, ist die Frage, ob man jemanden derart hart dafür büßen lassen darf, dass er so gestört ist/war, um elementare Rechtsgrundsätze zu verletzen.
Nanna hat geschrieben:Polygamie, Sex mit Kindern, Vergewaltigung in der Ehe, Folter durch die Polizei... sind das auch Geschmackssachen? In Europa ist man klar dagegen, in Teilen der "Restwelt" sieht man das nicht so eng. Wird deshalb daraus irgendeine Begründung?
Nanna hat geschrieben:Es geht nicht darum, ob dir weiße oder gelbe Wandfarbe besser gefällt, es geht darum, einen Menschen zu töten! Was auch immer dieser Mensch getan hat, das Recht auf Leben ist elementar. Es kann nicht von denen eingefordert werden, die es selbst nicht achten
Klaus hat geschrieben:Die Todesstrafe ist doch zumindestens in den USA biblisch determiniert. Auge um Auge, Zahn um Zahn. Du hast einen Menschen getötet, also werden wir dich töten.Es ist Rache und Vergeltung, wer hier von Geschmack redet hat keinen, da fehlen dann aber noch ein paar andere Zutaten.
Klaus hat geschrieben:Weiterhin haben alle drakonischen Strafen doch zu keinem Ergebnis geführt, seit tausenden von Jahren werden Menschen von Gesetzes wegen zum Tode verurteilt und hingerichtet. Der erzieherische Faktor dem man ja dem Strafsystem unterstellt hätte längst dazu führen müssen, dass es keine Straftaten mehr gibt. Weit gefehlt.
Gernot Back hat geschrieben:Bei der Todesstrafe handelt es sich um nichts anderes als einen durch Staatsorgane verübten Ritualmord, ein Menschenopfe!
ujmp hat geschrieben:Moral lässt sich nicht begründen, Todesstrafe ist Geschmackssache.
ujmp hat geschrieben:Tödliche Fehlurteile gibt es auch in der Medizin - ja sogar im Bau oder im Sport, eigentlich überall. Das ist überhaupt kein Argument gegen die Todesstrafe.
ujmp hat geschrieben:Man kann sich sogar Fragen, was menschlicher ist, einen Menschen lebenslang von der Gesellschaft auszuschließen -- noch schlimmer: ihn in ein Gefängnis einzuschließen (nach dem was man immer wieder aus Gefängnissen hört!) -- oder seine Exisitenz schmerzlos einfach abzuschalten.
ujmp hat geschrieben:-- Ich bin aber sehr froh, dass ich über so etwas nicht entscheiden muss.
ujmp hat geschrieben:Keiner weiß so richtig, warum Menschen so etwas tun. Was ist, wenn sie sich wirklich nicht ändern können?
ujmp hat geschrieben:Keiner weiß so richtig, warum Menschen so etwas tun. Was ist, wenn sie sich wirklich nicht ändern können?
Nanna hat geschrieben:ganimed hat geschrieben:Welche Wiedergutmachung macht 20 Jahre Gefängnis wieder gut?
Es besteht die Chance für den unschuldig Verurteilten, noch etwas vom Rest seines Lebens zu haben. Es besteht ferner die Möglichkeit, dass er Genugtuung und Erleichterung darüber empfindet, dass seine Unschuld bewiesen ist
Nanna hat geschrieben:Den Relativismus, den du da betreibst, halte ich für ziemlich unangebracht.
Nanna hat geschrieben:Das eine Problem betrifft die Frage, ob Resozialisierung oder Rache im Vordergrund stehen sollen.
Nanna hat geschrieben:Willensfreiheit und Strafrecht: Falls der Täter zu seiner Tat determiniert war, dann ist Rache nicht nur ungeeignet, sondern sogar ungerechtfertigt.
Nanna hat geschrieben:Polygamie, Sex mit Kindern, Vergewaltigung in der Ehe, Folter durch die Polizei... sind das auch Geschmackssachen?
Nanna hat geschrieben:In Europa ist man klar dagegen, in Teilen der "Restwelt" sieht man das nicht so eng. Wird deshalb daraus irgendeine Begründung?
Nanna hat geschrieben:Was auch immer dieser Mensch getan hat, das Recht auf Leben ist elementar.
ganimed hat geschrieben:Du siehst das recht einseitig. Es könnte ja sein, dass der Beweis der Unschuld bzw. die Freilassung auch wieder ein Fehlurteil ist.
ganimed hat geschrieben:Oder es könnte sein, dass nach Verbüßung der Gefängnisstrafe der Bestrafte erneut schwere Straftaten begeht (wenn ich mich nicht irre ist hierfür die statistische Wahrscheinlichkeit sogar recht hoch).
ganimed hat geschrieben:Es ist ebenso denkbar, dass zur Todesstrafe Verurteilte während ihrer langen Wartezeit (zumindest in den USA sind die Wartezeiten ja recht lang) noch rehabilitiert werden und frei kommen.
