Sind wir nur Maschinen?

Re: Sind wir nur Maschinen?

Beitragvon Teh Asphyx » Do 10. Nov 2011, 13:39

xander1 hat geschrieben:
Teh Asphyx hat geschrieben:Deswegen fragte ich nach Deiner persönlichen Definition von Leben, die ...

Ich weiß nicht wie sinnvoll es ist ein Gespräch auf Basis von persönlichen Definitionen zu führen. Naja - es kommt drauf an worauf man hinaus will. Wenn man Stein als rot und Eckig definiert und man einen nicht nach dieser Definition gefundenen Stein findet der blau ist, na dann ist er nach dieser Definition kein Stein. Aber ich würde die Ergebnisse aus solchen Denken nicht Erkenntnisse bezeichnen. Deswegen finde ich Diskussionen die auf Definitionen basieren nicht sehr sinnvoll, da sie an der Oberfläche der Wirklichkeit nur kratzen. Was jedoch sinnvoll ist, wenn man fragt was der eine mit etwas meint. An dieser Stelle ist es sinnvoll nach Definitionen zu fragen, aber dann müsste man danach wieder von diesen Worthülsen namens Definitionen weg kommen.

Softwareprogramme bestehen auch nicht nur aus programmierten Modulen mit funktionszuordnung, sondern diese Module bestehen widerum aus Quelltext. (Analgie Definition entspricht Modul, Quelltext entspricht Wirklichkeit) Diese Analogie hat nicht den Anspruch perfekt zu sein, sondern soll nur einen Aspekt sichtbar machen.

Aber @Teh Asphyx, ich denke was ich schreibe ist dir bewusst.


Ist mir klar, aber wenn etwas keine allgemeine Definition hat, hat man halt keine Grundlage für eine Diskussion, bis zumindest eine gemeinsame Definition gefunden ist, wozu natürlich beider Gesprächspartner erstmal ihre persönliche Definition auf den Tisch packen müssen. Wenn jetzt einer Definition wie jetzt zum Beispiel bei „Leben“ metaphysische Betrachtungen zugrunde liegen, würde ich auch nicht weiter diskutieren.
Aber Dein Steinbeispiel ist nett. Was wenn man tatsächlich die ganze Zeit aneinander vorbei redet, weil für den einen ein Stein wirklich nur rot und Eckig sein kann? Deswegen habe ich mir angewöhnt, im solch einem Falle immer zuerst die Definition zu klären.
An sich sind Wörter wie „Leben“, „Recht“, „Freiheit“, „Demokratie“, „Welt“, „Gott“, „Arbeit“, „Staat“, „Volk“, „Nation“, „Kultur“ uvm. ohnehin purer Obskurantismus, weil die Definitionen fast immer metaphysisch und auf keinen Fall intersubjektiv einheitlich sind, weswegen das auch grundsätzlich das Lieblingsvokabular von Politikern und anderen Dummschwätzern ist, man kann mit solchen Begriffen halt den meisten Ohren schmeicheln.

