Die sieben Todsünden

Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon stine » Fr 2. Dez 2011, 14:03

Darth Nefarius hat geschrieben:(...) das alles ist austauschbar und deswegen trügerisch.
Sag ich doch immer. Genau deswegen haben unsere ganz frühen Vorväter die Religionen geschaffen - weil: Es kann nur einen geben! Die Gesetze von Moses waren nicht umsonst von "Gott" selbst.
Nicht autauschbar und unumstößlich.

:wink: stine
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Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon Darth Nefarius » Fr 2. Dez 2011, 14:13

stine hat geschrieben:Genau deswegen haben unsere ganz frühen Vorväter die Religionen geschaffen - weil: Es kann nur einen geben! Die Gesetze von Moses waren nicht umsonst von "Gott" selbst.
Nicht autauschbar und unumstößlich.

:wink: stine

WAS? Meinst du das ernst?? Sag mir bitte, wenn ich deine Art von Humor nicht verstanden habe, oder glaubst du wirklich, weil jemand behauptet, dass die eigenen Regeln unumstößlich sind und von Gott stammen, es auch so ist oder dass soetwas überhaupt eine Berechtigung hat???? :o0:
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Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon stine » Fr 2. Dez 2011, 14:27

stine hat geschrieben:Genau deswegen haben unsere ganz frühen Vorväter die Religionen geschaffen - weil: Es kann nur einen geben! Die Gesetze von Moses waren nicht umsonst von "Gott" selbst.
Nicht autauschbar und unumstößlich.

Darth Nefarius hat geschrieben:WAS? Meinst du das ernst??
Sicher, meine ich es damit ernst, dass zur damaligen Zeit die "göttlichen Gesetze" durchaus ihre Wirkung erzielten. Oder was denkst du, warum sich die frühen Menschen kulturell in ihre Religionen eingebunden haben?

LG stine
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Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon Darth Nefarius » Fr 2. Dez 2011, 16:13

Wir leben im hier und jetzt, wir wenden doch auch nicht mehr den Aderlass an, weil es damals nichts besseres gab und wir heute zu faul sind nachzudenken und zu bequem, um neues anzuwenden. So ist es auch mit der Religion, sie ist ein Auslaufmodell und schädlicher als nützlich.
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Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon Arathas » Fr 2. Dez 2011, 16:45

Darth Nefarius hat geschrieben:So ist es auch mit der Religion, sie ist ein Auslaufmodell und schädlicher als nützlich.


Ja, in dieses Gedankenmuster kann man als Atheist leicht reinkommen - so vor 10 Jahren dachte ich genauso. Aber sobald man anderen Menschen zugesteht, völlig andere Bedürfnisse zu haben als man selbst, lässt sich das mit dem Auslaufmodell nicht mehr so leicht behaupten. Als Naturalist sollte man auch sehen können, wieviele Menschen an irgendwas Göttliches glauben, im Verhältnis zu denen, die Atheisten oder zumindest Agnostiker sind. Schlussfolgerung kann dann nur sein: Ein Großteil der Menschen will (und braucht wohl) Religion.

Es ist deshalb nicht sinnvoll, diese Menschen belehren zu wollen, indem man ihnen aufzeigt, wie schädlich Religion sein kann. Das bewirkt eher eine Abwehrhaltung. Wir leben eben in einer säkular-theistischen Gesellschaft, so paradox das auch klingt, und ich denke nicht, dass sich das ändern wird. Also lieber Kompromisse und Gemeinsamkeiten suchen statt Streit und Differenzen.
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Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon Darth Nefarius » Fr 2. Dez 2011, 17:20

Arathas hat geschrieben: Aber sobald man anderen Menschen zugesteht, völlig andere Bedürfnisse zu haben als man selbst, lässt sich das mit dem Auslaufmodell nicht mehr so leicht behaupten. Als Naturalist sollte man auch sehen können, wieviele Menschen an irgendwas Göttliches glauben, im Verhältnis zu denen, die Atheisten oder zumindest Agnostiker sind. Schlussfolgerung kann dann nur sein: Ein Großteil der Menschen will (und braucht wohl) Religion.

