Mersch und sonstiges

Mersch und sonstiges

Beitragvon jackle » So 31. Mai 2009, 11:12

Aeternitas hat geschrieben:
jackle hat geschrieben:2. Die Sexualität ist den Evolutionsbiologen insgesamt ein Rätsel (Queen of Problems in Evolutionary Biology).


Da du dich scheinbar so gut damit Auskennst könntest du das vielleicht etwas mehr erläutern, da ich dein Problem bei diesem Thema noch nicht so ganz nachvollziehen kann.


Hier ein paar Gründe für die Vorteilhaftigkeit der getrenntgeschlechtlichen Sexualität:
1. Getrenntgeschlechtliche Populationen können evolvieren, ohne Überproduktion von Nachkommen, Kampf ums Dasein und natürlicher Selektion. Es reicht, wenn sich die Männchen häufiger fortpflanzen "wollen" (ein höheres Reproduktionsinteresse besitzen) als die Weibchen Nachkommen liefern können. Mit anderen Worten: Es reicht, dass die Weibchen eine knappe Ressource sind.
2. Bei der natürlichen Selektion ist systemtheoretisch gesprochen die "Umwelt" die Natur, bei der sexuellen Selektion ist es die Population. Hierdurch können soziale Eigenschaften gefördert werden, die in der Natur keinen Vorteil bieten, gegenüber der sozialen Gemeinschaft aber sehr wohl. Zu nennen sind u. a. Musikalität, Altruismus (siehe Diskussion hier), komplexe Kooperation.
3. Die Variabilität der Geschlechter kann ungleich gestaltet werden, um eine verstärkte Selektion zu bewirken. Das ist bei vielen Lebewesen deutlich feststellbar, sehr stark auch beim Menschen. Beispielsweise ergaben großangelegte IQ-Tests, dass auf drei Männer mit einem IQ von über 130 eine Frau kommt und auf 5,5 Männer mit einem IQ von 145 und darüber ebenfalls eine Frau. Bei sehr niedrigen IQs sieht es ganz ähnlich aus: Auch hier klare Dominanz der Männer.

http://www.medizinauskunft.de/artikel/diagnose/maenner/30_08_schlauer_mann.php

Bei den Inselbegabten eine ähnliche Situation: Auf 6 Männer kommt eine Frau.

http://de.wikipedia.org/wiki/Inselbegabung

Beim unlängst veröffentlichen Studentenpisa-Test des Spiegels (600.000 Teilnehmer) gab es nur 26 Personen, die alle Fragen richtig beantworteten. Wie man hört, waren diese allesamt männlich.

http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,625140,00.html

Eine mögliche Ursache ist die Haploidiät beim X-Chromosom auf Seiten der Männer.

Würde in einer menschlichen Gesellschaft ein Mensch mit einem sozial extrem nutzbaren genetischen Merkmal geboren werden (z. B. jeden Krebs durch 10-minütiges Handauflegen und starker Konzentration zu heilen), dann kann sich dieses Merkmal nur dann in der Population ausbreiten, wenn
a) der Träger männlich ist und
b) viele Frauen bereit sind, für ihn ein Kind auszutragen, ohne dass er die Hälfte der Familienarbeit leisten muss.

Parthenogenetisch oder hermaphroditisch wäre da sowieso nichts zu machen.

Vereinfacht dargestellt könnte man also sagen: Die Männchen spielen evolutionstheoretisch gesprochen den Expeditionstrupp, die Weibchen dagegen die solide Basis, die den Erfolgreichen folgt.