Ich halte daher das Argument "bei der Todesstrafe gibt es keine Revisionsmöglichkeit" zusammen mit der ungeprüften Annahme, dass Revision immer gut sei, für zumindest zweifelhaft.
ganimed hat geschrieben:Nanna hat geschrieben:Den Relativismus, den du da betreibst, halte ich für ziemlich unangebracht.
Was wäre die Alternative zum Relativismus?
ganimed hat geschrieben:Würde man die kulturellen Standards Westeuropas zur absoluten Richtschnur ernennen, müsste man ja zumindest mal erklären, wieso andere Gegenden das anders sehen. Wie könnte man begründen, dass diese anderen Gegenden das nicht anders sehen dürfen?
ganimed hat geschrieben:Kann man es sich wirklich so einfach machen, die USA als barbarisch, spinnert und bibeltreu abzutun?
ganimed hat geschrieben:Nanna hat geschrieben:Das eine Problem betrifft die Frage, ob Resozialisierung oder Rache im Vordergrund stehen sollen.
Mit was anderem als deinem Geschmack (deiner kulturellen Prägung, deinem emotionalen Empfinden) kannst du diese Frage beantworten? Hast du objektive, absolute Argumente für das eine oder das andere?
ganimed hat geschrieben:Nanna hat geschrieben:Willensfreiheit und Strafrecht: Falls der Täter zu seiner Tat determiniert war, dann ist Rache nicht nur ungeeignet, sondern sogar ungerechtfertigt.
Das Argument hat erstmal gesessen. Ich gebe zu ich selber glaube ja auch, dass Täter tatsächlich determiniert sind und somit eine Rache keine Grundlage hat. Der Täter hat es moralisch nicht "verdient", mit dem Tode bestraft zu werden. Aber man kann einräumen, dass es auch andere Rechtfertigungen geben könnte (bzw. wäre Rache in deinen Augen überhaupt wirklich eine Rechtfertigung?)
ganimed hat geschrieben:Und die Vorstellung, dass ausgerechnet wir in Westeuropa kulturell alles richtig machen, erscheint mir fragwürdig.
ganimed hat geschrieben:Meine Begründung dafür, dass es hier so ist und anderswo anders, erscheint mir plausibel. Verschiedene Kulturen, verschiedene Gewöhnung, verschiedene Prägung. Was wäre deine Begründung für die unterschiedliche Einstellung zur Todesstrafe? Einfach nur "alle die dafür sind haben einen Knall"?
ganimed hat geschrieben:Diese Abwägungen willst du einseitig durch die Zuweisung des Begriffs "elementar" entscheiden? (Ich vermute, "elementar" meint bei dir genau, dass man das Recht nicht in Abwägung übergehen darf). Mir scheint, du erhebst das Recht damit zu einem absoluten Prinzip, das keiner Relativierung und Überlegung unterliegen soll. Das klingt für mich nicht sehr rational und damit schonmal nicht sehr überzeugend. Da fehlt zumindest noch eine knackige Begründung.
ganimed hat geschrieben:Kann man es sich wirklich so einfach machen, die USA als barbarisch, spinnert und bibeltreu abzutun?
ganimed hat geschrieben:dass sie kulturell nun einmal so geprägt sind. Genau wie uns das scharfe Essen aus Fernost nicht schmeckt, schmeckt uns Polygamie auch nicht. Einfach nur, weil wir so geprägt wurden und die Sachen nicht gewöhnt sind.
ganimed hat geschrieben: Was wäre deine Begründung für die unterschiedliche Einstellung zur Todesstrafe? Einfach nur "alle die dafür sind haben einen Knall"?
ganimed hat geschrieben:Wenn ich einen Menschen hinrichte, dann verletze ich damit sein Recht auf Leben.
ganimed hat geschrieben:Mir scheint, du erhebst das Recht damit zu einem absoluten Prinzip, das keiner Relativierung und Überlegung unterliegen soll. Das klingt für mich nicht sehr rational und damit schonmal nicht sehr überzeugend. Da fehlt zumindest noch eine knackige Begründung.
Gernot Back hat geschrieben:Hallo Ujmp!ujmp hat geschrieben:Keiner weiß so richtig, warum Menschen so etwas tun. Was ist, wenn sie sich wirklich nicht ändern können?
Ist das jetzt als Plädoyer deinerseits zu verstehen, dass der Staat vorsichtshalber allen LiebhaberInnen (m/w) den freiwilligen Umgang mit möglichen Psychopathen verwehren oder dass er solcherlei Gemetzel zu Präventionszwecken gar auch noch selbst begehen sollte?
ujmp hat geschrieben:Mit der Einführung der Todesstrafe hätte der Rest sich ja erledigt. Ich würde außerdem das Wort "einschläfern" bevorzugen. Mit Hunden, die Kinder totbeisen, macht man das doch auch.
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