Was das Softwarebeispiel angeht, würde ich eher sagen, dass Module und Quelltext jeweils andere Aspekte der Wirklichkeit sind. Selbst Schizophrene Wahnvorstellungen sind auf einer gewissen Ebene dennoch eine Wirklichkeit, nicht nur für den Schizophrenen, sondern über sein Handeln wiederum für seine Umgebung. Auf ähnliche Art gibt es für mich auch kein Materie/Geist-Dualismus, da, wie auch die Neurobiologie wunderbar zeigt, beides verschiedene Ebenen ein und derselben Wirklichkeit sind. Der radikale Konstruktivismus macht zum Beispiel den Fehler eines falsch verstandenen Wirklichkeitsbegriffs, was dann wirklich zu abstrusen Schlussfolgerungen führt. Zum einen sind virtuell und real keine Gegensätze, sondern virtuell und physisch, die Wirklichkeit aber auf die physische Ebene zu begrenzen, ist absurd, da Virtuelles reale Auswirkungen auf das Physische hat und umgekehrt.
Warum ich gerade ich bin, aus diesem Bewusstsein heraus, aus diesem Körper heraus die Welt wahrnehme und was das bedeutet ist eine Frage, die mich schon seit meiner Kindheit beschäftigt. Und das scheint mir kein sprachliches Problem zu sein, da ich mir diese Frage sogar ohne Sprache stellen kann (also in nicht-sprachlichen Gedanken), so gesehen ist es auch keine Frage des Konstruktivismus, die Frage kann da höchstens sein, warum dieses Bewusstsein einen freien Willen vortäuscht, wenn es das denn tut, ich persönlich war eigentlich nie davon überzeugt, der Wille sei frei und hatte dieses Gefühl auch nie. Vielleicht ist auch der freie Wille ein Produkt der Auto-Suggestion? Spinoza meinte, dass selbst wenn ein Stein, ein vollkommen den Naturgesetzen untergeordneter Gegenstand, ein Bewusstsein hätte, er würde glauben, er sei frei.
Möglicherweise kann erst die definitive naturalistische Antwort auf diese Frage den Menschen wirklich von Ideologie befreien, weil sonst immer die Ideologie einspringt, um dem Menschen zu erklären, wie sein Verhältnis zu der Welt, die ihn umgibt, ist.
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Re: Sind wir nur Maschinen?

Beitragvon mat-in » Do 10. Nov 2011, 13:56

Teh Asphyx hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Aus dem Wikipedia-Artikel: "Als minimale Eigenschaft aller lebenden Systeme gilt jedoch die Autopoiesis: Die Fähigkeit, sich selbst zu erhalten und zu reproduzieren."

Also fallen Menschen vor der Geschlechtsreife und Frauen nach den Wechseljahren schonmal weg. (...)

Das ganze ist der Systemtheorie entliehen. Ein Kind ist durchaus ein System, das dazu im Stande ist sich zu organisieren (sonst würde es ziemlich grotesk aussehen und bald auseinanderfallen) und auch ein System mit dem potential sich fortzupflanzen.
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Re: Sind wir nur Maschinen?

Beitragvon AgentProvocateur » Do 10. Nov 2011, 14:25

Teh Asphyx hat geschrieben:Aber wie will man über ein Wort diskutieren, das keine Definition hat? Deswegen fragte ich nach Deiner persönlichen Definition von Leben, die Deiner Argumentation zugrunde liegt, alles andere führt zu nichts.
Bevor der Punkt geklärt ist, werde ich auch nicht weiter auf die anderen Punkte eingehen.

Dann nimm doch einfach die Definition, die Myron oben gegeben hat, (allerdings meine ich, dass auch diese Definition unvollständig / strittig ist). Wenn wir nicht nur allgemein über Lebewesen, sondern über Menschen reden, dann gehört noch dazu, dass Menschen soziale Wesen, Kulturwesen sind, angewiesen auf soziale Zusammenhänge. Ohne diese keine Sprache und ohne Sprache - so vermute ich jedenfalls - würde unser Bewusstsein ganz anders aussehen, ich vermute, es würde sich kein Selbst-Bewusstsein entwickeln. D.h. man kann den Menschen nicht lediglich als Einzelwesen betrachten, sondern muss ihn im Zusammenhang mit seinen sozialen Bezügen / mit Kommunikation sehen.

Ich weiß nun nicht, worauf man hinauswill, wenn man sagt, der Mensch sei 'nur' eine Maschine und man aber nicht gleichzeitig hinzusagen will, was er demnach nicht sei, worauf sich das 'nur' also bezieht. Man sagt damit irgendwas völlig Nebulöses, aber was, bleibt absolut unklar. Wieso sollte aus etwas Nebulösem etwas folgen, etwa für Ethik und Menschenrechte?

Ich finde auch nicht, dass die Übergänge zwischen Lebewesen und Maschinen fließend sind, zumindest sind sie es nicht bei heutigen Maschinen.

Allerdings: man kann natürlich definieren, wie immer man will. Wenn man z.B. sagt: "alles, was aus Materie zusammengesetzt ist und nicht mehr, ist eine Maschine" - dann sind wir eben Maschinen. Nur ergibt diese Definition meiner Ansicht nach überhaupt keinen Sinn. Was ist mit dem 'mehr' gemeint?

