ID in der Schule

Re: ID in der Schule

Beitragvon platon » So 3. Mai 2009, 22:12

El Schwalmo hat geschrieben:
Conway Morris, S. (2003) 'Life's Solution. Inevitable Humans in a Lonely Universe' Cambridge; New York; New Rochelle; Melbourne; Sydney, Cambridge University Press


El Schwalmo hat geschrieben:ich gehe davon aus, dass es keinen Schöpfer gibt. Aber aufgrund dessen, was Du geschrieben hast, gehe ich davon aus, dass Du Dich nie hinreichend mit Evolution befasst hast, um Dein 'Wissen' einschätzen zu können.


Ich kenne "Jenseits des Zufalls" und stelle fest, dass Du es nicht verstanden hast und Simon Conway Morris genau so auf den Leim gegangen bist, wie ungezählte andere. Sein großer Trugschluss ist nämlich, dass, weil die Evolution hier auf der Erde zu einigen (nicht wirklich vielen) konvergenten Entwicklungen geführt hat, dies generell so sein muss.
Das sagt weder etwas über die Entwicklungen unter anderen Umgebungsbedingungen noch über die "zwangsweise" Entwicklung des Menschen aus. Es ist eine Theorie, eine hübsch formulierte, aber nicht mehr. Verifiziert ist sie überdies nicht.
Doch ja, ich habe mich bereits eingehend mit der Evolution beschäftigt.
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Re: ID in der Schule

Beitragvon El Schwalmo » So 3. Mai 2009, 22:43

stefan2 hat geschrieben:@ El Schwalmo: Zitier doch wenigstens die deutsche Übersetzung! :motz: So schlecht ist ja (hoffentlich) nicht und der englische Text ist schwer zu lesen! :up:
Simon Conway Morris - Jenseits des Zufalls - Berlin University Press (2008)

ich habe einen eisernen Grundsatz: nie etwas zitieren, was ich nicht gelesen habe.
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Re: ID in der Schule

Beitragvon El Schwalmo » So 3. Mai 2009, 22:48

platon hat geschrieben:Doch ja, ich habe mich bereits eingehend mit der Evolution beschäftigt.

dann ist es extrem verwunderlich, dass Du so unausgegorenes Zeug schreiben kannst, wie Du das in Deinem letzten Posting getan hast.
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Re: ID in der Schule

Beitragvon El Schwalmo » So 3. Mai 2009, 22:53

platon hat geschrieben:Ich kenne "Jenseits des Zufalls" und stelle fest, dass Du es nicht verstanden hast und Simon Conway Morris genau so auf den Leim gegangen bist, wie ungezählte andere. Sein großer Trugschluss ist nämlich, dass, weil die Evolution hier auf der Erde zu einigen (nicht wirklich vielen) konvergenten Entwicklungen geführt hat, dies generell so sein muss.

Du scheinst auch nicht lesen zu können. Ich habe nie geschrieben, dass ich Conway Morris' Meinung vollständig teilen würde (im Gegensatz zu Conway Morris bin ich beispielsweise kein Christ), sondern nur, dass auch in der Evolution der 'Zufall' kanalisiert ist.

Nur als Beispiel: kann man 'Sehen' mit chemischen Molekülen, wie wir sie kennen, mit anderen Wellenlängen-Bereichen realisieren als in denen, die wir hier auf der Erde vorfinden?
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Re: ID in der Schule

Beitragvon ostfriese » Sa 9. Mai 2009, 15:52

Äh, hier bleibt unterschwellig der Eindruck, als hätte ein "Evolutionsgegner, der seine Hausaufgaben gemacht hat", unter Hinweis auf die 'constraints' oder ungelöste wissenschaftliche Probleme Argumente dafür, den intelligenten Designer der Evolution vorzuziehen.

Nur zur Klarstellung: hat er nicht! ID ist aus wissenschaftstheoretischer Sicht nichts weiter als ein Erklärungsverzicht, Evolution (zusammen mit dem schwachen anthropischen Prinzip) immerhin ein heuristisch fruchtbarer Erklärungsrahmen.
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Re: ID in der Schule

Beitragvon smalonius » Sa 9. Mai 2009, 18:11

El Schwalmo hat geschrieben:Nur als Beispiel: kann man 'Sehen' mit chemischen Molekülen, wie wir sie kennen, mit anderen Wellenlängen-Bereichen realisieren als in denen, die wir hier auf der Erde vorfinden?
Das kommt auf die Wellenlänge an. Bei manchen Wellenlängen wird's wohl nicht gehen, denn die gehen einfach durch Moleküle hindurch.

