Baculum

Baculum

Beitragvon Twilight » Di 29. Dez 2009, 12:55

Ein Auszug aus einem Wikipediaartikel zum Thema Baculum beschreibt Richard Dawkins Theorie zum Verschwinden des Penisknochens in der menschlichen Evolution:
Der Evolutionsforscher Richard Dawkins stellte die kontrovers diskutierte Hypothese auf, dass der Mensch den Penisknochen im Lauf der Evolution verloren habe, weil Männer ohne Penisknochen den Frauen ein Prüfen der Gesundheit des paarungswilligen Mannes ermöglicht haben sollen. Denn Erektionsstörungen seien häufig eine Folge verschiedener physischer oder psychischer Krankheiten und Faktoren (beispielsweise Diabetes mellitus oder Stress). Da eine durch einen Penisknochen erzeugte Erektion keine solche Beurteilung zuließe, könnten sich die Frauen bevorzugt mit Männern gepaart haben, deren Gesundheit sie besser einschätzen konnten. Dies sei der nötige Selektionsdruck zur Reduktion des Penisknochens gewesen.


Ich bezweifle diese Theorie allerdings stark. Von Erektionsstörungen auf Diabetes zu schließen und im Nichtvorhandensein eines Baculums auf eine Indikationsmöglichkeit zu erkennen ist etwas, das mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht in den Fähigkeiten der Frühmenschen lag.
Ich denke da eher an den ganz profanen Vorteil, dass da, wo kein Knochen ist, auch kein Knochen brechen kann. Eine solche Verletzung in diesem Bereich könnte immerhin zu lebenslanger Begattungsunfähigkeit führen.

Das habe ich auch schon auf der Diskussionsseite ausgeführt, aber eine wirklich konstruktive Antwort gab es dort bisher nicht. Kennt hier jemand noch andere Theorien (abgesehen von Adams "Rippe") von anderen Selektionsfaktoren?
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Re: Baculum

Beitragvon Julia » Di 29. Dez 2009, 13:53

Ein interessantes Thema.

Twilight hat geschrieben:Von Erektionsstörungen auf Diabetes zu schließen und im Nichtvorhandensein eines Baculums auf eine Indikationsmöglichkeit zu erkennen ist etwas, das mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht in den Fähigkeiten der Frühmenschen lag.

Muss es das denn? Nehmen wir mal Hanni und Nanni. Hanni paart sich nur mit Männern mit Penisknochen und Nanni nimmt den Rest. Hanni bekommt jetzt kranke und gesunde Partner, was sich negativ auf ihren Nachwuchs auswirkt, während Nanni unter ihren potentiellen Begattern sofort die Kranken aussortieren kann, was sich positiv auf ihren Nachwuchs auswirkt. Vielleicht gibt sie ihre Vorliebe auch an ihre Töchter weiter.

Das heißt nicht, dass ich das plausibel finde.
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Re: Baculum

Beitragvon platon » Di 29. Dez 2009, 14:52

Also der Diabetikerausschluss ist ein ganz schwaches Argument, da Diabetes eine Wohlstands-/Alterskrankheit (Typ II) oder ein Autoimmundefekt (Typ I) ist. Im letzten Fall, sind vor Jahrmillionen die Individuen bereits als Kleinkind gestorben, zur Entwicklung eines Typ II-Diabetes wurde wohl niemand alt genug, außerdem gab es so gut wie keinen Zucker.
Hat Herr Dawkins etwas darüber verlauten lassen, ob Klammerschwanzaffen und Hyänen (ebenfalls Säuger ohne Baculum) diesen Knochen auch wegen der weiblichen Sichtprüfung evolutionär unter den Tisch fallen ließen?
Immerhin hat Dawkins eine hohe Meinung von den Männern. Was wir alles tun, um es den Frauen recht zu machen, ist wirklich bewundernswert. :up:
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Re: Baculum

Beitragvon Twilight » Di 29. Dez 2009, 17:06

Julia hat geschrieben:Nehmen wir mal Hanni und Nanni [...]

Das ist zumindest ein interessanter Gedanke, der allerdings nur die Frauen betrachtet. Ich denke, es spielt durchaus eine Rolle, ob ein Mann, wenn er sich denn fortpflanzen kann, nur gesunde Nachkommen zeugt (was auch nicht zwangsläufig der Fall ist, denn nicht alle Krankheiten gehen automatisch mit Impotenz einher) oder ob er trotz Funktionsstörung erzeugender Krankheit noch fortpflanzungsfähig ist.
Ich bezweifle noch immer, dass der Selektionsdruck hin zum Fehlen des Baculums stark genug wäre.

Genaue Zahlen, die entsprechende Effekte beschreiben, wären jetzt hilfreich, aber da ich nicht weiß, woher die kommen sollen, bin ich auf Vermutungen angewiesen. :(

platon hat geschrieben:Also der Diabetikerausschluss ist ein ganz schwaches Argument

Das denke ich, wie gesagt auch. Aber wenn es weder das, noch das vermeintlich gesündere Erbgut war, was dann?
Oder spielen, wie so oft, mehrere Faktoren eine Rolle? Was sagen andere Evolutionsbiologen?