Es ist deshalb nicht sinnvoll, diese Menschen belehren zu wollen, indem man ihnen aufzeigt, wie schädlich Religion sein kann. Das bewirkt eher eine Abwehrhaltung. Wir leben eben in einer säkular-theistischen Gesellschaft, so paradox das auch klingt, und ich denke nicht, dass sich das ändern wird. Also lieber Kompromisse und Gemeinsamkeiten suchen statt Streit und Differenzen.

Doch, ich stehe auf Streit. :motz: Und ich habe, vielleicht nicht hier, aber dann unter irgendeinem anderem Thema, die Gründe aufgeschrieben, von denen ich glaube, dass es die sind, warum viele Menschen glauben und den Glauben auch brauchen. Seine schädliche Wirkung wird er trotzdem entfalten, wenn jemand nur konsequent genug glaubt, was in manchen tausendjahrealten Machwerken steht. Nur, weil jemand andere Bedürfnisse hat, sollte man ihnen nicht nachgeben, oder würdest du einem Kind erlauben, die Herdplatte anzufassen? Das Schlimme ist, dass manche erwachsene Kinder dann auch noch auf die Verbrennung stehen, oder sie anderen aufzwingen.
Die Gesellschaft hat schon größere Hürden überwunden, wie den Absolutismus zum Beispiel. Natürlich gehe ich auch nicht davon aus, dass die Religion völlig ausstirbt (wie die Monarchie, oder der Absolutismus es auch ja nicht tat), aber es ist denkbar, dass die Religion noch weiter an Einfluss verliert, wenn ich mir meine hedonistische Generation angucke, von denen sogar die Dümmsten sagen, dass sie zum Konfirmandenunterricht der Kohle wegen gegangen sind, besser standen nach all den Skandalen die Chancen nicht, und ich hoffe, dass ich noch einige weitere Niederlagen der Religion und des Glaubens miterlebe (durch Politik, eigene Fehler, Wissenschaft). Und so ziemlich alles bewirkt bei einem Theisten, Deisten, oder Pantheisten(3/4 Theisten.....) eine Abwehrhaltung, sobald die eigene Haltung bekannt ist. Ich versuche hier niemanden zum Atheismus zu missionieren, sonst würde ich es mir doch ziemlich einfach machen, oder? Das ist auch der Grund, warum ich Diskussionen solcher Art mit solchen Menschen vermeide. Mit der Analyse des Schadens und dessen Ursprungs kann man vielleicht eher herausfinden, wie man ihn vermeidet. Und ich brauche mir nicht diese herablassende Haltung anzutun, nach dem Motto "Du bist noch so jung. :blush2: ". Gerade meine Jugend gibt mir die benötigte Vitalität, um zu tun, was ich will; ohne Demenz, anderem körperlichen Verfall, oder der Portion Resignation, den manche haben. Ich habe schon genug Erfahrungen gesammelt, um eine eigene und begründete Meinung zu haben. Die argumentative Logik lernen manche früh, andere mit 90 nicht. (das ist nicht nur an dich gerichtet, Arathas) :up:
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Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon Arathas » Fr 2. Dez 2011, 17:49

Du solltest dich nicht so leicht wegen deines Alters angegriffen fühlen, ich habe keine Ahnung wie alt du bist - ich hab doch nur drauf hingewiesen, dass ich vor 10 Jahren genauso gedacht habe wie du. Du könntest 16 oder 60 sein, mein obiger Satz bliebe der gleiche. ;-)

Im Übrigen ist die Religion nicht nur und auch nicht ausschließlich schädlich, denn dann hätte die Natur längst dafür gesorgt, dass religiöse Menschen aussterben:

Darth Nefarius hat geschrieben:Nur, weil jemand andere Bedürfnisse hat, sollte man ihnen nicht nachgeben, oder würdest du einem Kind erlauben, die Herdplatte anzufassen?


Die Herdplatte nicht, aber einem Kind würde ich nicht verbieten, den Finger wegen Neugierde in die Kerzenflamme zu halten. Es wird weh tun und das Kind wird es nicht wieder machen und sogar Vorsicht walten lassen, da es nun weiß, welche Gefahren eine Flamme mit sich bringen kann. Auf die Weise lernen Kinder.