Aber man kann "sehen" auch noch anders realisieren.

Haie haben einen Elektrosinn in ihrer Schnauze, mit dem sie Beute lokalisieren, wenn sie zuschnappen. Bei manchen Vögeln heißt es, sie hätten einen Magnetsinn, und könnten sich am Erdmagnetfeld orientieren.

Zugegeben, das ist vielleicht mehr ein Spüren als ein Sehen. Zwei bessere Beispiele:

Fledermäuse und Delphin "sehen" durch eine Art Sonar.

Was ich sagen will: konvergente Evolution ist ein starkes Prinzip.


PS: Hat eigentlich jemand die Debatte um die Form den menschlichen Penis' verfolgt?
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Re: ID in der Schule

Beitragvon El Schwalmo » Sa 9. Mai 2009, 18:41

ostfriese hat geschrieben:Nur zur Klarstellung: hat er nicht! ID ist aus wissenschaftstheoretischer Sicht nichts weiter als ein Erklärungsverzicht,

das sagen auch die Menschen, die ID vertreten.

ostfriese hat geschrieben:Evolution (zusammen mit dem schwachen anthropischen Prinzip) immerhin ein heuristisch fruchtbarer Erklärungsrahmen.

Das sehen die ID-Vertreter auch. Die bestreiten ja nicht, dass es eine Evolution gibt, sondern nur, dass sie durchgängig naturalistisch verläuft.

BTW, nur falls der Eindruck entstanden sein sollte, dass Conway Morris ein Evolutionsgegner sei, würde ich Dir empfehlen, sein Buch zu lesen.
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Re: ID in der Schule

Beitragvon Mark » Sa 9. Mai 2009, 23:39

El Schwalmo hat geschrieben:Nur als Beispiel: kann man 'Sehen' mit chemischen Molekülen, wie wir sie kennen, mit anderen Wellenlängen-Bereichen realisieren als in denen, die wir hier auf der Erde vorfinden?


Wir sind Kyberneten und sehen in jeder beliebigen Frequenz. Wenn chemische Systeme anfangen technische Erweiterungen für die eigenen Sinne zu konstruieren, ist man über ein gewisses Level an Freiheitsgraden weit hinaus. Und man darf sich ja keinesfalls an erfundenen menschlichen Bezeichnungen für akademische Fachrichtungen aufhängen. Die limitierenden Gesetzmäßigkeiten werden vielleicht noch am besten durch die Sozialwissenschaften beschrieben, weil eben diese eine "Metaphysik" ist die sich allein durch individuelle Wahrnehmung beschreibt, und genau darin Muster erkennbar macht.
Es wäre wohl also eher nicht möglich gewesen eine Moral mit fundamental anderen Grundzügen zu entwickeln, die unsere Gesellschaft besser zum Überleben befähigt hätte. Das denke ich aber auch vielleicht nur, weil ich mir schlicht keine andere mindestens gleichwertige Art der Sozialisation intelligenter Individuen vorstellen kann, als die welche auf unseren Grundwerten basiert. Aber wenn ich so an China denke... :mg:
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Re: ID in der Schule

Beitragvon ostfriese » So 10. Mai 2009, 08:15

El Schwalmo hat geschrieben:Das sehen die ID-Vertreter auch. Die bestreiten ja nicht, dass es eine Evolution gibt, sondern nur, dass sie durchgängig naturalistisch verläuft.

Und auch dies können sie nur per Verweis auf Erklärungslücken stützen -- also gar nicht.

El Schwalmo hat geschrieben:BTW, nur falls der Eindruck entstanden sein sollte, dass Conway Morris ein Evolutionsgegner sei, würde ich Dir empfehlen, sein Buch zu lesen.

