Glauben, dass es keinen Gott gibt

Beitragvon Myron » Di 31. Jul 2007, 16:34

Qubit hat geschrieben:Atheist ist man nicht, Atheist wird man.


Ich würde eher sagen, man kommt als Atheist auf die Welt, da Neugeborene sicher nicht an Gott glauben.
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Re: Glauben, dass es keinen Gott gibt

Beitragvon Myron » Di 31. Jul 2007, 16:38

Max hat geschrieben:Die Anführungszeichen kann man auch weglassen. "Wissen" impliziert keine Gewissheit, insofern handelt es sich dabei auch um Wissen. Gewissheit ist grundsätzlich nicht erreichbar, auch nicht in der Mathematik. Selbst ein "Beweis" schafft keine Gewissheit.


Inwiefern könnte man sich in der Annahme irren, dass 1 + 1 = 2 oder 4 > 3?

Ich wüsste auch nicht, wieso man nicht mit objektiver Gewissheit sagen kann, dass das aussagenlogische Theorem '(p & q) -> p' wahr ist.
Gibt es eine mögliche Welt, worin dieses Theorem falsch ist? — Ich denke nicht.
Zuletzt geändert von Myron am Di 31. Jul 2007, 17:21, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitragvon Myron » Di 31. Jul 2007, 17:00

Andreas Müller hat geschrieben:Selbst, wenn der Atheismus auch eine Religion wäre, wäre er immer noch besser als die anderen Religionen.


Ich hab mal irgendwo Folgendes gelesen:

Wenn der Atheismus eine Religion ist, dann ist Kahlheit eine Haarfarbe.
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Beitragvon HF******* » Di 31. Jul 2007, 17:02

cptchaos hat geschrieben:Also ich denke das ist zuerst ein begriffliches Problem.

Das nächste Problem ist das Wort glauben.
Was bedeutet glauben?
Vermuten das etwas eher Wahr als Falsch ist. (Für mich)

Dann müsste man jeden religiös-Gläubigen von der Unrichtigkeit seines Glaubens durch rein rationale Elemente überzeugen können. Das kann man aber nicht.

„Glauben“ im religiösen Sinne bezieht ein suggestives oder willensgetragenes Element ein. Der Gottesglaube lässt sich eben nicht rational begründen.
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Beitragvon Myron » Di 31. Jul 2007, 17:13

HFRudolph hat geschrieben:„Glauben“ im religiösen Sinne bezieht ein suggestives oder willensgetragenes Element ein. Der Gottesglaube lässt sich eben nicht rational begründen.


Glauben ist begründetes oder unbegründetes Fürwahrhalten.
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Beitragvon Manfred Bibiza » Di 31. Jul 2007, 22:09

Myron hat geschrieben:
Qubit hat geschrieben:Atheist ist man nicht, Atheist wird man.


Ich würde eher sagen, man kommt als Atheist auf die Welt, da Neugeborene sicher nicht an Gott glauben.


Myron hat geschrieben:Glauben ist begründetes oder unbegründetes Fürwahrhalten.


Neugeborene glauben gar nichts. Glauben ist ein Kulturprodukt und muß als solches ebenso gelernt werden wie Denken, Sprechen oder Wissen. Und wir Atheisten glauben auch, nämlich daß es keinen Gott, in welcher Form auch immer, gibt. Übrigens stimmt das nicht ganz, denn nicht-an-Gott-glauben setzt voraus, daß man über irgendeinen Gottesbegriff verfügt, dem man aber aus (für uns) plausiblen Gründen den Bezug auf ein reales Objekt verweigert, dh er hat für uns wohl einen Sinn (wir wissen in etwa, was damit gemeint sein soll), aber keine Bedeutung. Wer von Gott dagegen noch nie etwas gehört hat, kann auch kein Atheist sein.