Ach ja: Gender hat keine wissenschaftliche Grundlage.
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Re: Wie du mir so ich dir - Axelrod und seine Simulationen

Beitragvon smalonius » So 31. Mai 2009, 17:36

jackle hat geschrieben:Das erklärt aber nicht, warum sich die Getrenntgeschlechtlichkeit gegenüber dem Hermaphroditismus durchgesetzt hat, denn von der genetischen Vielfalt, der genetischen Rekombination etc. profitiert dieser ja genauso, ohne die männlichen Kosten zu besitzen.
Fortgesetzte Selbstbefruchtung ist quasi eine Form von Inzest. In manchen Fällen nicht die beste Strategie.
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Re: Wie du mir so ich dir - Axelrod und seine Simulationen

Beitragvon jackle » So 31. Mai 2009, 19:15

smalonius hat geschrieben:
jackle hat geschrieben:Das erklärt aber nicht, warum sich die Getrenntgeschlechtlichkeit gegenüber dem Hermaphroditismus durchgesetzt hat, denn von der genetischen Vielfalt, der genetischen Rekombination etc. profitiert dieser ja genauso, ohne die männlichen Kosten zu besitzen.
Fortgesetzte Selbstbefruchtung ist quasi eine Form von Inzest. In manchen Fällen nicht die beste Strategie.


Hermaphroditismus ist keine fortgesetzte Selbstbefruchtung (nun bin ich etwas verwundert: muss man hier wirklich über Adam und Eva diskutieren?).

Wikipedia:
Hermaphroditismus oder Zwittrigkeit bzw. Zwittertum bezeichnet in der Biologie das Vorkommen von doppelgeschlechtlichen Individuen, also Individuen mit männlicher und weiblicher Geschlechtsausprägung und die sowohl männliche als auch weibliche Keimzellen ausbilden, bei einer Art. (...) Insbesondere im Pflanzenreich ist die Zwittrigkeit weit verbreitet. Bei Samenpflanzen unterscheidet man zwei Arten der Zwittrigkeit: Einhäusige Pflanzen haben auf einer Pflanze sowohl männliche als auch weibliche Blüten, echt zwittrige Pflanzen haben nur eine Art von Blüten, in denen sich gleichzeitig männliche und weibliche Geschlechtsorgane befinden. Über verschiedene Strategien der Selbstinkompatibilität wird eine Eigenbefruchtung bei den meisten Arten vermieden.
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Re: Wie du mir so ich dir - Axelrod und seine Simulationen

Beitragvon smalonius » Mo 1. Jun 2009, 15:24

jackle hat geschrieben:Hermaphroditismus ist keine fortgesetzte Selbstbefruchtung (nun bin ich etwas verwundert: muss man hier wirklich über Adam und Eva diskutieren?).
Ahh, mein Fehler. Wieder was gelernt.
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Re: Wie du mir so ich dir - Axelrod und seine Simulationen

Beitragvon jackle » Mo 1. Jun 2009, 18:19

smalonius hat geschrieben:
jackle hat geschrieben:Hermaphroditismus ist keine fortgesetzte Selbstbefruchtung (nun bin ich etwas verwundert: muss man hier wirklich über Adam und Eva diskutieren?).
Ahh, mein Fehler. Wieder was gelernt.


Wie du daran aber siehst: Getrenntgeschlechtlichkeit ist ein eigenständiges Problem. Sie hat erhebliche Kosten (Männchen), trotzdem hat sie sich in der Natur durchgesetzt, und je höher eine Art entwickelt ist, desto eindeutiger. Sie scheint also einen eigenständigen evolutionären Vorteil zu besitzen. Und der kommt ganz offensichtlich über die Männchen, was durchaus gewisse gesellschaftspolitische Folgen hätte.
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Re: Wie du mir so ich dir - Axelrod und seine Simulationen

Beitragvon folgsam » Mo 1. Jun 2009, 19:11

jackle hat geschrieben: Sie hat erhebliche Kosten (Männchen), trotzdem hat sie sich in der Natur durchgesetzt, und je höher eine Art entwickelt ist, desto eindeutiger.



Wie misst du "Eintwicklungsgrade" ?
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Re: Wie du mir so ich dir - Axelrod und seine Simulationen

Beitragvon jackle » Mo 1. Jun 2009, 21:29

folgsam hat geschrieben:
jackle hat geschrieben: Sie hat erhebliche Kosten (Männchen), trotzdem hat sie sich in der Natur durchgesetzt, und je höher eine Art entwickelt ist, desto eindeutiger.

Wie misst du "Eintwicklungsgrade" ?


