Wieso bin ich ich ...

Re: Wieso bin ich ich ...

Beitragvon ernst.eiswuerfel » Mi 19. Sep 2007, 21:53

Ok, ich glaube jetzt wirds spannend ... :applaus:

Meiner Ansicht nach ist die Anschauung ueberholt, komplexe Systeme platt als deterministisch darzustellen, nur weil sie bestimmten, zugrunde liegenden Regeln folgen.

Ich denke es kommt der Sache naeher zu sagen, ein komplexes System ist mehr als die Summe seiner Teile. Wobei das System nicht zwangslaufig die Eigenschaften seiner Bestandteile haben muss:
http://en.wikipedia.org/wiki/Complex_system

Ein Schluesselwort in dem Kontext der Bildung eines Individuums koennte auch emergentes Verhalten sein:
http://www.informatik.uni-leipzig.de/le ... sld013.htm
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Re: Wieso bin ich ich ...

Beitragvon Myron » Mi 19. Sep 2007, 22:02

ernst.eiswuerfel hat geschrieben:Ein Schluesselwort in dem Kontext der Bildung eines Individuums koennte auch emergentes Verhalten sein:
http://www.informatik.uni-leipzig.de/le ... sld013.htm


Zum Begriff der Emergenz siehe:

http://plato.stanford.edu/entries/properties-emergent

Beispiel:
1 Liter Wasser ist bekanntlich ein System aus H2O-Molekülen. Das System befindet sich (bei einer Temperatur zwischen 0°C und 100°C) im Zustand des Flüssigseins, wohingegen kein einziges seiner Moleküle flüssig ist. Das Flüssigsein ist also eine emergente Eigenschaft von Wassermolekülsystemen.
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Re: Wieso bin ich ich ...

Beitragvon a.stefan » Do 20. Sep 2007, 22:11

Aufgrund des "Law of the Excluded Middle", oder "Satz vom ausgeschlossenen Dritten": bei zwei sich widersprechenden Aussagen muss eine Aussage wahr sein.

Du bist du, weil du nicht ein Anderer bist.

P || !P in logischer (Computer-) Schreibweise.

Es kann nur eine Aussage zutreffen und da die Aussage "du bist ein Anderer" offensichtlich falsch ist, muss die Aussage "du bist du" wahr sein.

Und jetzt die spannenste Frage ;-) : Warum bist du kein anderer? Natuerlich weil du du bist und daher, nach dem Satz, kein Anderer sein kannst.
Zuletzt geändert von a.stefan am Do 20. Sep 2007, 23:22, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Wieso bin ich ich ...

Beitragvon Max » Do 20. Sep 2007, 22:20

Angewandte Logik halte ich hier für wenig sinnvoll. Sie zeigt uns nur Tautologien auf (Du bist du, weil du kein anderer bist), aber führt nicht zu Aussagen über die Wirklichkeit. Sowohl Dualist, als auch Monist stimmen der gerade genannten Aussage zu, nur meinen beide etwas anderes damit.
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Re: Wieso bin ich ich ...

Beitragvon Myron » Do 20. Sep 2007, 22:23

a.stefan hat geschrieben:Du bist du, weil du nicht ein Anderer bist.
P v !P in logischer (Computer-) Schreibweise.
Es kann nur eine Aussage zutreffen und da die Aussage "du bist ein Anderer" offensichtlich falsch ist, muss die Aussage "du bist du" wahr sein.


Lautet die Frage nicht vielmehr, ob Ernst Eiswürfel ein anderer hätte sein können?
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Re: Wieso bin ich ich ...

Beitragvon a.stefan » Do 20. Sep 2007, 22:29

Max hat geschrieben:Angewandte Logik halte ich hier für wenig sinnvoll. Sie zeigt uns nur Tautologien auf (Du bist du, weil du kein anderer bist), aber führt nicht zu Aussagen über die Wirklichkeit. Sowohl Dualist, als auch Monist stimmen der gerade genannten Aussage zu, nur meinen beide etwas anderes damit.


Das mag schon sein, das beide zustimmen, was aber nicht bedeutet, das deswegen die Aussage falsch oder unbrauchbar wird! ;-)

Und der Satz ist nur in der klassischen Aussagelogik eine Tautologie, es gibt durchaus Systeme wo er nicht zu einer Tautologie fuehrt.