Glauben ist immer ein Fürwahrhalten, meinte schon der "böse Fritz" (Nietzsche), wobei es keine große Rolle spielt, ob der Glaube begründet oder unbegründet ist. Wer glaubt, dem ist es egal, was andere davon halten und es ist folglich überflüssig, ob und wie dieser Glaube begründet ist. Allerdings gibt es mindestens zwei Formen des Glaubens, einmal einen Glauben im Sinne von "überzeugter Gewißheit", zum anderen Glauben im Sinne von "eher wahrscheinlich", aber eben ohne überzeugte Gewißheit. Und es gibt dann noch den Glauben des Skeptikers, der glaubt, daß an einer Aussage oder einer Beobachtung gezweifelt werden müßte. Der Skeptiker glaubt also (im zweiten Sinne), es sei wahr, daß die betreffende Aussage oder Beobachtung nicht wahr sei.
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Beitragvon Myron » Mi 1. Aug 2007, 00:15

Manfred Bibiza hat geschrieben:Neugeborene glauben gar nichts.


Richtig, Neugeborene sind weltanschaulich und insbesondere religiös indifferent. Sie sind sich ihres Nichtglaubens nicht einmal bewusst.
Im weiten Sinn besteht der Atheismus schlicht in der Abwesenheit des Götterglaubens, und in diesem Sinn sind Neugeborene und auch z.B. Affen Atheisten.

Schon Paul Holbach hat 1772 (in "Le Bons-Sense") geschrieben:

"Tous les enfants sont des athées; ils n'ont aucune idée de Dieu."

"Alle Kinder sind Atheisten; sie haben keine Vorstellung von Gott." (meine Übers.)

Manfred Bibiza hat geschrieben:Glauben ist ein Kulturprodukt und muß als solches ebenso gelernt werden wie Denken, Sprechen oder Wissen.


Der Atheismus als fehlender Götterglaube muss nicht erst erlernt werden.

Manfred Bibiza hat geschrieben:Und wir Atheisten glauben auch, nämlich daß es keinen Gott, in welcher Form auch immer, gibt.


Das ist Atheismus im engen Sinn: der sogenannte positive Atheismus im Gegensatz zum oben erwähnten negativen Atheismus (= Nontheismus).

Manfred Bibiza hat geschrieben:Übrigens stimmt das nicht ganz, denn nicht-an-Gott-glauben setzt voraus, daß man über irgendeinen Gottesbegriff verfügt, dem man aber aus (für uns) plausiblen Gründen den Bezug auf ein reales Objekt verweigert, dh er hat für uns wohl einen Sinn (wir wissen in etwa, was damit gemeint sein soll), aber keine Bedeutung. Wer von Gott dagegen noch nie etwas gehört hat, kann auch kein Atheist sein.


Tja, der Atheismus im weiten Sinn besteht, wie gesagt, in der Abwesenheit des Götterglaubens, was keine Kenntnis des Gottesbegriffs voraussetzt.

Manfred Bibiza hat geschrieben:Allerdings gibt es mindestens zwei Formen des Glaubens, einmal einen Glauben im Sinne von "überzeugter Gewißheit", zum anderen Glauben im Sinne von "eher wahrscheinlich", aber eben ohne überzeugte Gewißheit.


Es gibt in der Tat unterschiedliche Glaubensgrade, d.h. unterschiedliche Intensitäten des Glaubens.

Manfred Bibiza hat geschrieben:Und es gibt dann noch den Glauben des Skeptikers, der glaubt, daß an einer Aussage oder einer Beobachtung gezweifelt werden müßte. Der Skeptiker glaubt also (im zweiten Sinne), es sei wahr, daß die betreffende Aussage oder Beobachtung nicht wahr sei.


Ein Skeptiker in Bezug auf die Aussage A glaubt nicht, dass A wahr ist, und tendiert zum Glauben, dass A falsch ist.
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Beitragvon Myron » Mi 1. Aug 2007, 14:07

Manfred Bibiza hat geschrieben:Wer von Gott dagegen noch nie etwas gehört hat, kann auch kein Atheist sein.