Z. B.:
- Vorhandensein eines ZNS
- höhere Gehirnfunktionen (z. B. Gedächtnis)
- aufwendige Elterninvestments
- komplexes Sozialverhalten
- Fähigkeit zur sexuellen Selektion
- lamarckistischer Reproduktionsprozess (Vererbung erworbener Kompetenzen mittels Imitation, Lernen, ...)

Je mehr man davon hat, destor "höher". Niedere Lebewesen können im Grunde nur ihre Gene an ihre Nachkommen weitergeben, und oftmals besitzen sie auch keine anderen Kompetenzen als ihre genetischen. Sie können dann während ihrer Lebenszeit keine oder kaum neue Erfahrungen mit dem Lebensraum machen.
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Re: Wie du mir so ich dir - Axelrod und seine Simulationen

Beitragvon folgsam » Mo 1. Jun 2009, 21:49

jackle hat geschrieben:- lamarckistischer Reproduktionsprozess (Vererbung erworbener Kompetenzen mittels Imitation, Lernen, ...


Wie kommst du darauf Lernprozesse lamarckistisch zu nennen? afaik hat das damit überhaupt nichts zu tun.

jackle hat geschrieben:Je mehr man davon hat, destor "höher".


Du meinst: komplexer Organisiert.

jackle hat geschrieben: Niedere Lebewesen können im Grunde nur ihre Gene an ihre Nachkommen weitergeben, und oftmals besitzen sie auch keine anderen Kompetenzen als ihre genetischen. Sie können dann während ihrer Lebenszeit keine oder kaum neue Erfahrungen mit dem Lebensraum machen.


Auf welcher Grundlage bewertest du Organismen, die die Fähigkeit Erfahrungen machen zu können besitzen, höher, als solche die das vermeintlich nicht können?
Nehmen wir zb. die Chordata und vergleichen sie mit den Nematoda.

Nematoden sind zweifelsohne weniger komplex aufgebaut als sagen wir ein Hund, auch und gerade was sein Sozialverhalten angeht. Trotzdem übersteigen Nematoden was Diversität, Ausbreitung, Nischenbesetzung und schiere Biomasse angeht spielend den gesammten Stamm der Chordatiere.

Was ist eigentlich der 'Zweck' der erlenbaren Kompetenzen?
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Re: Wie du mir so ich dir - Axelrod und seine Simulationen

Beitragvon Mark » Di 2. Jun 2009, 01:47

jackle hat geschrieben:Die Sexualität ist den Evolutionsbiologen insgesamt ein Rätsel (Queen of Problems in Evolutionary Biology).


Wundert mich. Ist doch eigentlich gut begründbar. Sex ist eine Möglichkeit die Gesundheit des Partners im Leistungstest zu beobachten, die Immunsysteme im Kontakt beiderseits zu stärken, und bildet für uns neurologisch stark strukturiert lebenden Wesen oftmals den einzigen wirklich gesunden Rausch. Und der Rausch hat schon in so manchem Hirn per Zufall ein goldenes Ei gelegt. Was ist denn so rätselhaft für die Biologen ?
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Re: Wie du mir so ich dir - Axelrod und seine Simulationen

Beitragvon jackle » Di 2. Jun 2009, 01:53

folgsam hat geschrieben:Wie kommst du darauf Lernprozesse lamarckistisch zu nennen? afaik hat das damit überhaupt nichts zu tun.


Die Mutter erwirbt ihre Muttersprache von ihrer Mutter und gibt sie an ihre Kinder weiter. Das ist "Vererbung" erworbener Eigenschaften, allerdings nicht im Sinne einer genetischen Vererbung, sondern allgemeiner Betrachtung. Das Speichermedium ist hier nicht die DNA, sondern das Gehirn. Hat man auch ein Gehirn zur Vererbung erworbener Kompetenzen und nicht nur DNA, ist man "höher".


folgsam hat geschrieben:Auf welcher Grundlage bewertest du Organismen, die die Fähigkeit Erfahrungen machen zu können besitzen, höher, als solche die das vermeintlich nicht können?


