Determinismus und Liebe

Re: Determinismus und Liebe

Beitragvon trazy » Do 10. Jan 2008, 22:07

stine hat geschrieben:Selbst wenn wir davon ausgehen, dass der Mensch eine Seele haben könnte, so wäre ein Liebesroboter, der menschliche Wesenszüge hätte, gar nicht schlecht dran, was die Beliebtheit bei seinem Besitzer anbelangt.


Was ist, wenn so eine Maschine das ZU GUT beherrscht? Was ist, wenn wir Opfer unserer selbst werden? Es gibt in uns unterschiedlichste und auch heftige Mechanismen, z.B. das Beleidig- sein, mit denen unser Körper uns selbst bestraft! Man könnte unglücklich verliebt sein usw. So eine Maschine könnte gefährlicher als die Atombombe sein, wenn sie nur entsprechend und kalkuliert (politisch, militärisch, wirtschaftlich) eingesetzt wird.
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Re: Determinismus und Liebe

Beitragvon ostfriese » Do 10. Jan 2008, 23:02

pinkwoolf hat geschrieben:Aber welcher Teufel reitet mich denn nun, wenn ich mich in eine kokainsüchtige, misanthropische Karikatur einer Frau verliebe, die nichts weniger will als ein Kind, und für die die aussichtslose Verfolgung ihrer eigenen Selbstverwirklichung Start und Ziel aller ihrer zaghaften Lebensimpulse bedeutet?

Dies ist aber mitnichten die Konsequenz naturalistischen Denkens. Ob man Nihilist, Fatalist, Misanthrop, drogensüchtig oder kinderfeindlich wird, ist hiervon völlig unabhängig. Ich persönlich begeistere mich, wie Du, für die Wunder des Lebens, und diese Begeisterung ist keineswegs auf Obskurantismus angewiesen, sondern wächst sogar noch mit der Erhellung des Realen. Poetische Weltbeschreibungen behalten ihre Existenzberechtigung, denn ihr vorrangiges Ziel ist weder Eindeutigkeit noch Wahrheit.

Ich klage über vieles, was auf diesem Planeten besser laufen könnte, aber ich werde niemals den Determinismus oder irgendeine andere grundsätzliche Beschaffenheit der Welt oder des Menschen beweinen. Dazu ist das Leben einfach zu schön. Und zu kurz...
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Re: Determinismus und Liebe

Beitragvon stine » Fr 11. Jan 2008, 08:20

pinkwoolf hat geschrieben:Nur zur Erläuterung, dass das in der Tat eine rhetorische Frage war: nein!
Zum Glück ist der Mensch auch in der Lage sich wieder zu "entlieben", auch wenn´s oft lange dauert.
Aber dann dafür umso gründlicher.

Ich nehme an, dass auch das determiniert ist, sonst würden wir alle noch vor unserer Welt untergehen.
Liebe ist für mich ein Gefühlskonstrukt das uns Menschen zu sozialen Wesen macht, weil wir sonst nicht überleben könnten.
Ohne Liebe keine Nachkommen!

trazy hat geschrieben:Was ist, wenn so eine Maschine das ZU GUT beherrscht? Was ist, wenn wir Opfer unserer selbst werden? Es gibt in uns unterschiedlichste und auch heftige Mechanismen, z.B. das Beleidig- sein, mit denen unser Körper uns selbst bestraft! Man könnte unglücklich verliebt sein usw. So eine Maschine könnte gefährlicher als die Atombombe sein, wenn sie nur entsprechend und kalkuliert (politisch, militärisch, wirtschaftlich) eingesetzt wird.
In Kalifornien wurde so eine Maschine zum Gouverneur gewählt. Laut Umfrage ist Schwarzenegger als "der Terminator" am bekanntesten. Die Menschen "lieben" ihn, weil er erbarmungslos im zweiten Teil seine Pflicht erfüllt.

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Re: Determinismus und Liebe

Beitragvon Klaus » Fr 11. Jan 2008, 13:56

Ohne Liebe keine Nachkommen!