Die Aussageform "x glaubt nicht an die Existenz göttlicher Wesen" ("x fehlt der Glaube an die Existenz göttlicher Wesen") ist mehrdeutig. Sie kann Folgendes bedeuten:

(1) "x besitzt eine nichtleere geistige 'Glaubenstruhe', die die Aussage 'Göttliche Wesen existieren' nicht enthält."

(1.1) "x besitzt eine nichtleere, aber nichtsprachliche geistige 'Glaubenstruhe', die die Aussage 'Göttliche Wesen existieren' nicht enthält."

(2) "x besitzt eine leere geistige 'Glaubenstruhe', die die Aussage 'Göttliche Wesen existieren' nicht enthält."

(3) "x besitzt überhaupt keine geistige 'Glaubenstruhe', die die Aussage 'Göttliche Wesen existieren' enthalten könnte."

(1) wird von menschlichen Personen erfüllt, die sich ihres Nichtglaubens bewusst sind, (1.1) von erwachsenen Affen und anderen sehr hoch entwickelten Tieren, (2) von Neugeborenen und Babys, und (3) von allen nicht lebenden Dingen. (Zu sagen, Bäume seien Atheisten, ist natürlich äußerst trivial — trivial ist aber nicht gleich falsch!)

Im weiten Sinn ist die Menge der Atheisten die gesamte Komplementärmenge der Menge der Theisten.
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Beitragvon Manfred Bibiza » Mi 1. Aug 2007, 16:11

Ich habe jetzt leider nicht genug Zeit, um ausführlicher auf deine intensiven Argumentationen einzugehen, vielleicht komme ich später am Abend noch dazu, sonst morgen. Deshalb möchte ich das Thema "Atheismus" mal beiseite lassen und auf etwas hinweisen, das mir wichtiger erscheint, nämlich einen bedeutenden Unterschied der von dir gleich gesetzten Aussagen "x glaubt nicht an die Existenz göttlicher Wesen" und "x fehlt der Glaube an die Existenz göttlicher Wesen".
Im ersten Term wird etwas über einen Glauben ausgesagt: x glaubt etwas! Und zwar, daß göttliche Wesen nicht existieren. Auch das Nichtglauben von etwas ist ein Glaube! Und dieses "etwas" (die Proposition) ist etwas, von dem derjenige, der nicht daran glaubt, wissen muß. Im zweiten Term dagegen ist von einem Glauben gar nicht die Rede.
Bis später.
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Beitragvon Myron » Mi 1. Aug 2007, 16:40

Manfred Bibiza hat geschrieben:Ich habe jetzt leider nicht genug Zeit, um ausführlicher auf deine intensiven Argumentationen einzugehen, vielleicht komme ich später am Abend noch dazu, sonst morgen. Deshalb möchte ich das Thema "Atheismus" mal beiseite lassen und auf etwas hinweisen, das mir wichtiger erscheint, nämlich einen bedeutenden Unterschied der von dir gleich gesetzten Aussagen "x glaubt nicht an die Existenz göttlicher Wesen" und "x fehlt der Glaube an die Existenz göttlicher Wesen".
Im ersten Term wird etwas über einen Glauben ausgesagt: x glaubt etwas! Und zwar, daß göttliche Wesen nicht existieren. Auch das Nichtglauben von etwas ist ein Glaube! Und dieses "etwas" (die Proposition) ist etwas, von dem derjenige, der nicht daran glaubt, wissen muß. Im zweiten Term dagegen ist von einem Glauben gar nicht die Rede.


Zwischen den beiden Aussagen

(a) "x glaubt nicht, dass es Götter gibt"

und

(b) "x glaubt, dass es keine Götter gibt"

besteht ein feiner logischer Unterschied, aber nicht zwischen (a) und der Aussage

(c) "x fehlt der Glaube an die Existenz von Göttern".

Es macht einen Unterschied, ob der Glaube an Götter oder die Existenz von Göttern verneint wird.

