Sind wir wertvoller als andere Tiere?

Sind wir wertvoller als andere Tiere?

Beitragvon Hyet » Mo 3. Mai 2010, 18:54

Die Frage in diesem Thread dreht sich darum ob der Mensch sich tatsaechlich wichtiger fuehlen darf als andere Tiere wie Kuh und Elefant..

Ich denke zumindest, dass wir als wenige Tiere ein Ich-Bewusstsein haben (welches auch nur Einbildung ist aber immerhin, bzw vom Gehirn kreiert)
Das hilft bestimmt dabei sich als Mensch wichtiger zu fuehlen aber ist das nicht nur Illusion?
Was denkt ihr darueber? Ist eine Menschenleben wertvoller als das eines Schweines? Wie koennen wir aber das ganze Massenschlachten zulassen bzw. Tiere essen.. Moralische Fragen ueber Fragen.
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Re: Sind wir wertvoller als andere Tiere?

Beitragvon Twilight » Mo 3. Mai 2010, 22:11

Hyet hat geschrieben:ob der Mensch sich tatsaechlich wichtiger fuehlen darf als andere Tiere

Darf er (von mir aus) gern. Es ändert nur nichts an den Tatsachen. Wie die aussehen, können wir versuchen zu klären.

Ich-Bewusstsein ist meines Verständnisses nach kein Ding, das vorhanden ist oder nicht. Es gibt Graustufen.

Hyet hat geschrieben:Das hilft bestimmt dabei sich als Mensch wichtiger zu fuehlen aber ist das nicht nur Illusion?

Vielleicht nicht. Es stellt sich nur die Frage, "Wichtig wofür?"
Der Welt, dem Leben, dem Universum und allem dürfte unsere Existenz ziemlich schnuppe sein. Dem Menschen selbst ist der Mensch bestimmt schon wichtiger, wobei es sicher individuelle Unterschiede gibt.

Ich denke, "wertvoll" ist kein Begriff, der sich absolut auf irgendetwas anwenden lässt. Meine Meinung zum Fleischessen ist die, dass ich von zuviel Gemüse und zu wenig tierischen Eiweißen Verdauungsprobleme bekomme. Auch ohne Menschen gibt es Interaktionen zwischen verschiedenen Lebewesen, die als "grausam" bezeichnet werden können. Wir sind einfach ein Teil davon.

Wenn du bewusst mit Moral in dein eigenes Leben eingreifen willst, muss du wissen, was für dich und andere gut ist. Weniger Fleischkonsum von ausreichend vielen Menschen betrieben führt zu einem geringeren Bedarf an Platz für Ackerbau und Viehzucht. Ob der nicht mehr genutzte Platz an die "Natur" zurück fällt, steht auf einem anderen Blatt.

Nachtrag: Gab es nicht schon mal so einen Thread? Ich hab gerade ein Dejà-Vué. :schiefguck:
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Re: Sind wir wertvoller als andere Tiere?

Beitragvon stine » Di 4. Mai 2010, 07:07

Der Mensch ist momentan das einzige Tier, das das Leben auf der Erde bewusst manipuliert. Ob ihn das wertvoller macht, glaub ich nicht, aber einzigartig macht ihn das allemal.

LG stine
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Re: Sind wir wertvoller als andere Tiere?

Beitragvon Twilight » Di 4. Mai 2010, 07:25

stine hat geschrieben:Der Mensch ist momentan das einzige Tier, das das Leben auf der Erde bewusst manipuliert.

