ganimed hat geschrieben:AgentProvocateur hat geschrieben:Zum Beispiel jemand, der einen anderen aus einem brennenden Haus rettet und dabei sein Leben aufs Spiel setzt, handelt wohl selbstloser, als ein anderer, der sich in derselben Situation schnell verdrückt.
Dieses Beispiel scheint mir aber ein guter Anlass, nicht einfach auf die Feststellung, dass alles (letztendlich) nur Egoismus ist, zu verzichten.
Mich stört nämlich hier die naheliegende Bewertung der beiden: der Retter ist toll, der Flüchtende ist mies.
Ich finde, man sollte den Retter nur deshalb loben, weil er ein Leben gerettet hat. Nicht, weil er selbstlos ist. Das ist er nämlich nicht. Jeder hat eben so "seine" Gründe für das Handeln. Der Retter war mutig, vielleicht aber auch nur zu dumm die Gefahr zu sehen, oder was auch immer. Und der Flüchtende ist eben ängstlicher, oder hatte vielleicht richtigerweise die Rettung als zu gefährlich eingeschätzt, oder was auch immer. Hätte ja auch sein können, dass der Retter und der Gerettete umgekommen wären. Ist immer eine Frage des Abwägens. Es ist vorstellbar, dass "objektiv" gesehen der Retter falsch handelte und der Flüchtende richtig.
Es war nur ein Beispiel. In dem Beispiel handelt der Betreffende nur dann selbstlos, wenn er sich der Gefahr bewusst war.
Und was im Nachhinein besser gewesen wäre, ist für die Beurteilung der Tat mE irrelevant, denn man kann eine Situation nun mal nur mit dem gegenwärtigen Wissen und Gewissen beurteilen.
ganimed hat geschrieben:Angebliche Selbstlosigkeit in einer Gesellschaft immer und unhinterfragt zu loben ist, das scheint mir auch in Nietzsches Text zum Ausdruck zu kommen, eigentlich relativ unsinnig. Man muss für ein gerechtes Urteil wohl immer hinter die angebliche Selbstlosigkeit auf die eigentlichen Motive schauen.
Ach so, darum geht es Dir. Ich sehe das anders, für mich ist Egoismus nicht per se negativ zu beurteilen und nicht jede Selbstlosigkeit per se gut. Ein gewisses Maß an Egoismus ist mE notwendig und nichts Schlechtes. War mir auch bisher nicht bewusst, dass es ein solches Lob der Selbstlosigkeit gibt, wie Du zu meinen scheinst.
Nur denke ich eben schon, dass man unterscheiden kann zwischen (mehr oder weniger) egoistischem Handeln und (mehr oder weniger) selbstlosem Handeln. Das muss man ja erst mal gar nicht werten.