Die biologisierende Ausdeutung der Welt

Re: Die biologisierende Ausdeutung der Welt

Beitragvon laie » Mi 25. Jul 2012, 06:40

@Vollbreit Woher nahmst du noch einmal deine Annahme, daß Lumen gerade so etwas wie eine Erschütterung seines Weltbildes erlebt? Selbst die Gegenüberstellung von zwei eindeutigen Zitaten, wie du es getan hast, beunruhigt ihn nicht im geringsten. Stattdessen fährt er fort: was Dawkins über die Entwicklung der Lebewesen sagt, ist wahr (1): Egoismus ist das hervorstechendste Merkmal der Gene. Dieser Genegoismus ruft einen entsprechenden Egoismus seines Trägers hervor, bestenfalls kann der Träger reziprok altruistisch sein, wenn ein anderer auch altruistisch ist, so daß beide letztlich auf ihre Kosten kommen. Echte Selbstlosigkeit gibt es folglich nicht. Wir haben aber immer die Wahl, wie wir leben wollen (2). Diese Wahl kann auch diamentral gegen die Doktrin der egoistischen Gene realisiert sein: wir können völlig selbstlos miteinander umgehen.

In den beiden Konklusionen: "Echte Selbstlosigkeit gibt es folglich nicht." und "wir können völlig selbstlos miteinander umgehen." sieht er keinen Widerspruch. Nun ja.

Vielleicht hätte Dawkins das Beiwort "egoistisch" einfach weglassen sollen. Seiner Theorie, wonach die natürliche Auslese nicht erst beim jeweiligen Individuum ansetzt, sondern bereits auf der Ebene seiner Gene wirksam ist, hätte dies vermutlich nicht geschadet.

So aber bleibt auch für Dawkins nur das zu sagen, was Karl Marx über Darwins Origin of Species schrieb: "grob englisch entwickelt".
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Re: Die biologisierende Ausdeutung der Welt

Beitragvon laie » Mi 25. Jul 2012, 07:42

Der biologische Evolutionismus hat den sozialwissenschaftlichen, klassischen Evolutionismus des 19.Jh. abgelöst. Dieser korrespondierte mit dem Bild einer hierarchisch gedachten Gesellschaftsordnung: Evolution war eine Abfolge von Schichten. Diese Hierarchie begann Mitte des 19.Jh. zu bröckeln, so daß die klassischen Evolutionslehren gleichsam den letzte Versuch bilden, diese zu bewahren. Darwins Evolutionismus und der seiner Nachfolger entspricht mehr einer liberalen, individualistischen Denkweise, wie sie gleichfalls im 19.Jh. aufkam. Dieser individualistische, liberale Moment erhält durch die Evolutionstheorie seine Begründung.
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Re: Die biologisierende Ausdeutung der Welt

Beitragvon ujmp » Mi 25. Jul 2012, 07:42

laie hat geschrieben:
In den beiden Konklusionen: "Echte Selbstlosigkeit gibt es folglich nicht." und "wir können völlig selbstlos miteinander umgehen." sieht er keinen Widerspruch. Nun ja.


Es gibt auf genetischer Ebene keine Selbstlosigkeit. Unser Verhalten ist genetisch dadurch zwar beeinflusst, aber wir sind nicht auf diese Einflüsse allein festgelegt. Man kann außerdem selbstlos in einer Weise sein, die genetisch komplett irrelevant ist, wenn dieses Verhalten die Reproduktion der Gene überhaupt nicht berührt. Gene wollen ja nicht wirklich etwas, ihr "Egosimus" ist nur eine Metapher für ein statistisches Prinzip. Angebohrene Neigungen wie z.B. das Mitgefühl, dass besonders Mütter brauchen um die Bedürfnisse ihrer Kinder, die sich noch nicht verständigen können, zu verstehen, können sich daher auf Objekte erstrecken, für die sie aus genetischer Sicht überhaupt nicht vorgesehen sind, solange dieses Verhalten einer Reproduktion der Gene nicht im Wege steht. Und es ist auch kein Widerspruch, wenn unser "Geist" mit den Genen in Konkurrenz tritt - Gene konkurrieren ja auch untereinander. Bestimmte Gene können auf Grund ihres "Egoismus" sogar ihrer eignen Reproduktion entgegenstehen, z.B. wenn ein Organsimus vor seiner Reproduktion an Krebs stirbt. Alles in allem können wir sogar völlig selbstlos miteinander umgehen, nur dass das dann eben aus Sicht bestimmter einzelner Gene ungünstig ist.
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Re: Die biologisierende Ausdeutung der Welt

Beitragvon stine » Mi 25. Jul 2012, 07:45

Ich halte es ohnehin für falsch, ein Gen mit dem selben Adjektiv auszustatten, wie wir es gemeinhin für ein komplexes Individuum nützen. Das kann zu Verständnisproblemen führen. Vielleicht fand Dawkins einfach kein anderes Wort als egoistisch. ME meinte er nur, dass Gene Überlebenskünstler sind und sich durchsetzen wollen. Nichts weiter.