Der Glaube an die Nichtexistenz von Göttern ist selbstverständlich ein anwesender Glaube; aber der Nichtglaube als abwesender, fehlender Glaube an die Existenz von Göttern ist dagegen kein Glaube.
(b) schließt (a)=(c) ein, aber (a)=(c) nicht unbedingt (b).

(Nichtraucher sind ja auch keine Art von Rauchern.)
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Beitragvon Manfred Bibiza » Mi 1. Aug 2007, 21:13

Beim Jupiter, die armen Götter! - Also den feinen logischen Unterschied zwischen (a) und (b) kann ich auf die Schnelle nicht nachvollziehen. Es wäre hilfreich, wenn du ihn genauer erläutern könntest.
Dafür glaube (!) ich jetzt zu verstehen, warum du (a) und (c) gleichsetzt: wenn jemand nicht an die Existenz von Götter glaubt, dann fehlt ihm natürlich der Glaube an die Existenz von Göttern, denn die beiden Glaubenspropositionen schließen sich ja logisch aus: man kann nicht gleichzeitig den Glauben haben, die Götter existierten und den Glauben, die Götter existierten nicht. Insoferne muß der Glaube, die Götter existierten, fehlen, wenn da der Glaube ist, die Götter existierten nicht.
Im letzten Satz sagst du allerdings haargenau das Gleiche wie ich, nämlich daß abwesender, fehlender Glaube kein Glaube sei. Wenn jetzt jemand weder glaubt, daß Götter existieren, noch, daß Götter nicht existieren, dann deshalb, weil er von Göttern überhaupt noch nie etwas gehört hat, denn wenn einer von Göttern einmal was gehört hat, muß er eines von beiden glauben: dann kann (oder muß, oder darf) er sich entscheiden, ob er Theist sein will, oder Atheist. Der Kaspar Hauser dagegen, der von Göttern noch nie etwas gehört hat, kann diese Entscheidung nicht treffen: er kann weder als Theist noch als Atheist bezeichnet werden. Er gehört weder der einen noch der anderen Glaubensgemeinschaft an.
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Beitragvon Myron » Mi 1. Aug 2007, 21:45

Manfred Bibiza hat geschrieben:Beim Jupiter, die armen Götter! - Also den feinen logischen Unterschied zwischen (a) und (b) kann ich auf die Schnelle nicht nachvollziehen. Es wäre hilfreich, wenn du ihn genauer erläutern könntest.


Es geht schlicht um zwei unterschiedliche Gegenstände der Verneinung.
Vor Gericht gibt es ja auch den Freispruch 1. Klasse und den Freispruch 2. Klasse:
"Das Gericht ist von der Unschuld des Angeklagten überzeugt"
versus
"Das Gericht ist von der Schuld des Angeklagten nicht überzeugt"

Manfred Bibiza hat geschrieben:
Dafür glaube (!) ich jetzt zu verstehen, warum du (a) und (c) gleichsetzt: wenn jemand nicht an die Existenz von Götter glaubt, dann fehlt ihm natürlich der Glaube an die Existenz von Göttern, denn die beiden Glaubenspropositionen schließen sich ja logisch aus: man kann nicht gleichzeitig den Glauben haben, die Götter existierten und den Glauben, die Götter existierten nicht. Insoferne muß der Glaube, die Götter existierten, fehlen, wenn da der Glaube ist, die Götter existierten nicht.


So ist es.
Egal, ob man nun an die Existenz von Göttern nicht glaubt oder an die Nichtexistenz von Göttern glaubt, in beiden Fällen fehlt logischerweise der Glaube an die Existenz von Göttern.

Manfred Bibiza hat geschrieben:
Im letzten Satz sagst du allerdings haargenau das Gleiche wie ich, nämlich daß abwesender, fehlender Glaube kein Glaube sei. Wenn jetzt jemand weder glaubt, daß Götter existieren, noch, daß Götter nicht existieren, dann deshalb, weil er von Göttern überhaupt noch nie etwas gehört hat, denn wenn einer von Göttern einmal was gehört hat, muß er eines von beiden glauben: dann kann (oder muß, oder darf) er sich entscheiden, ob er Theist sein will, oder Atheist. Der Kaspar Hauser dagegen, der von Göttern noch nie etwas gehört hat, kann diese Entscheidung nicht treffen: er kann weder als Theist noch als Atheist bezeichnet werden. Er gehört weder der einen noch der anderen Glaubensgemeinschaft an.