Das würde ich erst einmal abstreiten. Ich glaube nicht, dass sich die Waldroder die ganze Zeit über Gedanken machen, welche Folgen ihr Job mit sich bringt, abgesehen davon, dass sie entweder etwas Geld verdienen, um ihre Familie einen weiteren Tag lang zu ernähren oder etwas Ackerland für den Eigenbedarf gewinnen. Souvenierjagende Hobby-Korallentaucher denken meistens auch nicht darüber nach, wieviele Jahre ein solches wenige Zentimeter großes Korallenstück wachsen musste, um so groß zu werden.
Städteplaner, Straßenarbeiter, Rennfahrer und deren Zuschauer, Fleischesser, Häuslebauer... Sie alle manipulieren ganz einfach direkt oder indirekt, ohne sich über alle Folgen im Klaren zu sein, behaupte ich mal. Es gibt natürlich auch Ausnahmen.
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Re: Sind wir wertvoller als andere Tiere?

Beitragvon stine » Di 4. Mai 2010, 07:27

@Twilight: Bewusst tun, heißt noch lange nicht mit Verstand tun!
Das ist ein großer Unterschied.

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Re: Sind wir wertvoller als andere Tiere?

Beitragvon platon » Di 4. Mai 2010, 21:13

stine hat geschrieben:Bewusst tun, heißt noch lange nicht mit Verstand tun!

Und was heißt dann "bewusst tun"?
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Re: Sind wir wertvoller als andere Tiere?

Beitragvon Jarl Gullkrølla » Di 4. Mai 2010, 22:04

Sieh mal bei dem Thread vom Geist-Materie Dualismus nach.
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Re: Sind wir wertvoller als andere Tiere?

Beitragvon ganimed » Di 4. Mai 2010, 22:05

Hyet hat geschrieben:Ist eine Menschenleben wertvoller als das eines Schweines? Wie koennen wir aber das ganze Massenschlachten zulassen bzw. Tiere essen.

Wenn wir Menschen objektiv wären, also neben uns stehen würden, dann könnte man über diese Fragen nachdenken. Möglicherweise machen wir es uns einfach und gehen davon aus, dass alles Leben gleichermaßen wertvoll ist. Oder wir führen Kriterien ein wie Entwicklungsstand, Bewusstsein, Gehirngröße, Empfindungsfähigkeit, Nervensystemeigenschaften oder Beinanzahl.

Aber wir sind nunmal Menschen. Und für einen subjektiven Menschen ist das Menschenleben, nehme ich mal an, meistens wertvoller als das eines Schweines.
Ist ein Schweineleben völlig wertlos? Sicher nicht. Aber was hat das mit der Frage nach Massenschlachten zu tun? Darf man nur wertlose Tiere töten? Oder wird ein Tier für uns nicht erst dadurch besonders wertvoll, dass wir es töten und das Fleisch verzehren können? Ist "Schlachten" und "Leben für wertvoll halten" überhaupt notwendigerweise ein Gegensatz?

Ich sehe ein, dass empfindliche, denkende und bewusste Menschen da schonmal ins Grübeln kommen. Aber das Schlachten stellt man, so vermute ich, erst in Frage, wenn man in einer aufgabenverteilten Gesellschaft nie schlachten musste und sich nie wirklich auf das resultierende Fleisch angewiesen gefühlt hat. Leute, die in einfacheren Gesellschaften und dann noch auf dem Land groß werden, haben diese Gedanken sicher deutlich seltener.

Ich vermute daher, dass es keine Frage der Moral ist. Die Bedenken gegen Schlachterei entstammen eher nur der Gelegenheit. Sozusagen je nach Position. Ist man weit weg vom Schlachten, dann stellt man es in Frage. So wie ich zum Beispiel den Sinn der Fussball Bundesliga.
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Re: Sind wir wertvoller als andere Tiere?

Beitragvon Jarl Gullkrølla » Mi 5. Mai 2010, 00:28

Ein exzellenter Beitrag! Da bin ich nun echt gespannt, was der Gegenpart entgegenzuhalten hat. Prima facie vielleicht?
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Re: Sind wir wertvoller als andere Tiere?

Beitragvon ujmp » Mi 5. Mai 2010, 07:25

Der Gegenpart kann erwidern, dass War und Ist keineswegs Muss oder Soll bedeuten. Kanibalismus ist ebenfalls schon kaum noch eine Option. :mg:
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Re: Sind wir wertvoller als andere Tiere?