Ich habe Conway Morris mit keinem Wort erwähnt. Die Phrase vom "Evolutionsgegner, der seine Hausaufgaben gemacht hat" habe ich lediglich aus Deinem Beitrag zitiert. Ob Du dabei eine konkrete Person im Hinterkopf hattest, kann ich nicht wissen.
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Re: ID in der Schule

Beitragvon El Schwalmo » So 10. Mai 2009, 08:56

ostfriese hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:Das sehen die ID-Vertreter auch. Die bestreiten ja nicht, dass es eine Evolution gibt, sondern nur, dass sie durchgängig naturalistisch verläuft.

Und auch dies können sie nur per Verweis auf Erklärungslücken stützen -- also gar nicht.

sehe ich auch so.

Allerdings hätte Intelligent Design in meinen Augen eine Chance: es müsste zeigen können, dass es eine 'Systematik der Lücken' gibt. Beispielsweise in dem Sinn, dass man, wenn man die Evolution eines Taxons untersucht, systematisch auf Stellen stößt, an denen keine Erklärung mehr gefunden werden kann. Mir ist nicht bekannt, dass Intelligent Design diesen Ansatz verfolgt.

Auf diese Idee kamen Paläontologen allerdings schon vor langen, langen Jahren. Schau mal einen beliebigen Stammbaum einer Großgruppe an. An den 'interessanten Stellen' findest Du immer Fragezeichen. Das wird heute durch die Cladistik eher etwas 'vernebelt', weil man in diesem Rahmen mit dem argumentiert, was bekannt ist, und das, was man nicht kennt, systematisch ausblendet.

Du siehst, es läuft alles nicht auf die Frage 'Gibt es einen Designer?', sondern 'Wie betreiben wir Wissenschaft?' hinaus. Intelligent Design müsste, wenn es Erfolg haben möchte, auch gleich noch damit beginnen, die übliche Wissenschaftstheorie zu kritisieren. Auch das könnte nicht ohne Erfolg sein (wenn das mit den Lücken geklappt hat), denn dann wären wir wieder dort, wo wir waren, als man die Wissenschaftstheorie 'erfand': in der Krise eines Paradigmas. 'Damals' war das die moderne Physik, in Zukunft könnte es die moderne Biologie sein.

Nur damit Du nicht auf falsche Ideen kommst: ich gehe nicht davon aus, dass Intelligent Design das schaffen wird.

ostfriese hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:BTW, nur falls der Eindruck entstanden sein sollte, dass Conway Morris ein Evolutionsgegner sei, würde ich Dir empfehlen, sein Buch zu lesen.

Ich habe Conway Morris mit keinem Wort erwähnt. Die Phrase vom "Evolutionsgegner, der seine Hausaufgaben gemacht hat" habe ich lediglich aus Deinem Beitrag zitiert. Ob Du dabei eine konkrete Person im Hinterkopf hattest, kann ich nicht wissen.

Nur weil ich nicht wissen konnte, ob Du eine konkrete Person im Hinterkopf hast, habe ich das angesprochen. Wie Du habe ich nur ganz allgemein ein Sätzle in den Raum geworfen, wie ein Troll einen Knochen, den Du nun aufgenommen hast und um den wir uns gerne streiten können.
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Re: ID in der Schule

Beitragvon ostfriese » So 10. Mai 2009, 20:22

El Schwalmo hat geschrieben:An den 'interessanten Stellen' findest Du immer Fragezeichen.

Könnte dies eventuell damit zusammenhängen, dass heute unterschiedene verwandte Arten sich irgendwann stammesgeschichtlich getrennt haben (--> Fragezeichen) und es allemal leichter ist, von heute beobachteten Ähnlichkeiten hypothetisch auf gemeinsame Vorfahren zu schließen, als auf einem weitläufigen Planeten das passende Fossil auszugraben (zumal, wenn die Übergangsgeschöpfe auf ihrem Drahtseilakt zwischen zwei ökologischen Nischen nur ein kurzes Intermezzo gegeben haben)?

Das wäre jetzt erstmal meine gottlose Erklärung für die verdächtig vielen 'missing links'.

Wie müsste Deiner Meinung nach eine Lückensystematik aussehen, welche -- nach heutigen wissenschaftstheoretischen Maßstäben -- die Annahme eines intelligenten Designers tatsächlich nahelegt?
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Re: ID in der Schule

Beitragvon El Schwalmo » So 10. Mai 2009, 20:46

ostfriese hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:An den 'interessanten Stellen' findest Du immer Fragezeichen.