LG stine
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Re: Die biologisierende Ausdeutung der Welt

Beitragvon laie » Mi 25. Jul 2012, 07:56

Es ist möglich, sich zu verhalten, daß die Reproduktion der Gene nicht betroffen sind:

ujmp hat geschrieben:Man kann ... selbstlos in einer Weise sein, wenn dieses Verhalten die Reproduktion der Gene überhaupt nicht berührt.


Schön. Dann aber wieder

ujmp hat geschrieben:Angebohrene Neigungen ... können sich ... auf Objekte erstrecken, ... solange dieses Verhalten einer Reproduktion der Gene nicht im Wege steht.


Aha. Und wenn es der Reproduktion der Gene im Weg steht, was ist dann?

Schließlich:

ujmp hat geschrieben:Alles in allem können wir sogar völlig selbstlos miteinander umgehen, nur dass das dann eben aus Sicht bestimmter einzelner Gene ungünstig ist.
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Re: Die biologisierende Ausdeutung der Welt

Beitragvon ujmp » Mi 25. Jul 2012, 08:04

Es geht darum, dass ein angebornes Verhalten einfach beibehalten wird, obwohl der ursprüngliche Sinn dieses Verhaltens nicht mehr gegeben ist. Man könnte es auch einen "Tick" nennen - der nur eben nicht schadet.

Muss leider ins Büro...
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Re: Die biologisierende Ausdeutung der Welt

Beitragvon Vollbreit » Mi 25. Jul 2012, 08:25

Lumen hat geschrieben:Da ist jetzt nichts neues oder überraschendes drin. Offenbar kann ich mir die Finger Wund schreiben und es kommt irgendwie nicht durch. Anstatt anzudeuten und zu behaupten, fang doch mal an was zu belegen. Was steht im Widerspruch zu was?


Auch ich habe in den vergangenen Tagen den Widerspruch um den es mir geht, mehrfach und deutlich beschrieben und ich bin sicher, dass Du ihn finden kannst, wenn Du diesen Thread liest. Wenn Du ihn allerdings nicht finden willst, dann wird Dir auch eine Neuauflage nichts bringen.
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Re: Die biologisierende Ausdeutung der Welt

Beitragvon Vollbreit » Mi 25. Jul 2012, 08:48

laie hat geschrieben:@Vollbreit Woher nahmst du noch einmal deine Annahme, daß Lumen gerade so etwas wie eine Erschütterung seines Weltbildes erlebt? Selbst die Gegenüberstellung von zwei eindeutigen Zitaten, wie du es getan hast, beunruhigt ihn nicht im geringsten. Stattdessen fährt er fort: was Dawkins über die Entwicklung der Lebewesen sagt, ist wahr (1): Egoismus ist das hervorstechendste Merkmal der Gene. Dieser Genegoismus ruft einen entsprechenden Egoismus seines Trägers hervor, bestenfalls kann der Träger reziprok altruistisch sein, wenn ein anderer auch altruistisch ist, so daß beide letztlich auf ihre Kosten kommen. Echte Selbstlosigkeit gibt es folglich nicht. Wir haben aber immer die Wahl, wie wir leben wollen (2). Diese Wahl kann auch diamentral gegen die Doktrin der egoistischen Gene realisiert sein: wir können völlig selbstlos miteinander umgehen.

In den beiden Konklusionen: "Echte Selbstlosigkeit gibt es folglich nicht." und "wir können völlig selbstlos miteinander umgehen." sieht er keinen Widerspruch. Nun ja.


Du hast diesen Widerspruch, der einen doch irgendwie anspringen muss und den er Jahre später im „Gotteswahn“ noch einmal wiederholt, treffend zusammengefasst, vielen Dank dafür.
Dass Lumen eine Erschütterung erlebt, entnehme ich genau aus dieser Leugnung. Es kann nicht sein, was nicht sein darf, auch wenn es dort steht.

Nun kennen wir „Eingeweihten“ auch die Quelle, aus der Lumen schöpft, wenn er wieder mal haarklein die Tricks und Verdrehungen der Gläubigen wittert und zu entblättern versucht. Psychologen nennen diesen Vorgang projektive Identifikation.

laie hat geschrieben:Vielleicht hätte Dawkins das Beiwort "egoistisch" einfach weglassen sollen. Seiner Theorie, wonach die natürliche Auslese nicht erst beim jeweiligen Individuum ansetzt, sondern bereits auf der Ebene seiner Gene wirksam ist, hätte dies vermutlich nicht geschadet.

So aber bleibt auch für Dawkins nur das zu sagen, was Karl Marx über Darwins Origin of Species schrieb: "grob englisch entwickelt".


