Naturalismus als Antisupernaturalismus

Naturalismus als Antisupernaturalismus

Beitragvon Myron » So 8. Jan 2012, 18:33

Der wesentliche Inhalt des Naturalismus als Antisupernaturalismus/Antisupranaturalismus:

1. Antiplatonismus/Antiabstraktismus: Ablehnung des Glaubens an einen abstrakten, raum- und zeitlosen "platonischen Himmel", der von überphysischen und überpsychischen Sachen bevölkert wird (z.B. mathematische Objekte wie Mengen oder Zahlen). [1

2. Antispiritismus (Antitheismus/Antideismus/Antiangelismus/Antidämonismus): Ablehnung des Glaubens an Gespenster, Geister oder Seelen; Ablehnung des Götter-, Engels- und Teufelsglaubens.

3. Antimagismus/Antiokkultismus/Antiesoterismus: Ablehnung des Glaubens an Zauberei, (naturwissenschaftlich unerforschliche) übernatürliche/überphysische Kräfte/Mächte, übersinnliche Wahrnehmungsfähigkeiten; Ablehnung magischer/okkultischer/esoterischer/"geheimwissenschaftlicher" Theorien oder Praktiken.

4. Antimirakulismus: Ablehnung des Glaubens an Wunder.

5. Antimystizismus: Verwerfung (angeblicher) mystischer Intuitionen/Visionen als wahrhaftigen Erkenntnisquellen.

6. Antimythizismus: Ablehnung des Glaubens an sagen- oder märchenhafte Erzählungen oder Geschichten, die wissenschaftlich unbelegbar oder widerlegt sind.

7. Antiprophetismus: Verwerfung (angeblicher) prophetischer Revelationen (Offenbarungen/Verkündungen) als wahrhaftigen Erkenntnisquellen.

[1: Punkt 1 wird von vielen Naturalisten übergangen oder übersehen, und manche meinen, der Naturalismus wende sich nur gegen den Glauben an eine konkret-immaterielle Realitätssphäre und nicht auch gegen den Glauben an eine abstrakt-immaterielle Realitätssphäre. Ich denke jedoch, dass ein kohärenter und konsequenter Naturalismus mit dem Platonismus/Abstraktismus nicht vereinbar ist. Man könnte allerdings argumentieren, dass man zwischen Arten von Abstrakta differenzieren müsse und zumindest der Glaube an manche davon Naturalismus-kompatibel sei, sofern sie von konkreten Objekten und Aktivitäten abhängig und erzeugt worden sind. Der Glaube an transzendente Universalien (Platons "Formen"/"Ideen") ist aber zweifellos nicht mit dem Naturalismus vereinbar (der Glaube an raumzeitlich immanente Universalien hingegen schon).]
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Re: Naturalismus als Antisupernaturalismus

Beitragvon Myron » So 8. Jan 2012, 18:49

Myron hat geschrieben:3. Antimagismus/Antiokkultismus/Antiesoterismus: Ablehnung des Glaubens an Zauberei, (naturwissenschaftlich unerforschliche) übernatürliche/überphysische Kräfte/Mächte, übersinnliche Wahrnehmungsfähigkeiten; Ablehnung magischer/okkultischer/esoterischer/"geheimwissenschaftlicher" Theorien oder Praktiken.


"Magismus ist ein sinnlicher Wahn und Trieb, in der Natur eine Übernatur, im gemeinen Lauf der Dinge ein Nichtnatürliches, Außerordentliches, Prodigioses und Wundersames zu finden und mit zu bewirken; ein Magus zu sein und von Zaubereien zu träumen. – Er ist also ein sinneverblendender Aberglaube, oft mit viel Hyperbeln und mit scheinbarer Frömmigkeit begleitet. Das Ordentliche will außerordentlich, das Natürliche übernatürlich sein, oder darüber Gewalt, oder damit Gemeinschaft haben. Der irdne Topf will oder soll im magischen Licht ein goldner Topf scheinen."

(Herder, Johann Gottfried von. Vom Geist des Christentums. 1798. In Johann Gottfried v. Herders sämmtliche Werke: Zur Religion und Theologie, 3-102. Elfter Band. Stuttgart/Tübingen: J. G. Cotta, 1852. S. 85 [7. Abschnitt: III])
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Re: Naturalismus als Antisupernaturalismus

Beitragvon Darth Nefarius » Mo 9. Jan 2012, 18:20

Auf welcher Grundlage willst du also diskutieren? Mir scheint, dass du im Prinzip dir alles selbst beantwortet hast. :lookwrong:
Myron hat geschrieben:Punkt 1 wird von vielen Naturalisten übergangen oder übersehen, und manche meinen, der Naturalismus wende sich nur gegen den Glauben an eine konkret-immaterielle Realitätssphäre und nicht auch gegen den Glauben an eine abstrakt-immaterielle Realitätssphäre. Ich denke jedoch, dass ein kohärenter und konsequenter Naturalismus mit dem Platonismus/Abstraktismus nicht vereinbar ist. Man könnte allerdings argumentieren, dass man zwischen Arten von Abstrakta differenzieren müsse und zumindest der Glaube an manche davon Naturalismus-kompatibel sei, sofern sie von konkreten Objekten und Aktivitäten abhängig und erzeugt worden sind. Der Glaube an transzendente Universalien (Platons "Formen"/"Ideen") ist aber zweifellos nicht mit dem Naturalismus vereinbar (der Glaube an raumzeitlich immanente Universalien hingegen schon).]

Platons "Urbilder" fand ich auch immer unsinnig. Mir schien es auch als immenser Rückschritt, dass die frühen Sophisten mit ihrer sachlicheren Philosophie durch ihn verdrängt wurden. Die Mathematik ist durchaus, wie du wohl auch selbst angemerkt hast, ein Bestandteil der abstrakt-immateriellen Realitätssphäre mit Bezug zur Realität. Aber ich zweifle an, dass die Mathematik diesem Bereich vollständig zuzuordnen ist. Direkte Bezüge auf Gegenstände, Flächen erlauben eine direkte Anwendung. Ich würde sie eher einer Art Simulationssphäre zuordnen, die durch unser Gehrin, das sie beinhaltet, materiell ist. Hoffentlich wird dieses Thema nicht einfach weiter ignoriert, wäre Schade drum! :keks:
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