Beitragvon Julia » Mi 5. Mai 2010, 14:08

ganimed hat geschrieben:Wenn wir Menschen objektiv wären, also neben uns stehen würden, dann könnte man über diese Fragen nachdenken.

Tja, es gibt Leute, die genau das tun. Interessant finde ich zum Beispiel folgende Überlegungen:

Der Wert des Lebens

In Regan’s lifeboat Beispiel geht es aber nicht um das Recht auf Leben. Regan billigt ja allen Subjekten eines Lebens das gleiche prima facie Recht auf Leben zu. Allerdings nur prima facie. In echten Konfliktfällen, so meint Regan, müsste der Wert des Lebens verschiedener Individuen abgewogen, und das weniger wertvolle für das wertvollere Leben geopfert werden. Regan, wie gesagt, findet hier, dass das Leben eines Hundes weniger wert sei als das eines Menschen. Aus dem Rettungsboot müsse der Hund entfernt werden, auch wenn er dadurch ertrinkt.

Um aber den Wert zweier Leben vergleichen zu können, ist zwischen 2 grundsätzlich unterschiedlichen Aspekten des Lebens zu unterscheiden:

i) zufällige (intra-individuelle) Aspekte des Lebens

ii) strukturelle (inter-individuelle) Aspekte des Lebens

Zufällige Aspekte des Lebens sind jene, die im Rahmen eines Lebens den Verlauf dieses Lebens in die eine oder andere Richtung lenken, also Lebensentscheidungen oder Lebensmöglichkeiten, die sich für ein Lebewesen in seinem Leben einstellen, z.B. wenn es einen Unfall hat und dauerhaften körperlichen Schaden nimmt, oder wenn es in der Lotterie gewinnt und sich dadurch große Entfaltungsmöglichkeiten ergeben. Die zufälligen Aspekte des Lebens lassen sich insofern vergleichen, als dass sich das Leben ein und desselben Individuums mit oder ohne dem jeweiligen Zufall bzw. Vorfall in seinem Wert für das betroffene Wesen vergleichen lässt. Das einzig betroffene Individuum kann aufgrund seiner persönlichen Präferenzen eine Bewertung vornehmen.

Strukturelle Aspekte betreffen dagegen die Fähigkeiten der Individuen, wie z.B. das genetische Potential eines Wesens und seine genetische Disposition. Das Leben eines Wesens mit einer spezifischen genetischen Disposition und das eines anderen mit einer anderen genetischen Disposition, lassen sich nicht vergleichen, weil die Basis des bewertenden Vergleichs – die Erfahrung ein- und desselben Wesens unter den verschiedenen Bedingungen – nicht gegeben ist. Entweder das eine Lebewesen mit seinen persönlichen Präferenzen vergleicht und bewertet, oder das andere. Eine übergeordnete, objektive Bewertung ist nicht möglich.

Um jetzt zu behaupten, das Leben eines leidensfähigen Lebewesens wäre von höherem Wert, als das eines anderen, müssten die strukturellen Unterschiede des Lebens bewertet werden. Aber wer könnte so eine Bewertung vornehmen?

In Regan’s lifeboat Beispiel soll der Hund ertränkt werden, weil sein Leben weniger wert wäre als das der anderen (menschlichen) Wesen in dem Boot. Begründet wird das mit der grösseren Vielfalt, der grösseren Komplexität, dem grösseren Potential und der grösseren Autonomie des menschlichen Lebens. Diese Unterschiede sind aber struktureller Natur. Eine Vergleichbarkeit ist nicht gegeben. Die Bewertung muss zwangsläufig subjektiv sein. Vom Standpunkt des Menschen wirkt vielleicht das menschliche Leben als wertvoller. Vom Standpunkt des Hundes könnte durchaus das hündliche Leben wertvoller sein – ein menschliches Leben ohne jegliche Gerüche wirkt vielleicht vom Hundestandpunkt aus vollkommen farblos und leer. Wie könnte ein übergeordneter, objektiver Standpunkt ausschauen?