Auch im „Gotteswahn“ ist dieses Muster zu finden. Genetischer Egoismus disponiert einen falschen individuellen Altruismus und über grob darwinistische Überlegungen hinaus gelangt Dawkins allenfalls zu einer „Eine Hand wäscht die andere“ Moral und simplen spieltheoretischen Überlegungen. Hat der Mann nie Kohlberg gelesen? Hat er sich je mit irgendwelchen Moraltheorien auseinandergesetzt? Wie bei vielen Kollegen der Brights zitiert man sich zwar gerne wechselseitig, ignoriert aber weitgehend die seriöse Forschung, wenn sie nicht aus der Biologie kommt.
Zur Moral findet man nirgendwo Kohlberg, Nummer-Winkler, Gilligan oder Kohlberg, dafür den Wissenschaftsbetrüger Marc Hauser ( http://de.wikipedia.org/wiki/Marc_Hauser ), der „über die Gedankenexperimente der Philosophen“ (S.309) hinausgeht. Woher weiß Dawkins das, wenn er sie nicht kennt?

Dass Hauser Untersuchungen gefälscht hat ( http://www.zeit.de/2011/18/Faelschungsskandal-Hauser ), konnte Dawkins nicht wissen, aber das platte Niveau ist die Ebene, auf der sich Dawkins am liebsten tummelt. Es sieht auch besser aus, wenn man gegen dusselige Kreationisten in den Ring steigt, als gegen Leute, die wirklich etwas von dem verstehen, worüber Dawkins schwadroniert.
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Re: Die biologisierende Ausdeutung der Welt

Beitragvon Vollbreit » Mi 25. Jul 2012, 12:09

PS: Frau Nummer-Winkler heißt natürlich Nunner-Winkler.
http://www.uni-bielefeld.de/ikg/wissens ... inkler.htm
(Lustigerweise haben die sich n der Linkzeile auch verschrieben.)
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Re: Die biologisierende Ausdeutung der Welt

Beitragvon Lumen » Mi 25. Jul 2012, 13:01

Das ist nach wie vor kein Widerspruch, der einen anspringen muss. Das es eine Verwechselung von genetischem und individuellen Egoismus geben würde, hatte ich am Anfang schon bemängelt. Auch hat laie hier einfach Altruismus anders definiert und dann "Mordio!" gerufen. Ein genetisches Pendant zu egoistischen Genen sind reziprok altruistische Verhaltensweisen, bzw. biologische Ausstattungen dafür. Ohne Beine kann man nicht laufen, ohne entsprechenden Anlagen gibt es weder Mutterliebe noch Kameradschaft. Auf der Ebene des Individuums ist es Altruismus, wenn ein Lebewesen davon gebrauch macht, zumal der Mensch.

Nur mit einer esoterischen Sicht der Dinge, mit Seelen und Seelenheil, mit idealen und reinen Werten, wo etwas wie Altruismus durch nichts "verunreinigt" werden darf, z.B. durch genetische Anlagen, dann kommt man leicht auf irgendwelche Widerspüche, denn die Wirklichkeit oder das was Biologen und Genetiker beschreiben ist immer "geerdet" und hat nie die konzeptionelle Reinheit von Begriffen. Zum Verständnis dieses Sachverhalts braucht man auch keine Moralphilosophen, die sich mit Wortspielen beschäftigen. Wie der Sportkommentator das Ballspiel eines Fussballers feiert, das dank genetischer Anlagen (Beine usw.) möglich ist, so kann auch der Moralphilosoph seine Gedanken zu Papier bringen. Vorher sind solche Leute unbrauchbar.
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Re: Die biologisierende Ausdeutung der Welt

Beitragvon laie » Mi 25. Jul 2012, 14:25

Lumen hat geschrieben:Das es eine Verwechselung von genetischem und individuellen Egoismus geben würde, hatte ich am Anfang schon bemängelt.


Wir verwechseln gar nichts.

Dawkins hat geschrieben:Dieser Egoismus des Gens wird gewöhnlich egoistisches
Verhalten des Individuums hervorrufen.


wohlgemerkt: gewöhnlich. Das heisst, egoistisches Verhalten des Individuums ist der Normalzustand. Dieser individuelle hat seine Wurzeln im Egoismus der Gene. Nochmal zum Nachlesen: "dieser Egoismus des Gens wird egoistisches Verhalten des Individuums hervorrufen."

Habe ich die Wahl, meine Gene auszuschalten? Ich denke nicht. Also kann unser Zusammenleben in nicht anderem bestehen als im Interagieren grundsätzlich egoistischer Lebewesen. Gelegentlich, wenn es nicht anders geht, koopieren diese Lebewesen. Bestenfalls kommt es zu einem reziproken Altruismus.

Diese Sichtweise wäre ok. Zumindest wäre sie konsequent. Nun behauptet aber Dawkins, man könne sich gegen diese Sichtweise entscheiden, ja, er plädiert sogar dafür. Wie denn, wenn ich meine Gene nicht im Griff haben kann? Das einzige, was das Individuum nach Dawkins tatsächlich tun kann, wäre Suizid.

