Lebt das Lebendige?

Re: Lebt das Lebendige?

Beitragvon Myron » Mi 16. Jan 2013, 22:42

xander1 hat geschrieben:Weil es keinen Sinn gibt für irgendetwas.


Das Leben hat zwar keinen objektiven Sinn an sich, aber das bedeutet mitnichten, dass es zwangsläufig auch keinen subjektiven Sinn für mich oder intersubjektiven Sinn für uns hat. Das Leben hat keinen vorgegebenen Sinn, aber wir können ihm einen geben.
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Re: Lebt das Lebendige?

Beitragvon fopa » Do 17. Jan 2013, 07:29

@xander: Woher sollte eine übergeordnete Sinngebung denn deiner Ansicht nach kommen?
Mich interessiert das, weil ich vor kurzem einen kleinen Zeitschriftenbeitrag zu dem Thema geschrieben habe.
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Re: Lebt das Lebendige?

Beitragvon xander1 » Do 17. Jan 2013, 08:55

@fopa:
Von einem anderen Lebewesen, besonders von den Eltern, vielleicht auch von Pflanzen.

@Myron:
Der subjektiven Sinn ist letztendlich auch sinnlos, auch wenn er das anfangs nicht ist und der intersubjektive Sinn genauso.
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Re: Lebt das Lebendige?

Beitragvon stine » Do 17. Jan 2013, 09:20

Alles ist sinn- und zwecklos.
Ich bin schon ganz depressiv. :(

Also mal im Ernst Jungs (und Mädels, sofern hier welche lesen): Was lebt ihr denn? Natürlich hat euer Leben einen Sinn und das Leben aller anderen denkenden Wesen auch. Der Sinn mag ja durchaus ein subjektiver sein, aber der ist dafür umso gewaltiger, würd ich denken. Das Leben, das jeder von uns erleben kann, ist vermutlich das einzige, das wir leben dürfen. Zumindest das einzige in der Form. Aus vielen Gesprächen mit älteren und ganz alten Leuten habe ich erfahren, dass sie es sehr bedauern, das eine oder das andere nicht getan und erlebt zu haben, dass sie es bedauern, an mancher Wegkreuzung nicht richtig abgebogen zu sein oder Dinge in ihrer Wertigkeit überschätzt oder unterschätzt zu haben und öfter mal den Mund hätten aufmachen sollen, um Missstände zu beheben. Wenn das Leben nach vorne raus nicht mehr weit ist, kommen solche Gedanken. Da wir heutzutage keinen Dorfältesten mehr haben auf den alle hören, sondern in einer Gesellschaft des Jugendkults leben, der die Alten mit ihrem Gerede ausklammert, geht das Wissen um den eigenen Lebenssinn verloren. Wer das Alter und den Tod ausklammert, kann sich auch nicht des Lebens freuen. Wovon man wenig hat, wird zur Kostbarkeit, doch leider ist das Wenige erst ereicht, wenn wir am Ende unserer Tage stehen. Dann hätten wir doch lieber ... und dann geht es uns wie allen anderen Alten und wir können nicht begreifen, dass unser Herz jung geblieben und der Körper alt geworden ist.

Jedes Leben hat den Sinn, gelebt zu werden! Also macht mal was draus und bewegt euren Allerwertesten nach draußen. :mg:

LG stine
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Re: Lebt das Lebendige?

Beitragvon Vollbreit » Do 17. Jan 2013, 09:46

xander1 hat geschrieben:
Vollbreit hat geschrieben:Deine Existenz darfst Du aber als gesichert voraussetzen. ;-)

Nö, wenn ich nur sich verändernde Struktur bin mit weiteren strukturellen Eigenschaften wie z.B. Fortfplanzungsfähigkeit, dann existiere ich nicht wirklich. Dann lebe ich nicht wirklich.


Wer hat denn diese obigen Zeilen geschrieben, wenn nicht Du?

xander1 hat geschrieben:Ich frage mich dann warum ich überhaupt Hemmungen vor manchen Sachen habe. Warum ich nicht einfach mache wozu ich Lust habe, warum ich nicht nur Zweckorientiert denke, warum ich mich meiner Kultur unterwerfe. Warum unterwerfe ich mich quasi gewissen Zwängen? Warum ist mir nicht einfach alles egal?