Siehe Mensch. Wir reden über die anderen, die nicht über uns. Man kann natürlich auch alles gutmenschenmäßig betrachten, führt aber für gewöhnlich nicht weiter.

folgsam hat geschrieben:Trotzdem übersteigen Nematoden was Diversität, Ausbreitung, Nischenbesetzung und schiere Biomasse angeht spielend den gesammten Stamm der Chordatiere.


Spielt keine Rolle. Es erlangen ja auch mehr Menschen einen Haupt/Realschulabschluss als einen Hochschulabschluss, trotzdem würde man sagen, dass der Hochschulabschluss für eine höhere Bildung steht.

folgsam hat geschrieben:Was ist eigentlich der 'Zweck' der erlenbaren Kompetenzen?


Das liegt auf der Hand.
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Re: Wie du mir so ich dir - Axelrod und seine Simulationen

Beitragvon folgsam » Di 2. Jun 2009, 13:39

jackle hat geschrieben:Hat man auch ein Gehirn zur Vererbung erworbener Kompetenzen und nicht nur DNA, ist man "höher".



Und wieder weiß ich nicht warum ausgerechnet das ein Charakteristikum für "höhere" Entwicklung sein soll.

Haie haben lorenz'sche Ampullen, gewisse Schrimparten können verschiedenartig polarisiertes Licht wahrnehmen, zusätzlich zum 'normalen' Sehspektrum, sind uns also gewaltig überlegen.
Ich vermute, du suchst dir aus irgendwelchen mir nicht bekannten Gründen willkürlich Eigenschaften heraus.


jackle hat geschrieben:Das liegt auf der Hand.


Nein, erklärs mir.
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Re: Wie du mir so ich dir - Axelrod und seine Simulationen

Beitragvon jackle » Di 2. Jun 2009, 14:44

folgsam hat geschrieben:Und wieder weiß ich nicht warum ausgerechnet das ein Charakteristikum für "höhere" Entwicklung sein soll.


Kulturfähigkeit?

folgsam hat geschrieben:Haie haben lorenz'sche Ampullen, gewisse Schrimparten können verschiedenartig polarisiertes Licht wahrnehmen, zusätzlich zum 'normalen' Sehspektrum, sind uns also gewaltig überlegen.


Wissen die das auch? Oder wissen nur wir das über die? Haben Haie Menschen in ihren Zoos oder nur Menschen Haie?

folgsam hat geschrieben:Ich vermute, du suchst dir aus irgendwelchen mir nicht bekannten Gründen willkürlich Eigenschaften heraus.


Warum hat Dawkins dann die Memetik entworfen, wenn das alles so willkürlich ist?
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Re: Wie du mir so ich dir - Axelrod und seine Simulationen

Beitragvon folgsam » Di 2. Jun 2009, 18:15

jackle hat geschrieben:Kulturfähigkeit?


Ich find Eusozialität sehr viel besser. Da kommen die Menschen ohne massive tiefgreifende Genomverändernde Eingriffe wohl auch nie und nimmer hin.



jackle hat geschrieben:Wissen die das auch? Oder wissen nur wir das über die? Haben Haie Menschen in ihren Zoos oder nur Menschen Haie?


Ich habe keine Ahnung worauf du hinaus willst.
Sie müssen natürlich nicht wissen wie sie funktionieren um an ihre Umgebung angepasst zu sein und was das mit den Zoos soll weiß ich auch nicht.



jackle hat geschrieben:Warum hat Dawkins dann die Memetik entworfen, wenn das alles so willkürlich ist?


Dawkins hat mit der Memetik keine diffuse "Höherstufung" gegenüber anderen Organismen im Sinn gehabt. Sie ist eine plausible, wenn auch experimentell wenig unterfütterte, Gedankenspielerei.
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Re: Wie du mir so ich dir - Axelrod und seine Simulationen

Beitragvon jackle » Di 2. Jun 2009, 22:28

folgsam hat geschrieben:Ich find Eusozialität sehr viel besser. Da kommen die Menschen ohne massive tiefgreifende Genomverändernde Eingriffe wohl auch nie und nimmer hin.