Und was die Ethik betrifft: die kann man nicht auf Maschinen übertragen. Was bei Menschen 'Körperverletzung' wäre, wäre bei Maschinen 'Sachbeschädigung', was bei Menschen 'Totschlag' wäre, wäre bei Maschinen 'Zerstörung der Speichereinheit inkl. Zerstörung aller Sicherheitskopien der Speichereinheit'. Wenn man z.B. einem Androiden einen Arm abschlägt, dann ist das kein großes Problem, (eben nur Sachbeschädigung): aus dem Ersatzteillager wird einfach ein neuer genommen und angeschraubt. Bei einem Menschen geht das jedoch nicht, für den wäre das daher ein weit größeres Problem.

Ich vermute dunkel, es gibt hier einen Dissens folgender Art:

- ich meine, der Mensch ist sein Köper inkl. aller darin ablaufenden Prozesse + soziale Bezüge / Kommunikation
- und erfahrungsgemäß sehen das einige Naturalisten (insbesondere Transhumanisten) anders, nämlich so oder ähnlich: der Mensch ist lediglich eine Teilmenge seines Körpers / der Pozesse im Körper, z.B. sein Bewusstsein oder sein Selbstbewusstsein oder sein momentanes Erleben oder sein Selbstmodell und seine Erinnerungen / Erfahrungen

woraus folgt: nach meiner Ansicht sind Menschen Individuen, (ein Ganzes), man kann sie nicht irgendwie austauschen oder kopieren oder abspeichern oder auf andere Körper übertragen oder dergleichen. Im Gegensatz zu noch so komplizierten Maschinen.
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Re: Sind wir nur Maschinen?

Beitragvon Teh Asphyx » Do 10. Nov 2011, 15:11

AgentProvocateur hat geschrieben:Dann nimm doch einfach die Definition, die Myron oben gegeben hat, (allerdings meine ich, dass auch diese Definition unvollständig / strittig ist). Wenn wir nicht nur allgemein über Lebewesen, sondern über Menschen reden, dann gehört noch dazu, dass Menschen soziale Wesen, Kulturwesen sind, angewiesen auf soziale Zusammenhänge. Ohne diese keine Sprache und ohne Sprache - so vermute ich jedenfalls - würde unser Bewusstsein ganz anders aussehen, ich vermute, es würde sich kein Selbst-Bewusstsein entwickeln. D.h. man kann den Menschen nicht lediglich als Einzelwesen betrachten, sondern muss ihn im Zusammenhang mit seinen sozialen Bezügen / mit Kommunikation sehen.


Ich denke schon, dass Selbst-Bewusstsein auch ohne Sprache entwickelt werden kann, aber ansonsten stimmt ich da zu. Wobei ich da sogar noch weiter gehen würde und da so eine Analogie zur Quantenphysik aufbauen und behaupten, der Mensch an sich ist unscharf und das Zwischen(menschliche – etwas problematisch, weil es nicht nur von Mensch zu Mensch so ist, siehe zum Beispiel Akteur-Netzwerk-Theorie u.ä.) das eigentlich Reale (wenn auch nicht materielle). Ich sehe aber keinen Widerspruch darin, das auch auf Maschinen anzuwenden, womit wir wieder beim Ausgangspunkt sind, nehme ich an.

AgentProvocateur hat geschrieben:Ich weiß nun nicht, worauf man hinauswill, wenn man sagt, der Mensch sei 'nur' eine Maschine und man aber nicht gleichzeitig hinzusagen will, was er demnach nicht sei, worauf sich das 'nur' also bezieht. Man sagt damit irgendwas völlig Nebulöses, aber was, bleibt absolut unklar. Wieso sollte aus etwas Nebulösem etwas folgen, etwa für Ethik und Menschenrechte?


Deswegen ist mein Ansatz eben, nicht den Menschen als „nur“ eine Maschine zu bezeichnen, sondern zu sagen, dass eine Maschine vielleicht nicht „nur“ eine Maschine ist. Darauf wollte ich eigentlich hinaus.