"Heiße Herdplatte anfassen" ist aber auch kein gutes Beispiel, weil es nur Schaden anrichtet (abgesehen vom Lerneffekt). Religion richtet eben nicht nur Schaden an.

Resigniert habe ich zudem auch nicht, aber im Laufe vieler Diskussionen sowohl mit anderen Atheisten als auch mit religiösen Menschen hat sich meine Sichtweise auf die Religion verändert.


Darth Nefarius hat geschrieben:Die argumentative Logik lernen manche früh, andere mit 90 nicht. (das ist nicht nur an dich gerichtet, Arathas)


Ich fasse den Satz so auf, dass du der Meinung bist, du wärest zu argumentativer Logik fähig, und mittels deiner argumentativen Logik könntest du beweisen, dass Religion schlecht ist und Schaden anrichtet?

Wenn ich ihn falsch verstanden habe, korrigiere mich bitte.
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Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon Darth Nefarius » Sa 3. Dez 2011, 10:51

Arathas hat geschrieben:
Darth Nefarius hat geschrieben:Die argumentative Logik lernen manche früh, andere mit 90 nicht. (das ist nicht nur an dich gerichtet, Arathas)


Ich fasse den Satz so auf, dass du der Meinung bist, du wärest zu argumentativer Logik fähig, und mittels deiner argumentativen Logik könntest du beweisen, dass Religion schlecht ist und Schaden anrichtet?

Wenn ich ihn falsch verstanden habe, korrigiere mich bitte.

Ja, der Meinung bin ich, und du hast auch selbst gesagt, dass die Religion Schaden anrichtet (aber auch nützlich ist). Dem Nutzen kann ich bis zu einem bestimmten Maße zustimmen, aber dadurch ist sie noch lange nicht unersätzlich. Sie taugt mittlerweile nur noch für 3 Sachen: Seelsorge, Wohltätigkeit, Geselligkeit. Diese 3 Aspekte sind von anderen gesellschaftlichen Strukturen schon längst und besser ersetzt worden. Das Problem ist, dass sie zwar effizienter arbeiten, aber nicht diesen Markennamen tragen, wie "die katholische Kirche", oder (damit meine ich die Psychologen) teurer sind. Ich dachte immer wieder über eine Atheistenkirche nach, die mit ausgebildeten Psychologen, Philosophen und ehrenamtlichen Mitgliedern ausgestattet ist, die zum einen die Geselligkeit und wohltätige Projekte bietet (und wahlweise auch ein bisschen Singerei, wenn nötig). Und ich habe immer mal wieder Argumente genannt, warum die Religion schädlich ist, du kannst nach ihnen suchen, es gibt mittlerweile viele in desem Forum.
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Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon Darth Nefarius » Sa 3. Dez 2011, 10:56

Ach, und mit meinem letzten Satz, den du zittiert hast, meine ich nicht speziell die Religion, sondern, dass man das Gegenüber als gleichwertigen Disskussionspartner anerkennen und seine Argumente und Texte besser lesen sollte. Aber ich meine auch, dass die Religion gefährlich ist, und dafür brauche ich nicht nur Texte, sondern kann dir nochmal die Geschichte der christlichen, muslimischen und jüdischen Religion vor Augen führen. Jedesmal, wenn sich diese Religionen weiterentwickelt haben und weniger schädlich wurden, dann wurde sie unfreiwilligerweise ihrer Macht beraubt und der betreffende Staat ein Stück säkularer.
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Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon Arathas » Sa 3. Dez 2011, 15:33

Darth Nefarius hat geschrieben:Aber ich meine auch, dass die Religion gefährlich ist, und dafür brauche ich nicht nur Texte, sondern kann dir nochmal die Geschichte der christlichen, muslimischen und jüdischen Religion vor Augen führen.