Warum sollte das besser sein? Auf mich wirken die wie Roboter.

folgsam hat geschrieben:Ich habe keine Ahnung worauf du hinaus willst.
Sie müssen natürlich nicht wissen wie sie funktionieren um an ihre Umgebung angepasst zu sein und was das mit den Zoos soll weiß ich auch nicht.


Nehmen wir einmal an, ein Meteor würde auf die Erde zurasen, prognostizierter Einschlag in 50 Jahren, Wirkung verheerend (die Menschheit würde vermutlich aussterben). Es ist nicht auszuschließen, dass es der Menschheit gelingen würde, den Einschlag zu verhindern. Kein anderes Lebewesen auf der Erde wäre dazu in der Lage.

Ist das nun höher oder nicht?

Meines Erachtens ist ein leistungsfähiges Gehirn ein Merkmal für eine Höherentwicklung. Wie gesagt: Nun können auch erworbene Eigenschaften "vererbt" werden. Es können sogar Erfahren vererbt werden, die ganz andere gemacht haben, mit Schrift und Internet sogar von Menschen, die zu einer anderen Zeit oder in 10.000 km Entfernung leben/lebten.

folgsam hat geschrieben:Dawkins hat mit der Memetik keine diffuse "Höherstufung" gegenüber anderen Organismen im Sinn gehabt. Sie ist eine plausible, wenn auch experimentell wenig unterfütterte, Gedankenspielerei.


Immerhin schreibt er etwas von "we alone on earth". Ich halte die Memetik für überhaupt nicht plausibel. Ich halte sie nicht einmal für eine gute Idee. Dawkins verwendet hierbei einen Replikatorenansatz, der bei der Kultur nicht greift. Kulturelle Objekte können vielfältig gespeichert werden, selbst als Youtube-Videos.
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Re: Wie du mir so ich dir - Axelrod und seine Simulationen

Beitragvon folgsam » Di 2. Jun 2009, 22:39

jackle hat geschrieben:Warum sollte das besser sein? Auf mich wirken die wie Roboter.


Keineswegs. Vielleicht schaust du sie dir nochmal genauer an.

jackle hat geschrieben:Ist das nun höher oder nicht?


Sehr viele Lebensformen werden von einem hypothetischen Einschlag gar nicht berührt, werden in der Folge vielleicht neue Nischen besetzen können und erfolgreicher werden als sie es schon sind.
Find ich ganz elegant, sich gar nicht erst von einer Umweltkatastrophe beinflussen zu lassen.

jackle hat geschrieben:Meines Erachtens ist ein leistungsfähiges Gehirn ein Merkmal für eine Höherentwicklung. Wie gesagt: Nun können auch erworbene Eigenschaften "vererbt" werden. Es können sogar Erfahren vererbt werden, die ganz andere gemacht haben, mit Schrift und Internet sogar von Menschen, die zu einer anderen Zeit oder in 10.000 km Entfernung leben/lebten.


Lernen =! vererben. Bitte benutz doch diesen Begriff nicht mehr.

jackle hat geschrieben:Immerhin schreibt er etwas von "we alone on earth". Ich halte die Memetik für überhaupt nicht plausibel. Ich halte sie nicht einmal für eine gute Idee. Dawkins verwendet hierbei einen Replikatorenansatz, der bei der Kultur nicht greift. Kulturelle Objekte können vielfältig gespeichert werden, selbst als Youtube-Videos.


Das tangiert die Mem-Theorie gar nicht, dass sie auch in anderen Medien als menschlichen Gehirnen gespeichert werden kann. Hauptsache es gibt Instanzen die bewerten, modifizieren und verbreiten.

Der unzweifelhaft vorhandene adaptionistische Wert, den du dem Lernen zuschreibst ließe sich besser durch Memetik als durch obskure "Vererbung" beschreiben.
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Re: Wie du mir so ich dir - Axelrod und seine Simulationen

Beitragvon jackle » Di 2. Jun 2009, 23:51

folgsam hat geschrieben: Sehr viele Lebensformen werden von einem hypothetischen Einschlag gar nicht berührt, werden in der Folge vielleicht neue Nischen besetzen können und erfolgreicher werden als sie es schon sind.
Find ich ganz elegant, sich gar nicht erst von einer Umweltkatastrophe beinflussen zu lassen.