Und ich bestreite, das diese Aussage keine Aussage ueber die Wirklichkeit ist, warum sollte sie das auch nicht sein?

Myron hat geschrieben:Lautet die Frage nicht vielmehr, ob Ernst Eiswürfel auch ein anderer hätte sein können?


Konnte er eben nicht, weil er eben er selbst ist. Waere er ein Anderer waere er nicht er selbst.
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Re: Wieso bin ich ich ...

Beitragvon Max » Do 20. Sep 2007, 22:37

Und der Satz ist nur in der klassischen Aussagelogik eine Tautologie, es gibt durchaus Systeme wo er nicht zu einer Tautologie fuehrt.
Wo?

Und ich bestreite, das diese Aussage keine Aussage ueber die Wirklichkeit ist, warum sollte sie das auch nicht sein?
Was sagt sie denn aus?
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Re: Wieso bin ich ich ...

Beitragvon a.stefan » Do 20. Sep 2007, 23:02

Max hat geschrieben:
Und der Satz ist nur in der klassischen Aussagelogik eine Tautologie, es gibt durchaus Systeme wo er nicht zu einer Tautologie fuehrt.
Wo?


Mehrwerte-Logik. Aber auch 2-Werte-Logik, zb intuitionistische Logik.

Max hat geschrieben:
Und ich bestreite, das diese Aussage keine Aussage ueber die Wirklichkeit ist, warum sollte sie das auch nicht sein?
Was sagt sie denn aus?


Das ich ich bin, weil ich kein Anderer bin. Das ist eine eindeutige und klare Aussage! Warum das keine Aussage ueber die Wirklichkeit ist, versteh ich nicht.
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Re: Wieso bin ich ich ...

Beitragvon Myron » Do 20. Sep 2007, 23:34

a.stefan hat geschrieben:
Myron hat geschrieben:Lautet die Frage nicht vielmehr, ob Ernst Eiswürfel auch ein anderer hätte sein können?

Konnte er eben nicht, weil er eben er selbst ist. Waere er ein Anderer waere er nicht er selbst.


Wenn man Eigennamen wie "Ernst Eiswürfel" als "starre Bezeichner" betrachtet, dann bezieht sich "Ernst Eiswürfel" auf ein und dasselbe Individuum in allen möglichen Welten, in denen ebendieses existiert. Damit bezieht sich "Ernst Eiswürfel" stets auf dasselbe Individuum mit denselben essenziellen (wesentlichen) Eigenschaften. Da beispielsweise ein Mensch zu sein, eine von Ernst Eiswürfels wesentlichen Eigenschaften ist, gilt Folgendes:

[](Ernst Eiswürfel = der Mensch Ernst Eiswürfel)

In Worten:
"Es ist notwendigerweise (d.i. in allen möglichen Welten) der Fall, dass Ernst Eiswürfel derselbe ist wie der Mensch Ernst Eiswürfel."

Das heißt, nun da Ernst Eiswürfel in der wirklichen Welt tatsächlich ein Mensch ist, hätte er kein Nichtmensch sein können, d.h. es gibt keine mögliche Welt, in der die Aussage "Ernst Eiswürfel ist nicht derselbe wie der Mensch Ernst Eiswürfel" wahr ist. (Ernst Eiswürfel könnte somit unmöglich ein Elefant oder eine Schnecke sein.)

Für akzidentelle (unwesentliche) Eigenschaften gilt dies allerdings nicht, denn eine Aussage wie "Edmund Stoiber = der Mensch Edmund Stoiber" ist zwar notwendigerweise wahr, weil Edmund Stoiber wesentlicherweise ein Mensch ist, aber eine Aussage wie "Edmund Stoiber = der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber" ist nicht notwendigerweise wahr, denn Stoiber ist nicht wesentlicherweise Ministerpräsident von Bayern. Folglich gibt es eine mögliche Welt, in der Edmund Stoiber nicht derselbe ist wie der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber, sondern beispielsweise derselbe wie der hessische Ministerpräsident Edmund Stoiber.

