El Schwalmo hat geschrieben:Selbstverständlich können wir die Position anders bestimmen. Aber das ist dann relativ zu einem Konstrukt. Das ist ein gewaltiger ontischer Unterschied, selbst wenn man den in der Praxis gar nicht bemerken würde. Ist in etwa der Unterschied zwischen 'stimmen' und 'passen'.
Ein Unterschied, den man nicht bemerkt, ist nicht relevant beim Versuch, etwas über die Welt herauszufinden.
El Schwalmo hat geschrieben:Welche 'Wirklichkeit' bilden Zahlen ab?
Ich denke, es ist umgekehrt. Die physikalische Wirklichkeit bildet sich nach mathematischen Strukturen.
El Schwalmo hat geschrieben:Oder 'gibt' es Mathematik, wenn es keine Menschen mehr gibt?
Eine Antwort darauf werde ich in einen neuen Thread auslagern, weil sie soviele Bilder enthält, das würde diesen Thread sprengen.
El Schwalmo hat geschrieben:'Da draußen' 'gibt' es keine Dreiecke.
Nein? Ein kleines Rätsel:
Ein Jäger geht von seiner Hütte 1000 Schritte nach Süden, dann geht er 1000 Schritte nach Westen. Dort schießt er einen Bären. Anschließend geht der Jäger 1000 Schritte nach Norden und gelangt bei seiner Hütte an. Welche Farbe hatte der Bär?
(Das ist keine Scherzfrage. Die Auflösung, wie man von Dreiecken auf Bärenfarbe schließt, kommt später, falls es niemand "errät".)
El Schwalmo hat geschrieben:Die Frage ist, wie die Mathematik, die wir konstruieren, die Natur 'da draußen' repräsentiert. Wenn das eine Isomorphie wäre, könnten wir synthetische Urteile a priori aus der Mathematik ableiten. Das hat meines Wissens noch niemand geschafft.
Das geht auch nicht. Mathematik kann alle möglichen Systeme beschreiben, welches dieser Systeme sich in unserer Welt verwirklicht hat, muß man durch Nachsehen herausfinden.
Aus dem selben Grund kann man auch aus Gedankenexperimenten nichts ableiten - außer guten Fragen. Historisches Beispiel:
Galileis Einsicht und Irrtum über schwere und leichte Körper und deren FallgeschwindigkeitSeit Urzeiten dachte man schwere Körper fielen schneller als leichte. Aristotle hat's dann mal aufgeschrieben, dann war das erstmal über ein Jahrtausend lang so. Bis Galileo kam. Sein Gedankenexperiment ging so:
Man stelle sich einen Körper so vor, daß er einen leichten Teil und einen schweren Teil habe. Was sollte dann gelten? Bremst der leichte Teil den schweren? Beschleunigt der schwere Teil den leichten? Das führt auf einen logischen Widerspruch, also müssen alle Körper gleich schnell fallen.
Sehr schönes Argument. Leider hat es einen Haken. Galilei ging intuitiv von der Gleichheit träger und schwerer Masse aus. Das muss man natürlich nachmessen, ob es wirklich so ist. Im Rahmen unserer Meßgenauigkeit hat es sich bisher bestätigt. Ob sie wirklich gleich sind, ist dadurch nicht nicht gesagt. Wohl aber ist es gesichertes Wissen über die Welt, daß träge und schwere Masse bis auf soundsoviele Bruchteile gleich sind, auf der Erde, im Jahre der Messung. Ganz egal wieviele Überraschungen die Physik noch bieten wird, an der Messung und ihrem Ergebnis wird sich nichts ändern. (Nicht-konstante Naturkonstanten mal ausgeschlossen.)
El Schwalmo hat geschrieben:smalonius hat geschrieben:Falls ich richtig liegen sollte, würde ich einwenden: als intelligentes Wesen ist man nicht mehr auf seine Sinne beschränkt. Wir haben keinen Sinn für Radioaktivität, aber wir haben Geigerzähler.
Egal wie beschränkt unsere Wahrnehmung ist, wir sind fähig jeden wirksamen Aspekt der Welt aufzuspüren. (Auf die Ausnahmen komme ich vielleicht noch mal zu sprechen.)