Nicht nötig, wenn du da alle schlechten Seiten der Religionen aufzählen willst bräuchtest du ein paar Jahre. :mg: Ich meine ebenfalls, dass Religion gefährlich ist. Beziehungsweise, dass sie durch die Menschen, die Religion ausleben, gefährlich werden kann.

Ich meine aber auch, dass es neben der Religion sehr viele Dinge gibt, die durch die Menschen, die sie ausleben, gefährlich werden können - einfaches Beispiel Drogen. Dennoch denke ich, dass es die Sache jedes einzelnen ist, wie und ob er etwas gut heißt und wie und ob er damit umgeht. Ich wünsche mir keine Welt ohne Alkohol, auch wenn ich selbst keinen Alkohol trinke.

Menschen sind glücklicherweise komplex genug, um ganz verschieden und ihrem eigenen Wesen nach mit etwas umzugehen. Religion an sich macht keinen "schlechten" Menschen. Ein friedfertiger Mann, der einen Streit lieber schlichtet, statt ihn anzuheizen, wird auch, wenn er einer Religion angehört, ein friedfertiger Mensch sein, weil dies seinem Wesen entspricht. Ein aggresiver, gewalttätiger Mann wird auch als Atheist nicht plötzlich aufhören, seine Frau zu schlagen.
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Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon Darth Nefarius » Sa 3. Dez 2011, 21:23

Es stimmt, die Ausübung des Glaubens hängt auch von dem Charakter des Menschen ab, aber auch das, was er glaubt, hängt von diesem Charakter ab. Abgesehen davon, dass sich Areligiösität in gebildeten Schichten häuft, gibt es andere Indizien, dass ein Mensch etwas bestimmtes glaubt, weil es seinem Wesen entspricht. In den europäischen Kulturen haben sich bestimmte Verhaltensweisen zur Religion lange halten können, obwohl sie teilweise gewechselt hat (oder einmal vollständig). Es ist für dich doch nachvollziehbar, dass ein bestimmter Schlag Mensch Atheist ist, oder Christ/Moslem/Jude/..... Es gibt bei der einen Sorte Mensch eine größere Überschneidung, als bei dem anderen, man kann nicht das Wesen des Menschen unabhängig von seiner Religion betrachten und umgekehrt. Und die Mechanik des Glaubensprozessses ist nunmal sehr anfällig für Aggression, Ausgrenzung, Besserwisserei (was Recht, Unrecht, Wahrheit, Lüge betrifft), schon allein deshalb, weil er an bestimmte Dinge glaubt.
In der Medizin nennt man das Vorbelastung (Prädestination), aufgrund seiner Gene, soetwas gibt es folglich auch bei den Religiösen, oder hat es jemals einen "UNglaubenskrieg" gegeben? Du kannst zwar sagen, dass speziell bei solchen Kriegen unter den Machthabern auch andere Interessen miteingespielt haben, aber die Masse der Soldaten hat nunmal an ihre Sache geglaubt und diese Kriege/Konflikte erst ermöglicht.
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Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon Arathas » Sa 3. Dez 2011, 22:55

Darth Nefarius hat geschrieben:die Masse der Soldaten hat nunmal an ihre Sache geglaubt und diese Kriege/Konflikte erst ermöglicht.


Ja, vielleicht hätte es ohne Religionen weniger Kriege gegeben ... man weiß es nicht. Na ja, ich jedenfalls weiß es nicht. Man braucht eben nicht zwingend Religion, um Massen aufzuhetzen, das hat die Geschichte zur Genüge bewiesen.
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Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon Darth Nefarius » So 4. Dez 2011, 14:16