Also, mal ganz systematisch betrachtet:

(1) Atheismus: der Nichtglaube an die Existenz von Göttern oder der Glaube an die Nichtexistenz von Göttern

(1.1) schwacher/negativer Atheismus / Nichttheismus/Nontheismus: der fehlende, abwesende Glaube/der Nichtglaube an die Existenz von Göttern

(1.2) starker/positiver Atheismus: der Glaube an die Nichtexistenz von Göttern

(2) (Glaubens-)Agnostizismus: der (bewusste) Nichtglaube an die Existenz von Göttern und der (bewusste) Nichtglaube an die Nichtexistenz von Göttern

(3) religiöse Indifferenz: der (bewusste oder unbewusste) Nichtglaube an die Existenz von Göttern und der (bewusste oder unbewusste) Nichtglaube an die Nichtexistenz von Göttern

Einen Agnostiker würde ich nur dann jemanden nennen, wenn sich die betreffende Person ihre eigenen Gedanken zm Thema Gott gemacht hat, was selbstredend eine gewisse Kenntnis des theistischen Gottesbegriffs und der Lehre des Theismus voraussetzt. Um religiös indifferent zu sein, muss man diese Voraussetzung nicht unbedingt erfüllen. Einen Kaspar Hauser würde ich also als religiös indifferenten Nichttheisten bezeichnen.
Ein Nichttheist ist auch er gewesen, da ja aus logischen Gründen für ausnahmslos jeden gilt, dass er entweder Theist oder Nichttheist (d.i. ein negativer Atheist) ist.

Sowohl der Agnostizismus (Skeptizismus) als auch die religiöse Indifferenz sind Formen von Nontheismus, d.h. von Atheismus im negativen Sinn.
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Beitragvon Myron » Do 2. Aug 2007, 00:19

Myron hat geschrieben:Es macht einen Unterschied, ob der Glaube an Götter oder die Existenz von Göttern verneint wird.


Ebenso macht es einen Unterschied, ob man die Existenz von objektiven Gründen für den Götterglauben oder die Existenz von Göttern leugnet.
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Beitragvon Manfred Bibiza » Do 2. Aug 2007, 06:00

Offenbar gebrauchen wir nicht kompatible Glaubensbegriffe. Mein Glaubensbegriff hängt untrennbar mit dem Wissensbegriff zusammen. Um etwas glauben zu können, muß man etwas wissen, ja Wissen selbst ist eine Glaubensform. Wo kein Wissen ist, kann es keinen Glauben geben. Glauben ist eine bestimmte Haltung gegenüber dem Wissen (dem Gewußten). Deshalb können Menschen und andere Lebewesen, die etwas nicht wissen, zu diesem keine Glaubenshaltung einnehmen und, auf unsere Debatte bezogen, keine Atheisten sein, wenn sie nichts von Gott (oder Göttern) wissen. Du scheinst den Atheismus jedoch allen Lebewesen zuzuschreiben, die weder an Gott glauben noch von Gott etwas wissen. Da Götter eine menschliche Erfindung sind, gibt es sie im sonstigen Tierreich oder in anderen Sonnensystemen (falls es dort Leben gäbe und falls dieses Leben eine vergleichbare kulturelle Entwicklungsstufe erreicht hätte - was ich aber nicht eigens diskutieren möchte, da dies nur ein Gedankenexperiment ist) nicht, weshalb andere Tiere oder außeriridische Lebensformen nach meinem Dafürhalten nicht als Atheisten zu bezeichnen sind.
(Im übrigen entstand die moderne Bedeutung des Begriffes "Atheist" - der ursprünglich im antiken Griechenland die (in der Regel hoch gebildeten) "Gottlosen" bezeichnete (zB einen Demokritos) - zur Zeit der Religionskriege etwa im 16ten Jhdt. als Diffamierungsbegriff und wurde auf alle angewandt, die nicht die eigene Variante des Glaubens vertraten. Etwa wurden die Katholiken von den Protestanten als Atheisten beschimpft und umgekehrt, aber auch mitunter innerhalb der selben Religion die sogenannten Ketzer.)
Wir stellen ein gutes Beispiel für die unscharfen Grenzen vieler Begriffe, in unserem Fall des Glaubensbegriffs, dar. Ein Begriff wie "Glauben" läßt sich nicht eindeutig definieren und in unserem Fall sind unser beiden Begriffe nicht kongruent.