So ein Quatsch, selbst Maria soll ohne Liebe schwanger geworden sein, was ist mit Windbestäubung bei zweihäusigen Pflanzen, die Natur ist voll von Fortpflanzung ohne Liebe.
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Weitere Lächerlichkeit

Beitragvon Jarl Gullkrølla » Fr 11. Jan 2008, 18:12

Wir haben, nach Steiner, ja auch gar nicht das Recht über unsere Nachkommen zu entscheiden:

es gibt zwar einerseits jene Seelen, die darauf warten, durch die Liebe zweier Menschen in die Welt geholt zu werden; andererseits sind andere so ungeduldig ihrer metaphysischen Ebene doch endlich zu entrinnen und in die welt zu kommen (merkwürdig! wenn sie dann Weltverleumder jeglicher Art werden, wollen sie nichts lieber als zurück---), dass sie mancherorts zwei Menschen nur dazu bringen sich gegenseitig abzufüllen um es dann nach neun Monaten zu realisieren; anderenorts aber auch die Ursache von Vergewaltigungen sind.

Wenn es zu Liebe nicht kommt, dann hohlen sich die Nachkommen ihre Existenz eben mit Gewalt!
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Re: Weitere Lächerlichkeit

Beitragvon stine » Fr 11. Jan 2008, 18:15

Jarl Gullkrølla hat geschrieben:Wenn es zu Liebe nicht kommt, dann hohlen sich die Nachkommen ihre Existenz eben mit Gewalt!


interessanter Gedanke...

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Re: Determinismus und Liebe

Beitragvon pinkwoolf » Fr 11. Jan 2008, 18:27

ostfriese hat geschrieben: Poetische Weltbeschreibungen behalten ihre Existenzberechtigung, denn ihr vorrangiges Ziel ist weder Eindeutigkeit noch Wahrheit.

An dem Satz werde ich noch eine Weile kauen. Bei der Eindeutigkeit stimme ich dir vorbehaltlos zu. Bei der Wahrheit eigentlich auch, weil es eine solche für mein Verständnis letzten Endes nicht gibt.
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Re: Determinismus und Liebe

Beitragvon ostfriese » Fr 11. Jan 2008, 19:32

pinkwoolf hat geschrieben:Bei der Wahrheit eigentlich auch, weil es eine solche für mein Verständnis letzten Endes nicht gibt.

Seh ich anders. Unsere Weltbeschreibungen sind modellhaft, und sie sind in dem Maße wahr, wie jene Modelle strukturell mit den realen Systemen übereinstimmen, auf die sie sich beziehen. Die definitive Feststellung einer solchen Übereinstimmung ist zwar nicht möglich, da man hierbei notwendig in logische Zirkel gerät. Jedoch muss ein solcher Zirkel kein Kurzschluss sein, sondern kann ein großes System untereinander konsistenter synthetischer Aussagen umfassen, das wir gemeinhin unser "Hintergrundwissen" nennen.

Wir gehen hypothetisch davon aus, dass es zutrifft, bewerten noch ungetestete Behauptungen vor diesem Hintergrund und schauen, wie weit wir damit kommen. Dies hat sich bewährt, und es gibt wohl in der Praxis keinen Menschen, der allen möglichen Wirklichkeitsaussagen gegenüber streng agnostisch bleibt.
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Re: Determinismus und Liebe

Beitragvon pinkwoolf » Fr 11. Jan 2008, 19:49

ostfriese hat geschrieben:Unsere Weltbeschreibungen sind modellhaft, und sie sind in dem Maße wahr, wie jene Modelle strukturell mit den realen Systemen übereinstimmen, auf die sie sich beziehen.

Kein Einwand. Aber ist das "die Wahrheit"? Was ist mit jenen Weltwahrnehmungen, die sich in jene Modelle strukturell nicht integrieren lassen?

Passt nicht - ins Kröpfchen!
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Re: Determinismus und Liebe

Beitragvon ostfriese » Fr 11. Jan 2008, 20:09

Nun ja, es gibt nun mal Weltwahrnehmungen, die illusionär sind. In dem Fall bilden die Rekonstruktionen, welche unser Gehirn aufgrund der auf unsere sinnliche Peripherie projizierten Informationen erstellt, die Wirklichkeit, von der diese Informationen stammen, fehlerhaft ab, das interne (als kognitive Struktur repräsentierte) Modell ist also inadäquat. Fehlleistungen dieser Art erklärt die EE plausibel über die Anpassung unserer Erkenntnisorgane an den Mesokosmos (Vollmer).