Beschränke deine Antwort bitte nicht auf nur diese eine Stelle, sondern betrachte den rest. Was sagst du zu meiner Betrachtung des Charakters? Widersprichst du mir da, oder soll ich dein Schwigen dazu als Akzeptanz werten? Und alles andere, womit man die Masse zum Krieg oder allgemeiner Gewalt motiviert hat, hatte religiösen Charakter (Ideologien, Wahrheiten), auf Sachen, auf die ich mich nicht einlassen würde, weil mein Charakter immer hinterfragt und nicht pauschalisiert, wenn es ums Handeln geht (in einer Disskussion ist das schon noch zulässig, ansonsten wären sie sinnlos). Vielleicht sollte ich meine Kritik präzisieren und nicht nur auf die Religion beschränken, sondern auf einfache, wohlbekömmliche Wahrheiten und Regeln, die alles versprechen und nichts halten. Was mich zum Ursprung des Glaubens führt: Dem gläubigen Menschen, der nicht, selten oder nur oberflächlich hinterfragt und glaubt was er glauben will. Ich merke gerade, dass das schon fast nichts mehr mit dem eigentlichen Thema zu tun hat, können wir es dabei belassen?
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Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon laie » Mo 5. Dez 2011, 11:14

Hallo,

mir scheint, es gibt zu dem Thema "Todsünde" mindestens zwei argumentative Stränge, die ich so zusammenfasse:

(i) Der Begriff der "Todsünde" ist von unserem aufgeklärten Zeitalter überwunden worden (wenigstens sollte es so sein).

(ii) Die Vorstellung von "Todsünden" wurde "erfunden" und tradiert, um den Menschen zu knechten, ihn zu erniedrigen und klein zu halten und ihn durch diese Beschränkung nicht zu dem werden zu lassen, was er ist.

Ich denke, diese beiden Stränge gehören zusammen:

(iii) Durch unsere aufgeklärte Einsicht, daß die Vorstellung von Todsünden "erfunden" und tradiert wurde, um den Menschen zu knechten, ihn zu erniedrigen und klein zu halten und ihn durch diese Beschränkung nicht zu dem werden zu lassen, was er ist, ist der Begriff der "Todsünde" überwunden worden

Reicht unsere Einsicht nun nicht weiter, als hinter der Vorstellung von Sünde und Schuld nur einen grossangelegten Manipulationsversuch zu sehen? Den ewig böse grinsenden Priester, der uns in Knechtschaft halten will?

Ich meine, daß die Frage nach den Todsünden kein moralphilosophisches, sondern ein existenzphilosophisches Thema ist.

Zunächst: Es gibt keine 7 Todsünden, sondern es sind die eingangs von Stine genannten 7 Untugenden, die zur Todsünde führen (können). Was unter einer solchen zu verstehen ist, definiert der KKK wie folgt:

"Die Lehre der Kirche nennt „denjenigen Akt eine Todsünde, durch den ein Mensch bewusst und frei Gott und sein Gesetz sowie den Bund der Liebe, den dieser ihm anbietet, zurückweist, indem er es vorzieht, sich selbst zuzuwenden oder irgendeiner geschaffenen und endlichen Wirklichkeit, irgendeiner Sache, die im Widerspruch zum göttlichen Willen steht“. (aus: http://de.wikipedia.org/wiki/Tods%C3%BCnde)

Also: Wer sich "sich selbst oder irgendeiner geschaffenen und endlichen Sache" zuwendet, begeht eine Todsünde. Was ist daran so schlimm? Die Antwortet für die Evolution, für den Fortgang der Welt lautet: Nichts. Schlimm ist die Todsünde nur für den, der sie begeht. Und auch diese Behauptung würden viele abstreiten. "Warum soll schlecht sein, wenn ich mich nur um mich kümmere?" "Warum soll ich mich nicht mit Konsumgütern umgeben und meine Freude daran haben?" "Wer weiss denn schon, was Gottes Wille ist?"

Tod ist das Gegenteil von Leben. Ich kehre also die Definition von Todsünde in ihr Gegenteil: Wer sich von sich abwendet oder von geschaffenen und endlichen Sachen abwendet, hat das ewige Leben. Wie bitte? Gegen alle Gesetze der Thermodynamik ewiges Leben? Nein, sondern Ewigkeit verstanden als erlebbaren Moment, Moment und Moment.

Warum führt die Abwendung von geschaffenen und endlichen Dingen (und dazu gehört auch mein von mir geschaffenes Selbstbild! Narzis.) zum Leben, gar zum ewigen Leben? Das ist doch verrückt! Auswüchse kranker Hirne!