AgentProvocateur hat geschrieben:Ich finde auch nicht, dass die Übergänge zwischen Lebewesen und Maschinen fließend sind, zumindest sind sie es nicht bei heutigen Maschinen.


Es kommt ein bisschen darauf an, auf welcher Ebene man das betrachtet, aber von so etwas wie Sloterdijks Homöotechnik sind wir natürlich noch weit entfernt, wo die Grenzen dann wirklich fließend wären. Finde das ganze aber als Gedankenspiel trotzdem nett.

AgentProvocateur hat geschrieben:Allerdings: man kann natürlich definieren, wie immer man will. Wenn man z.B. sagt: "alles, was aus Materie zusammengesetzt ist und nicht mehr, ist eine Maschine" - dann sind wir eben Maschinen. Nur ergibt diese Definition meiner Ansicht nach überhaupt keinen Sinn. Was ist mit dem 'mehr' gemeint?


Keine Ahnung, solch eine Behauptung würde ich auch nicht aufstellen (ich möchte ja meine Behauptungen zumindest selbst verstehen).

AgentProvocateur hat geschrieben:Und was die Ethik betrifft: die kann man nicht auf Maschinen übertragen. Was bei Menschen 'Körperverletzung' wäre, wäre bei Maschinen 'Sachbeschädigung', was bei Menschen 'Totschlag' wäre, wäre bei Maschinen 'Zerstörung der Speichereinheit inkl. Zerstörung aller Sicherheitskopien der Speichereinheit'. Wenn man z.B. einem Androiden einen Arm abschlägt, dann ist das kein großes Problem, (eben nur Sachbeschädigung): aus dem Ersatzteillager wird einfach ein neuer genommen und angeschraubt. Bei einem Menschen geht das jedoch nicht, für den wäre es weit größeres Problem.


Zumindest aber in der Theorie ginge es schon. Natürlich würde es keinen Sinn machen, eine Ethik für das Hier und Jetzt auf eventuelle Zukunftsprojektionen zu begründen.

AgentProvocateur hat geschrieben:Ich vermute dunkel, es gibt hier einen Dissens folgender Art:

- ich meine, der Mensch ist sein Köper inkl. aller darin ablaufenden Prozesse + soziale Bezüge / Kommunikation
- und erfahrungsgemäß sehen das einige Naturalisten (insbesondere Transhumanisten) anders, nämlich so oder ähnlich: der Mensch ist lediglich eine Teilmenge seines Körpers / der Pozesse im Körper, z.B. sein Bewusstsein oder sein Selbstbewusstsein oder sein momentanes Erleben oder sein Selbstmodell und seine Erinnerungen / Erfahrungen

woraus folgt: nach meiner Ansicht sind Menschen Individuen, (ein Ganzes), man kann sie nicht irgendwie austauschen oder kopieren oder abspeichern oder auf andere Körper übertragen oder dergleichen. Im Gegensatz zu noch so komplizierten Maschinen.


Da bin ich aber weitaus eher auf Deiner Seite. Dieses ganze „selbst“ ist mir schon Suspekt, von daher komme ich auch mit einer Definition aus der Systemtheorie nicht so wirklich klar. Was mir auch auffällt (deswegen bin ich eigentlich auch hier) ist, dass viele Naturalisten zwar in Bezug auf Naturwissenschaften sehr komplex denken, in sämtlichen Geistes- und Sozialwissenschaftlichen Bereichen dann aber einen ziemlichen Reduktionismus fahren, was meinem Anspruch an Wissenschaft, der mit Gaston Bachelards Aufforderung, die Wissenschaft möge die Dinge in einer ihnen angemessenen Komplexität betrachten, einher geht, nicht genügt.
Transhumanismus ist für mich definitiv keine Lösung, da ich generell gegen jegliche Form von Züchtung des Menschen durch den Menschen bin. Erziehung, auch Antiautoritäre, die immer noch Erziehung (und somit Manipulation) ist, geht mir gegen den Strich. Diese Manipulationen führen schließlich gerade erst zu dem ganzen Mist, weswegen man wiederum meint, diese Manipulationen zu brauchen. Mein Vorschlag ist es, diesen Zirkelschluss eher zu durchbrechen.
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Re: Sind wir nur Maschinen?