Ehrlich, da ist mir Darth Nefarius noch lieber.
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Re: Die biologisierende Ausdeutung der Welt

Beitragvon Vollbreit » Mi 25. Jul 2012, 15:00

@ Lumen:

Ah, siehst Du Dich wieder genötigt in Deine albernen paranoiden Phantasien zu flüchten?
Was genau verlangst Du denn von mir?
Wie kann ich Dir etwas zeigen, was Du nicht sehen willst oder kannst? Andere sehen es.
Frag nach.

Dann machen wir doch unbeschwert weiter.
In dem Kapitel Hat unser Moralgefühl einen darwinistischen Ursprung breitet Dawkins seine Gedanken über Moral, Altruismus und Egoismus aus. Es ist immer dasselbe Muster (alle Zitate aus Dawkins, Der Gotteswahn, 2006, dt. Ullstein-TB, 2008):

Richard Dawkins hat geschrieben:Die Vorstellung vom egoistischen Gen – mit der richtigen Betonung auf dem zweiten Wort – geht davon aus, dass nicht der egoistischen Organismus, die egoistischen Gruppe, die egoistische Spezies oder das egoistische Ökosystem als Einheit der natürlichen Selektion (das heißt als Einheit des Selbstinteresses) dient, sondern das egoistische Gen. (S.298)


Die Botschaft scheint klar: Die Gene waren es. Nicht die Individuen (und auch nicht die Schweizer).
Weniger klar ist dann jedoch das, was folgt:
Richard Dawkins hat geschrieben:Wo sorgen die Gene nun für ihr eigenes „egoistisches” Überleben im Verhältnis zu anderen Genen? Der naheliegendste Weg besteht darin, dass sie die einzelnen Organismen auf Egoismus programmieren. (S.298)


Das nutzt manchmal, aber nicht immer und:
Richard Dawkins hat geschrieben:Unter manchen – gar nicht mal so seltenen – Voraussetzungen sorgen die Gene für ihr eigenes, egoistisches Überleben am besten dadurch, dass sie den Organismus zum Altruismus veranlassen.(S.299)


Das tun also die Gene, nicht wir, was aber bekanntlich nicht deterministisch verstanden werden soll. Wie dann? Naja.
Nun beschreibt Dawkins das, was ihm so an Motiven für den Altruismus in den Sinn kommt. Eine recht traurige Flachland-Wüste. Aber Dawkins freut sich und stellt fest:
Richard Dawkins hat geschrieben:Die Reiche des Lebendigen sind voll von solchen Beziehungen [bei denen eine Hand die andere wäscht – V.] auf Gegenseitigkeit: Büffel und Madenhacker, rote Röhrenblüten und Kolibris, Zackenbarsche und Putzerfische, Kühe und Mikroorganismen in ihrem Darm.(S.300]


Gewiss ist es interessant die Kooperation im Tierreich zu betrachten, aber viel weiter als bis zum gegenseitigen Nutzen wird man bei dieser Betrachtung auch nicht kommen.
Dawkins lässt sich noch einige Seite über Moral und was er dafür hält aus, um dann zusammenzufassen:
Richard Dawkins hat geschrieben:Damit haben wir nun vier stichhaltige darwinistische Gründe, warum Individuen untereinander altruistisch, großzügig oder „moralisch“ handeln. Der erste betrifft den Sonderfall der Verwandtschaft. Der zweite ist die Gegenseitigkeit: Gefälligkeiten werden vergolten und in „Erwartung“ eines solchen Gegengefallens erwiesen. Darauf folgt sofort der dritte: der darwinistische Vorteil, den es bedeutet, wenn man sich de Rufe der Großzügigkeit und Freundlichkeit erwirbt. Und wenn Zahavi recht hat, gibt es viertens den speziellen, unmittelbaren Nutzen der zur Schau gestellten Großzügigkeit als Mittel, um für sich selbst authentische, unverfälschte Reklame zu machen.(S.304)


Alles muss egoistisch motiviert sein, wenn nicht vordergründig, dann hintergründig. Eine petitio principii, das ist ein logischer Fehlschluss, habe ich das schon mal erwähnt? Ja, gefühlte 100 mal.
Nun die einzelnen Punkte sind immerhin falsifizierbar, der erste anonyme Spender widerspricht allen vier Punkten. Mit einem Kind in Afrika muss ich nicht verwandt sein, ich kann nicht erwarten eine Gegenleistung zu bekommen, wenn ich anonym spende, erwerbe ich nicht den Ruf des Wohltäters und stelle die Großzügigkeit auch nicht zur Schau.
Aber den Evolutionsbiologen die sich hier geschlagen geben müssen, springen alsbald die Neurobiologen zur Hilfe. Das Spenden triggert bestimmt unser körpereigenes Belohnungszentrum und damit ist das doch ein egoistischer Akt. Ha. Leider bleibt es ein Fehlschluss: Wer suchet, der findet. Hier steht das Ergebnis fest, nach den Fakten wird noch gesucht. Das ist unwissenschaftlich.
Und logisch zirkulär. Müsstest Du erkennen können.