Das ist eine spannende Frag. Wenn Du mit Deiner Auffassung von Mathematik Recht hättest, müsste es uns auch gelingen, die nicht wirksamen Aspekte aufzuspüren.
Verstehe ich sprachlich nicht. Was nicht wirkt, kann nicht aufgespürt werden.
Hier noch eine der oben angesprochenen Ausnahmen:
Falls die Sache mit der Dunklen Energie zutrifft, wird irgendwann einmal der Rest des Universums aus unserem Ereignishorizont verschwunden und nur noch unsere Milchstraße zu sehen sein. Der Mikrowellenhintergrund wäre ins unkenntliche rotverschoben. Für zukünftige Bewohner der Galaxie wäre es dann sehr schwer, auf den Urknall zu schließen. Man kann spekulieren, was uns auf ähnliche Weise vielleicht schon unzugänglich ist.
El Schwalmo hat geschrieben:smalonius hat geschrieben:"Atom" ist erstmal eine Art Platzhalter für etwas, das man beobachten kann. Ich muß nicht wissen, was ein Atom 'in Wirklichkeit' ist, um Aussagen über das Verhalten von Atomen zu treffen, zum Beispiel daß sie sich durchmischen, wenn es die Situation "gebietet". (gleichschwere Flüssigkeiten, gleichschwere Gase, keine Abstoßung wie bei Öl und Wasser.)
Ist Dir eigentlich klar, dass Du gerade in eigenen Worten das Problem formuliert hast, das ich Dir mit meinem Beispiel offenbar nicht vermitteln konnte?
Gut, und jetzt geben wir diesem Verhalten den Namen "zweiter Haupsatz" und wir haben eine universelle Aussage über Systeme aus vielen "Teilchen". Ganz egal was diese "Teilchen" nun sind.
El Schwalmo hat geschrieben:Wenn man sich ein wenig mit dieser Frage befasst, kriegt man auch mit, wie man Artnamen schreibt. Falls nicht, eher nicht.
Naja, ich habe Fomalhaut jahrelang als Formalhaut gelesen. Nicht besonders aufmerksam von mir, aber das sagt nichts über mein Verständnis oder Unverständnis der Chandrasekhar-Grenze. (Hoffentlich habe ich den jetzt nicht auch noch falsch geschrieben.)
El Schwalmo hat geschrieben:Hast Du schon mal überlegt, was ein 'diachroner Artbegriff' ist? Bist Du sicher, dass Du im Tier-Mensch-Übergangsfeld das, was Du gerade geschrieben hast, vertreten möchtest?
Nein, was ist ein 'diachroner Artbegriff'?
Übergangsfeld, allerdings. Es scheint so zu sein, daß "Frühmenschen" sich noch eine Weile mit den "Affen" paarten. Da ist Abgrenzung natürlich schwierig. Der Artbegriff
ist schwierig. Ist ein Hund ein Hund oder nur ein etwas anders aussehender Wolf mit etwas anderem Verhalten? Ich kann das nicht beantworten, wohl aber kann ich sagen, daß ein Hund keine Ziege ist.
El Schwalmo hat geschrieben:Und dann bist Du wieder bei der Frage: 'gibt' es Affen, oder konstruiere ich ein Konzept, mit dem ich die Wesen, die um mich herumlaufen, kategorisieren kann?
Es ist kein Konzept, daß Hunde und Ziegen sich nicht miteinander fortpflanzen können.
El Schwalmo hat geschrieben:Eben. Aber so langsam sollte Dir klar werden, auf welcher Ebene wir welche Fragen diskutieren.
... Ich denke, dass es gar keine so schlechte Prophylaxe ist, Menschen darauf hinzuweisen, wie wenig wir Menschen eigentlich wissen können, und warum das gar nicht so schlimm ist.
Ich halt's da eher mit dem alten Konfuzius. "Ich weiß was ich weiß, und ich weiß, was ich nicht weiß."
Die Religiösen haben noch weniger zu bieten.
Falsch und uninspiriert zu sein ist keine notwendige Eigenschaft von Religion. Aber das ist ein anderes Thema. Ich werde darauf zurückkommen.