****

Nachtrag:
Gerade meinte jemand: "Na weil wir ihn nicht brauchen."
Klar: Unbenötigte Organe verkümmern irgendwann. Greifzehen, Fell, Vomeronasalorgan ... von alldem ist kaum noch etwas übrig. :/
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Re: Baculum

Beitragvon smalonius » Di 29. Dez 2009, 20:42

Wenn ich mir das mal praktisch vorstelle: da bist dabei in die Kiste zu springen und dann heißt es, "ne, sorry, steht nicht genug! Hinweg!"

Gibt's das?

Bei welcher Gelegenheit kann man schon vorneweg vergleichende Beobachtungen anstellen? Weiß auch nicht, wie das bei prähistorischen Menschen war, ob die tagsüber mit'm Ständer durch die Gegend gelaufen sind?

Und überhaupt, der beste Weg eine stramme Bluterektion zu fälschen wäre - ein Knochen! :pfeif: Könnte man den Unterschied feststellen, ohne handgreiflich zu werden?
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Re: Baculum ade!

Beitragvon platon » Di 29. Dez 2009, 22:13

Jetzt hab ichs! Das Baculum ist die Rippe aus Genesis! Dass das mit der Rippe Schwachsinn sein musste, weiß jeder, der zählen kann. Jeder Mensch hat natürlicherweise 12 Rippenpaare, auch Männer habe keine einzelne überzählige Rippe. Also kann die Rippe aus Genesis keine echte Rippe gewesen sein. Vielleicht hat Gott den Bibelschreibern verheimlicht, was er wirklich genommen hat, um Eva zu schaffen?
Ich meine, Grund genug hatte er ja wohl. Schließlich waren Adam und seine männlichen Nachkommen seitdem auf Hydraulikbetrieb angewiesen und man weiß ja, welche katastrophalen Folgen ein klitzekleines Leck in einer Hydraulikanlage haben kann.
Es ist nicht zu glauben, wie fahrlässig diese Götter mit wertvollsten Körperteilen umgehen ...
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Re: Baculum

Beitragvon Julia » Mi 30. Dez 2009, 02:11

Es geht ja auch nicht nur um Diabetes, sondern auch um neurologische Störungen, Depressionen, Stress, etc.

smalonius hat geschrieben:Bei welcher Gelegenheit kann man schon vorneweg vergleichende Beobachtungen anstellen?

Ich dachte mir, dass die vielleicht weniger bekleidet rumgelaufen sind, ehrlich gesagt, weiß ich aber weder wann wir den Penisknochen verloren haben, noch wie unsere Vorfahren sich damals zu kleiden pflegten.

Twilight hat geschrieben:Unbenötigte Organe verkümmern irgendwann.

Das hast du jetzt gesagt.
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Re: Baculum

Beitragvon Nanna » Mi 30. Dez 2009, 20:43

Vielleicht ist es wirtschaftlicher, sich den Knochen zu sparen? Vielleicht war es aus sozialen Gründen von Vorteil, wenn sexuelle Erregung klarer ersichtlich war? Könnte es etwas mit dem aufrechten Gang zu tun haben, dem vermutlich anatomisch wesentlichen Unterschied zu allen Arten mit Penisknochen? Vielleicht war es auch eine Kombination mehrerer Ursachen? Nur mal so in die Gegend spekuliert.
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Re: Baculum

Beitragvon Twilight » Do 31. Dez 2009, 09:54

Nanna hat geschrieben:Nur mal so in die Gegend spekuliert.

Das klingt zumindest sehr wahrscheinlich und auf jeden Fall besser als Dawkins These. Jetzt fehlt eigentlich nur noch ein echtes Forschungsergebnis zum Veri- oder Falsifizieren.
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Re: Baculum

Beitragvon folgsam » Mo 25. Jan 2010, 18:40

Zwar gab es in der Frühzeit des Menschen wohl eine horrende Kindersterblichkeit, doch wer die ärgsten Jahre überstanden hat, wurde wohl nicht allzu selten 60-70 Jahre alt.

http://www.psychologytoday.com/blog/sex ... essed-lies
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Re: Baculum

Beitragvon platon » Mo 25. Jan 2010, 21:33

folgsam hat geschrieben:Zwar gab es in der Frühzeit des Menschen wohl eine horrende Kindersterblichkeit, doch wer die ärgsten Jahre überstanden hat, wurde wohl nicht allzu selten 60-70 Jahre alt.

http://www.psychologytoday.com/blog/sex ... essed-lies

Entschuldige, aber der Artikel enthält nicht einen einzigen Beleg dafür, dass prähistorische Menschen 60 oder 70 Jahre alt wurden und das ist auch sehr zu bezweifeln (von Einzelfällen wie immer abgesehen). Warum?
Die Lebensdauer der Frauen war durch ihr Geburtsrisiko stark eingeschränkt. Selbst im Mittelalter, wo wir schon recht gute schriftliche Aufzeichnungen des Adels haben, war die durchschnittliche Lebenserwartung von Frauen noch deutlich niedriger als die der Männer. Die Lebenserwartung der Männer betrug typischerweise ca. 50 Jahre (wenn man das Erwachsenenstadium erreichte). Daran dürfte sich bis zur Neuzeit nicht viel geändert haben.
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