Aber wir waren ja bei Dawkins. Und nun legt er richtig los:
Richard Dawkins hat geschrieben:Ein solches Bewusstsein [für natürliche Selektion- V.] konnte erst im 20. Jahrhundert die kognitive Ebene erreichen, und auch heute ist das umfassende Wissen darüber auf eine kleine Gruppe spezialisierter Wissenschaftler beschränkt.(s.306)


Uijuijui, Nachtijall, ick hör dir trappsen. Doch Dawkins öffnet den hermetischen Schrein und zum Vorschein kommen folgende esoterische Weisheiten:
Richard Dawkins hat geschrieben:Die natürliche Selektion begünstigt Faustregeln, die in der Praxis den Genen nützen, von den sie erzeugt wurden. Aber es gehört zum Wesen der Faustregeln, dass die auf mal nach hinten losgehen.


So ist Brutpflege an sich gut, aber blöd wenn ein Kuckuck das ausnutzt.
Und nun kommt Richard Dawkins richtig in Fahrt:
Richard Dawkins hat geschrieben:Wäre es denkbar, dass unser Drang zur Nächstenliebe ebenfalls eine solche Fehlfunktion ist wie bei dem Teichrohrsänger, dessen Elterninstinkt in die Irre geht, wenn der Vogel sich für einen kleinen Kuckuck abrackert? Eine noch genauere Analogie ist der Drang des Menschen, ein Kind zu adoptieren. Ich muss sofort hinzufügen, dass ich den Begriff „Fehlfunktion“ hier nur in einem streng darwinistischen Sinn gebrauche. Er beinhaltet keinerlei Abwertung.(S.306)


Das steht da wirklich. Die naive Bemühtheit hat ja irgendwie fast etwas Rührendes, nur was will der Mann uns damit eigentlich sagen? Die Gene sind nicht alles, es gibt auch Altruismus, aber den eigentlich nur, wenn er am Ende doch den Genen dient, zu echtem Altruismus fällt Dawkins einfach kein Beispiel ein, nicht mal ein anonymer Spender.
Dann denkt er laut darüber nach, ob nicht Hilfe eine Art genetischer Fehlfunktion ist, was er aber nicht abwertend meint, sondern als Fehler den wir heute durchaus als erwünscht annehmen. Wie denn, wenn es letztlich doch die Gene sind?

Er erklärt, was er meint:
Richard Dawkins hat geschrieben:Meine Idee, es könne sich um einen „Fehler“ oder „Nebenprodukt“ handeln, sieht folgendermaßen aus: In alter Zeit, als wir wie Paviane in kleinen, stabilen Gruppen lebten, programmierte die natürliche Selektion in unser Gehirn einen Drang zum Altruismus ein; es war ein Trieb wie der Sexualtrieb, der Fresstrieb, die Fremdenfeindlichkeit und so weiter.(S.307)


Solche Sätze tun einfach weh, im direkten Anschluss:
Richard Dawkins hat geschrieben:Ein intelligentes Paar kann Darwin lesen und weiß dann, dass das Bedürfnis nach Sexualität seine Ursache letztlich in der Fortpflanzung hat. Beide wissen, dass die Frau kein Kind bekommen kann, weil sie die Pille nimmt. Dennoch stellen sie fest, dass ihr Sexualtrieb sich durch dieses Wissen keineswegs vermindert. Sexuelle Bedürfnisse sind sexuelle Bedürfnisse, und in der Psyche des Einzelnen sind sie unabhängig von dem darwinistischen Druck, der letztlich ihre Triebkraft war. Es ist ein starker Trieb, der losgelöst von seiner letzten Begründung existiert.(S.307)


Ähh, joo. Diese Binsen und Andeutungen sind ist das Geheimwissen aus der Arsenal der Biologen, dass nur wenige Spezialwissenschaftler verstehen? Aber er hat noch nicht fertig:
Richard Dawkins hat geschrieben:Nach meiner Vermutung gilt das Gleiche auch für unseren Drang, freundlich zu sein – unseren Hang zu Altruismus, Großzügigkeit, Einfühlungsvermögen und Mitleid. In alter Zeit hatten wir die Gelegenheit zum Altruismus nur gegenüber unseren Verwandten und denen, die es uns potentiell vergelten konnten. Heute existiert diese Einschränkung nicht mehr, aber die Faustregel ist immer noch da. Warum sollte es sie nicht mehr geben? Es ist genau wie beim Sexualtrieb. Wenn wir einen unglücklichen Menschen weinen sehen, müssen wir einfach Mitleid empfinden (auch wenn dieser Mensch nicht mit uns verwandt ist und uns unsere Hilfe nicht vergelten kann), ganz ähnlich wie wir uns sexuell zu einem Angehörigen des anderen Geschlechts hingezogen fühlen (auch wenn diese Person vielleicht unfruchtbar oder aus anderen Gründen nicht zur Fortpflanzung in der Lage ist). Beides sind Fehlfunktionen, darwinistische Fehler – segensreiche kostbare Fehler.(S.307)


Nehmen wir Dawkins, der auch danach noch einmal wiederholt „Fehler“ möge man nicht abwertend verstehen, einfach mal ab, dass er es gut meint. Er will uns etwas sagen.