—Für alle unwesentlichen (akzidentellen) Eigenschaften, die ein Gegenstand (Personen eingeschlossen) besitzt, gilt allgemein, dass er auch andere unwesentliche Eigenschaften hätte besitzen können als diejenigen, die er tatsächlich besitzt.
—Für alle wesentlichen (essenziellen) Eigenschaften, die ein Gegenstand (Personen eingeschlossen) besitzt, gilt allgemein, dass er keine anderen wesentlichen Eigenschaften hätte besitzen können als diejenigen, die er tatsächlich besitzt.
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Re: Wieso bin ich ich ...

Beitragvon Falk » Fr 21. Sep 2007, 00:00

Meiner Ansicht nach ist die Anschauung ueberholt, komplexe Systeme platt als deterministisch darzustellen, nur weil sie bestimmten, zugrunde liegenden Regeln folgen.

Ich denke es kommt der Sache naeher zu sagen, ein komplexes System ist mehr als die Summe seiner Teile. Wobei das System nicht zwangslaufig die Eigenschaften seiner Bestandteile haben muss:

Du beziehst das auf meine Behauptung, deine Existenz sei durch Genetik + Embryologie + Sozialisation hinreichend erklärt?
Falls ja, verstehe ich den Zusammenhang nicht. Es ging ja nicht darum, zu erklären, was dein Körper ist. Das war nicht die Frage. Die Frage war, wieso dein Körper so geworden ist, wie er geworden ist.
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Re: Wieso bin ich ich ...

Beitragvon Myron » Fr 21. Sep 2007, 00:01

a.stefan hat geschrieben:
Myron hat geschrieben:Lautet die Frage nicht vielmehr, ob Ernst Eiswürfel auch ein anderer hätte sein können?

Konnte er eben nicht, weil er eben er selbst ist. Waere er ein Anderer waere er nicht er selbst.


Richtig, hätte er eine andere Identität (* als diejenige, die er tatsächlich hat, dann wäre er nicht er selbst, und dann bezöge sich der Name "Ernst Eiswürfel" nicht auf denjenigen, auf den er sich tatsächlich bezieht.

(* Man kann natürlich vorgeben, eine andere Identität zu haben als diejenige, die man tatsächlich hat, was aber zu keiner realen Identitätsänderung führt.)
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Re: Wieso bin ich ich ...

Beitragvon ernst.eiswuerfel » Fr 21. Sep 2007, 08:57

Du beziehst das auf meine Behauptung, deine Existenz sei durch Genetik + Embryologie + Sozialisation hinreichend erklärt?
Falls ja, verstehe ich den Zusammenhang nicht. Es ging ja nicht darum, zu erklären, was dein Körper ist. Das war nicht die Frage. Die Frage war, wieso dein Körper so geworden ist, wie er geworden ist.

Genau, darauf beziehe ich mich. Und auf die Behauptung der aktuelle Zustand des Menschen sei deterministisch, also berechenbar.

Dass Du den Zusammenhang nicht verstehst sehe ich ein. Ich haette den Exkurs zu den komplexen Systemen vielleicht besser herleiten sollen.
Jedenfalls versuche ich eine greifbaren Erklaerung zu finden wieso der aktuelle Zuzustand eines Menschen so ist wie er ist. Und da finde ich die Erklaerung der Zustand ist deterministisch weil der Mensch aus Genen aufgebaut ist die aus seinem Stammbaum resultieren und erklaerbare psychosoziale Faktoren eine Rolle spielen einfach nicht greifbar bzw. zu abstrakt. Schon die Annahme dieser Zustand sein "berechenbar" ist reine Theorie. Es gibt heute keinen Computer der diesen Zustand berechnen koennte - er ist zu komplex. Wie soll ich mir das dann bitte vorstellen koennen, dass es grundsaetlich berechenbar waere ?

Mit meinem Beispiel des "emergenten Verhaltens" habe ich einfach mal laut gedacht und wollte der Diskussion eine andere Wendung geben. Vielleicht auch eine etwas pragmatischere. Ich persoenlich kann mir mit diesem Ansatz den aktuellen Zustand eines Menschen besser naturwissenschaftlich erklaeren als schlicht zu sagen ich befinde mich in einer deterministischen Welt. In der Praxis erlebt der Mensch die Welt meiner Erfahrung nach naemlich alles andere als berechenbar. Und genau hier finde ich den Ansatz dass der aktuelle Zustand eines Mensch das Ergebnis emergenten Verhaltes sowie eines komplexen genetischen Algorithmusses ist, pragamitscher, besser vorstellbar. Es werden in diesen Konzepten der Zufall und chaotische Zustaende besser beruecksichtigt bzw. erklaert.