Beitragvon mat-in » Do 10. Nov 2011, 16:44

AgentProvocateur hat geschrieben:... Wenn wir nicht nur allgemein über Lebewesen, sondern über Menschen reden, dann gehört noch dazu, dass Menschen soziale Wesen, Kulturwesen sind, angewiesen auf soziale Zusammenhänge. Ohne diese keine Sprache und ohne Sprache - so vermute ich jedenfalls - würde unser Bewusstsein ganz anders aussehen, ich vermute, es würde sich kein Selbst-Bewusstsein entwickeln. ...

Mal bis da hin (ich schreib nicht so gerne 3-seiten-lange Posts). Kultur, Sozialgefüge, etc. findest du bei Menschenaffen ebenfalls. Sprache bis zu einem gewissen Grad auch. Der große Unterschied ist wohl: Lernen durch nachmachen / Lernen durch verstehen und das wir eine Schriftsprache haben.
Das unser Bewußtsein anders wäre, ohne Sprache steht außer Frage! Das wäre es auch, ohne Arme oder ohne Ohren. Aber vermissen würden wir nichts.

Ich glaube allerdings nicht - wie ich auch schon Stine sagte - daß es den mensch ganz besonders auszeichnet, so hoch komplex zu sein, daß wir es nicht überschauen können. Es gibt einen Unterschied zwischen berechenbar/determiniert und komplex. Berechenbar ist der Mensch nur bis zu bestimmten Grenzen, komplex? Na ja, es gibt auch schon eine ganze Hand voll Maschinen, ein par davon in deinem Haushalt, die so komplex sind, daß sie kein einzelner Mensch in ihrer gänze versteht und deren Verhalten so komplex ist das viele überzeugt sind, daß diese Maschinen eine persönlichkeit haben... noch nie jemanden erlebt, der auf seinen Computer einredet?
Zuletzt geändert von mat-in am Do 10. Nov 2011, 16:47, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Sind wir nur Maschinen?

Beitragvon Teh Asphyx » Do 10. Nov 2011, 16:47

mat-in hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:... Wenn wir nicht nur allgemein über Lebewesen, sondern über Menschen reden, dann gehört noch dazu, dass Menschen soziale Wesen, Kulturwesen sind, angewiesen auf soziale Zusammenhänge. Ohne diese keine Sprache und ohne Sprache - so vermute ich jedenfalls - würde unser Bewusstsein ganz anders aussehen, ich vermute, es würde sich kein Selbst-Bewusstsein entwickeln. ...

Mal bis da hin (ich schreib nicht so gerne 3-seiten-lange Posts). Kultur, Sozialgefüge, etc. findest du bei Menschenaffen ebenfalls. Sprache bis zu einem gewissen Grad auch. Der große Unterschied ist wohl: Lernen durch nachmachen / Lernen durch verstehen und das wir eine Schriftsprache haben.

Das unser Bewußtsein anders wäre, ohne Sprache steht außer Frage! Das wäre es auch, ohne Arme oder ohne Ohren. Aber vermissen würden wir nichts.


Erinnert mich daran, dass ich mal versucht habe, mir vorzustellen, wie die Wahrnehmung eines Regenwurms sein muss, der ja nicht in dem Sinne Blind ist, wie das bei einem Menschen wäre, der im Gehirn trotzdem den Sinn verankert hat und dann einfach nur dort keine Impulse kriegt, sondern in dem Sinne, dass der Sinn für das Sehen gar nicht erst vorhanden ist. Ist schon irgendwie sehr faszinierend.
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Re: Sind wir nur Maschinen?

Beitragvon mat-in » Do 10. Nov 2011, 16:48

So weit muß man ja nicht mal gehen. Du hast ein durchgehendes Sichtfeld, in dem kein "Loch" ist, und doch hast du einen Blinden Fleck...
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Re: Sind wir nur Maschinen?