Und nun erklär Du es uns doch, Lumen: Was meint er?
Die Gene sind egoistisch, was sich in Egoismus des Individuums äußern kann, aber auch in Altruismus, der dann durch „die natürliche Selektion in unser Gehirn“ einprogrammiert wurde.
Also Determinismus, oder nicht? Aber der ist nur statistisch zu verstehen? Unser Egoismus und Altruismus ein Zwang der Gene oder nur Statistik, eine Option, es könnte auch anders sein? Was ist nun seine Position?
Denn am Ende dient auch der Altruismus ja doch nur egoistischen Zwecken und zwar individuell egoistischen Zwecken: Dienst an der Familie, eine Hand wäscht die andere und zur Schau gestellter Großmut – all das tun nicht die Gene (sie können das gar nicht), es tut ein Individuum. Und etwas anderes fällt Dawkins nicht ein. Wenn Du was findest, zitier es.
Wir sind also abhängig von unsere egoistischen Genen und werden durch sie zu Egoisten, denn „[w]ir sind egoistisch geboren“ wie Dawkins in den selfish genes schreibt. Entweder direkt, wie Dakwins ausführt oder über den Umweg eines fadenscheinigen Altruismus der nur dem Individuum dient.

Und anders können wir nicht, denn wir sind höhere Affen, aus der Kette der Evolution und warum sollte es die Faustregeln nicht mehr geben, fragt Dawkins? Sind wir nun biologisch gezwungen, oder haben wir selbst eine Wahl?

Warum müssen wir einfach Mitleid haben? Einige haben es nicht. Und die, die es haben: Warum müssen sie? Auch wenn sie nun auf einmal nichts mehr davon haben (ein offener Widerspruch): Weil es ein biologisches Programm ist? Dann sind wir also doch determiniert? Was ist nun auf einmal aus den vier Gründen für den Altruismus geworden? Gibt es noch einen fünften? Warum beschreibt Dawkins ihn nicht?
Oder ist das nur so eine lässige optionale Vorgabe der Evolution, aus der wir dann machen können, was wir wollen? Wozu dann der ganze Aufstand mit den Genen?

Selbst wenn man den starken Drang hat, Dawkins verstehen zu wollen – den Du sicher hast und da irgendwas Tiefes und Bedeutsames hineinzulesen, es bleiben einfach verschwurbelte Sätze die hinten und vorne nicht zusammen passen.
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Re: Die biologisierende Ausdeutung der Welt

Beitragvon laie » Mi 25. Jul 2012, 15:42

@Vollbreit: Herzerfrischend

Bei Dawkins hat man die Wahl zwischen Teufel und Beelzebub: Entweder petitio principii, weil alles Verhalten letztlich egoistisch ist. Oder logisch widersprüchlich, weil er gegen den Satz vom Nichtwiderspruch verstösst: Obgleich wir durch und durch egoistisch sind, weil genetisch so determiniert, haben wir gleichwohl die Wahl der Selbstlosigkeit.
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Re: Die biologisierende Ausdeutung der Welt

Beitragvon Vollbreit » Mi 25. Jul 2012, 15:46

Aber laie, wo ist denn da ein Widerspruch? ;-)
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Re: Die biologisierende Ausdeutung der Welt

Beitragvon laie » Mi 25. Jul 2012, 16:13

Ja, Vollbreit, vermutlich keiner, denn in der Welt von Dawkins geht es halt nun mal erdiger zu als in der sauberen Begriffswelt irgendwelcher Moralphilosophen, die sich mit Wortspielereien beschäftigen. :lachtot:

Lumen hat geschrieben:Zum Verständnis dieses Sachverhalts braucht man auch keine Moralphilosophen, die sich mit Wortspielen beschäftigen. Wie der Sportkommentator das Ballspiel eines Fussballers feiert, das dank genetischer Anlagen (Beine usw.) möglich ist, so kann auch der Moralphilosoph seine Gedanken zu Papier bringen. Vorher sind solche Leute unbrauchbar.


Das hat schon stark faschistoiden Stallgeruch. Aber vielleicht zerbröselt auch gerade Lumens Weltbild.

Es bleibt die Frage, warum solche Ergüsse wie die von Dawkins trotz allem ein solches Echo finden. Meine Meinung dazu ist: ja, die biologische Evolutionstheorie ist bemüht, uns einigermaßen plausibel zu machen, warum es eine solche organische Vielfalt gibt und warum es Fossilien gibt. Das gelingt ihr recht gut, auch ohne Dawkins. Aber, es ist eine Theorie. Beruhigt euch.

(Oh Mist, jetzt hab ich grad wieder den Kreationismus eingelassen. :erschreckt: Sorry Lumen ).
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Re: Die biologisierende Ausdeutung der Welt

Beitragvon Vollbreit » Mi 25. Jul 2012, 17:09

laie hat geschrieben: Es bleibt die Frage, warum solche Ergüsse wie die von Dawkins trotz allem ein solches Echo finden. Meine Meinung dazu ist: ja, die biologische Evolutionstheorie ist bemüht, uns einigermaßen plausibel zu machen, warum es eine solche organische Vielfalt gibt und warum es Fossilien gibt.


