Willens- bzw. Handlungsfreiheit

Willens- bzw. Handlungsfreiheit

Beitragvon David Hume » So 27. Dez 2009, 13:21

Guten Tag!

Ich habe gerade das "Manifest des evolutionären Humanismus" von M. Schmidt-Salomon (MSS) zu Ende gelesen und arbeite mich gerade durch "Jenseits von Gut und Böse". Gewürzt habe ich mein Lesen durch das eine oder andere MSS-Video auf Youtube.

Nun wird MSS nicht müde zu betonen, dass wir keine Willensfreiheit besitzen, wohl aber Handlungsfreiheit. Denn der Wille und damit die Handlungen des Menschen seien naturgesetzlich determiniert. Wir können nicht entscheiden, was wir wollen. Ich frage mich dann aber, warum Deutschlands Chef-Atheist mich - als Leser seiner Bücher - dazu bringen will, seine Thesen zu glauben. Wenn ich ohnehin determiniert bin, braucht er doch nicht zu versuchen, mich zu überzeugen. Das ist doch sinnlos. Es steht ja ohnehin schon fest, ob ich sie gutheiße oder nicht. Außerdem ist er ja selber determiniert. Warum dann noch das ganze "Theater"? Selbst die Tatsache, dass ich hier diesen Beitrag schreibe, ist vorherbestimmt. Die These der Nichtexistenz von WF führt sich doch selbst ad absurdum, oder?

Und dann hab ich ein weiteres Problem mit seiner naturalistischen Auffassung von Ethik. Es gibt nach MSS keine moralischen Wertprädikate (gut, böse), sondern nur ethische Fairnessregeln, welche die Menschen untereinander ausverhandeln. Es gäbe kein objektives metaphysisches Werte-Fundament. Und: Aus der Natur könne man keine normativen Wertsetzungen ableiten. Die Natur ist einfach und fertig. Nun ist der Autor aber auch der Meinung, dass es nicht richtig, also falsch ist, Menschen zu quälen, ferner dass die Menschenrechte objektive Gültigkeit für sich beanspruchen usw. usf. Das sind aber doch eindeutig präskriptive Urteile. Wenn die gesamte Natur (die den Menschen einschließt) keine Normativität kennt (und es gibt nichts außer "Natur"), auf welcher Grundlage basieren dann seine eigenen normativen Handlungsgebote? Und wiederum auch hier: Warum will er mich von der objektiven Richtigkeit der Menschenrechte überzeugen, wenn wir ohnehin alle determiniert sind? Und warum überhaupt nach Menschenrechten schreien? Das Universum ist ja an sich sinnlos und Sinn wird nur vom Menschen geschaffen. Wenn mein Sinn aber darin besteht, Menschenrechte zu verletzen, dann ist das eben so. Warum soll ich auf die Rechte meine Mitmenschen achten? Wenn alles nur Natur ist und die Natur kein Sollen kennt: Aus welchem Hut zaubert MSS dann das Sollen?

Kann mir jemand weiterhelfen? Ich habe da eine absolute Denkblockade.
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Re: Widerspruch im Denken der Brights?

Beitragvon xander1 » So 27. Dez 2009, 14:34

Ich weiß nicht, ob du nicht richtig verstehst, oder ob du nicht richtig verstehen willst. Deine Argumentation ist jedenfalls für mich erkennbar aus einem Unverständnis heraus getroffen worden. Vielleicht solltest du einfach nicht so schwere Literatur lesen. Davon hat man in der Praxis sowieso kaum etwas. Man solllte lieber das Leben genießen und im Hier und Jetzt leben, und Philosophie sollte nur ein Genuss sein, den man nebenher betreibt. Ich denke nicht, dass man sein Leben bewusst nach einem Gedankengut ausrichten sollte, sondern nach einfachen schlüssigen Formeln, wie z.B. mehr Lachen und weniger Weinen, also ganz einfache Sachen eigentlich. Das Wissen um die Komplexeren philosophischen Dinge bringt einen zwar auch weiter, aber die einfachen Regeln und Einsichten des Lebens sind weitaus mächtiger als die komplexen philosophischen.
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Re: Widerspruch im Denken der Brights?