Hier ist noch ein Artikel der das Thema auch ganz anschaulich erklaert, diesmal aus der Perspektive kuenstlichen Lebens :
http://www.dkriesel.com/index.php?id=artificiallife
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Re: Wieso bin ich ich ...

Beitragvon Max » Fr 21. Sep 2007, 11:43

a.stefan hat geschrieben:
Max hat geschrieben:
Und ich bestreite, das diese Aussage keine Aussage ueber die Wirklichkeit ist, warum sollte sie das auch nicht sein?
Was sagt sie denn aus?


Das ich ich bin, weil ich kein Anderer bin. Das ist eine eindeutige und klare Aussage! Warum das keine Aussage ueber die Wirklichkeit ist, versteh ich nicht.

Was behauptest du denn mit dieser Aussage über die Wirklichkeit? Nichts. Die Aussage ist genauso tautologisch und gehaltsleer wie: Ein Tisch ist kein Stuhl, Psychologen betreiben Psychologie, etc. Es versteht sich von selbst, es ergibt sich aus den Wörtern heraus.
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Re: Wieso bin ich ich ...

Beitragvon Falk » Fr 21. Sep 2007, 13:48

@ernst
Du machst mE einen fundamentalen Fehler, wenn du meine Behauptung (Genetik+Embryologie+Sozialisation) als deterministisch wahrnimmst - das ist sie nicht.
Auf der von dir verlinkten Seite heißt es zur Emergenz (Hervorhebung durch mich):
Emergentes Verhalten am Beispiel der nun folgenden Zellulären Automaten ist beispielsweise, daß man mit unglaublich simplen Regeln muster erzeugen kann, die nicht vorhersehbar bzw. durch Formeln vorherberechenbar sind.

Auch "Genetik+Embryologie+Sozialisation" ist nicht vorhersagbar oder vorherberechenbar. Vielmehr ergibt sich dadurch eine "Zurückberechenbarkeit", d.h. die Umstände, die zu deiner Entstehung geführt haben, lassen sich prinzipiell rekonstruieren. Das ist etwas fundamental anderes als Determinismus.

Und nur das war ja die Frage: Wie kam es zu dem, was ist - nicht: wie kommt es zu dem, was wird.

Beispiel: Warum Stuttgart aktueller deutscher Meister ist, läßt sich einfach rekonstruieren - auf verschiedenen Ebenen. Man kann sich die Spielergebnisse angucken, aber auch die Details jeden Spiels. Man kann z.B. sehen: Aha, im Spiel gegen Cottbus wehte in der 33. Minute eine starke Windböe durch's Stadion, die den Schuß von Gomez so beeinflußte, daß Tomislav Piplica ihn nicht mehr erreichen konnte. Tor!
Hätte man die komplette Stuttgarter Meisterschaft vorherberechnen können? Nein, nicht nur aufgrund der großen Komplexität, sondern weil einige Informationen prinzipiell unvorhersehbar sind - daß etwa Fernando Meira am 6. Spieltag keinen Bock hatte mitzuspielen, ist nicht vorherberechenbar - er hätte ja auch Lust haben können. Es ist nur im Rückblick in eine Formel einsetzbar.

Schuld daran ist in der Tat auch der Umstand, daß ein komplexes System mehr ist als die Teile seines Systems. Das schränkt die Vorhersagbarkeit auf Grundlage eben dieser Teile stark ein. Deine Frage war aber retrospektiv - wieso kam es so, wie es kam? Und die ist problemlos beantwortbar, ohne sich in irgendeinem Determinismus zu verheddern.
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Re: Wieso bin ich ich ...

Beitragvon a.stefan » Fr 21. Sep 2007, 20:12

Max hat geschrieben:
a.stefan hat geschrieben:Das ich ich bin, weil ich kein Anderer bin. Das ist eine eindeutige und klare Aussage! Warum das keine Aussage ueber die Wirklichkeit ist, versteh ich nicht.


