Myron hat geschrieben:… Aber warum sollte es eigentlich außerhalb der akademischen Sphäre nicht auch Leute mit einem naturalistischen Weltbild geben dürfen, die daran ebenso "grundlos" glauben wie die meisten Theisten an ihr supernaturalistisches Weltbild?
Muss ich jemandem das Naturalistsein absprechen, wenn er "einfach so" an den Naturalismus glaubt, ohne dafür eine objektive, sich auf wissenschaftliche Erkenntnisse stützende Begründung liefern zu können? …
Myron hat geschrieben:… Eine naturphilosophische Theorie, die sich über die von dir so verehrten "harten Fakten" hinauswagt, kann sehr wohl naturalistisch sein, auch wenn sie nicht oder noch nicht empirisch bestätigt ist. …
folgsam hat geschrieben:Die Frage, ob man sich etwas anmaßen kann, macht nur Sinn, wenn es einen Maßstab gibt.
Ich denke wir, sind uns darüber einig, dass wir zumindest glauben, sowas nicht benötigen zu müssen.
El Schwalmo hat geschrieben:nannte das nicht mal Jemand 'anything goes'?
folgsam hat geschrieben:El Schwalmo hat geschrieben:nannte das nicht mal Jemand 'anything goes'?
Was Ontologien betrifft, ja. Nachdem man sie aufgestellt hat, kann man immer noch prüfen ob sie sinnvoll und behaltenswert sind.
El Schwalmo hat geschrieben:Denn die Grundannahme die Du machst, ist, dass unsere Logik in allen Welten gilt. Ob sich das Sein nach den Gesetzen unserer Logik richtet, ist eine spannende Frage.
Selachoideus hat geschrieben:El Schwalmo hat geschrieben:Denn die Grundannahme die Du machst, ist, dass unsere Logik in allen Welten gilt. Ob sich das Sein nach den Gesetzen unserer Logik richtet, ist eine spannende Frage.
Was ist "unsere Logik"? Zählt parakonsistente Logik auch dazu?
El Schwalmo hat geschrieben:Ich halte es hier mit Bunge: erst mal diese Welt erforschen, bevor man sich über andere Gedanken macht.
El Schwalmo hat geschrieben:man hat mich Informatik studieren lassen.
Du kannst sagen: in Welten, in denen das gilt ...
Denn die Grundannahme die Du machst, ist, dass unsere Logik in allen Welten gilt. Ob sich das Sein nach den Gesetzen unserer Logik richtet, ist eine spannende Frage.
HFRudolph hat geschrieben:Achje, nein, ist das wirklich so missverständlich, „ein Weltbild, dass sich zur Ermittlung der Realität ausschließlich der wissenschaftlichen Methode bedient“?
HFRudolph hat geschrieben:Damit ist natürlich nicht gemeint, dass wir nur dann etwas in unser Weltbild aufnehmen, wenn wir es selbst geprüft haben.
HFRudolph hat geschrieben:Wie soll ich das anders ausdrücken, ohne dass es wieder missverständlich ist: Strukturell muss jeder Teil unseres Weltbildes so sein, dass er im Grunde einer wissenschaftlichen Überprüfung standhalten würde.
HFRudolph hat geschrieben:Das heißt nicht, dass das überhaupt bereits ein Mensch getan hat oder auch nur tun könnte. Aber wenn das jemand macht und zu dem Ergebnis kommt, dass das Unfug ist, was wir uns vorstellen, dann muss sich unser Weltbild sofort ändern, wenn uns diese Erkenntnis in verständlicher nachvollziehbarer Form präsentiert wird. Das „im Grunde“ heißt dass unser Weltbild so sein muss, wie es wäre, wenn wir es Stück für Stück mit wissenschaftlicher Methodik aufbauen würden - der Bereich, der nicht empirisch feststellbar ist, müsste dann zumindest logisch nachvollziehbar und plausibel begründbar sein (gerade hier kann man über den Inhalt trefflich streiten.)
Myron hat geschrieben:Der bedeutende Philosoph David Armstrong stellt mahnend fest:
"There is no certainty in philosophy. No philosopher can know that his or her arguments are true."
(Armstrong, D. M. A World of States of Affairs. Cambridge: Cambridge University Press, 1997. Preface, xi-xii)
Diese Einsicht ist in der Tat ernüchternd.
Myron hat geschrieben:darwin upheaval hat geschrieben:Myron hat geschrieben:Leute, ihr könnt mir nicht weismachen, dass ihr immer noch nicht den Unterschied zwischen dem ontologischen (metaphysischen) Naturalismus und dem methodologischen Naturalismus kennt.
(Siehe: http://plato.stanford.edu/entries/naturalism)
Diese Unterscheidung ist philosophisch angreifbar.
Sagen wir mal so: Der Unterschied wird oft nicht klar definiert.
Myron hat geschrieben:darwin upheaval hat geschrieben: Kanitscheider beispielsweise spricht vom "schwachen ontologischen Naturalismus", der mit dem identisch ist, was Du als "methodologischen Naturalismus" bezeichnest. Dieser Naturalismus besagt, "... dass das Universum in seinem empirisch, aber auch theoretisch fassbaren Bereich ohne Rekurs auf autonome spirituelle Entitäten, besondere Lebenskraft oder teleologische und transzendente Wirk-Faktoren erkannt werden kann".