Weil Du ein Über-Ich/Gewissen hast. (Konsensierte soziale Normen, übermittelt durch die Eltern/Elternfiguren, durch das was sie machen und sagen.)
Für das Zusammenleben übrigens eine recht brauchbare Einrichtung.

xander1 hat geschrieben:Ich frage mich allerdings, wann ich ansonsten leben sollte. Was füre ein Bedinung müsste da vorliegen? Dafür kommen nur Dinge in Frage, die aus dem Bereich der Esoterik und Religion kommen. Vielleicht gab es vereinzelt wenige Menschen vergangener Jahrtausende, die das schon gewusst haben, dass Leben nur Struktur ist und man die Religion braucht, damit andere das nicht wissen.

Taoismus, Buddhismus, Christentum sind schon mal Religionen die mir spontan einfallen, die dagegen halten würden, dass wir nur Struktur sind.

Ich denke, dass dieses Thema auch eine Rolle für den Naturalismus spielt, sogar eine ungeheuere bin ich der Meinung.


Die religiösen, spirituellen und esoterischen Antworten darauf sind durchaus unterschiedlich. Im Kern geht es darum, sein Ich zu opfern, d.h. von der Egofixiertheit zu lösen und in einer größeren Sache/Idee aufgehen zu lassen. Wenn man es psychologisch streng betrachtet, dann kann man sein Ich aber gar nicht opfern, bzw. kompletter Ichverlust ist in der Psychologie gleichbedeutend mit einer Psychose. Ein Restich, muss man also behalten. Was man aber überwinden kann, ist die Egofixiertheit.
Hier gibt es aber m.M.n. mehr Missverständnisse und Verwirrung als sonst etwas. Wenn man z.B. mit einem buddhistischen Ansatz durch die Welt geht, der versucht, Leid zu verringern, dann wird dieser Ansatz oft so interpretiert, als handle es sich dabei um das Leid anderer, das verringert werden solle, das eigene Leid wird dabei nicht betrachtet. Das ist ziemlich grob falsch und nahezu alle Übungssysteme die das Mitgefühl für andere erwecken sollen, beginnen beim Ich. Sie bleiben dort nicht stehen, aber die beginnen beim Ich. Gleichzeitig ist der Buddhismus aber ein Gesamtpaket, das versucht alle Aspekte der Lebensweise zu verändern. Das eigene Ich ist meist der Ort in dem das Leid am besten angegangen werden kann. Wenn der eigene Magen knurrt, kann man essen, das verringert das Leid der Welt.
Wenn man die Idee der Trennung zwischen Ich und Welt radikal abbauen will (und der Buddhismus will das) bringt es nichts, sich als Märtyrer aufzuspielen, weil das wieder nur eine Sonderrolle des Ich ist.

Ansonsten lautet die beste Antwort darauf wie man leben sollte: Im Moment.
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Re: Lebt das Lebendige?

Beitragvon Vollbreit » Do 17. Jan 2013, 10:08

@ Myron:

Ich kann mit einem zu simplen Platonismus auch nicht viel anfangen, allerdings überzeugt mit der Monismus von unten auch nicht wirklich.
Der Platonismus ist noch ganz alltagstauglich, versagt aber m.E. völlig im Bereich der kleinsten Bausteine, die bottom up Sichtweisen versagen m.E. beim Phänomen Bewusstsein.

Die Frage, die aber meist im Hintergrund steht, ist ja die, ob man mehr oder minder zwingend zu bestimmten Ergebnissen oder Erkenntnissen kommen muss.
Gibt es also eine Hierarchie der Denkweisen oder ist das Denken, einfach nur ein Zufallsprodukt, was sich selbst ein wenig zu wichtig nimmt und sich einfach nur den Bedingungen anpasst.
Oder ist beides gar kein Widerspruch? Das Denken verändert (via Praxis) ja auch seine eigene Umwelt und so kann eine evolutionärer Zug zum Besseren ins Spiel kommen.