Mann, sind wir wieder cool heute. Merkst du nicht, dass du dich verrennst?

folgsam hat geschrieben: Lernen =! vererben. Bitte benutz doch diesen Begriff nicht mehr.


Tue ich dennoch. Hier geht es um den Erhalt biologischer Information, der entweder in der DNA (ggf. in weiteren Medien) oder im Gehirn gespeichert ist (beim Menschen auch noch symbolisch außerhalb). Stirbt ein Lebewesen, werden beide Informationen so gut es geht an die Nachkommen weitergegeben. Logisch gesehen ist das eine Vererbung, jedenfalls im Sinne der Evolutionstheorie.

folgsam hat geschrieben:Das tangiert die Mem-Theorie gar nicht, dass sie auch in anderen Medien als menschlichen Gehirnen gespeichert werden kann. Hauptsache es gibt Instanzen die bewerten, modifizieren und verbreiten.

Der unzweifelhaft vorhandene adaptionistische Wert, den du dem Lernen zuschreibst ließe sich besser durch Memetik als durch obskure "Vererbung" beschreiben.


Nein, besser durch Reproduktionsinteresse. Die Memetik ist ein Fake, eine ganz schlechte Idee. Wenn du dir die Seite aus dem geposteten PPT zur Systemischen Evolutionstheorie anschaust, in der Mersch die Melodienevolution bei den Neuseeländischen Lappenstare erklärt - im Gegensatz zur Memetik bei Dawkins - dann trifft er einfach den Nagel auf den Kopf: Die Melodien evolvieren, weil die Männchen die Weibchen bezirzen möchen. Es ist ihr Reproduktionsinteresse, was die Melodienevolution bewirkt (und natürlich die dann folgende weibliche Selektion). Es ist einfach unsinnig anzunehmen, dass man für die Evolution der Pfauenschweife eine andere Erklärung bräuchte als für die Evolution der Lappenstarmelodien. Beides sind Fitnessindikatoren. Letztere sind flexibler, da sie in den Gehirnen gespeichert werden. Mehr ist da aber nicht.
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Re: Wie du mir so ich dir - Axelrod und seine Simulationen

Beitragvon Aeternitas » Mi 3. Jun 2009, 00:00

Was folgsam sagt ist doch das du dir anscheinend willkürlich Kriterien aussuchst die dann als Indiz für höher Entwicklung nimmst,
es wäre wohl sinnvoll wenn du deine Kriterien irgendwie Begründest, was du bis jetzt leider nicht getan hasst.

jackle hat geschrieben:Logisch gesehen ist das eine Vererbung, jedenfalls im Sinne der Evolutionstheorie.


Logisch gesehen könnte man das nur eine Vererbung nennen wenn die Information Weitergabe immer von Eltern auf Kind immer geschieht und wenn das die einzige wäre, so wie du das beschreibst würden wir auch alle von Youtube und Wikipedia was Vererbt bekommen.
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Re: Wie du mir so ich dir - Axelrod und seine Simulationen

Beitragvon folgsam » Mi 3. Jun 2009, 00:10

jackle hat geschrieben:Mann, sind wir wieder cool heute. Merkst du nicht, dass du dich verrennst?


Jackle, da du es nicht bemerkst: Ich parodiere dein grundloses pochen auf völlig subjektive und meiner Ansicht nach haltlose, ominöse höhere Eigenschaften.

Genauso wie du versuchst in einem kulturschaffenden Nervensystem etwas besonders herausragend tolles zu finden, kann man in Eusozialität oder einem einzigartigen Entwicklungszyklus mancher Quallenarten der ganz erstaunliche Reproduktionserfolge ermöglicht was überaus tolles und hochentwickeltes sehen.


jackle hat geschrieben:Hier geht es um den Erhalt biologischer Information, der entweder in der DNA (ggf. in weiteren Medien) oder im Gehirn gespeichert ist (beim Menschen auch noch symbolisch außerhalb). Stirbt ein Lebewesen, werden beide Informationen so gut es geht an die Nachkommen weitergegeben. Logisch gesehen ist das eine Vererbung, jedenfalls im Sinne der Evolutionstheorie.