Zum Gerichtsbeispiel: dieses ist natürlich einleuchtend, erhellt mir aber trotzdem nicht den Unterschied zwischen (a) und (b): wenn a und b nicht das Gleiche glauben, woran glaubt dann a im Unterschied zu b?
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Beitragvon cptchaos » Do 2. Aug 2007, 09:27

Manfred Bibiza hat geschrieben:Zum Gerichtsbeispiel: dieses ist natürlich einleuchtend, erhellt mir aber trotzdem nicht den Unterschied zwischen (a) und (b): wenn a und b nicht das Gleiche glauben, woran glaubt dann a im Unterschied zu b?


Also im Fall von a: "x glaubt nicht, dass es Götter gibt"
Hat folgende Bedeutung.
X befindet sich in einem bestimmten Zustand, von dem wir nur wissen das er
umfasst, das x eine Bestimmte "Tätigkeit" nicht ausführt.
Das glauben an Götter findet bei x nicht statt.

Im Fall von B: "x glaubt, dass es keine Götter gibt"
Hier wird ausgesagt dass der Zustand von x beinhaltet dass er an etwas Glaubt.

also B => A (Bei konsistentem Weltbild) aber nicht notwendig A=>B.
A könnte sich auch nicht entschieden haben. ob der die Aussage "Es gibt götter"
für wahr oder falsch hält. Z.B.: könnte er Agnostisch sein.

Oder er bezieht sich auf den Begriff von Glauben in der Art wie es Religiöse tun.
Er meint, sein Glauben an die Nichtexistenz von Göttern ist qualitativ anderer Art
als das Glauben an Existenz von Göttern, wie es bei religiösen vorkommt.
Zuletzt geändert von cptchaos am Do 2. Aug 2007, 09:47, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitragvon cptchaos » Do 2. Aug 2007, 09:45

HFRudolph hat geschrieben:„Glauben“ im religiösen Sinne bezieht ein suggestives oder Willensgetragenes Element ein. Der Gottesglaube lässt sich eben nicht rational begründen.


Das ist mir schon klar. Das wir aber keine Rationalen Zugang zum Glauben haben liegt daran, dass wir bestimmte Begründungen als Rational unzulässig ansehen.
Wie z.B. verhalten des Umfelds oder eigene Erfahrung. Diese Begründungen führen bei anderen Menschen dazu, dass
die Aussage "Gott Existiert" eher für wahr als für falsch zu halten.
Wir haben immer das Problem, das wir zwar mit guten gründen die Begründugen der Gläubigen ablehnen können.
Wir können also immer das B in B => A wiederlegen. Aber dadurch wird A nicht wiederlegt.

Hm, vielleicht kann man so ja, skeptisches und Religiöses Glauben auseinandernehmen.

Religiöses glauben an A. Ich bin davon Überzeugt dass es ein B gibt mit B => A. Auch wenn ich es nicht kenne.

Skeptisches Glauben an A: Mir ist ein konkretes B bekannt mit B => A und gegen B sind mir keine validen Argumente bekannt.
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Re: Glauben, dass es keinen Gott gibt

Beitragvon cptchaos » Do 2. Aug 2007, 10:30

Myron hat geschrieben:Inwiefern könnte man sich in der Annahme irren, dass 1 + 1 = 2 oder 4 > 3?