Könnte dies eventuell damit zusammenhängen, dass heute unterschiedene verwandte Arten sich irgendwann stammesgeschichtlich getrennt haben (--> Fragezeichen) und es allemal leichter ist, von heute beobachteten Ähnlichkeiten hypothetisch auf gemeinsame Vorfahren zu schließen, als auf einem weitläufigen Planeten das passende Fossil auszugraben (zumal, wenn die Übergangsgeschöpfe auf ihrem Drahtseilakt zwischen zwei ökologischen Nischen nur ein kurzes Intermezzo gegeben haben)?

Das wäre jetzt erstmal meine gottlose Erklärung für die verdächtig vielen 'missing links'.

diese 'Erklärung' wurde schon vor vielen Jahren mit den Argument verworfen, dass man eben innerhalb der Taxa hinreichend Fossilien findet, auch in den relevanten Schichten. Für das Nicht-Finden der 'Übergangsformen' wurden viele mehr oder weniger plausible Erklärungen vorgeschlagen, auch die, die Du erwähnt hast. Das reicht von 'es gab diese Wesen gar nicht' des Saltationismus, über das, was Du vorgeschlagen hast, bis zur peripatrischen Speziation in winzigen Populationen.

ostfriese hat geschrieben:Wie müsste Deiner Meinung nach eine Lückensystematik aussehen, welche -- nach heutigen wissenschaftstheoretischen Maßstäben -- die Annahme eines intelligenten Designers tatsächlich nahelegt?

Nach heutigen wissenschaftstheoretischen Maßstäben ist das wohl nie der Fall. Daher sprach ich ja davon, dass Intelligent Design auch eine neue Wissenschaftstheorie aufstellen müsste. Damit hätte es aber vermutlich erst dann eine Chance, wenn es die derzeitige, eben durch das Aufzeigen von systematischen Lücken, in eine Krise gebracht hätte. Dann wären wir wieder beim abduktiven Schluss.
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Re: ID in der Schule

Beitragvon ostfriese » Mo 11. Mai 2009, 09:02

Mal 'ne Frage: Läst Du Dich eigentlich anfunken, wenn jemand auf Deine Forenbeiträge geantwortet hat? Anders kann ich mir Deine üblicherweise blitzschnellen Reaktionen kaum erklären.

El Schwalmo hat geschrieben:diese 'Erklärung' wurde schon vor vielen Jahren mit den Argument verworfen, dass man eben innerhalb der Taxa hinreichend Fossilien findet, auch in den relevanten Schichten.

Hab ich doch gar nicht bestritten. Es geht naturgemäß trotzdem schneller, alle möglichen ins Auge springenden Verwandtschaften zu postulieren, als jede einzelne davon mit alten oder noch zu findenden Fossilien dingfest zu machen. Also gibt's zunächst (!) zwangsläufig jede Menge Lücken. Und die Rede war ja von den Fragezeichen in alten (!) Stammbaum-Darstellungen (edit: "vor langen, langen Jahren").

El Schwalmo hat geschrieben:Für das Nicht-Finden der 'Übergangsformen' wurden viele mehr oder weniger plausible Erklärungen vorgeschlagen, auch die, die Du erwähnt hast. Das reicht von 'es gab diese Wesen gar nicht' des Saltationismus, über das, was Du vorgeschlagen hast, bis zur peripatrischen Speziation in winzigen Populationen.

Und welche davon hälst Du für die plausibelste?

El Schwalmo hat geschrieben:Nach heutigen wissenschaftstheoretischen Maßstäben ist das wohl nie der Fall. Daher sprach ich ja davon, dass Intelligent Design auch eine neue Wissenschaftstheorie aufstellen müsste. Damit hätte es aber vermutlich erst dann eine Chance, wenn es die derzeitige, eben durch das Aufzeigen von systematischen Lücken, in eine Krise gebracht hätte.