Wenn es um die Selbstwahrnehmung des Gehirns geht, wird die Sache freilich noch verzwickter. Und das ist ja auch der Grund für die z.T. erbitterten philosophischen Auseinandersetzungen auf diesem Gebiet. Während Naturalisten begeistert auf die Möglichkeit anspringen, hirnorganische Korrelate für alle möglichen Bewusstseinszustände aufzuspüren, negieren andere vehement die Aussicht, auf diesem Wege zu Einsichten darüber zu gelangen, welche unserer Selbstwahrnehmungen zutreffen oder illusionär sind.
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Re: Determinismus und Liebe

Beitragvon PoppersFan » Fr 11. Jan 2008, 20:47

ostfriese hat geschrieben:Wenn es um die Selbstwahrnehmung des Gehirns geht, wird die Sache freilich noch verzwickter.

Genau das ist immer der Punkt, wo ein zu radikaler Naturalismus für mich unplausibel wird. Da bekommt dann auch die EE ihre Schwierigkeiten mit den naturalistischen Fehlschlüssen...
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Re: Determinismus und Liebe

Beitragvon ostfriese » Fr 11. Jan 2008, 21:12

PoppersFan hat geschrieben:Genau das ist immer der Punkt, wo ein zu radikaler Naturalismus für mich unplausibel wird.

Was verstehst Du unter "radikalem Naturalismus"? Etwa Auffassungen wie die Identitätstheorie für Geist und Gehirn? In dem Fall würde mich interessieren, welche Eigenschaften Du dem Geist zuschreibst, die das Gehirn nicht hat.

PoppersFan hat geschrieben:Da bekommt dann auch die EE ihre Schwierigkeiten mit den naturalistischen Fehlschlüssen...

Äh, "naturalistische Fehlschlüsse"? Es gibt eigentlich nur einen in der Philosophie so bezeichneten "Naturalistischen Fehlschluss", und der wird von Naturalisten eher selten begangen: der Schluss vom Sein aufs Sollen, von Fakten auf Normen.
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Re: Determinismus und Liebe

Beitragvon PoppersFan » Sa 12. Jan 2008, 12:39

ostfriese hat geschrieben:Was verstehst Du unter "radikalem Naturalismus"? Etwa Auffassungen wie die Identitätstheorie für Geist und Gehirn? In dem Fall würde mich interessieren, welche Eigenschaften Du dem Geist zuschreibst, die das Gehirn nicht hat.

Genau, Identitätstheorie, Epiphänomenalismus, oder warum nicht einfach mein Liebling, der Physikalismus? Solches Zeug eben. Dabei schreibe ich dem Geist aber nur die Fähigkeit zu, über das Gehirn nachdenken und Ideen wie z.B. die Evolutionäre Erkenntnistheorie entwickeln zu können. Ob das Gehirn, wie es etwa ein Identitätstheoretiker versteht, andererseits den Geist begrübeln (oder gar die Identitätstheorie aufstellen) kann halte ich für fragwürdig.

ostfriese hat geschrieben:Äh, "naturalistische Fehlschlüsse"? Es gibt eigentlich nur einen in der Philosophie so bezeichneten "Naturalistischen Fehlschluss", und der wird von Naturalisten eher selten begangen: der Schluss vom Sein aufs Sollen, von Fakten auf Normen.

Ach komm, wer wird sich wegen dem bisschen Plural so anstellen... Aber stimmt schon, der Begriff passt nicht auf die angedeuteten epistemologischen Schwierigkeiten, die haben nichts mit dem Unterschied zwischen Tatsachen und Maßstäben zu tun. Der Mechanismus scheint mir allerdings ganz ähnlich zu funktionieren. Ich fasse die Naturwissenschaft einschließlich der Gehirnforschung als eine Erfindung des menschlichen Geistes auf, als das Ergebnis von Rationalität. Diese liefert auch die Begründungen für alle Gültigkeitsansprüche, welche die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse erheben können. "Radikalnaturalistische" Positionen zäumen den Gaul aber von hinten auf und wollen ihrerseits den Geist erklären bzw. sogar durch das Gehirn ersetzen. Sie möchten zwar nicht auf unsere Normen, aber auf unsere Denkgrundlagen naturalistisch schließen. Ich will nicht sagen, dass man bei diesem Versuch nichts lernen kann. Aber wenn man es übertreibt schnappt man nur noch nach seinem eigenen Schwanz, dann hat man seine Herkunft vergessen.

