folgsam hat geschrieben: Auch wenn du Recht haben solltest: Dadurch wird der darwinsche Ansatz nicht ungültig und natürlich würden er auch noch beim Menschen greifen, nur in einem vielleicht geringeren Maße.
Nein, beim Menschen nicht. Das schreibt Dawkins im egoistischen Gen ganz klar. Ich habe die Passagen mehrfach hier zitiert.
“ Nun ist, was den modernen, zivilisierten Menschen betrifft, folgendes geschehen: Die Größe der Familie ist nicht mehr durch die begrenzten Mittel beschränkt, die die einzelnen Eltern aufbringen können. Wenn ein Mann und seine Frau mehr Kinder haben, als sie ernähren können, so greift einfach der Staat ein, das heißt der Rest der Bevölkerung, und hält die überzähligen Kinder am Leben und bei Gesundheit. Es gibt in der Tat nichts, was ein Ehepaar, welches keinerlei materielle Mittel besitzt, daran hindern könnte, so viele Kinder zu haben und aufzuziehen, wie die Frau physisch verkraften kann. Aber der Wohlfahrtsstaat ist eine sehr unnatürliche Sache. In der Natur haben Eltern, die mehr Kinder bekommen, als sie versorgen können, nicht viele Enkel, und ihre Gene werden nicht an zukünftige Generationen vererbt.“Damit sagt er: In menschlichen Wohlfahrtsstaaten, die er als das größte altruistische System im Tierreich (!!!) bezeichnet, entscheidet über den Fortpflanzungserfolg einzig das Fortpflanzungsinteresse (der Kinderwunsch).
Im Grunde steht das auch schon auf dem Klappentext des egoistischen Gens.
folgsam hat geschrieben: Merschs Theorie wäre ein Spiezialfall in einem viel breiteren Kontext. Jetzt muss er nur noch zeigen, dass er recht hat und dass das, was er behauptet relevant ist.
Mersch zeigt in seinem Buch, dass die Darwinsche Evolutionstheorie ein Spezialfall der Systemischen Evolutionstheorie ist. Das ist ja eigentlich auch logisch, denn er führt eine neue Variable (Reproduktionsinteresse) ein. Wenn man die konstant setzt, dann hat man im Grunde wieder die Darwinsche Evolutionstheorie. Ich verstehe deshalb nicht, was dich zu dem umgekehrten Schluss veranlasst. Ich schrieb dies eigentlich auch sehr klar in meiner Einstein/Newton Anmerkung. Natürlich ist Newton ein Spezialfall von Einstein und nicht umgekehrt.
folgsam hat geschrieben: Ich sehe nicht, dass das daraus folgen würde, s.
Das schreibt Dawkins doch selbst: Für den Menschen gelten diese Theorien nicht. Mersch behauptet: Für Honigbienen auch nicht.
folgsam hat geschrieben: Natürlich ist das Verhalten bei Honigbienen soweit wir wissen genetisch determiniert und wir wissen auch, dass epigenetische Faktoren (Nahrungszusammensetzung) ein Entwicklungsprogramm sehr stark beinflussen können. Jede Bienenlarve besitzt die genetische Ausstattung für verschiedene Imagoformen, das genetisch festgelegte Verhaltensrepertoir der Honigbiene bestimmt nun mit, welche Entwicklung durchlaufen wird. Das Konzept des egoistischen Genes steht hierzu nicht im widerspruch und darwins Selektionsprinzipien schon gar nicht.
Das Reproduktionsinteresse der Honigbienen wird nicht genetisch bestimmt, sondern durch die Nahrung. Das ist mit Dawkins und Darwin nicht vereinbar.
folgsam hat geschrieben: Hölldobler und Wilson sehen dieses Problem beispielsweise für Ameisensozietäten keineswegs. Kann sein, dass das für Menschen anders ist.
Ja ja, Ameisen. Das mag sein. Deren Verwandtschaftsverhältnisse sind ja auch sehr einfach.
Um es noch einmal zu wiederholen: Die Verwandtenselektion und die Theorie der egoistischen Gene behaupten, dass es immer (!!!!) so ist. Es sind die Gene, die sich auf egoistische Weise durchzusetzen versuchen und zwar jedes Gen auf gleich starke Weise. Unterschiedliche Reproduktionsinteressen kennt diese Theorie nicht.
Es wird von Mersch nicht bestritten, dass diese Theorien manche Verhältnisse erklären können. Er bestreitet deren Allgemeingültigkeit. Gemäß heutigen empirischen Daten ist für ihn nur die Systemische Evolutionstheorie allgemeingültig (auf alle Arten inkl. Mensch anwendbar).
Es gibt Bücher, die sogar das Geschenkverhalten zu Weihnachten auf die Verwandtenselektion zurückführen. Das sind die Absurditäten, gegen die sich Mersch wehrt. Für ihn fehlt die Variable Reproduktionsinteresse in der Evolutionstheorie. Ohne diese Variable wird die Theorie immer sozialdarwinistisch bleiben, weil erst mit dieser Variable eine soziale Komponente in die Evolutionstheorie Einlass gefunden hat.
Wie gesagt: Ich halte das für eine bahnbrechende Erkenntnis.