Dann anders gefragt: Welche systematischen Lücken in der Paläontologie oder Biologie sollten die WT in eine Krise bringen? Es wären doch zunächst einmal die Chemiker und Physiker gefragt, nach tiefer liegenden Erklärungen zu suchen, wo Biologen an Grenzen stoßen. Erst bei systematischen Ungereimtheiten im physikalischen Weltbild geriete die gängige WT ernsthaft in Gefahr.
Zuletzt geändert von ostfriese am Mo 11. Mai 2009, 09:11, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: ID in der Schule

Beitragvon Sabrist » Mo 11. Mai 2009, 09:09

Das mag ja alles vielleicht für einige interessant sein, aber, äh, was hat eure Diskussion eigentlich mit der Frage des Users Aeternitas zu tun? Die lautet bekanntlich:
"Bei uns in der Schule möchte ein IDler einen Vortrag halten, über ID.
Könnt euch ja vorstellen wie das dann aussieht.
Jedenfalls hat meine Lehrerin (Bio LK) dem zugestimmt, was mich persönlich ziemlich schockiert hat.
Ich wollte allerdings erst mal eure Meinung dazu hören, bevor ich meine Lehrerin darauf anspreche.
"
Ob eure Ausführungen nun hilfreich bei der Lösung des Problems sind bezweifele ich ein wenig.
Hier werden, glaube ich, eher Tipps benötigt, wie der religiös-propagandistische Vortrag verhindert werden kann und wie man zukünftige ähnliche Vorträge von vorneherein aus dem Bio-Unterricht raushalten kann.
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Re: ID in der Schule

Beitragvon ostfriese » Mo 11. Mai 2009, 09:16

Ganz einfach: Die Wissenschaftstheorie enthält auch präskriptive Elemente, über die man sich nicht nach Belieben hinweg setzen kann. Wenn Biologie in der Schule ihren wissenschaftspropädeutischen Anspruch aufrecht erhalten will, muss sie diesen Regeln entsprechen, und dann gehört ID nicht zum Fach.
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Re: ID in der Schule

Beitragvon Sabrist » Mo 11. Mai 2009, 09:31

Dass religiöse Propaganda nicht in den Bio-Unterricht gehört, wurde in diesem Thema allerdings schon weitaus früher und in wesentlich klareren Worten deutlich gemacht.
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Re: ID in der Schule

Beitragvon El Schwalmo » Mo 11. Mai 2009, 09:45

Sabrist hat geschrieben:Dass religiöse Propaganda nicht in den Bio-Unterricht gehört, wurde in diesem Thema allerdings schon weitaus früher und in wesentlich klareren Worten deutlich gemacht.

die Frage ist, ob Intelligent Design unbedingt religiöse Propaganda sein muss.

Wenn Du hier in Hessen unterrichtest, steht in den Lehrplänen, dass religiöse und philosophische Aspekte der Evolutionsbiologie behandelt werden müssen. Ich sehe nicht, warum es sich nicht anbieten würde, das am Beispiel Intelligent Design zu behandeln. Die Frage ist nur, ob man das einen Schüler in Form eines Referats machen lassen sollte, weil mein diese Position kritisieren muss, was dann schwer geht, ohne diesen Schüler zu blamieren.

Und, noch problematischer, wenn der seine Hausaufgaben gemacht hat, kann man den nicht einmal blamieren.

Menschen, die meinen, naturwissenschaftliche Unterricht in der Schule würde das behandeln, was Wissenschaftstheoretikern oder Vertretern der reinen Lehre vorschwebt, haben sich noch nie damit befasst, wie ein Lehrplan gemacht wird. Das, was ich hier diesem Thread schon als Forderungen gelesen habe, zeugt nur von Naivität.
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Re: ID in der Schule

Beitragvon smalonius » Mo 11. Mai 2009, 11:17

El Schwalmo hat geschrieben:die Frage ist, ob Intelligent Design unbedingt religiöse Propaganda sein muss.
Es ist andersherum. ID tut so, als sei es keine religöse Propaganda.

In den USA wurde über das Thema Kreationismus in Schulen lange gestritten und so manches Gesetz wurde erlassen, das dem Kreatonismus den selben Stellenwert in der Lehre einräumt, wie der Evolutionstheorie. Solche Gesetze wurden 1987 vom Obersten Gericht als verfassungswidrig bezeichnet.

Also brauchte man neue Schläuche für den alten Wein. Oder besser für die alte Soße. :mg:

Flugs wurde der Junge-Erde-Teil gestrichen und ein "wissenschaftlicher" Überbau geschaffen, eben ID. Barbara Forrest wies dementsprechende Stellen in "Of Pandas and People" nach.