Ich denke, der Inhalt ist wurscht. Menschen wollen an etwas glauben und die Religionen geben ja wirklich nicht jedem was. Die Wissenschaft erzählt gute Geschichten und erklärt ja wirklich viel, dort wo die Luft dünn wird kommen die meisten nie hin, insofern passt da viel.
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Re: Die biologisierende Ausdeutung der Welt

Beitragvon Lumen » Do 26. Jul 2012, 00:32

Vollbreit hat geschrieben:@ Lumen:
Ah, siehst Du Dich wieder genötigt in Deine albernen paranoiden Phantasien zu flüchten? Was genau verlangst Du denn von mir? Wie kann ich Dir etwas zeigen, was Du nicht sehen willst oder kannst? Andere sehen es. Frag nach.


Welche "paranoiden Phantasien" willst du denn entdeckt haben, in meinem ach so wackelnden Weltbild? Nichts von dem, was du von Dawkins zitierst, stellt irgendeine Überraschung dar. Bei aller Polemik: Verfolgungswahn sehe ich in meiner Antwort nicht.

Offenbar stellt es für die Herrn Theologen-Philosophen eine unüberwindbare konzeptionelle Anstrengung dar, sich vorzustellen, dass Beine eine notwendige Voraussetzung zum Laufen sind, das Vorhandensein von Beinen aber noch kein Laufen-Sollen impliziert, und es den Genen vollkommen egal ist, ob mit den Beinen gelaufen wird, oder nicht. Es werden auch beim Nachwuchs Beine wachsen, auch wenn die Art mittlerweile lieber schwimmt. Ein denkendes Wesen wie der Mensch, kann seinen Fortsätzen den Namen "Bein" geben und darüber sinnieren, ob man lieber laufen sollte, oder lieber gehen. Es ist sowohl dem Bein, als auch den Genen egal, ob Laie in einer anderen Kultur geboren wurde und "Beine" gar nicht kennt, sondern die Glieder in "Oberstummel" (für beide Oberschenkel mit Knie) und "Unterstummel" (für alles unterhalb Knie) unterscheidet und das Singular "halber Oberstummel Rechts" lautet. Es können spezialisierte Pedologie-Philosophen darüber sinneren, unter welchen Umständen gelaufen werden soll, und wann gehen oder gar krabbeln besser wären. Den Genen wird es egal sein. Vom Biologie-Standpunk ist es egal, was ein Pedologe durch scharfes Nachdenken herausgefunden hat. Denn vom Laufen-Sollen wird Nichts hinzugefügt, oder abgezogen, was auch immer die Gene egoistischerweise davon halten. Oder umgekehrt, auch jede Philosophie wird nicht umhin kommen, und festellen, dass es Beine gibt und damit oft gelaufen wird.

Dabei haben Pedologen ja durchaus ihre Berechtigung. Aber sie arbeiten mit der Vorausetzung, dass es Beine gibt. Ohne Beine keine Pedologen, ohne Auge kein Optiker, ohne moralisches Empfinden keine Moral-Philosophen. Irgendwer hat also die Aufgabe, festzustellen, warum es Beine, Augen, Moralempfinden/Empathie gibt.

Ein Mensch mit Empathie und Spiegelneuronen usw. hat zudem kein Wissen von "zahlt sich aus", wir kalkulieren auch nicht "werde Dopmin als Belohnung erhalten" wenn wir wem helfen. Wenn diese Tatsachen aber aus eurer Sicht den Altruismus-Begriff zerstört, dann sei es eben so. Davon abgesehen hat es sich bestimmt auch Philosophen-Theologen-Turm herumgesprochen, dass Tiere andere Tiere jagen und töten, um selbst zu überleben. Ich weiß, ist schlimm. Egoistische Biester aber auch!

laie hat geschrieben:Ehrlich, da ist mir Darth Nefarius noch lieber.


Dem soll von meiner Seite nichts im Wege stehen, Willkommen auf meiner Ignore-Liste.
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Re: Die biologisierende Ausdeutung der Welt

Beitragvon ujmp » Do 26. Jul 2012, 05:32

stine hat geschrieben:Ich halte es ohnehin für falsch, ein Gen mit dem selben Adjektiv auszustatten, wie wir es gemeinhin für ein komplexes Individuum nützen. Das kann zu Verständnisproblemen führen. Vielleicht fand Dawkins einfach kein anderes Wort als egoistisch. ME meinte er nur, dass Gene Überlebenskünstler sind und sich durchsetzen wollen. Nichts weiter.


Da hast du m.E. vollkommen recht und das hat Dawkins ja auch selbst so gesagt. Vollbreit konsturiert hier nichtsweiter als einen Strohmann.