Apel diskutiert das ja, mit seinen Letztbegründungen, die ja keinen dogmaischen Charakter haben, sondern eine zwingende Konsequenz des entwickelten Denkens sein sollen.

Über das Phänomen, dass ab einer gewissen evolutionären Spannung ein (Emergenz-)Sprung stattfindet, scheint man sich weitgehend einig zu sein. Das kann man nun klein erzählen, etwa so, dass es bei annähernd gleichstarker Trieblage zu Übersprungshandlungen kommt, die unbrauchbaren werden verworfen (indem ihre Vertreter davon nicht profitieren) und einige (zufällige) Geniestreiche finden eine weite freie Fläche, auf der sie sich erst mal austoben können, bis die anderen nachgezogen haben.
Man kann es groß erzählen, in der Weise das die Entfaltung des Universums auf eine Art Omegapunkt zusteuert. Das würde sogar noch innerhalb des Naturalismus möglich sein, wenn man einen harten Determinismus unterstellt (an den ich allerdings nicht glaube).

Zwischenzeitlich scheint es klug zu sein, einfach pragmatisch abzuwägen, was einen weiterbringt (in der Erkenntis) und was nicht.
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Re: Lebt das Lebendige?

Beitragvon xander1 » Do 17. Jan 2013, 11:50

Vollbreit hat geschrieben:Wer hat denn diese obigen Zeilen geschrieben, wenn nicht Du?

Hast du Bahnhof gesagt?

Vollbreit hat geschrieben:bzw. kompletter Ichverlust ist in der Psychologie gleichbedeutend mit einer Psychose.

Das ist aber ein völlig anderer Ich-Verlusst der da gemeint ist bei der Psychose und die meisten Psychotiker hier nehmen Medikamente, so dass der Ich-Verlusst meist nicht mehr vorhanden ist.

Vollbreit hat geschrieben:Ansonsten lautet die beste Antwort darauf wie man leben sollte: Im Moment.


Ach, das ist nur eine Antwort von vielen passablen.
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Re: Lebt das Lebendige?

Beitragvon Vollbreit » Do 17. Jan 2013, 12:04

Ich sehe gerade Dein Problem nicht.
Willst Du diskutieren und wenn ja, was genau?
Wenn Du einfach glauben möchtest, dass Du nicht existierst, will ich Dich daran nicht hindern.
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Re: Lebt das Lebendige?

Beitragvon xander1 » Do 17. Jan 2013, 14:38

Vollbreit hat geschrieben:Ich sehe gerade Dein Problem nicht.

Doch das siehst du.
Du scheinst es zu ignorieren.
Vollbreit hat geschrieben:Willst Du diskutieren und wenn ja, was genau?

Diese Frage ergibt keinen Sinn.
Vollbreit hat geschrieben:Wenn Du einfach glauben möchtest, dass Du nicht existierst, will ich Dich daran nicht hindern.

Ich habe das schon mehrfach erklärt. Anscheinend willst du darauf nicht eingehen oder meine Argumente nicht widerlegen.

Ich bin nur Struktur.
Aus Struktur kann man kein Ich-Erleben erklären.
Folglich gibt es kein Ich.

nochmal was dazu:
Myron hat geschrieben:Das Leben hat zwar keinen objektiven Sinn an sich, aber das bedeutet mitnichten, dass es zwangsläufig auch keinen subjektiven Sinn für mich oder intersubjektiven Sinn für uns hat.

Wenn es keinen objektiven Sinn gibt, muss der subjektive Sinn falsch sein.
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Re: Lebt das Lebendige?

Beitragvon Vollbreit » Do 17. Jan 2013, 15:36

xander1 hat geschrieben:Ich bin nur Struktur.
Aus Struktur kann man kein Ich-Erleben erklären.
Folglich gibt es kein Ich.


Das ist simple Logik.
Wenn Du Ich-Empfinden hast, dann folgt daraus, dass Du nicht nur Struktur bist.
Die Frage ist also die, ob Du ein Empfinden von Ich hast.
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Re: Lebt das Lebendige?