Kanitscheider, B. (2003) Naturalismus, metaphysische Illusionen und der Ort der Seele. Grundzüge einer naturalistischen Philosophie und Ethik. In: Zur Debatte. Themen der Katholischen Akademie in Bayern 1, 33 – 34 (33).
Wenn einer in diesem Zusammenhang das Adjektiv "ontologisch" benutzt, dann soll er eine Aussage darüber treffen, was es gibt bzw. nicht gibt, und nicht darüber, was erkennbar bzw. unerkennbar ist, oder was wie zu tun ist.
Myron hat geschrieben:darwin upheaval hat geschrieben:Man beachte, dass dieser Satz eine ontologische Hypothese enthält, die genuin Annahmen über das Sein und Werden der Welt trifft. So würde z. B. niemand Zeit und Mühen in Experimente stecken, der es allen Ernstes für wahrscheinlich hielte, dass die Datenerhebung einer willkürlichen supranaturalistischen Manipulation unterliegt. Und wer davon ausgeht, dass es in der Vergangenheit wiederholt übernatürliche Wirkungen ab, der macht sich in den entsprechenden Bereichen gar nicht erst die Mühe, Modelle zur Erklärung der betreffenden Phänomene zu erstellen.
Siehe: viewtopic.php?p=43055#p43055
(insbesondere ab "Ein drittes Argument, ...")
Ich sehe das Grundproblem sehr wohl, welches in der Schwierigkeit besteht, einen gänzlich "unontologischen" methodologischen Naturalismus zu konzipieren. Ob das machbar ist, darüber muss ich erst noch weiter nachdenken ...
Myron hat geschrieben:darwin upheaval hat geschrieben:Im übrigen bilde ich mir ein, dass beispielsweise Sukopp (2006) u. a. Philosophen unter "methodologischem Naturalismus" etwas ganz anderes verstehen, nämlich diejenige Art von Szientismus, die beispielsweise W.v.O. Quine vertreten hat. Daher kommt es zu einer Doppelbelegung dieses Begriffs, die eigentlich mehr Verwirrung stiftet, als sie löst.
Ein Sukopp-Zitat kann ich unten noch anbieten, aber die Bezeichnung "methodologischer Naturalismus" ist, wie ich bereits mehrmals unterstrichen habe, eh schon doppelt belegt, einmal das Verhältnis von Philosophie und (Natur-)Wissenschaft und einmal das Verhältnis von Religion/Supernaturalismus und (Natur-)Wissenschaft betreffend.
Siehe: viewtopic.php?p=47335#p47335
darwin upheaval hat geschrieben:Oder schlimmer noch: wenn gemäß El Schwalmos These die ontologische Annahme, dass die Datengewinnung durch keinerlei supranaturalistische Einflüsse beeinträchtigt würde, nicht zur Grundvoraussetzung wissenschaftlichen Arbeitens und Interpretierens gehören würde.
darwin upheaval hat geschrieben:Weil hier eine Scheingrenze gezogen wird, die m. E. inkonsistent (bzw. unsinnig) ist.
darwin upheaval hat geschrieben:Das ist eben der Unterschied zwischen einer schwachen und einer starken Variante sensu Kanitscheider: Aus methodologischen Gründen wird nicht mehr gebraucht, als die Annahme, dass es in diesem Universum "überall mit rechten Dingen" zugeht. Ob es darüber hinaus einen Gott gibt, darüber muss sich der Naturwissenschaftler keine Gedanken machen. Aber schon die schwache methodologische Hypothese ist - man kann es drehen und wenden wie man will - immer eine ontologische, nämlich eine über das Sein und Werden der Welt.
darwin upheaval hat geschrieben:Das scheint mir nicht der Fall zu sein. Z. B. würde niemand Milliardenbeträge in den Bau des LHC-Teilchenbeschleunigers stecken, wenn er im "Higgs-Boson" nicht mehr sähe, als ein Formalismus zur Darstellung gewisser Symmetriebrechungen. Oder schlimmer noch: wenn gemäß El Schwalmos These die ontologische Annahme, dass die Datengewinnung durch keinerlei supranaturalistische Einflüsse beeinträchtigt würde, nicht zur Grundvoraussetzung wissenschaftlichen Arbeitens und Interpretierens gehören würde. Selbst Kreationisten scheinen diese ontologische Annnahme genuin zu treffen.
El Schwalmo hat geschrieben:Die Natur muss sich nicht nach Deinen Bedürfnissen richten.
Myron hat geschrieben:El Schwalmo hat geschrieben:Die Natur muss sich nicht nach Deinen Bedürfnissen richten.
Ach, die Natur, sie macht einfach, was sie will, und hört nicht auf uns ...
folgsam hat geschrieben:Die Frage, ob man sich etwas anmaßen kann, macht nur Sinn, wenn es einen Maßstab gibt.
Ich denke wir, sind uns darüber einig, dass wir zumindest glauben, sowas nicht benötigen zu müssen.
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