Um das noch mal zusammenzufassen, ich bin beim Geist-Gehirn-Problem für eine Art "Erkenntnistheoretischen Dualismus". Bei diesem geht es nicht um Aussagen über physikalische (oder gar übernatürliche) Eigenschaften des Geistes oder um die Definition einer psychophysischen Schnittstelle ohne Verletzung der Erhaltungssätze. Es geht vielmehr darum, dass wir das Gehirn mit unserem Geist überhaupt erst entdeckt haben. Und die Hypothese, dass der Geist darin "wohnt", ist ebenfalls ein Produkt unserer geistigen Tätigkeit. Ebenso alle Belege, die wir für diese Theorie anführen können. Mein Dualismus behauptet deshalb den Primat des Rationalismus über den Naturalismus und hält jeden Versuch für unlogisch, dieses Verhältnis umzukehren.

Der (echte) naturalistische Fehlschluss (im Singular) ist außerdem auch bei Naturalisten beliebt, etwa wenn sie in allzu naiver Weise Evolutionäre Ethik betreiben. Manchmal klingt er auch hier im Forum an. Meiner Ansicht nach reicht es dabei schon, wenn bei moralischen, sozialen oder politischen Problemen als erster Ansatz sofort Theorien über die vermeintlich zugrundeliegenden Evolutionsmechanismen aufgestellt werden - wir hatten das z.B. bereits beim Krieg und auch hier bei der Liebe - anstatt einfach darüber nachzudenken, wie man das betreffende Problem lösen könnte.

PS: Ob es wohl ein (Zitat) "hirnorganisches Korrelat" für den Begriff "Hirnorganisches Korrelat" gibt?
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Re: Determinismus und Liebe

Beitragvon PoppersFan » Sa 12. Jan 2008, 14:50

Zum obigen Thema habe ich einen eigenen Thread eröffnet: Erkenntnistheoretischer Dualismus.
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Re: Determinismus und Liebe

Beitragvon ostfriese » Sa 12. Jan 2008, 17:14

PoppersFan hat geschrieben:"Radikalnaturalistische" Positionen zäumen den Gaul aber von hinten auf und wollen ihrerseits den Geist erklären bzw. sogar durch das Gehirn ersetzen. Sie möchten zwar nicht auf unsere Normen, aber auf unsere Denkgrundlagen naturalistisch schließen.

Ja, aber dies ist kein Fehlschluss, sondern völlig legitim, sofern der Naturalismus (in diesem Fall speziell der Monismus) zutrifft.

Du hast weiter oben versucht, es unplausibel erscheinen zu lassen, dass ein Gehirn über sich selbst nachdenkt. Wohingegen Du keine Probleme mit der Vorstellung hast, dass der "Geist" über Gehirne nachdenkt. Für mich sieht die Plausibilitätsbetrachtung genau entgegengesetzt aus. Wie sollte der "Geist" auch nur irgendeinen Zugang haben zum Gehirn, zur Welt überhaupt?? Die Identitätstheorie beantwortet diese Frage mühelos, während sich Dualisten sich hier auf Ad-hoc-Hypothesen zurückziehen müssen.

PoppersFan hat geschrieben:Ich will nicht sagen, dass man bei diesem Versuch nichts lernen kann. Aber wenn man es übertreibt schnappt man nur noch nach seinem eigenen Schwanz, dann hat man seine Herkunft vergessen.

Man schnappt in der Wissenschaft letztlich immer nach seinem eigenen Schwanz oder verliert sich im unendlichen Regress oder bricht das Weiterdenken dogmatisch ab (Münchhausen-Trilemma, Albert). Nichtsdestoweniger bemühen wir hier wie auch im Alltag "virtuose Zirkel" (Vollmer) und fahren damit sehr viel besser, als wenn wir auf das Für-wahr-Halten/ das Als-wahr-Akzeptieren synthetischer Urteile generell verzichteten.

PoppersFan hat geschrieben:Um das noch mal zusammenzufassen, ich bin beim Geist-Gehirn-Problem für eine Art "Erkenntnistheoretischen Dualismus".

Ich verweise auf die ausführlichen Antworten von Max und Myron im von Dir eröffneten Extra-Thread.