Beitragvon AgentProvocateur » Do 17. Jan 2013, 15:56

Vollbreit hat geschrieben:
xander1 hat geschrieben:Ich bin nur Struktur.
Aus Struktur kann man kein Ich-Erleben erklären.
Folglich gibt es kein Ich.

Das ist simple Logik.

Aber die Schlussfolgerung folgt nicht logisch zwingend aus den genannten Prämissen.

Das Argument müsste entweder so lauten:

P1. Ich bin nur Struktur.
P2. Ein Ich-Erleben ist notwendiger Bestandteil eines Ich.
P3. Aus Struktur kann man kein Ich-Erleben erklären.
K. Folglich gibt es keine Erklärung des Ich.

oder aber, wenn man zu der ursprünglichen Konklusion gelangen will:

P1. Ich bin nur Struktur.
P2. Ein Ich-Erleben ist notwendiger Bestandteil eines Ich.
P3. Aus Struktur kann man kein Ich-Erleben erklären.
P4. Was man nicht erklären kann, existiert nicht (gibt es nicht).
K. Folglich gibt es kein Ich.
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Re: Lebt das Lebendige?

Beitragvon Myron » Do 17. Jan 2013, 16:17

xander1 hat geschrieben:Der subjektiven Sinn ist letztendlich auch sinnlos, auch wenn er das anfangs nicht ist und der intersubjektive Sinn genauso.


??? :look:
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Re: Lebt das Lebendige?

Beitragvon xander1 » Do 17. Jan 2013, 17:19

@Myron:
Deswegen habe ich später geschrieben:
"Wenn es keinen objektiven Sinn gibt, muss der subjektive Sinn falsch sein."
Ich meine, dass der subjektive Sinn beim Subjekt erstmal Sinn macht, aber es gibt keinen letzten Sinn. Deswegen ist er nur anfangs sinnvoll. Beim intersubjektiven Sinn verhält es sich genauso. Es gab noch nicht mal einen Sinn bevor der jemals erste Sinn entstanden ist.

Und wenn es am Anfang der Welt keinen Sinn gab und am Ende der Welt keinen geben wird, dann ist das dazwischen auch sinnlos.

@AgentProvocateur:

Wolltest du damit nur sagen, dass ich das unvollständig beschrieben habe oder dass die Überlegung grundsätzlich falsch ist. Widerlegungen würde ich nicht schlecht finden.


Ich wollte auf letzteres hinaus:

AgentProvocateur hat geschrieben:P1. Ich bin nur Struktur.
P2. Ein Ich-Erleben ist notwendiger Bestandteil eines Ich.
P3. Aus Struktur kann man kein Ich-Erleben erklären.
P4. Was man nicht erklären kann, existiert nicht (gibt es nicht).
K. Folglich gibt es kein Ich.


Vollbreit hat geschrieben:Wenn Du Ich-Empfinden hast, dann folgt daraus, dass Du nicht nur Struktur bist.


Wenn man Materie auch mit Struktur meint und auch alles was mit Physik und Chemie beschrieben wird, dann meine ich, hatten wir bereits den Konsens, dass wir nur Struktur sind.

EDIT:

Noch mal zu diesem Punkt
* Was man nicht erklären kann, existiert nicht (gibt es nicht).

wenn es generell nicht erklärbar ist, dann gibt es das nicht, wenn es vielleicht in der Zukunft erklärbar wird, dann kann es das schon geben, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass wir jemals herausfinden werden wie man quasi in sich selbst drin stecken kann und Empfindungen als Real erlebt.

Aus Struktur kann man nur Strktur schlussfolgern. Da ist kein Platz für das Erleben, es sei denn wir definieren ein neues Naturgesetz.

Das würde dann lauten: Aus einer strukturellen Konfiguration, z.B. eine Anordnung von Materie folgt ein Vitalismus, der nicht der ursprünglichen Definition von Vitalismus entspricht, weil der nicht aus Materie geschlussfolgert werden kann.

Magnetische Kraft kann doch auch in elektrische Kraft umgewandelt werden, wieso nicht auch Materie in Dinge die nicht naturwissenschaftlich erklärbar sind, wie das Icherleben.