Singer schlägt vor, sich vorzustellen, wie man als Hund das Hundeleben geniesst, und dann wie man als Mensch das Menschenleben geniesst, und behauptet daraus objektiv folgern zu können, dass das Menschenleben wertvoller als das Hundeleben sei, weil wir im objektiven Vergleich das Menschenleben für besser hielten. Die Frage ist allerdings, wie vertrauenswürdig sich ein Mensch in ein Hundeleben hineinversetzen kann, und ob da nicht zwangsläufig die Vorurteile der menschlichen Präferenzen eine Rolle spielen. Eine Bewertung muss schliesslich auf der Basis eines Systems von Präferenzen getroffen werden. Und diese sind entweder die des bewertenden Menschen – dann ist das nicht objektiv – oder sie sind tatsächlich überindividuell – dann fragt sich woher sie stammen. Präferenzen sind immer die Präferenzen eines Individuums, und daher notwendig subjektiv. Daher können die Aspekte eines Lebens subjektiv nur im Rahmen eines Präferenzensystems ein- und desselben Subjekts bewertet werden. Dafür stehen aber nur die zufälligen Aspekte des Lebens zur Verfügung. Im lifeboat Beispiel verwechselt Regan also zufällige mit strukturellen Aspekten des Lebens. Seine Schlußfolgerung, dass der Hund anstelle der Menschen zu opfern sei, hält der rationalen Analyse nicht stand.

Dass einem Vergleich struktureller Aspekte verschiedener Leben eine subjektive Bewertung zugrunde liegt zeigt sich zum Beispiel in der Frage ob jetzt ein weniger mental komplexes aber subjektiv glücklicheres Lebewesen einen höher zu bewertenden Lebenswert hätte als ein mental komplexeres aber subjektiv unglücklicheres, oder nicht. Diese Frage lässt sich nur nach subjektiven Präferenzen bewerten, wäre aber essentieller Bestandteil einer Bewertung verschiedener Leben. Eine solche Bewertung muss also notwendiger Weise subjektiv bleiben.

Vom Gesichtspunkt einer Wertetheorie aus betrachtet stellt der Tod etwas Kategorisches dar, für jedes Lebewesen bedeutet das eigene Leben alles. In diesem Sinne ist es unmöglich Vergleiche anzustellen. Allerdings ist eine solche These auf der praktischen Ebene vollkommen lähmend, weil sie keine Entscheidungshilfe im Konfliktfall bietet, was wir allerdings von einer Ethik erwarten. Es gibt aber einen Ausweg. Wenn sich strukturell verschiedene Leben nicht vergleichen lassen, so müssen wir eben strukturell gleiche Leben mit verschiedenen zufälligen Aspekten vergleichen. Der Lebenswert eines akutellen Lebens liesse sich dann prozentuell angeben, als Anteil eines maximal erfüllenden Lebens, das sich durch die bestmögliche Kombination zufälliger Faktoren ergibt. Nur dann ist es möglich einen objektiven, unvoreingenommenen, weil auf der Sicht des betroffenen Lebewesens basierenden, Vergleich vorzunehmen.

Der Lebenswert ist der Anteil eines maximal möglichen Lebenswertes eines strukturell gleichen Wesens, bei dem die zufälligen Aspekte des Lebens solange variiert werden, bis sich eine maximale Lebensqualität ergibt. Mit dieser Definition kann der Lebenswert auch so weit sinken, dass der Tod eher zu einem Vorteil als zu einem Schaden für das betroffene Lebewesen wird. Allerdings zeigt diese Definition auch, dass es keinen Grund dafür gibt, einem mental komplexeren Wesen grundsätzlich einen höheren Lebenswert zuzuordnen. Der Hund könnte im lifeboat Beispiel von Regan durchaus dasjenige Wesen sein, das einen höheren Lebenswert besitzt, als einer der Menschen im Boot.

http://www.vegan.at/warumvegan/tierrech ... lieri.html

ganimed hat geschrieben:Aber wir sind nunmal Menschen. Und für einen subjektiven Menschen ist das Menschenleben, nehme ich mal an, meistens wertvoller als das eines Schweines.