Was behauptest du denn mit dieser Aussage über die Wirklichkeit? Nichts. Die Aussage ist genauso tautologisch und gehaltsleer wie: Ein Tisch ist kein Stuhl, Psychologen betreiben Psychologie, etc. Es versteht sich von selbst, es ergibt sich aus den Wörtern heraus.


Mag sein das sie tautologisch ist, was aber wiederum nicht bedeutet, das sie nicht eine Aussage ueber die Wirklichkeit waere.

PsychologInnen betreiben Psychologie, ist zwar jetzt nicht _der_ grosse Erkenntnisgewinn ;-) aber trotzdem ist es eine Aussage ueber die Wirklichkeit! Es mag eine triviale Aussage sein, es mag eine Aussage sein, die aufgrund unserers Erfahrungsschatz selbstverstaendlich ist, aber es ist eine Aussage ueber die Wirklichkeit.

Und unsere gesamte Logik und damit auch unser gesamtes Denken baut auf sehr einfache Saetze auf, die uns als trivial erscheinen:

A = A
A = !B
(eingeschraenkt, aber durauch noch zu einer Grundlogik dazuzaehlend: A + B = C)

darauf baut unsere gesamte Logik auf, daraus entwickelte sich unsere Mathematik, die Wissenschaft im Allgemeinen verwendet _diese_ Logik. Aufgrund dieser Logik besitzen wir unser Wissen!

Fuer mich stellt sich folgendes Problem:
A. Wir wollen Saetze vermeiden, die sich auf sich selbst beziehen, wie zb der Satz vom ausgeschlossenen Dritten; oder
B. Wir verschieben das Problem, wir koennen noch so sehr ins Detail gehen, ueber Entitaeten reden, wir werden zu keine rLoesung kommen, da wir nur das Problem verschieben.

Die Frage "Warum bin ich ich ..." ist eine aufsich selbst beziehende Frage und damit, wenn ich versuche sie zu loesen, komm ich entweder zu einer Tautologie (A), oder aber ich versuche einer Menge, die gleichen Eigenschaften zuzusprechen, wie den Teilmengen und Teile dieser Menge und das kann nicht funktionieren, das kann nur zu einer Verschiedbung des Problems fuehren (B) - oder zu einen Widerspruch! Unsere Aussagen werden also widerspruechlich, wenn wir das System erweitern wollen (Problem verschieben).

So muessen wir uns entscheiden, mit gewissen Einschraenkungen der Erfahrbarkeit zu leben, gewisse Einschraenkungen der Konsistenz unserer Modelle in Kauf zu nehmen, oder uns Bewusst werden, das wir das Problem nur verschieben.
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Re: Wieso bin ich ich ...

Beitragvon Max » Fr 21. Sep 2007, 23:34

Mag sein das sie tautologisch ist, was aber wiederum nicht bedeutet, das sie nicht eine Aussage ueber die Wirklichkeit waere.
Tautologien, auch genannt: analytische Sätze, sagen per Definition nichts über die Wirklichkeit aus.

"Ich bin ich, weil ich kein anderer bin."

Das Gegenteil von "Ich" ist "ein anderer". Ist X "Ich" oder "ein anderer", schließt das das jeweils andere aus. Die Aussage ist also eine Tautologie. A ist das Gegenteil von B. Es sind nur diese beiden Zustände möglich. X ist A, weil nicht B. Oder: X ist B, weil nicht A. Der Aussagehalt des Satzes "Ich bin ich, weil ich kein anderer bin" ist also Null. Er ist immer wahr, unabhängig davon, wie die Wirklichkeit aussieht: im Naturalismus, irgendeinem Monismus, Dualismus, Idealismus, Solipsismus, Konstruktivismus, etc. Der Satz besagt einfach nichts.
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Re: Wieso bin ich ich ...

Beitragvon a.stefan » So 23. Sep 2007, 20:20

Max hat geschrieben:
Mag sein das sie tautologisch ist, was aber wiederum nicht bedeutet, das sie nicht eine Aussage ueber die Wirklichkeit waere.
Tautologien, auch genannt: analytische Sätze, sagen per Definition nichts über die Wirklichkeit aus.