EDIT:
Ja das ist es: sagen wir z.B. sobald immer 5 + 7 = 12 ausgerechnet wird (ein Beispiel für etwas strukturelles) oder sobald ein spezielles Molekül ensteht (etwas anderes strukturelles) oder oder oder, wird das Gefühl Hustenreiz in diesen Molekülen übertragen.

Das wäre so ein Beispiel für ein Gesetz im Universum, dass das Ich-Erleben erklären würde

Das würde aber bedeuten, dass es auch Ich-Erleben in toter Materie geben kann, wo ich wieder bei dem Punkt bin, ob ein Stein fühlen kann.
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Re: Lebt das Lebendige?

Beitragvon AgentProvocateur » Do 17. Jan 2013, 19:10

xander1 hat geschrieben:Ich wollte auf letzteres hinaus:

AgentProvocateur hat geschrieben:P1. Ich bin nur Struktur.
P2. Ein Ich-Erleben ist notwendiger Bestandteil eines Ich.
P3. Aus Struktur kann man kein Ich-Erleben erklären.
P4. Was man nicht erklären kann, existiert nicht (gibt es nicht).
K. Folglich gibt es kein Ich.

Gut.

xander1 hat geschrieben:Wenn man Materie auch mit Struktur meint und auch alles was mit Physik und Chemie beschrieben wird, dann meine ich, hatten wir bereits den Konsens, dass wir nur Struktur sind.

Ja, ich zumindest würde die Prämisse 1 anerkennen, (und das muss man mE auch, wenn man Naturalist ist).

xander1 hat geschrieben:Noch mal zu diesem Punkt
* Was man nicht erklären kann, existiert nicht (gibt es nicht).

wenn es generell nicht erklärbar ist, dann gibt es das nicht, wenn es vielleicht in der Zukunft erklärbar wird, dann kann es das schon geben, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass wir jemals herausfinden werden wie man quasi in sich selbst drin stecken kann und Empfindungen als Real erlebt.

Ja, das Problem hier ist die Prämisse 4. Wieso sollte die auch gelten? Die erscheint mir überhaupt nicht plausibel, denn die Realität richtet sich mE in keinster Weise danach, was wir erklären können und was nicht.

Aber vielleicht ist der Knackpunkt hier: "generell nicht erklärbar"? Wie meinst Du das genau? Dass ein hypothetisches allwissendes Wesen alles, was existiert, erklären könnte? Aber dann sähe erstens wie eine petitio principii aus und zweitens sind wir keine allwissenden Wesen.

Aber wenn nicht so: wie sonst? (Was Du Dir hier und heute vorstellen kannst, ist jedenfalls irrelevant - wieso und wofür sollte das auch relevant sein, was folgte daraus?)

Aber Dein Grundfehler liegt noch tiefer, meine ich. Auch wenn selbst ein hypothetisch allwissendes Wesen keine Erklärung für X haben könnte, folgt daraus nicht, dass X nicht existieren könnte. Da sehe ich keinen logischen oder sonstigen Zusammenhang, aus dem das folgen sollte.

Wir können heute nicht erklären, wie sich ein Ich-Erleben aus Struktur ergibt. Und vielleicht können wir es nie erklären. Aber daraus folgt nun nicht, dass es kein Ich-Erleben geben könne, sondern es folgt nur, dass unsere heutigen Modelle der Welt evtl. unvollständig sind.
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Re: Lebt das Lebendige?

Beitragvon ujmp » Do 17. Jan 2013, 20:43

xander1 hat geschrieben:Ja das ist es: sagen wir z.B. sobald immer 5 + 7 = 12 ausgerechnet wird (ein Beispiel für etwas strukturelles) oder sobald ein spezielles Molekül ensteht (etwas anderes strukturelles) oder oder oder, wird das Gefühl Hustenreiz in diesen Molekülen übertragen.

Das wäre so ein Beispiel für ein Gesetz im Universum, dass das Ich-Erleben erklären würde

Das würde aber bedeuten, dass es auch Ich-Erleben in toter Materie geben kann, wo ich wieder bei dem Punkt bin, ob ein Stein fühlen kann.