Lumen hat geschrieben:Offenbar stellt es für die Herrn Theologen-Philosophen eine unüberwindbare konzeptionelle Anstrengung dar, sich vorzustellen, dass Beine eine notwendige Voraussetzung zum Laufen sind, das Vorhandensein von Beinen aber noch kein Laufen-Sollen impliziert, und es den Genen vollkommen egal ist, ob mit den Beinen gelaufen wird, oder nicht. Es werden auch beim Nachwuchs Beine wachsen, auch wenn die Art mittlerweile lieber schwimmt. Ein denkendes Wesen wie der Mensch, kann seinen Fortsätzen den Namen "Bein" geben und darüber sinnieren, ob man lieber laufen sollte, oder lieber gehen. Es ist sowohl dem Bein, als auch den Genen egal, ob Laie in einer anderen Kultur geboren wurde und "Beine" gar nicht kennt, sondern die Glieder in "Oberstummel" (für beide Oberschenkel mit Knie) und "Unterstummel" (für alles unterhalb Knie) unterscheidet und das Singular "halber Oberstummel Rechts" lautet. Es können spezialisierte Pedologie-Philosophen darüber sinneren, unter welchen Umständen gelaufen werden soll, und wann gehen oder gar krabbeln besser wären. Den Genen wird es egal sein. Vom Biologie-Standpunkt ist es egal, was ein Pedologe durch scharfes Nachdenken herausgefunden hat. Denn vom Laufen-Sollen wird Nichts hinzugefügt, oder abgezogen, was auch immer die Gene egoistischerweise davon halten. Oder umgekehrt, auch jede Philosophie wird nicht umhin kommen, und festellen, dass es Beine gibt und damit oft gelaufen wird.


Ja.

Man kann dies leicht einsehen, wenn man einen weniger komplexen Organismus betrachtet, z.B. eine Erbse. Die Gene, die für eine auffällige Blüte zuständig sind, überleben, weil sie zur Reproduktion beitragen. Sie wissen dabei nichts von Bienen, nichteinmal etwas von Bestäubung, nichteinmal etwas von Reproduktion. Ein Gen, welches die Ausbildung einer grünen Blüte bewirkt, ist in einem konkreten Individuum vollkommen gleichberechtigt. Es hat unter den gängigen Umständen nur keine Chance auf Reproduktion. Es kann sein, dass eine Pflanze in einer Umgebung ("Nische") wächst, wo diese Eigenschaft ihr Überleben sichert - wie auch immer. Wenn diese Nische aber nicht gegeben ist, strirbt dieses Gen aus. Es ist einfach eine logische Konsequenz. In diesem Sinne können nur Gene überdauern, die ihrer eignen Reproduktion wenigstens nicht im Wege stehen. Der "Egoismus" eines Genes besteht darin, dass für ein Gen lediglich die eigene Reproduktion zählt. Es ist logisch ausgeschlossen, dass ein Gen reproduziert wird, dass seine eigene Reproduktion verhindert - that's all.

Auf Dauer - das heißt, über evolutionär relevante Zeiträume - kann eine Art nur überleben, wenn ihre Gene ihre eigen Reproduktion befördern. Alles, was genetisch bedingt ist, muss daher in diesem rein metaphorischen Sinn egoistsisch sein. Das konkrete Individuum ist aber in seinem Verhalten völlig frei, und zwar rein logisch im Sinne von "Freiheitsgrad". Das Konzept des "freien Willens" ist dazu nicht nötig. Das Individuum kann sich auch in einer für seine eigene Reproduktion ungünstige Weise verhalten. Wenn dieses Verhalten genetisch veranlagt ist, haben diese Gene eben nur eine schlechtere Chance, kopiert zu werden.

Aufgrund dieses logischen Freiheitsgrades, ist m.E. altruistisches Verhalten prinzipiell möglich.
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Re: Die biologisierende Ausdeutung der Welt

Beitragvon laie » Do 26. Jul 2012, 05:58

ujmp hat geschrieben:Es ist einfach eine logische Konsequenz.


ujmp hat geschrieben:Es ist logisch ausgeschlossen, dass ein Gen reproduziert wird, dass seine eigene Reproduktion verhindert - that's all.


ujmp hat geschrieben:rein logisch im Sinne von "Freiheitsgrad"


ujmp hat geschrieben:Aufgrund dieses logischen Freiheitsgrades


Bei soviel Logik muss der Fehler in der Interpretation von Dawkins wohl bei Vollbreit und mir liegen.

@Lumen: ich meinte, daß ich die ethische-moralische Position von Darth Nefarius weniger heuchlerisch finde als die von Dawkins. Das hat mit dir nichts zu tun.
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Re: Die biologisierende Ausdeutung der Welt

Beitragvon ujmp » Do 26. Jul 2012, 06:25

laie hat geschrieben:Bei soviel Logik muss der Fehler in der Interpretation von Dawkins wohl bei Vollbreit und mir liegen.

Wenn das ein Argument sein soll, ist es jedenfalls kein seriöses.
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