Beitragvon xander1 » So 27. Dez 2009, 14:59

David Hume hat geschrieben:Wir können nicht entscheiden, was wir wollen. Ich frage mich dann aber, warum Deutschlands Chef-Atheist mich - als Leser seiner Bücher - dazu bringen will, seine Thesen zu glauben.

Dir ist bekannt, dass man seinen Glauben ändern kann, dass andere einen Einfluss auf den Glauben haben, dass man selbst einen Einfluss darauf hat was man glaubt indem man sich beeinflussen lässt. Außerdem sind Wille und Glaube etwas unterschiedliches. Und ich denke er will, dass man seine Thesen glaubt, weil das der aktuelle philosophische Wissensstand ist von den meisten Philosophen.
David Hume hat geschrieben: Wenn ich ohnehin determiniert bin, braucht er doch nicht zu versuchen, mich zu überzeugen.

Dann weißt du nicht was determiniert bedeutet. Ein Wörterbuch reicht dafür nicht aus, es zu wissen. Außerdem wird der Begriff in der Physik anders als in der Philosophie verstanden.
David Hume hat geschrieben:Das ist doch sinnlos. Es steht ja ohnehin schon fest, ob ich sie gutheiße oder nicht.

Dann ist es doch nicht sinnlos, schließlich kann niemand das nachberechnen, nur theoretisch und solange man da im Dunkeln tappt, muss man einfach nur gut argumentieren.

David Hume hat geschrieben:Außerdem ist er ja selber determiniert. Warum dann noch das ganze "Theater"? Selbst die Tatsache, dass ich hier diesen Beitrag schreibe, ist vorherbestimmt. Die These der Nichtexistenz von WF führt sich doch selbst ad absurdum, oder?

Dein Schreiben ist aber Teil des Determinismusses und ein Prozess darin. Warum soll das Theater keinen Sinn ergeben, nur weil es schon feststeht wer was glauben wird? Es bedeutet ja nicht, dass man keinen Einfluss aufeinander hat. Niemand kann den Determinismus nachrechnen, deswegen kann man sich nur Mühe geben einzuwirken.
David Hume hat geschrieben:Es gibt nach MSS keine moralischen Wertprädikate (gut, böse), sondern nur ethische Fairnessregeln, welche die Menschen untereinander ausverhandeln.

Die Menschen in deiner Umgebung bestimmen was gut und böse ist und du selbst, aber es gibt kein objektives Gut und Böse, das für das ganze Universum gilt, sondern immer nur in einem Rahmen der Gesellschaft, festgelegt von und für die Gesellschaft. Es gibt keinen Mann im Himmel, der sagt was du darfst und was du nicht darfst, kein Alpha Mensch in Form eines Gottes, der sagt, wie deine Sexualität sein darf und wie nicht.
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Re: Widerspruch im Denken der Brights?

Beitragvon platon » So 27. Dez 2009, 17:34

David Hume hat geschrieben:Und dann hab ich ein weiteres Problem mit seiner naturalistischen Auffassung von Ethik. Es gibt nach MSS keine moralischen Wertprädikate (gut, böse), sondern nur ethische Fairnessregeln, welche die Menschen untereinander ausverhandeln. Es gäbe kein objektives metaphysisches Werte-Fundament.

Wo ist Dein Problem? Es gibt keine absoluten moralischen Wertprädikate wie gut und böse. Ein Blick auf die Religionen könnte Dir das sagen. Bei denen wird nämlich seit jeher mit zweierlei Maß gemessen. Die Glaubensbrüder werden anders behandelt als die Ungläubigen. Das haben ihnen ihre Götter höchstpersönlich mitgeteilt. Und damit gibt es auch kein objektives metaphysisches Werte-Fundament. MSS hat sich das nicht aus dem Kopf gesogen, sondern nur beobachtet und wiedergegeben.
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Re: Widerspruch im Denken der Brights?

Beitragvon Zappa » So 27. Dez 2009, 18:45

platon hat geschrieben:Ein Blick auf die Religionen könnte Dir das sagen. Bei denen wird nämlich seit jeher mit zweierlei Maß gemessen. Die Glaubensbrüder werden anders behandelt als die Ungläubigen.