Da bin ich wieder bei unserem guten Freund Robert Edward Lee, der einst gesagt hat: " I think it, however, a greater evil to the white than to the black race, and while my feelings are strongly interested in behalf of the latter, my sympathies are stronger for the former."
Fitzhugh Lee S. 64: Brief Lees an seine Frau vom 27. Dezember 1856
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Re: Sind wir wertvoller als andere Tiere?

Beitragvon Jarl Gullkrølla » Mi 5. Mai 2010, 14:25

Immer diese Übertreibung mit der Sklavenhaltung... Warum ist das nur immer so: Mäßigung des Körpers reslutiert in Unmäßigkeit des Denkens. Da hätten wir: Bramahnen (Pessimisten), christliche Mönche (Pessimisten?), buddhistische Mönche (Pessimisten)... und immer: mäßiger Körper, unmäßiger Geist.

Man gestatte mir folgende These: Der Verzicht auf den Verzehr von Fleisch bewirkt Weltmüdigkeit.

Umgreifender empirischer Befund: die Kultur und die sie hervorbringenden Menschen des alten Indien.
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Re: Sind wir wertvoller als andere Tiere?

Beitragvon Julia » Mi 5. Mai 2010, 14:43

Der moralisch/politisch motivierte Veganer ist kein Asket, der einer Verzichtsideologie anhängen würde, er ist weder Lebens- noch Weltmüde, allerdings sieht er Parallelen, wo welche sind. Was dein Geisteszustand über die Wirkung des Fleischverzehrs preisgibt, behalte ich für mich. Geistige Hygiene.
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Re: Sind wir wertvoller als andere Tiere?

Beitragvon Jarl Gullkrølla » Mi 5. Mai 2010, 15:15

Ich weiss trotzdem noch nicht, was dazu motiviert, die Idee der Gleichheit als die dem Handeln höchste Maxime anzusetzen. Kannst du mir das erklären, weswegen Gleichheit so wichtig ist?
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Re: Sind wir wertvoller als andere Tiere?

Beitragvon Julia » Mi 5. Mai 2010, 15:46

Du meinst warum ich meine, dass schwarze Menschen die gleichen Rechte haben sollten wie weiße? Warum Frauen die gleichen Chancen haben sollten wie Männer?

Gleiches gleich zu behandeln ist dabei nicht einmal die einzige Maxime, denn man könnte auch alle gleich schlecht behandeln. Auch der Utilitarist behandelt Gleiches gleich, wenn er sowohl Tiere als auch behinderte Menschen für Experimente freigibt.
Jedenfalls ist es inkonsistent Menschen Rechte zuzugestehen und diese anderen Lebewesen vorzuenthalten, die sich gleichermaßen dafür qualifizieren. Es ist inkonsistent bezüglich des Menschen deontologisch und in Bezug auf nichtmenschliche Tiere utilitaristisch zu argumentieren. Die spannendere Frage ist eigentlich, warum ich überhaupt irgendjemandem Rechte zugestehen will. Was mich zum Deontologen macht und das mit dem Wissen, dass es keine Letztbegründung gibt. Aber im Grunde baut meine Moral auf der der Mehrheit auf, sie ist nur konsequent weiter gedacht.
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Re: Sind wir wertvoller als andere Tiere?

Beitragvon Jarl Gullkrølla » Mi 5. Mai 2010, 16:05

Du bist also ein radikaler Fortführer des Herkommens? Und betrachtet von da aus: willst du das Christentum überchristlichen?