Ich wüsste auch nicht, wieso man nicht mit objektiver Gewissheit sagen kann, dass das aussagenlogische Theorem '(p & q) -> p' wahr ist.
Gibt es eine mögliche Welt, worin dieses Theorem falsch ist? — Ich denke nicht.


Das ist so ein Problem der kritisch rationalen Position, die ich im übrigen auch selbst vertrete. Ist halt einer Ihrer Schwachpunkte.
Der Punkt ist, dass man die Objektive Gewissherit der richtigkeit Logik dardurch generiert, dass man als Mensch nicht anders folgerichtig denken kann.
Allerdings gibt es in der Mathematik verschiedene Formallogische Kalküle, bei denen in den einen mehr als in den anderen ableitbar ist.

Fragt sich jetzt, ob wir bei den Aussagen, die in allen "Logiken" ableitbar sind objektive Gewissheit erlangt hat ...
Ich weiß es ehrlich gesagt nicht, dass kommt darauf an was man unter objektiver Gewissheit versteht.

Das Problem ist im Kern folgendes: Können wir mit Sicherheit sagen, dass die (minimal) Logik richtig ist?
Ich glaube nicht.
Kann man sinnvoll daran Zweifeln?
Auch nicht.

Eine interessante Frage ist nun, ob ich an die Richtigkeit der Logik glaube wie andere an die Existenz Gottes? Ich bin mir da ehrlich gesagt nicht so ganz sicher. Das kann durchaus sein.
Bin ich dann auch Religiös?

Ein anderer Zugang zu dem Problem wäre die Frage: In wie fern ist 1 + 1 = 2 eine Aussage über die Realität.
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Beitragvon Myron » Do 2. Aug 2007, 12:47

Manfred Bibiza hat geschrieben:Offenbar gebrauchen wir nicht kompatible Glaubensbegriffe. Mein Glaubensbegriff hängt untrennbar mit dem Wissensbegriff zusammen. Um etwas glauben zu können, muß man etwas wissen, ja Wissen selbst ist eine Glaubensform. Wo kein Wissen ist, kann es keinen Glauben geben. Glauben ist eine bestimmte Haltung gegenüber dem Wissen (dem Gewußten).


Wie sagt Wittgenstein so schön in "Über Gewissheit" (§177):
"Was ich weiß, das glaube ich."

Daraus folgt jedoch weder
"Was ich nicht weiß, das glaube ich nicht."
noch
"Was ich glaube, das weiß ich.",
sondern lediglich
"Was ich nicht glaube, das weiß ich nicht."

Das heißt, um etwas wissen zu können, muss man es glauben; aber um etwas glauben zu können, muss man es nicht wissen.

Um etwas glauben zu können, muss man nicht unbedingt irgendwelche objektiv rechtfertigenden Gründe dafür haben.

Manfred Bibiza hat geschrieben:Du scheinst den Atheismus jedoch allen Lebewesen zuzuschreiben, die weder an Gott glauben noch von Gott etwas wissen.


Obacht! Wissen von Gott kann es nur unter der Voraussetzung geben, dass Gott existiert. Aber Du meinst vermutlich die Kenntnis des zweifellos existenten Gottesbegriffs und seiner Bedeutung.

Manfred Bibiza hat geschrieben:Da Götter eine menschliche Erfindung sind, gibt es sie im sonstigen Tierreich oder in anderen Sonnensystemen (falls es dort Leben gäbe und falls dieses Leben eine vergleichbare kulturelle Entwicklungsstufe erreicht hätte - was ich aber nicht eigens diskutieren möchte, da dies nur ein Gedankenexperiment ist) nicht, weshalb andere Tiere oder außeriridische Lebensformen nach meinem Dafürhalten nicht als Atheisten zu bezeichnen sind.