Ich bin nicht damit einverstanden zu sagen "Wir sind ja nur Struktur". Was heit hier "nur"? Du meinst doch nicht ewta, weil du 5+12 ausrechnen kannst, hast du die Struktur des Lebens verstanden? Wenn du einen Sack voll Kohlenstoff und ein Paar Eimer Wasser hingestellt bekommst, kannst du daraus noch lange keinen Menschen bauen, der fühlt. Sieh mal auf das, was einen Stein vom Menschen unterscheidet! Es wäre nicht besonders gut beobachtet - sag ich mal ganz höflich - Stein und Mensch gleichzusetzen. Richtig, es sind beides Strukturen, aber es sind Strukturen, die sich kolossal unterscheiden!

xander1 hat geschrieben:Was man nicht erklären kann, existiert nicht (gibt es nicht).

Die Wirklichkeit wird sich niemals nach deinem Verstand richten. Du musst dich nach ihr richten!
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Re: Lebt das Lebendige?

Beitragvon xander1 » Do 17. Jan 2013, 21:04

AgentProvocateur hat geschrieben:P2. Ein Ich-Erleben ist notwendiger Bestandteil eines Ich.

Das trifft auch für Psychotiker zu. Was will man dagegen sagen?

AgentProvocateur hat geschrieben:Ja, das Problem hier ist die Prämisse 4. Wieso sollte die auch gelten? Die erscheint mir überhaupt nicht plausibel, denn die Realität richtet sich mE in keinster Weise danach, was wir erklären können und was nicht.

Ich meinte ja auch was nie theoretisch nicht erklärbar ist, also auch für ein allwissendes Wesen.

AgentProvocateur hat geschrieben:Aber vielleicht ist der Knackpunkt hier: "generell nicht erklärbar"? Wie meinst Du das genau? Dass ein hypothetisches allwissendes Wesen alles, was existiert, erklären könnte? Aber dann sähe erstens wie eine petitio principii aus und zweitens sind wir keine allwissenden Wesen.

In der theoretischen Informatik kann man auch Nichtexistenzen beweisen. Wieso sollte man sowas auch nicht über die Wirklichkeit vollführen können?

AgentProvocateur hat geschrieben:Aber Dein Grundfehler liegt noch tiefer, meine ich. Auch wenn selbst ein hypothetisch allwissendes Wesen keine Erklärung für X haben könnte, folgt daraus nicht, dass X nicht existieren könnte. Da sehe ich keinen logischen oder sonstigen Zusammenhang, aus dem das folgen sollte.

Wieso?

AgentProvocateur hat geschrieben:Wir können heute nicht erklären, wie sich ein Ich-Erleben aus Struktur ergibt. Und vielleicht können wir es nie erklären. Aber daraus folgt nun nicht, dass es kein Ich-Erleben geben könne, sondern es folgt nur, dass unsere heutigen Modelle der Welt evtl. unvollständig sind.

Also doch ein Naturgesetz, dass aus Struktur Ich-Erleben generiert, das nicht mehr allein als Struktur erklärbar ist?
Zuletzt geändert von xander1 am Do 17. Jan 2013, 21:14, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Lebt das Lebendige?

Beitragvon xander1 » Do 17. Jan 2013, 21:09

ujmp hat geschrieben:Du meinst doch nicht ewta, weil du 5+12 ausrechnen kannst,

Nein nicht ich rechne 5 + 12 aus sondern das Universum. Das heißt es gibt eine strukturelle Situation im Universum, die Ich-Erleben generiert.

ujmp hat geschrieben:Es wäre nicht besonders gut beobachtet - sag ich mal ganz höflich - Stein und Mensch gleichzusetzen. Richtig, es sind beides Strukturen, aber es sind Strukturen, die sich kolossal unterscheiden!

Dieses Argument zieht nicht. Wir wissen kaum etwas wie das Ich-Erleben zustandekommt. Deswegen nutzt dein Argument nichts, dass sich beide kolossal unterscheiden.

ujmp hat geschrieben:Die Wirklichkeit wird sich niemals nach deinem Verstand richten. Du musst dich nach ihr richten!