Da es eine allgemeine Regel ist, braucht man auch nicht auf die Religionen zu schauen: Generell werden Verwandte, Stammesangehörige, Mitglieder des gleichen kulturellen Umfeldes etc. pp. anders behandelt als "Die Anderen".

Fairnessregeln sind auch für mich vollkommen OK, insofern die gleichberechtigt ausgehandelt werden. Deswegen sind Meinungsfreiheit, Zugang zu Informationen - allgemein: Ein fairer Diskurs - so wichtig!
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Re: Widerspruch im Denken der Brights?

Beitragvon platon » So 27. Dez 2009, 19:40

Zappa hat geschrieben:[q Generell werden Verwandte, Stammesangehörige, Mitglieder des gleichen kulturellen Umfeldes etc. pp. anders behandelt als "Die Anderen".

Und warum ist das so? Weil wir in moralischen und nicht in ethischen Kategorien denken.
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Re: Widerspruch im Denken der Brights?

Beitragvon Zappa » So 27. Dez 2009, 19:43

platon hat geschrieben: Und warum ist das so?


Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr bin ich der Überzeugung, das es einfach angeboren ist, d.h. evolutionär weiter gegeben wurde. Klingt profan, ist aber zumindest eine falszifizierbare These.
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Re: Widerspruch im Denken der Brights?

Beitragvon xander1 » So 27. Dez 2009, 20:17

David Hume hat geschrieben:Nun ist der Autor aber auch der Meinung, dass es nicht richtig, also falsch ist, Menschen zu quälen, ferner dass die Menschenrechte objektive Gültigkeit für sich beanspruchen usw. usf. Das sind aber doch eindeutig präskriptive Urteile.

Ja und? Jeder hat seine Normen. Jeder hat seine Objektivität, die natürlich eigentlich eine Subjektivität ist, aber als eine Objektivität erlebt wird. Das schien ein Widerspruch zu sein, da es Objektivität suggeriert, wobei die Objektivität doch nicht da ist. Da trickst uns unserer jeder Körper aus und die Religionen nutzen das aus, dass wir denken, es gäbe eine objektive Moral, nämlich unsere eigene und sie verkaufen ihr Moralmodell als ein objektives. Schlaue Menschen nutzen das aus und handeln dann im Namen ihrer Religion und sie verstecken sich hinter dem Alphatier namens Gott oder handeln in seinem Namen und ziehen einen Nutzen daraus, dass andere wirklich an den Gott glauben, wohingegen sie die Beeinflusser dieser Menschen sind. So funktioniert Religion. Es ist eine Frage der Macht und der Alphamenschen.

David Hume hat geschrieben: Wenn die gesamte Natur (die den Menschen einschließt) keine Normativität kennt (und es gibt nichts außer "Natur"), auf welcher Grundlage basieren dann seine eigenen normativen Handlungsgebote?

Das ist eine sehr wichtige Frage und die haben wir auch hier schon öfter Diskutiert. Stine kann dazu auch etwas beitragen. Unsere Normen stammen aus unserer Erziehung und unserem Umfeld, eben das was uns einerseits eingetrichtert wurde und eben das was wir instinktiv fühlen, wobei unserer Empfinden sehr variieren kann und getäuscht werden kann, sonst gäbe es nicht diese Variation. Und unsere moralischen Vorstellungen unterscheiden sich auch, weil wir uns an die Umwelt anpassen und das widerum ein Prinzip der Evolution ist: Anpassung.
David Hume hat geschrieben:Und wiederum auch hier: Warum will er mich von der objektiven Richtigkeit der Menschenrechte überzeugen, wenn wir ohnehin alle determiniert sind?

Es müsste heißen: ", wenn wir ohnehin keine objektive Ethik oder Moral besitzen". Die Menschenrechte beanspruchen objektive Richtigkeit und sind auch nur eine Erfindung und ein Konkurrenzprodukt zur Christlichen Moral, um denen etwas entgegenzusetzen. Und sie sind modern und nicht 2000 Jahre alt wie die Bibel, weshalb sie so großen Einfluss haben. Letztendlich gibt es aber keine objektive Moral. Aber das beanspruchen von Objektiver Moral bedeutet nur, dass sich Menschen zu Alphatieren machen und anderen diese Moral überstülpen wollen oder einem Konkurrenten, den Christen, etwas entgegensetzen wollen.
David Hume hat geschrieben: Und warum überhaupt nach Menschenrechten schreien? Das Universum ist ja an sich sinnlos und Sinn wird nur vom Menschen geschaffen.