PoppersFan hat geschrieben:Es geht vielmehr darum, dass wir das Gehirn mit unserem Geist überhaupt erst entdeckt haben. Und die Hypothese, dass der Geist darin "wohnt", ist ebenfalls ein Produkt unserer geistigen Tätigkeit. Ebenso alle Belege, die wir für diese Theorie anführen können. Mein Dualismus behauptet deshalb den Primat des Rationalismus über den Naturalismus und hält jeden Versuch für unlogisch, dieses Verhältnis umzukehren.

Wenn die Hypothese, der Geist "wohne" im Gehirn, ein Produkt des Geistes selbst ist, wie kann diese Vorstellung dann unlogisch sein? Ist etwa die geistige Tätigkeit selbst unlogisch? Das möchstest Du doch sicher nicht behaupten, oder?

PoppersFan hat geschrieben:Der (echte) naturalistische Fehlschluss (im Singular) ist außerdem auch bei Naturalisten beliebt, etwa wenn sie in allzu naiver Weise Evolutionäre Ethik betreiben.

Reine Polemik. Evolutionäre Ethik ist praktische Ethik, d.h., sie will nicht Normen aufstellen, deren Verwirklichung später an der Natur der Akteure scheitert. Deshalb berücksichtigt sie diese Natur, leitet aber aus ihr ganz gewiss keine Normen ab!

PoppersFan hat geschrieben:anstatt einfach darüber nachzudenken, wie man das betreffende Problem lösen könnte.

Eben, und genau hierfür muss man die Natur des Menschen unbedingt ins Kalkül ziehen.

PoppersFan hat geschrieben:PS: Ob es wohl ein (Zitat) "hirnorganisches Korrelat" für den Begriff "Hirnorganisches Korrelat" gibt?

Ganz sicher! ;D
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Re: Determinismus und Liebe

Beitragvon trazy » Sa 12. Jan 2008, 18:06

ostfriese hat geschrieben:Poetische Weltbeschreibungen behalten ihre Existenzberechtigung, denn ihr vorrangiges Ziel ist weder Eindeutigkeit noch Wahrheit.


Mit diesem Satz waren wir schon einmal richtig gut beim Thema, leider gehts wieder in eine Richtung, die das Thema zwar betrifft, aber eher tangiert.
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Re: Determinismus und Liebe

Beitragvon pinkwoolf » Sa 12. Jan 2008, 22:52

ostfriese hat geschrieben:
PoppersFan hat geschrieben:PS: Ob es wohl ein (Zitat) "hirnorganisches Korrelat" für den Begriff "Hirnorganisches Korrelat" gibt?

Ganz sicher! ;D


Das würde mich interessieren.
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Re: Determinismus und Liebe

Beitragvon ostfriese » So 13. Jan 2008, 01:13

In den Moment, wo Du ihn denkst, laufen in Deinem Gehirn Prozesse ab, die mit dem Denken dieses Begriffs identisch sind. Es ist möglich, dass bei einem widerholten Denken dieses Begriffs andere Assoziationen angeregt werden, was die Identifizierbarkeit des Korrelats erschweren kann. Aber es wird bei x-facher Wiederholung eine Schnittmenge geben, die sich als Korrelat des Begriffs herausstellt. Eine künstliche Auslösung jener Prozesse würde das Denken des Begriffs bedingen.

Mir ist natürlich klar, dass die Methoden der Hirnforscher hierzu noch bei weitem nicht ausreichen. Aber dies ist kein Argument gegen die Identitätstheorie.
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Re: Determinismus und Liebe

Beitragvon PoppersFan » Mo 14. Jan 2008, 10:24

ostfriese hat geschrieben:
PoppersFan hat geschrieben:Es geht vielmehr darum, dass wir das Gehirn mit unserem Geist überhaupt erst entdeckt haben. Und die Hypothese, dass der Geist darin "wohnt", ist ebenfalls ein Produkt unserer geistigen Tätigkeit. Ebenso alle Belege, die wir für diese Theorie anführen können. Mein Dualismus behauptet deshalb den Primat des Rationalismus über den Naturalismus und hält jeden Versuch für unlogisch, dieses Verhältnis umzukehren.

Wenn die Hypothese, der Geist "wohne" im Gehirn, ein Produkt des Geistes selbst ist, wie kann diese Vorstellung dann unlogisch sein? Ist etwa die geistige Tätigkeit selbst unlogisch? Das möchstest Du doch sicher nicht behaupten, oder?

