Arten von Möglichkeit und Notwendigkeit

[Myron]

Etwas Allgemeines:

Eine Übersetzung aus:

* Vaidya, Anand. "The Epistemology of Modality." In Stanford Encyclopedia of Philosophy.


Arten von Notwendigkeit bzw. Möglichkeit:

1.) A ist epistemisch möglich für ein Subjekt S genau dann, wenn A nicht von dem ausgeschlossen wird, was S weiß.
(Beispiel: Im Rahmen des Wissens von James ist es möglich, dass sich Frank außerhalb der Stadt aufhält.)

2.) A ist epistemisch notwendig für ein Subjekt S genau dann, wenn ~A von dem ausgeschlossen wird, was S weiß.
(Beispiel: Im Rahmen des Wissens von Margaret ist es notwendig, dass der U.S.-Wirtschaft in den kommenden Monaten eine Rezession widerfahren wird.)

3.) A ist logisch möglich im System S genau dann, wenn A mit den Axiomen des Systems S logisch vereinbar ist.
(Beispiel: Im Rahmen der klassischen Aussagenlogik ist die Aussage "Italien wird 2008 die Weltmeisterschaft gewinnen" logisch möglich.)

4.) A ist logisch notwendig im System S genau dann, wenn A ein Axiom von S oder aus den Axiomen von S kraft der Regeln von S herleitbar ist.
(Beispiel: Im Rahmen der klassischen Aussagenlogik ist 'p -> p' logisch notwendig.)

5.) A ist konzeptuell möglich genau dann, wenn A von der Menge aller konzeptuellen Wahrheiten nicht ausgeschlossen wird.
(Beispiel: Es it konzeptuell möglich, dass die Erde flach ist.)

6.) A ist konzeptuell notwendig genau dann, wenn ~A von der Menge aller konzeptuellen Wahrheiten ausgeschlossen wird.
(Beispiel: Es ist konzeptuell notwendig, dass Dreiecke drei Seiten haben.)

7.) A ist metaphysisch möglich genau dann, wenn A in einigen metaphysisch möglichen Welten (d.h. in mindestens einer) wahr ist.
(Beispiel: Es ist metaphysisch möglich, dass sich einige physische Teilchen mit Überlichtgeschwindigkeit fortbewegen.)

8.) A ist metaphysisch notwendig genau dann, wenn A in allen metaphysisch möglichen Welten wahr ist.
(Beispiel: Es ist metaphysisch notwendig, dass die Königin Elisabeth von England ein Mensch ist.)

9.) A ist physikalisch möglich in Bezug auf die physikalischen Gesetze L genau dann, wenn A mit L logisch vereinbar ist.
(Beispiel: Im Rahmen der wirklichen Gesetze der Physik ist es physikalisch möglich, dass ein Zug mit einer Geschwindigkeit von 250km/h fährt.)

10.) A ist physikalisch notwendig in Bezug auf die physikalischen Gesetze L genau dann, wenn A von L logisch eingeschlossen wird.
(Beispiel: Im Rahmen der wirklichen Gesetze der Physik ist es physikalisch notwendig, dass E = mc^2.)

[© meine Übers.]

Anmerkung: (3)-(8) kann zusammenfassend als erweiterte logische Möglichkeit bzw. Notwendigkeit ("broadly logical possibility/necessity"—Alvin Plantinga) bezeichnet werden.

[Peter Janotta]

Die korrekte Übersetzung von "if and only if" (übrigens oft abgekürzt mit "iff") ist "genau dann", da das so in der mathematischen Fachsprache verwendet wird.

Diese Redewendung ist Isomorph zum mathematischen Symbol "<=>".


Außerdem ist auf die korrekte Differenzierung von "wenn" und "falls" zu achten.


PS: Damit hab' ich mir wohl eingebrockt dauernd auf die zahlreichen Rechtschreibfehler meinerseits aufmerksam gemacht zu werden.

[Myron]

Die korrekte Übersetzung von "if and only if" (übrigens oft abgekürzt mit "iff") ist "genau dann", da das so in der mathematischen Fachsprache verwendet wird.

"wenn und nur wenn" ist keine linguistisch oder logisch inkorrekte Übersetzung von "if and only if", aber ich gebe dir insofern recht, als "genau dann, wenn" besser ist.

Diese Redewendung ist Isomorph zum mathematischen Symbol "<=>".

Ja, es geht hier um eine Äquivalenzbeziehung zwischen zwei Aussagen.
Zwei Aussagen sind äquivalent genau dann, wenn gilt, dass beide nur zusammen wahr oder nur zusammen falsch sind.

Außerdem ist auf die korrekte Differenzierung von "wenn" und "falls" zu achten.

Was für eine Rolle soll diese Unterscheidung in der Logik spielen?

[Myron]

7.) A ist metaphysisch möglich genau dann, wenn A in einigen metaphysisch möglichen Welten (d.h. in mindestens einer) wahr ist.
(Beispiel: Es ist metaphysisch möglich, dass sich einige physische Teilchen mit Überlichtgeschwindigkeit fortbewegen.)

8.) A ist metaphysisch notwendig genau dann, wenn A in allen metaphysisch möglichen Welten wahr ist.
(Beispiel: Es ist metaphysisch notwendig, dass die Königin Elisabeth von England ein Mensch ist.)

Mir ist nachträglich aufgefallen, dass diese beiden Definitionen nicht sonderlich informativ sind, solange nicht klar ist, was eine metaphysisch mögliche Welt ist.

In Anlehnung an eine Definition von Timothy Williamson (siehe: viewtopic.php?p=43544#p43544) kann man folgende Definition zugrunde legen:

"x ist eine metaphysisch mögliche Welt" =def "Wenn x eine wirkliche Welt wäre, dann enthielte x keine widersprüchlichen Tatsachen"

Entsprechend:

"x ist eine metaphysisch unmögliche Welt" =def "Wenn x eine wirkliche Welt wäre, dann enthielte x widersprüchliche Tatsachen"

[ostfriese]

Mit dieser Def. wird Deine Behauptung, die wir im Nachbar-Thread diskutiert haben, zur Tautologie, zur analytischen Wahrheit. Spätestens danach dürfte klar sein, dass hieraus nichts über irgendwelche Welten zu schließen ist, was wir nicht vorher hinein gesteckt haben.

[1von6,5Milliarden]

Hö? Wieder da!