1. Die Körperbauplan konstruierende Information ist ganz und gar nicht ausschließlich durch die spezielle Abfolge der 4 Nukleotiden geregelt: Ein bloßes Abspeichern allein dieser Informationen würde es unmöglich machen das Lebewesen, aus dem diese Informationen ausgelesen wurden, zu rekonstruiren. Das korrekte Ablesen und Manipulieren der DNA erfordert eine ununterbrochene Vorfahrenlinie. Zur Zeit ist es schlicht ausgeschlossen aus dem digitalen Genom von Watson einen zweiten Watson zu klonen. Die einzige möglichkeit biologische Information zu speichern ist der Organismus.

2. Abstrakte, durch Kultur entstandene Informationen haben damit nicht das geringste zu tun.

3. Jegliche kommunizierbare Information muss weitergegeben werden bevor der Organismus stirbt, der Tod geht nicht automatisch mit einer Weitergabe irgendeiner Information einher.

4. Vererbung beschreibt den Vorgang genetischer Weitergabe und manipulation von DNA-codierter Information.
Was du beschreibst ist keine Vererbung.

jackle hat geschrieben: Wenn du dir die Seite aus dem geposteten PPT zur Systemischen Evolutionstheorie anschaust, in der Mersch die Melodienevolution bei den Neuseeländischen Lappenstare erklärt - im Gegensatz zur Memetik bei Dawkins - dann trifft er einfach den Nagel auf den Kopf: Die Melodien evolvieren, weil die Männchen die Weibchen bezirzen möchen. Es ist ihr Reproduktionsinteresse, was die Melodienevolution bewirkt (und natürlich die dann folgende weibliche Selektion). Es ist einfach unsinnig anzunehmen, dass man für die Evolution der Pfauenschweife eine andere Erklärung bräuchte als für die Evolution der Lappenstarmelodien. Beides sind Fitnessindikatoren. Letztere sind flexibler, da sie in den Gehirnen gespeichert werden. Mehr ist da aber nicht.


Die Memetik würde bei Singvögeln greifen wo sie von Generation zu Generation oder vom Individuem zum nächsten mit ausreichender Genauigkeit weitergegeben, manipuliert und repliziert werden kann.
Die Meme, die die meisten Weibchen beeindrucken würden überleben und sich vermehren.
Da wo der Gesang eines Vogels hauptsächlich genetisch veranlagt ist kann die Memetik gar nicht greifen und es kommt die gute alte Sexuelle Selektion zum Zuge.
Keine Ahnung wo du hier irgendwelche Gegensätze konstruiren willst.
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Re: Wie du mir so ich dir - Axelrod und seine Simulationen

Beitragvon jackle » Mi 3. Jun 2009, 00:14

Aeternitas hat geschrieben:es wäre wohl sinnvoll wenn du deine Kriterien irgendwie Begründest, was du bis jetzt leider nicht getan hasst.


Also, ich denke, das habe ich hinreichend getan. Natürlich kann man damit keine Leute überzeugen, die der Meinung sind, es sei doch viel cooler einen Meteoriten einfach einschlagen zu lassen, als sich darüber Gedanken zu machen.

Ich habe die verschiedenen Ebenen der Vererbung biologischer Informationen als Kriterium für Höherentwicklung angegeben. Damit stehe ich nicht allein. Siehe etwa:

http://www.amazon.de/dp/0262600692/

Wenn dann jemand fragt, warum man das bräuchte, kann ich natürlich auch nichts mehr machen.

Aeternitas hat geschrieben:Logisch gesehen könnte man das nur eine Vererbung nennen wenn die Information Weitergabe immer von Eltern auf Kind immer geschieht und wenn das die einzige wäre, so wie du das beschreibst würden wir auch alle von Youtube und Wikipedia was Vererbt bekommen.