Wie bitte? Wieso sollte sie nicht unlogisch sein? Wir produzieren mit unserem Geist eine Menge unlogische Denkerei - vielleicht einschließlich meiner eigenen Meinung. Ich wäre jedenfalls weit davon entfernt, Geisteserzeugnisse apriori für logisch zu erklären. Selbst wenn ich sie evolutionär als kognitive Leistungen der Hirnmechanik auffasse könnten sie ja auf einer pathologischen Störung beruhen oder auf der Nichtangepasstheit des neuronalen Apparats an die Anforderungen. In letzterem Fall könnten wir unsere Fehler vielleicht sogar niemals erkennen...

Du hast hier möglicherweise meinen Punkt übersehen. Mir ging es um einen möglichen Begründungszirkel, und den würde ich dann für unlogisch oder meinetwegen methodologisch unsauber halten. Weiter oben bist du auf das Problem ja auch schon eingegangen. Ich setze diesen Teil der Diskussion in dem anderen Thread fort.

ostfriese hat geschrieben:
PoppersFan hat geschrieben:Der (echte) naturalistische Fehlschluss (im Singular) ist außerdem auch bei Naturalisten beliebt, etwa wenn sie in allzu naiver Weise Evolutionäre Ethik betreiben.

Reine Polemik. Evolutionäre Ethik ist praktische Ethik, d.h., sie will nicht Normen aufstellen, deren Verwirklichung später an der Natur der Akteure scheitert. Deshalb berücksichtigt sie diese Natur, leitet aber aus ihr ganz gewiss keine Normen ab!

Nein, das ist reine Polemik! Aufgabe der Ethik ist die Begründung der Moral (bzw. die Feststellung, inwieweit so eine Begründung möglich ist). Und Evolutionäre Ethik ist die Begründung der Moral mit naturalistischen Mitteln. Man kann also mit Fug und Recht einwenden, dass in der Evolutionären Ethik der Naturalistische Fehlschluss gradezu Programm ist. Nur unter besonderen Einschränkungen und Vorsichtsmaßnahmen, insbesondere dem Verzicht auf Geltungsansprüche, kann sie überhaupt betrieben werden. Was danach übrigbleibt, das ist dann praktische Ethik - weil der Ansatz nicht weiter reicht.

Deshalb muss jeder der so etwas betreibt ausgesprochen umsichtig vorgehen, wenn er sich nicht Vorwürfen aussetzen will - man darf also nicht naiv herumtappen. Nun sieh dir aber mal einige der hiesigen Betrachtungen über die Liebe und die daraus gezogenen (Fehl-?)Schlüsse an...
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Re: Determinismus und Liebe

Beitragvon ostfriese » Mo 14. Jan 2008, 16:11

PoppersFan hat geschrieben:Ich wäre jedenfalls weit davon entfernt, Geisteserzeugnisse apriori für logisch zu erklären. Selbst wenn ich sie evolutionär als kognitive Leistungen der Hirnmechanik auffasse könnten sie ja auf einer pathologischen Störung beruhen oder auf der Nichtangepasstheit des neuronalen Apparats an die Anforderungen. In letzterem Fall könnten wir unsere Fehler vielleicht sogar niemals erkennen...

Eben! Unter anderem deshalb wäre es von einem Geist irrwitzig zu behaupten, er könne die Vorstellung, er wohne im Gehirn, als unlogisch erkennen! Diese Behauptung wäre vollkommen unlogisch. Und das war nicht Deine Intention, als Du sie aufstelltest, oder?

PoppersFan hat geschrieben:Man kann also mit Fug und Recht einwenden, dass in der Evolutionären Ethik der Naturalistische Fehlschluss gradezu Programm ist.

Man kann auch mit Fug und Recht durch die Wand rennen.

PoppersFan hat geschrieben:Nur unter besonderen Einschränkungen und Vorsichtsmaßnahmen, insbesondere dem Verzicht auf Geltungsansprüche, kann sie überhaupt betrieben werden. Was danach übrigbleibt, das ist dann praktische Ethik - weil der Ansatz nicht weiter reicht.

Keine Ethik verzichtet auf Geltungsansprüche, schon gar nicht der Evolutionäre Humanismus, der sehr gute Argumente auf seiner Seite hat. Und dass diese Ethik eine praktische ist, fassen wir selbstverständlich als Kompliment auf.
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