Sinn können auch Tiere schaffen, indem wir für sie leben und sie für uns Haustiere sind. Der Grund warum wir Menschenrechte brauchen oder nicht brauchen ist der gleiche warum wir eine Ethik brauchen, jeder Mensch. Eine Ethik oder Moral soll der Gesellschaft dienen bzw. einer Gruppe. Siehe Herren- und Sklavenmoral bei F. Nietzsche. Sollen die starken gefördert werden damit alles stark ist oder sollen die Schwachen gefördert werden, wegen der Gleichheitsgerechtigkeit. Und hier sollte man selbst eingreifen in seine Ethik und selbstbestimmt leben und nicht eine starre Moral besitzen, die gegen sich arbeitet.
David Hume hat geschrieben:Wenn mein Sinn aber darin besteht, Menschenrechte zu verletzen, dann ist das eben so. Warum soll ich auf die Rechte meine Mitmenschen achten? Wenn alles nur Natur ist und die Natur kein Sollen kennt: Aus welchem Hut zaubert MSS dann das Sollen?

Nach welcher Moral man handelt, liegt einfach daran, welchen Einfluss man von seinen Mitmenschen bekommen hat. Die Frage, warum man seine Mitmenschen achten soll, dazu könnte man eigentlich viel schreiben, vielleicht in einem extra Thema. Wenn du deine Mitmenschen achtest, achten sie vielleicht auch dich oder sind zuvorkommender, aber dafür gibt es keine Garantie. Letztendlich pendelt sich eine gegenseitige Moral mit der Zeit immer ein zwischen Naturalisten, währenddessen zwischen Christen gleicher Konfession die Moral schon feststeht, so dass sich nichts einpendeln muss.
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Re: Widerspruch im Denken der Brights?

Beitragvon Myron » Mo 28. Dez 2009, 01:24

David Hume hat geschrieben:Und dann hab ich ein weiteres Problem mit seiner naturalistischen Auffassung von Ethik. Es gibt nach MSS keine moralischen Wertprädikate (gut, böse), sondern nur ethische Fairnessregeln, welche die Menschen untereinander ausverhandeln. Es gäbe kein objektives metaphysisches Werte-Fundament. Und: Aus der Natur könne man keine normativen Wertsetzungen ableiten. Die Natur ist einfach und fertig. Nun ist der Autor aber auch der Meinung, dass es nicht richtig, also falsch ist, Menschen zu quälen, ferner dass die Menschenrechte objektive Gültigkeit für sich beanspruchen usw. usf. Das sind aber doch eindeutig präskriptive Urteile. Wenn die gesamte Natur (die den Menschen einschließt) keine Normativität kennt (und es gibt nichts außer "Natur"), auf welcher Grundlage basieren dann seine eigenen normativen Handlungsgebote?


Sätze der Form "Die normative Aussage N ist objektiv gültig" sind doppeldeutig; denn sie können bedeuten (1) "N besitzt de facto allgemeine (rechtliche) Anerkennung, Geltung" oder (2) "N ist wahr". Wenn MSS Letzteres meint, dann muss er auch moralische Tatsachen und Eigenschaften postulieren, wobei er als Naturalist behaupten muss, dass sich diese auf ganz natürliche Tatsachen und Eigenschaften zurückführen lassen, die das natürliche menschliche Empfinden und Sozialverhalten betreffen.
(Ich habe das Buch von MSS nicht gelesen, sodass ich dazu nicht viel sagen kann.)

Link zum Thema: http://plato.stanford.edu/entries/naturalism-moral
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Re: Widerspruch im Denken der Brights?