Alle geschaffenen Dinge sind endlich. Auch mein Selbstbild ist endlich und wankt in der Zeit. Alle geschaffenen und endlichen Dinge, an die ich mein Herz hängen kann (d.h. an die ich glauben kann, credere, wörtlich: sein Herz geben), enttäuschen mich: mein PC ist schon veraltet, sobald er auf dem Markt ist. Ich selbst bin von mir von Zeit zu Zeit enttäuscht, weil ich nicht dem entspreche, was ich zu sein meine.

Aber zu was soll ich streben, wenn nicht nach mir und der geschaffenen, endlichen Welt? Was bleibt denn noch? Welches Ziel ist nicht-endlich? Das ist die Menschlichkeit oder?
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Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon Darth Nefarius » Mo 5. Dez 2011, 21:11

Das steht irgendwie kaum im Zusammenhang des Vorhergeschriebenen und ignoriert es auch fast völlig. Wir sind letztlich schon längst auf den Kern des Problems gestoßen, wir waren längst über Definitionen hinaus.
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Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon laie » Di 6. Dez 2011, 06:14

Ich bin nicht wir.

Für mich war der Kern des Problems keineswegs erreicht. Man war sich nur schnell darüber einig, daß die Verbote, wie sie in den 7 Untugenden zum Ausdruck kommen, keinen Gesetzesstatus beanspruchen können. Das stimmt zwar, ist aber belanglos. Nach dem Motto "Ich mache aber trotzdem, was ich will!"

Der Kern des Problems lautet doch schlicht: Wenn wir nicht für etwas leben sollen, das wir am Ende selbst geschaffen haben - für was dann? ....
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Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon stine » Di 6. Dez 2011, 08:09

laie hat geschrieben:Ich meine, daß die Frage nach den Todsünden kein moralphilosophisches, sondern ein existenzphilosophisches Thema ist.
Ja, das meine ich auch.
Man kann sich natürlich darüber aufregen, dass die Kirche die "Todsünde" quasi erfunden hat, aber festgestellt werden kann darüber hinaus, dass genau diese Untugenden letztlich für alles Leid auf der Welt verantwortlich sind. In der säkularen Welt kann man den Hang zur Duldung jedweder Charaktereigenschaften feststellen, es gehört sozusagen zum guten Ton, alles verstehen zu wollen und alles zu ertragen, weil schließlich jeder frei ist und das Recht auf seine Individualität hat. Man zeigt sozusagen für alles Verständnis und niemand traut sich zu sagen, dass der vermeintlich Leidende für seine Situation (oft) selbst die Schuld trägt.

Eine Erziehung im Sinne der Charakterstabilität wird heute (von vielen) völlig abgelehnt. Mehrere Meinungen in ganz unterschiedlichen Threads bestätigen das immer wieder. Humanistische Schulen sind hier das Paradebeispiel für Antierziehung und Toleranz, Folge: Es folgt wieder ein hoher Zulauf in private Erziehungseinrichtungen, nicht selten in kirchlicher Trägerschaft. Viele Eltern wollen damit ihre Kinder vor unbegrenzter Freiheit und undisziplinierten Klassenverbänden schützen.

Und es ist nicht gesichert, ob das Leben, wenn es zügellos gelebt werden konnte, am Ende doch so viel mehr Spaß gemacht hat.

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Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon Teh Asphyx » Di 6. Dez 2011, 10:28

@ stine

Keine Sorge, meine Toleranz hat hier ein Ende. ;-) Dieses „man ist an seinem Leid selbst schuld“-Gefasel ist so was von destruktiv, weil es die Leute davon abhält tatsächlich die Ursachen festzustellen und dann tatsächlich selbst eine Anstrengung zu unternehmen, um aus ihrem Leid rauszukommen.

Und Dein letzter Satz ist doch wohl der reine Hohn, denn es ist zumindest gesichert, dass die christliche Doktrin die Menschen nicht glücklich macht. Schon wieder benutzt Du Nirvana Fallacy als Argument.