Du weißt, dass ich das nicht glaube. Das ist Polemik.
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Re: Lebt das Lebendige?

Beitragvon AgentProvocateur » Do 17. Jan 2013, 21:22

@xander1

P2 habe ich bisher nicht angezweifelt.

xander1 hat geschrieben:Ich meinte ja auch was nie theoretisch nicht erklärbar ist, also auch für ein allwissendes Wesen.

Wieso sollte alles, was existiert, hypothetisch erklärbar sein? Woraus folgt das, bzw. wie kommst Du auf diese Annahme?

xander1 hat geschrieben:In der theoretischen Informatik kann man auch Nichtexistenzen beweisen. Wieso sollte man sowas auch nicht über die Wirklichkeit vollführen können?

Ich kann nicht beweisen, dass ich nicht existiere. Ein solcher Beweis wäre logisch selbstwidersprüchlich und daher ungültig.

xander1 hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Aber Dein Grundfehler liegt noch tiefer, meine ich. Auch wenn selbst ein hypothetisch allwissendes Wesen keine Erklärung für X haben könnte, folgt daraus nicht, dass X nicht existieren könnte. Da sehe ich keinen logischen oder sonstigen Zusammenhang, aus dem das folgen sollte.

Wieso?

Was heißt hier wieso? Ich sehe nun mal keinen Zusammenhang zwischen einer (wie auch immer möglichen) Erklärung von X und Existenzmöglichkeit von X. Wieso sollte ich auch? Ist doch Deine Prämisse, Du musst die doch plausibel machen.

xander1 hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Wir können heute nicht erklären, wie sich ein Ich-Erleben aus Struktur ergibt. Und vielleicht können wir es nie erklären. Aber daraus folgt nun nicht, dass es kein Ich-Erleben geben könne, sondern es folgt nur, dass unsere heutigen Modelle der Welt evtl. unvollständig sind.

Also doch ein Naturgesetz, dass aus Struktur Ich-Erleben generiert, das nicht mehr allein als Struktur erklärbar ist?

Keine Ahnung. Es gibt da anscheinend heute eine Erkenntnislücke. Mehr kann ich dazu nicht sagen.
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Re: Lebt das Lebendige?

Beitragvon ujmp » Do 17. Jan 2013, 21:30

xander1 hat geschrieben:Was man nicht erklären kann, existiert nicht (gibt es nicht).

Das ist eine ziemlich unbescheidene Haltung. Du macht dich damit zum Mittelpunkt des Universums. Nein! Was du nicht erklären kannst, das weißt du einfach nur nicht, das ist alles. Es gibt keinen zwingenden Zusammenhang zwischen deinen Vorstellungen und der Wirklichkeit - versteh das mal als gute Nachricht!
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Re: Lebt das Lebendige?

Beitragvon Vollbreit » Do 17. Jan 2013, 21:43

@ xander1:

Du hast „nur Struktur“ sein und „Ich“ sein als irgendwie inkompatibel dargestellt und das ist der problematische Punkt. Mittlerweile hast Du aber viele andere Fässer aufgemacht, so dass ich nicht weißt, ob es Sinn macht hier weiter zu gehen.

(Eine Anmerkung noch: Vielleicht hast Du Dich mit dem Buddhismus auseinandergesetzt und bis von dort her zu der Überzeugung gelangt, wir seien nur Bündel diverser Zustände (skandhas) ohne wirklichen Kern. Das wird dort mitunter so vertreten. Nagarjuna wandte sich jedoch dagegen und sagte, dass auch die absolute Nichtexistenz keinen Sinn macht, da die Übungen die Ich-Illusion zu durchschauen ja auch jemandem gegeben werden und dabei auf eine allmähliche Veränderung (oder eine spontanes Erwachen) gesetzt wird. [i]Letztendlich, so behauptet der Buddhismus, muss man eine stabile Entität zurückweisen, Ich oder Seele oder Gott, in einem relativen Sinn hat dieses Konzept aber durchaus Bestand.)
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