Beitragvon stine » Mo 28. Dez 2009, 10:14

David Hume hat geschrieben: Das Universum ist ja an sich sinnlos und Sinn wird nur vom Menschen geschaffen.
Das ist ja genau das Faszinierende, dass der Mensch über Sinnhaftigkeit überhaupt nachdenkt!

Warum tut er das und wo in der Evolution hätte ihm das einen Vorteil verschaffen können?
Wenn wir wirklich determiniert sind, dann müssten wir vielleicht mal ernsthaft darüber nachdenken, warum sich die Gottestheorie bis heute halten konnte. Verpackt in religiöse Muster aufgelöst und wieder neu verpackt, bestritten, erstritten, moralisch und ethisch überarbeitet, das alles waren und sind doch nichts weiter als menschliche Versuche den Sinn unseres Daseins zu erfassen und einen Rahmen für unser Leben auf diesem Planeten zu schaffen.
Ob ich nun religiöse Standards oder humanistische Standards beachten muss, ist im Grunde egal, da es immer nur darum geht, ethische und moralische Werte zu schaffen, die das Zusammenleben erleichtern.

Der gewichtigste Unterschied beider Modelle ist jedoch, dass sich religiöse Vorgaben nicht nur auf diesseitiges Leben beschränken, sondern darüber hinaus auch ein Leben nach dem menschlichen Dasein auf dieser Erde in Betracht ziehen. Und genau hier sind wir wieder bei der Sinnsuche angelangt: Warum haben wir ein körperliches Leben und warum müssen wir, als einzige Lebewesen unserem Tod bewusst in die Augen sehen?
Der Humanismus kann diese Frage nicht beantworten, er kann nur das weltliche Leben in den Griff bekommen, die Religion aber, kann den Menschen helfen, sich nicht zu fürchten.


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Re: Widerspruch im Denken der Brights?

Beitragvon platon » Mo 28. Dez 2009, 12:02

stine hat geschrieben:Und genau hier sind wir wieder bei der Sinnsuche angelangt: Warum haben wir ein körperliches Leben und warum müssen wir, als einzige Lebewesen unserem Tod bewusst in die Augen sehen?

Das ist absolut falsch. Wärst Du jemals auf einem Schlachthof gewesen, wüsstest Du sehr genau, dass den Schweinen sonnenklar ist, dass ihr Leben hier zu Ende geht. Mach das mal, es ist eine sehr lehrreiche Erfahrung.
Auch andere Tiere sind sich ihrer selbst und damit ihres Lebens durchaus bewusst. Der Mensch ist nicht so besonders, dass wir uns etwas darauf einbilden könnten. Unsere nächsten Verwandten, Gorilla, Schimpanse und Bonobo sind uns näher als die Religionserfinder sich je hätten träumen lassen.
stine hat geschrieben:Der Humanismus kann diese Frage nicht beantworten, er kann nur das weltliche Leben in den Griff bekommen, die Religion aber, kann den Menschen helfen, sich nicht zu fürchten.

Warum tut sie es dann bei der überwältigenden Zahl der Menschen nicht? Ich kenne nicht einen Menschen, der sich wegen seiner Religion weniger fürchtet als ohne.
Der Humanismus ist die einzige Möglichkeit, sein Leben bewusst zu leben, denn das Leben nach dem Tod ist nur genauso eine Idee, wie die Vorstellung eines oder mehrerer Götter.
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Re: Widerspruch im Denken der Brights?

Beitragvon stine » Mo 28. Dez 2009, 14:58

platon hat geschrieben:Auch andere Tiere sind sich ihrer selbst und damit ihres Lebens durchaus bewusst.
Woher weisst du das?
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Re: Widerspruch im Denken der Brights?

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Mo 28. Dez 2009, 15:41

Man kann dies bis zu einem gewissen Grad durchaus aus dem Verhalten, aus Hormonausschüttungen im Organismus, an kongruenter Gehirnaktivität erschließen, endgültig und die Qualität dessen sind aber noch nicht sicher. Liegt aber durchaus daran, dass "bewusst" und "Bewusstsein" noch nicht endgültig geklärt ist
Woher nimmst du eigentlich deine postulierte Sicherheit, dass dies NICHT so ist?
stine hat geschrieben:warum müssen wir, als einzige Lebewesen unserem Tod bewusst in die Augen sehen?