Cdesign Proponentsists

For years, "intelligent design" (ID) proponents denied that ID is just a new label for creationism. However, it is now well-known that the first intelligent design "textbook," Of Pandas and People, is just a revised version of a classic "two-model' creationism vs. evolution book named Creation Biology. As Barbara Forrest showed during her testimony in Kitzmiller v. Dover, Pandas was remade into an intelligent design textbook in 1987, in a few months after the Supreme Court ruling against creation science in Edwards v. Aguillard came down.

The most striking example of the transition was discovered by Dr. Forrest as she compared the drafts of Creation Biology and Of Pandas and People. Not only had "creationism" and "creationist" literally been replaced, apparently via a word processor, with "intelligent design" and "design proponent" in passages that were otherwise unchanged, but she even found a transitional form between the two labels!

Scanned images of this passage, in its various versions, are shown below.

...
http://ncseweb.org/creationism/legal/cd ... onentsists


El Schwalmo hat geschrieben:Und, noch problematischer, wenn der seine Hausaufgaben gemacht hat, kann man den nicht einmal blamieren.
In den USA ist es inzwischen gerichtlich bestätigt, daß ID unwissenschaftlich ist, etwa so wie Astrologie.
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Re: ID in der Schule

Beitragvon El Schwalmo » Mo 11. Mai 2009, 11:50

smalonius hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:die Frage ist, ob Intelligent Design unbedingt religiöse Propaganda sein muss.
Es ist andersherum. ID tut so, als sei es keine religöse Propaganda.

kommt darauf an, was man unter 'religiöse Propaganda' versteht. Intelligent Design-Argumente findet man schon bei Autoren, die vor der Entstehung des Christentums publizierten.

smalonius hat geschrieben:In den USA wurde über das Thema Kreationismus in Schulen lange gestritten und so manches Gesetz wurde erlassen, das dem Kreatonismus den selben Stellenwert in der Lehre einräumt, wie der Evolutionstheorie. Solche Gesetze wurden 1987 vom Obersten Gericht als verfassungswidrig bezeichnet.

Also brauchte man neue Schläuche für den alten Wein. Oder besser für die alte Soße. :mg:

Es macht keinen Sinn, Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Wir haben hier in Deutschland ein vollkommen anderes Schulsystem, in dem das, um was es in den USA ging, mehr oder weniger ohne Belang ist.

smalonius hat geschrieben:Flugs wurde der Junge-Erde-Teil gestrichen und ein "wissenschaftlicher" Überbau geschaffen, eben ID. Barbara Forrest wies dementsprechende Stellen in "Of Pandas and People" nach.

Das ist mir durchaus bekannt. Auch, welche Autoren dieses Buchs Kreationisten sind, und welche nicht. Der Prozess in Dover war der GAU für Intelligent Design. Allerdings bleibt, wenn man genauer hinschaut, eine Menge offen, was Intelligent Design betrifft, wenn man es als Intelligent Design und nicht als Mittel konservativer Kreise, ein Gegengewicht zu Evolution in den öffentlichen Schulen zu schaffen, betrachtet.

smalonius hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:Und, noch problematischer, wenn der seine Hausaufgaben gemacht hat, kann man den nicht einmal blamieren.

In den USA ist es inzwischen gerichtlich bestätigt, daß ID unwissenschaftlich ist, etwa so wie Astrologie.

Und? Seit wann bestimmen das Gerichte? Die Anklage war überzeugender als die Verteidigung, es hätte auch anders laufen können. Behe hat sich dümmstmöglich angestellt und traf auf einen sehr pfiffigen Anwalt. War schon ein Meisterstück, wie der Behe einen Stapel Literatur auf den Tisch geknallt hat. Der Schuss wäre aber gewaltig nach hinten los gegangen, falls Behe diese Arbeiten gekannt hätte.

Dann wäre die Diskussion nämlich andes verlaufen.

Thread 1: wissenschaftlich

Thread 2: tatsächlich der Fall.