Problem ist, dass du von zwei Ebenen sprichst: einmal der des positiven Rechts, und ein anderen Mal vom theoretischen Rechtsbegriff.
Rechte zugestehen kannst du nur, wenn du Macht hast. Es heißt nicht umsonst, dass das Machtmonopol beim Staate liegt, denn er [als Instituion, nicht als Person, gedacht] entscheidet über die positiven Rechte.
Etwas anderes ist es, wenn du jemanden das Recht zugestehst, mit dir reden zu dürfen, die Miete von deinem Konto abzubuchen etc. - hier weist du auch als Machthaber einem anderen Subjekt Rechte zu.
Unser postives Recht spricht eben sehr viel mehr von Menschen als von Lebewesen im allgemeinen, und da stimme ich dir zu, dass das an unserer Tradition liegt, dass bei der Einrichtung eines Staates zuvorderst an die Menschen gedacht wird - das finde ich auch nicht ganz unvernünftig, vielleicht also keine schlechte Tradition. Aber gut.

Wenn nun Singer von Rechten und derlei redet, kann von positivem Recht nicht die Rede sein; er postuliert metaphysische Rechte. Singer selber ist ja kein Machthaber. er hat Macht dadurch, dass er armen Jugendlichen die Zeit mit seinen Moralpredigten stiehlt. Apropos Predigt - nein, in Ordnung, das schenk ich mir.
Wem DU Rechte zugestehst oder nicht liegt in deiner Freiheit. Positives Recht aber geht von Instutionen, und in Demokratien deswegen nicht direkt von einzelnen Personen aus. Dieses "Wir" von dem du sprichst, welches Rechte verteilt, ist also noch nicht dargestellt - meinst du nun damit ein Konglomerat aller Menschen, der Europäer, der Lebewesen, des Deutschen Staates, der EU, ...?

Klassischer Utilitarismus hat längst seine Popularität eingebüßt; jener Streit ist eher ausgedacht.
Zuletzt geändert von Jarl Gullkrølla am Mi 5. Mai 2010, 16:21, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Sind wir wertvoller als andere Tiere?

Beitragvon Julia » Mi 5. Mai 2010, 16:10

Ich bin für radikalen moralischen Fortschritt, ob das mit einer Überchristlichisierung machbar ist, wage ich zu bezweifeln.
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Re: Sind wir wertvoller als andere Tiere?

Beitragvon Jarl Gullkrølla » Mi 5. Mai 2010, 16:21

Ich musste noch was hinzufügen.
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Re: Sind wir wertvoller als andere Tiere?

Beitragvon Julia » Mi 5. Mai 2010, 16:42

Jarl hat geschrieben:Wenn nun Singer von Rechten und derlei redet, kann von positivem Recht nicht die Rede sein; er postuliert metaphysische Rechte.

Das wäre mir neu. Singer ist kein Tierrechtler. Er setzt sich für die Befreiung der Tiere ein, aber genauso wenig wie er Individualrechte für Menschen fordert, fordert er diese für Tiere. Das ist der Unterschied zwischen "animal liberation" und "animal rights".

Jarl hat geschrieben:Positives Recht aber geht von Instutionen, und in Demokratien deswegen nicht direkt von einzelnen Personen aus. Dieses "Wir" von dem du sprichst, welches Rechte verteilt, ist also noch nicht dargestellt - meinst du nun damit ein Konglomerat aller Menschen, der Europäer, der Lebewesen, des Deutschen Staates, der EU, ...?

Da ich eine vegane Welt anstrebe, wäre das "Wir" wohl die Menschen, die an der jeweiligen Gesetzgebung in den Ländern beteiligt sind.
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Re: Sind wir wertvoller als andere Tiere?

Beitragvon Jarl Gullkrølla » Mi 5. Mai 2010, 16:47

"Ich strebe eine vegane Welt an" - wer musste dabei noch schmunzeln? Nunmal wirklich, du kannst Sachen für dich anstreben, für dich selber, für dich allein; und hast du Macht, so kannst du weitere hinzuholen.

Aber ich möchte dich Fragen: was liegt dir an einer vegan gewordenen Menschheit?
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