Belege dies irgendwie, aber bitte absolut sicher! :mg:
Dafür dass deine Behauptung falsch ist, gibt es recht stichhaltige Indizien.

stine hat geschrieben:Das ist ja genau das Faszinierende, dass der Mensch über Sinnhaftigkeit überhaupt nachdenkt!
Nein, dies erscheint nur in der humanozentrischen Weltsicht so.
Das Denken an sich mag zwar faszinierend sein, aber es ist nicht faszinierend, dass der Mensch denkt und auch nicht was der Mensch denkt. Das der Mensch denkt ist ganz natürlich, die scheinbare Faszination ist einfach eine Folge des Denkens (ist quasi eine Selbstbestätigung oder korrekter eine Sich-Selbst-Huldigung)
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Re: Widerspruch im Denken der Brights?

Beitragvon platon » Mo 28. Dez 2009, 16:04

stine hat geschrieben:Woher weisst du das?

Dazu gibt es einen faszinierenden Versuch, der schon 40 Jahre alt ist. Ein Gorilla bekommt während er sediert ist, einen roten Punkt mitten auf die Stirn gemalt. Irgendwann im Laufe des Tages kommt er zu einem Spiegel, der an der Käfigwand hängt und schaut hinein. Und was tut der Gorilla daraufhin?
Er fasst sich an seine Stirn. Der Gorilla weiß, wer ihm da aus dem Spiegel entgegen schaut und wo er den roten Punkt zu suchen hat. Und damit weiß er auch, dass er ein Individuum ist.
Schimpansen und Bonobos sind zu einer solchen Leistung auch imstande, Makaken und Meerkatzen z.B. nicht.
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Re: Widerspruch im Denken der Brights?

Beitragvon platon » Mo 28. Dez 2009, 16:19

stine hat geschrieben:Warum tut er das und wo in der Evolution hätte ihm das einen Vorteil verschaffen können?
Wenn wir wirklich determiniert sind, dann müssten wir vielleicht mal ernsthaft darüber nachdenken, warum sich die Gottestheorie bis heute halten konnte.

Von welcher Gottestheorie unter all den Tausenden, die es bereits gegeben hat und die so zahlreich sind wie die Anzahl der Ideen an sich, redest Du jetzt? Manche sind einander ähnlich, andere wiederum so verschieden, dass ihre einzige Gemeinsamkeit in der Annahme eines oder mehrerer unbekannter Wesen mit Zauberkräften besteht. Seit der Mensch Vorstellungskraft hat, aber keine Ahnung von den Zusammenhängen und Kräften in der Natur, hat er sich Erklärungen geschaffen.
Und da sind unbekannten Wesen mit Zauberkräften eine sehr nahe liegende Erklärung. Dafür braucht es nur minimale Intelligenz.
Und noch einmal zu Deinem Lieblingsthema Evolution. Eine Eigenschaft muss keinen Vorteil haben, um in der Evolution bestehen zu können.
Wichtig ist, dass sie keinen Nachteil hat. Nur dann schlägt die Selektion zu.
Schwarze Haare, rote Haare, blonde Haare, braune Haare, so lange die Haarfarbe dem Träger keinen Nachteil bringt, also kein Selektionsdruck besteht, bleibt sie erhalten - bis sie evtl. zufällig verschwindet.
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Re: Widerspruch im Denken der Brights?

Beitragvon stine » Mo 28. Dez 2009, 16:36

1von6,5Milliarden hat geschrieben:Woher nimmst du eigentlich deine postulierte Sicherheit, dass dies NICHT so ist?
Ich bin mir nicht sicher.
Es gibt viele Tierarten, die sich zum Sterben bewusst zurückziehen, ob sie aber:
1von6,5Milliarden hat geschrieben:
stine hat geschrieben: stine hat geschrieben:warum müssen wir, als einzige Lebewesen unserem Tod bewusst in die Augen sehen?