So, wie Wissenschaft zurzeit betrieben wird, ist Intelligent Design kein Thema. Wenn man aber fragt, was mit den Methoden der Naturwissenschaften erforscht bzw. erforschbar ist, und ob es vielleicht Erkenntnisgrenzen gibt, dann sieht es etwas anders aus. Dann sind wir bei 'inference to the best explanation', und der Frage, warum das zurzeit Naturalismus ist, während das früher nicht der Fall war, und wie sich das möglicherweise ändern könnte.

Intelligent Design hat eine durchaus passable negative Apologetik, während die positive nichts taugt. Daher muss man recht genau darauf achten, wie man gegen was argumentiert.

Nur zur Sicherheit: ich halte nichts von Intelligent Design, was mich aber nicht davon abhält, ein schlechtes Argument gegen Intelligent Design schlecht zu finden, selbst wenn Intelligent Design schlecht ist.
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Re: ID in der Schule

Beitragvon El Schwalmo » Mo 11. Mai 2009, 13:57

ostfriese hat geschrieben:Mal 'ne Frage: Läst Du Dich eigentlich anfunken, wenn jemand auf Deine Forenbeiträge geantwortet hat? Anders kann ich mir Deine üblicherweise blitzschnellen Reaktionen kaum erklären.

in den persönlichen Einstellungen kann man anklicken, dass man bei einer Antwort per E-Mail benachrichtigt wird.

ostfriese hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:diese 'Erklärung' wurde schon vor vielen Jahren mit den Argument verworfen, dass man eben innerhalb der Taxa hinreichend Fossilien findet, auch in den relevanten Schichten.

Hab ich doch gar nicht bestritten. Es geht naturgemäß trotzdem schneller, alle möglichen ins Auge springenden Verwandtschaften zu postulieren, als jede einzelne davon mit alten oder noch zu findenden Fossilien dingfest zu machen. Also gibt's zunächst (!) zwangsläufig jede Menge Lücken. Und die Rede war ja von den Fragezeichen in alten (!) Stammbaum-Darstellungen (edit: "vor langen, langen Jahren").

Das Thema ist komplexer. Ich sprach ja von Großgruppen. Da ist es oft so, dass man mögliche Stammformen ziemlich lückenlos hat, dann eine Zeitlang nichts, und dann die neue Gruppe.

ostfriese hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:Für das Nicht-Finden der 'Übergangsformen' wurden viele mehr oder weniger plausible Erklärungen vorgeschlagen, auch die, die Du erwähnt hast. Das reicht von 'es gab diese Wesen gar nicht' des Saltationismus, über das, was Du vorgeschlagen hast, bis zur peripatrischen Speziation in winzigen Populationen.

Und welche davon hälst Du für die plausibelste?

Eine Art 'Saltationismus', in etwa, wie EvoDevo nahelegt.

ostfriese hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:Nach heutigen wissenschaftstheoretischen Maßstäben ist das wohl nie der Fall. Daher sprach ich ja davon, dass Intelligent Design auch eine neue Wissenschaftstheorie aufstellen müsste. Damit hätte es aber vermutlich erst dann eine Chance, wenn es die derzeitige, eben durch das Aufzeigen von systematischen Lücken, in eine Krise gebracht hätte.

Dann anders gefragt: Welche systematischen Lücken in der Paläontologie oder Biologie sollten die WT in eine Krise bringen? Es wären doch zunächst einmal die Chemiker und Physiker gefragt, nach tiefer liegenden Erklärungen zu suchen, wo Biologen an Grenzen stoßen. Erst bei systematischen Ungereimtheiten im physikalischen Weltbild geriete die gängige WT ernsthaft in Gefahr.

Ich sehe das anders. Stell Dir vor, man könnte eine 'Systematik der Lücken' aufstellen. Beispielsweise, indem man zeigt, dass irreduzibel komplexe Systeme eben nicht evolvieren, wohl aber feingetunt werden können. Dann geht es eben nicht mehr um 'Evolution, ja oder nein', sondern um 'the edge of evolution', eben um die Reichweite der Mechanismen. Zurzeit ist es so, dass man davon ausgeht, dass man so viel weiß, dass es zulässig ist, davon auszugehen, dass man die offenen Fragen 'irgendwann' klären wird. Aus der Sicht eines Intelligent Design-Vertreters ist das eine Immuniserungsstrategie. Das führt halt zur Frage nach der 'inference to the best explanation'.
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