@Pia:
Leider hast du recht und Determinismus geht oft einher mit Fatalismus. Ich finde das sehr schade, denn meiner Meinung nach gibt es im Determinismus sogar echte Chancen. Wenn die Welt deterministisch läuft, bedeutet das, dass wir ihre Gesetzmäßigkeiten vermutlich ziemlich vollständig verstehen können. Das bedeutet wiederum, dass wir sehr gezielt auf Dinge einwirken können, die wir gut finden, weil wir wissen, an welchem "Hebel" man drehen muss, um die Situation zu verändern. Und man könnte durchaus sagen, dass die Geschichte der Menschheit bisher durchaus unter'm Strich in die Richtung zu mehr Freiheit (im Sinne des Kompatibilismus, also dass der Wille zwar determiniert ist, dass ein Mensch sich aber trotzdem frei fühlen kann, wenn er diesen Willen ausleben darf), nicht zuletzt durch tolle materielle Erfindungen wie moderne Verkehrs- und Kommunikationsmittel und medizinische Erkenntnisse.
In einem Interview, das ich vor längerer Zeit einmal gesehen habe, äußerte ein Philosoph die Vermutung, dass die Illusion der Willensfreiheit uns viele Möglichkeiten eröffnet, die wir sonst nicht hätten. Dazu passt auch gut dein weiter oben genanntes Beispiel mit den zwanghaften Realisten, die alles, was sie nicht sofort verstehen und kategorisieren können als unmachbar einstufen. Diese Leute berauben sich also selbst Möglichkeiten, die sie unter dem Einfluss der Willensfreiheitsillusion gehabt hätten. Der Glaube an Willensfreiheit und persönliche Verantwortung wäre demnach evolutionär vorteilhaft. Insofern finde ich es auch gefährlich, wenn man mit Determinismus sofort Fatalismus und Passivität verbindet, denn grundlegende Mechanismen, wie z.B. der, dass man ein gewisses Maß an Motivation und Leistungsbereitschaft braucht, um das Leben zu meistern, ändern sich ja nicht durch das Erkennen der dahinterliegenden Gesetzmäßigkeiten. Der Determinismus tut ja nichts für einen, er nimmt einem keine Arbeit und keine Entscheidungsarbeit ab, genau davon scheinen viele Menschen aber fälschlicherweise auszugehen.