Erziehung führt nicht zu Charakterstabilität, die bekommt man höchstens trotz Erziehung. Humanistische Schulen sind kein Beispiel für Antierziehung, da dort ebenso erzogen wird. Der hohe Zulauf in private Schulen hat mit zu viel Toleranz oder Antierziehung rein gar nichts zu tun, sondern damit, dass das staatliche Schulsystem in Deutschland einfach hundsmiserabel ist.
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Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon Darth Nefarius » Di 6. Dez 2011, 11:49

Teh Asphyx hat geschrieben:@ stine

Keine Sorge, meine Toleranz hat hier ein Ende. ;-) Dieses „man ist an seinem Leid selbst schuld“-Gefasel ist so was von destruktiv, weil es die Leute davon abhält tatsächlich die Ursachen festzustellen und dann tatsächlich selbst eine Anstrengung zu unternehmen, um aus ihrem Leid rauszukommen.

Und Dein letzter Satz ist doch wohl der reine Hohn, denn es ist zumindest gesichert, dass die christliche Doktrin die Menschen nicht glücklich macht. Schon wieder benutzt Du Nirvana Fallacy als Argument.

Erziehung führt nicht zu Charakterstabilität, die bekommt man höchstens trotz Erziehung. Humanistische Schulen sind kein Beispiel für Antierziehung, da dort ebenso erzogen wird. Der hohe Zulauf in private Schulen hat mit zu viel Toleranz oder Antierziehung rein gar nichts zu tun, sondern damit, dass das staatliche Schulsystem in Deutschland einfach hundsmiserabel ist.

Ein toller Kommentar, das schreibe ich ohne jeden Sarkasmus! :applaus:
Ich will nur noch ergänzen, und auf stines Behauptung eingehen, dass diese Todsünden doch irgendwie der Ursprung des Leids sind. Ich sehe das nicht so. Kennst du Dantes "Inferno"? Ich will es mir mal durchlesen, aber nach dem, was ich davon weiss, würde ich es als eine Kritik an der Religiösität im Mittelalter deuten (zu dieser Zeit!). Ich denke nicht, dass beispielsweise Ketzerei, Triebhaftigkeit, Gier schlecht sind. Ketzerei ist das, was wir hier machen, die Gier ist letztlich ein Trieb immer besser zu werden (und auch aus gutem Grund nicht nur ethymologisch mit neugier verwandt. Die Triebe machen unsere Motive aus, die zu unseren Meinungen und Taten führen (also auch im Zusammenhang zum Positiven des Menschen stehen). Wisst ihr, wer im innersten Kreis der Hölle landet? Die Verräter. Der Ungehorsam ist die schlimmste aller Sünde. Ist das nicht bezeichnend? Auch ich habe meine Charakterstabilität trotz Erziehung erlangt. Es wird einem schon in frühen Jahren der Gehorsam eingetrichtert, ohne gute Gründe. Und was ist denn der Religionsunterricht, als eine Märchenstunde, die keine Reflexion oder kritische Fragen zulässt? Ich habe jedenfalls keine einzige Stunde, die ich ertragen musste, davon genossen, es hat mich immer mehr angewidert, vor allem, wenn klar wird, was von einem in der Gesellschaft erwartet wird.
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Re: Die sieben Todsünden

Beitragvon stine » Di 6. Dez 2011, 12:27

Darth Nefarius hat geschrieben: Ich habe jedenfalls keine einzige Stunde, die ich ertragen musste, davon genossen, es hat mich immer mehr angewidert, vor allem, wenn klar wird, was von einem in der Gesellschaft erwartet wird.
Was denn? Was wird denn von dir erwartet?
Teh Asphyx hat geschrieben: Dieses „man ist an seinem Leid selbst schuld“-Gefasel ist so was von destruktiv, weil es die Leute davon abhält tatsächlich die Ursachen festzustellen und dann tatsächlich selbst eine Anstrengung zu unternehmen, um aus ihrem Leid rauszukommen.
Lese ich hier einen Widerspruch?

Sind eure beiden Beiträge, @Teh Asphyx und @Darth Nefarius jetzt ein Plädoyer für Untugenden, wie zu Anfang aufgezählt?
Oder wie darf ich euch verstehen?

:lookwrong: stine
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