Das spielt doch letztlich keine Rolle.
Zuletzt geändert von jackle am Mi 3. Jun 2009, 00:35, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Wie du mir so ich dir - Axelrod und seine Simulationen

Beitragvon jackle » Mi 3. Jun 2009, 00:34

folgsam hat geschrieben: Jackle, da du es nicht bemerkst: Ich parodiere dein grundloses pochen auf völlig subjektive und meiner Ansicht nach haltlose, ominöse höhere Eigenschaften.


Und das scheint mir nicht genügend begründet zu sein.

folgsam hat geschrieben:Genauso wie du versuchst in einem kulturschaffenden Nervensystem etwas besonders herausragend tolles zu finden, kann man in Eusozialität oder einem einzigartigen Entwicklungszyklus mancher Quallenarten der ganz erstaunliche Reproduktionserfolge ermöglicht was überaus tolles und hochentwickeltes sehen.


Das mag sein. Die Höherentwicklung erfolgt aber über die unterschiedlichen Vererbungssysteme, nicht über die jeweiligen Eigenschaften innerhalb der Vererbungssysteme.

Mersch hält übrigens Unternehmen für biologische Phänomene, die über dem Menschen stehen (so wie Vielzeller über Einzellern).

folgsam hat geschrieben:Die einzige möglichkeit biologische Information zu speichern ist der Organismus.


Da ging er dahin, der Dawkins.

folgsam hat geschrieben:4. Vererbung beschreibt den Vorgang genetischer Weitergabe und manipulation von DNA-codierter Information.
Was du beschreibst ist keine Vererbung.


Jablonka/Lamb sprechen ganz eindeutig von Vererbungssystemen, und systemtheoretisch gedacht ist das absolut richtig.
Man wird immer in Probleme laufen, wenn die eine Seite Evolution ganz abstrakt betrachtet, und die andere sich mit konkreten Würmern beschäftigt.

folgsam hat geschrieben:Die Memetik würde bei Singvögeln greifen wo sie von Generation zu Generation oder vom Individuem zum nächsten mit ausreichender Genauigkeit weitergegeben, manipuliert und repliziert werden kann.
Die Meme, die die meisten Weibchen beeindrucken würden überleben und sich vermehren.
Da wo der Gesang eines Vogels hauptsächlich genetisch veranlagt ist kann die Memetik gar nicht greifen und es kommt die gute alte Sexuelle Selektion zum Zuge.
Keine Ahnung wo du hier irgendwelche Gegensätze konstruiren willst.


Der Gesang des Vogels hat immer eine genetische Komponente, sonst würde er Weibchen nicht beeindrucken. Mag sein, dass die gleiche Medolie von einem Vogel etwas besser, inbrünstiger oder lauter gesungen wird, jedenfalls macht der Gesang nur dann Sinn, wenn er auch genetische Merkmale zum Ausdruck bringt. Das ist gemeinhin auch beim Menschen der Fall. Pavarotti hat ganz gewiss auch aus genetischen Gründen besser gesungen.

Es überleben doch überhaupt gar nicht die Melodien, die die Weibchen beeindrucken, sondern die Gene der erfolgreichen Männchen überleben. Bei den Melodien läuft es so: Ein Männchen singt eine tolle neue Melodie, die noch niemand sonst gesungen hat. Da es gleichzeitig sehr laut und schmachtend singt, interessieren sich ein paar Weibchen dafür. Das bekommen auch die anderen Männchen mit und versuchen dieses nun zu übertreffen. Aus dem Reproduktionsinteresse erfolgt also zunächst Imitation und dann möglicherweise die Verbesserung. Dadurch evolvieren die Melodien der Lappenstare. Es handelt sich dabei nicht um Kopierfehler (wie Dawkins behauptet), sondern um kreative Leistungen der Lappenstarmännchen.

Übrigens verhalten sich Nokia , Motorala, Samsung etc. ganz ähnlich, nur dass die nicht mit Melodien, sondern mit Mobiltelefonen werben.
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