Nein! Sie ist per Definition, eine Aussage die unabhaengig von den verwendeten logischen Werten, immer "wahr" ist.
Das ist die Definition, in dieser Definition kommt die Wirklichkeit gar nicht vor, also kann die Definition gar nichts ueber die Wirklichkeit aussagen!

Das ist ein Unterschied zu der Auffassung, das eine Tautologie keine Aussage ueber die Wirklichkeit machen kann! Definitionen sind genau zu lesen und nicht zu erweitern!

Eine Tautologie ist vielleicht nicht fuer die Wissenschaft zu gebrauchen, sie entspricht also nicht den Forderungen der Wissensschaffung, das bedeutet aber noch lange nicht, das eine Tautologie keine Aussage ueber die Wirklichkeit macht!

Max hat geschrieben:Der Aussagehalt des Satzes "Ich bin ich, weil ich kein anderer bin" ist also Null. Er ist immer wahr, unabhängig davon, wie die Wirklichkeit aussieht: im Naturalismus, irgendeinem Monismus, Dualismus, Idealismus, Solipsismus, Konstruktivismus, etc. Der Satz besagt einfach nichts.


Der Satz sagt nicht nichts aus, er ist eine Tautologie, das heisst aber noch lange nicht, das er nichts ueber die Wirklichkeit aussagen kann!
Nur in dem Sinne wie wir Wissenschaft betreiben, versuchen wir solche Saetze auszuschliessen und erklaeren sie fuer "ungueltig", das macht sie aber deswegen nicht zu Saetzen, die nichts ueber die Wirklichkeit aussagen - das ist ein Unterschied! Was du meinst ist, das er im praktischen Betrieb keine Gueltigkeit besitzt, da sprechen wir aber von zwei unterschiedlichen Sachen.

Siehe die Menge aller Mengen, die sich nicht selbst enthalten -> Russell, hier wurde ebenso verfahren, in dem einfach verboten wurde, das Mengen sich selbst enthalten duerfen und es wurden Klassen geschaffen.
In Fall der Mengenlehre, wurde in Kauf genommen, das es dadurch unendliche Ebenen gibt und das System der Mengen kein geschlossenen System mehr ist.

Aehnlich ist es bei der Frage "Warum bin ich ich ...", wir koennen entweder eine Tautologie in Kauf nehmen (was aber nicht bedeutet, das diese Tautologie keine Aussage ueber die >Wirklichkeit sein kann - s.o.), oder wir koennen das Problem verschieben, wir koennen von Emergenz sprechen, wir koennen noch so sehr von komplexen Systemen sprechen, die ein Individuum ausmachen - uns muss klar sein: entweder wir nehmen Tautologien in Kauf, oder wir erweitern das System bis zur Unendlichkeit und schliessen damit das System aus der Menge der formalen Systeme aus.

Formales System oder Widerspruchslosigkeit - das sind unsere zwei Wahlmoeglichkeiten.
Beide Wege (1. Ein formales System oder 2.ein widerspruchsloses System) besitzen formal gesehen, die gleiche Maechtigkeit und somit ist weder die Aufgabe der Widerspruchslosigkeit, noch der Geschlossenheit falsch, beide Denkwege sind gleich gut (was nicht bedeutet, das sie deswegen "wahr" sind).
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Re: Wieso bin ich ich ...

Beitragvon Max » So 23. Sep 2007, 21:18

eine Aussage die unabhaengig von den verwendeten logischen Werten, immer "wahr" ist.

Was meinst du mit "logischer Wert"?
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Re: Wieso bin ich ich ...

Beitragvon a.stefan » So 23. Sep 2007, 21:22

Max hat geschrieben:
eine Aussage die unabhaengig von den verwendeten logischen Werten, immer "wahr" ist.

Was meinst du mit "logischer Wert"?


Wahrheitswert - also egal welche Wahrheitswerte/"logischen Werte" (wahr|falsch) ich in die Variablen der Aussage einsetze, die Aussage selbst bleibt immer wahr.
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Re: Wieso bin ich ich ...

Beitragvon ernst.eiswuerfel » So 23. Sep 2007, 21:23

Was meinst du mit "logischer Wert"?


Gugst Du boolsche Logik: Wahrheitswerte "TRUE" (1) und "FALSE" (0).
http://www.schmedi.de/belegarbeit/Seiten/boolean.html
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