Nicht die Götter sind ein menschliches Geisteserzeugnis, sondern der Gottesbegriff bzw. die Gottesbegriffe. Und ein Atheist im negativen Sinn, ein "Ohngötter", kann man sein, ohne über diesen Begriffe/diese Begriffe zu verfügen. Denn das Fehlen des Götterglaubens aufseiten einer Person setzt nicht deren Kenntnis desselben voraus — die bewusste Ablehnung des Götterglaubens dagegen schon.

Manfred Bibiza hat geschrieben:Wir stellen ein gutes Beispiel für die unscharfen Grenzen vieler Begriffe, in unserem Fall des Glaubensbegriffs, dar. Ein Begriff wie "Glauben" läßt sich nicht eindeutig definieren und in unserem Fall sind unser beiden Begriffe nicht kongruent.


Die allgemeine, d.h. nicht spezifisch religiöse Grundbedeutung von "Glaube" und "glauben" ist so klar wie Klosbrühe:

"x glaubt, dass A" <=> "x hält (die Aussage) A für wahr" / "x bejaht (die Aussage) A"


Manfred Bibiza hat geschrieben:Zum Gerichtsbeispiel: dieses ist natürlich einleuchtend, erhellt mir aber trotzdem nicht den Unterschied zwischen (a) und (b): wenn a und b nicht das Gleiche glauben, woran glaubt dann a im Unterschied zu b?


Wenn ich weiß, woran jemand nicht glaubt, dann weiß ich natürlich noch nichts darüber, woran die betreffende Person glaubt.
Der Atheismus ist mit diversen Geistesrichtungen vereinbar.
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Beitragvon Myron » Do 2. Aug 2007, 12:50

cptchaos hat geschrieben:Hm, vielleicht kann man so ja, skeptisches und Religiöses Glauben auseinandernehmen.


Glaube ist nicht gleich Gläubigkeit als blinder, d.i. unbegründeter, ungerechtfertigter Glaube.
Der Glaubensbegriff allein besagt noch nichts darüber, ob und wenn inwieweit ein Glaube gerechtfertigt ist.
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Re: Glauben, dass es keinen Gott gibt

Beitragvon Myron » Do 2. Aug 2007, 13:09

cptchaos hat geschrieben:Der Punkt ist, dass man die Objektive Gewissherit der richtigkeit Logik dardurch generiert, dass man als Mensch nicht anders folgerichtig denken kann.


Dass aus A&B A bzw. B ableitbar ist, hat natürlich mit der Bedeutung der Konjunktion "und" zu tun.

cptchaos hat geschrieben:Allerdings gibt es in der Mathematik verschiedene Formallogische Kalküle, bei denen in den einen mehr als in den anderen ableitbar ist.


Mir ist nur einziger Kalkül der parakonsistenten Logik bekannt, der nicht-adjunktivisch ist. Das heißt, darin folgt aus A,B nicht A&B.
Die Verwerfung dieser Ableitung ist natürlich extrem kontraintuitiv.
Mir ist dagegen kein einziger Kalkül bekannt, in dem das Umgekehrte nicht gilt: (A&B)->A, (A&B)->B

cptchaos hat geschrieben:Eine interessante Frage ist nun, ob ich an die Richtigkeit der Logik glaube wie andere an die Existenz Gottes? Ich bin mir da ehrlich gesagt nicht so ganz sicher. Das kann durchaus sein.
Bin ich dann auch Religiös?


Wie fragt Wittgenstein so schön in "Über Gewissheit" (§602):

"Soll ich sagen 'Ich glaube an die Physik', oder 'Ich weiß, dass die Physik wahr ist'?"

:/

cptchaos hat geschrieben:Ein anderer Zugang zu dem Problem wäre die Frage: In wie fern ist 1 + 1 = 2 eine Aussage über die Realität.


Die Realisten unter den Mathematik-Philosophen sind der Auffassung, dass "1 + 1 = 2" genauso eine Aussage über die Realität ist wie "Die Erde ist ca. 300.000km vom Mond entfernt", mit dem einzigen Unterschied, dass sich erstere auf den abstrakten Teil der Realität bezieht und letztere auf den konkreten.
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