Belege dies irgendwie, aber bitte absolut sicher! :mg:
Dafür dass deine Behauptung falsch ist, gibt es recht stichhaltige Indizien.
das Ende ihres Lebens erst bei Altersschwäche oder Krankheit spüren, oder ob sie sich, wie wir Menschen der Endlichkeit ihres Daseins ein Leben lang bewusst sind, bleibt ja trotzdem zweierlei.
Ich vermute eher, dass sie ihre Schwäche spüren und sich deswegen zurückziehen.

platon hat geschrieben:Seit der Mensch Vorstellungskraft hat, aber keine Ahnung von den Zusammenhängen und Kräften in der Natur, hat er sich Erklärungen geschaffen.
Eben. Und das tut er noch heute! :mg:

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Re: Widerspruch im Denken der Brights?

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Mo 28. Dez 2009, 16:44

platon hat geschrieben:Und noch einmal zu Deinem Lieblingsthema Evolution. Eine Eigenschaft muss keinen Vorteil haben, um in der Evolution bestehen zu können.
Wichtig ist, dass sie keinen Nachteil hat. Nur dann schlägt die Selektion zu.
Kann man durchaus missverstehen. Eine evolutionäre Entwicklung kann und wird oft/immer auch Nachteile haben, wichtig ist nur, dass zu dem Zeitrahmen der Entwicklung die Vorteile überwiegen oder einfach die Nachteile für die Fortentwicklung bzw. das Weiterbestehen der Art, für die ökologische Nische einfach nicht wichtig oder entscheidend genug sind oder vor der Fortpflanzung nicht (entscheidend) zum Tragen kommen.
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Re: Widerspruch im Denken der Brights?

Beitragvon 1von6,5Milliarden » Mo 28. Dez 2009, 16:55

stine hat geschrieben:das Ende ihres Lebens erst bei Altersschwäche oder Krankheit spüren, oder ob sie sich, wie wir Menschen der Endlichkeit ihres Daseins ein Leben lang bewusst sind, bleibt ja trotzdem zweierlei.
Ja, aber bitte fordere mich nicht zu misanthropischen Äußerungen auf :mg:
Trotzdem wird es dir niemals gelingen zu beweisen, dass es kein anderes Lebewesen gibt, welches zu solchem Verhalten fähig ist.
Und außerdem gibt es halbwegs glaubhafte Berichte, dass einige andere Tier anscheinend fähig sind, den Tod bzw. das Sterben von Artgenossen "bewusst zu begleiten" und zu erkennen (bevor der Artgenosse sich nicht mehr rührt und nach Aas müffelt) - wobei wie schon geschrieben "bewusst" und "Bewusstsein" so eine Sache sind und auch falsche Deutung durch den menschlichen oder "menschelnden" Beobachter noch eine andere Sache.
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Re: Widerspruch im Denken der Brights?

Beitragvon platon » Mo 28. Dez 2009, 22:07

stine hat geschrieben:Und das tut er noch heute!

Wieso kommst Du dann gerade wie Du lustig bist, mal wieder mit der Existenz von Göttern? Du hast eben konzediert, dass das menschliche Erklärungsversuche sind, mit anderen Worten nichts weiter als mehr oder weniger schräge Ideen, die eine Antwort auf Fragen darstellen sollen, zu denen man keine vernünftige Antwort kennt.
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Re: Widerspruch im Denken der Brights?

Beitragvon platon » Mo 28. Dez 2009, 22:15

1von6,5Milliarden hat geschrieben:Eine evolutionäre Entwicklung kann und wird oft/immer auch Nachteile haben, wichtig ist nur, dass zu dem Zeitrahmen der Entwicklung die Vorteile überwiegen oder einfach die Nachteile für die Fortentwicklung bzw. das Weiterbestehen der Art, für die ökologische Nische einfach nicht wichtig...

Das ist jetzt aber Erbsenzählerei. Ein Nachteil, der nicht zum Tragen kommt, ist kein Nachteil!
Unter den Blinden ist der Einäugige König. Der evolutionäre Verlust eines Auges ist für mich kein Nachteil, wenn es in meiner ökologischen Nische (die hell erleuchtet ist) nur Blinde gibt. In dem Augenblick, wo Zweiäugige auftauchen, werden die Karten allerdings wieder neu gemischt und dann, aber erst dann ist Einäugigkeit ein Nachteil, der dem Selektionsdruck unterliegt.
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