Beitragvon Myron » Do 10. Nov 2011, 16:50

Teh Asphyx hat geschrieben:Ich denke schon, dass Selbst-Bewusstsein auch ohne Sprache entwickelt werden kann, aber ansonsten stimmt ich da zu.


Es scheint mir sehr zweifelhaft, ob volles, persönliches Selbstbewusstsein, d.h. die Fähigkeit zur Selbstreflexion und Introspektion, ohne die Fähigkeit zu sprachlichem Denken vorhanden sein kann.
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Re: Sind wir nur Maschinen?

Beitragvon mat-in » Do 10. Nov 2011, 17:01

Sich selbst erkennen (Spiegeltest) schaffen neben den Meisten Menschen älter 3 Jahre auch Affen, Schweine, ...
Das Nachdenken über das eigene Verhalten, Vorausplanung von Handlungen (zum Teil um mehrere Tage), haben wir ebenfalls bei Affen.
Sprache? keine Vokalisierte, aber Zeichensprache mit mehreren Hundert Worten, check.
Verhaltensweisen, Bauanleitungen, Gruppenverhalten, das lokal / regional in der Gruppe weitergegeben wird (Kultur), check.

Es wird... verdammt eng mit der Sonderstellung des Menschen.

Aber bevor wir wegen Begriffstreitigkeiten aneinander vorbei reden: was bitte ist "persönliches" Selbstbewußtsein? Ich dachte Selbstreflexion sei ein Teil von Selbstbewußtsein? Wenn ich nicht drüber Nachdenke, was ich da mache, dann bin ich mir doch auch nicht bewußt, das ich mache??? Beziehungsweise umgekehrt: Es gibt so wenig Menschen, die sich wirklich "bewußt" sind, was sie da tun (nehmen wir nur Leute die in den Bus reindrängeln während noch Leute aussteigen und sich dann beim Aussteigen beschweren das jemand einsteigt während sie raus wollen)... wo hört da der Affe auf und wo fängt der Mensch an?
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Re: Sind wir nur Maschinen?

Beitragvon Teh Asphyx » Do 10. Nov 2011, 17:23

mat-in hat geschrieben:Sich selbst erkennen (Spiegeltest) schaffen neben den Meisten Menschen älter 3 Jahre auch Affen, Schweine, ...
Das Nachdenken über das eigene Verhalten, Vorausplanung von Handlungen (zum Teil um mehrere Tage), haben wir ebenfalls bei Affen.
Sprache? keine Vokalisierte, aber Zeichensprache mit mehreren Hundert Worten, check.
Verhaltensweisen, Bauanleitungen, Gruppenverhalten, das lokal / regional in der Gruppe weitergegeben wird (Kultur), check.

Es wird... verdammt eng mit der Sonderstellung des Menschen.

Wobei Heideggers ontologische Unterscheidung da doch wieder interessant ist, allerdings geht er da ja von einem ganz anderen Ausgangspunkt aus.

Den Spiegeltest finde ich etwas fraglich, weil da nur aufgrund einer sichtbaren Reaktion auf das Bewusstsein geschlossen wird, dies aber kein exaktes Wissen darüber darstellt.

Ich glaube nicht, dass das Denken in Sprache stattfindet. Ich kann das nur aus Selbsterfahrung schließen, aber da ist ein Gedanke ohne Worte, blitzschnell, der erst in Sprache umgewandelt werden muss, um erklärbar zu werden. Und oft verändert die Sprache schon den Gedanken, weil sie nicht fähig ist, den Gedanken wirklich adäquat auszudrücken.
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Re: Sind wir nur Maschinen?

Beitragvon mat-in » Do 10. Nov 2011, 17:41

Es geht ja nicht nur darum, zu erkennen, das man da "selbst" im Spiegel dargestellt wird und nicht nur irgend ein Artgenosse. Handlungen wie zum Spiegel laufen, überprüfen der Sauberkeit der eigenen Zähne, weglaufen... das setzt doch voraus, mehr verstanden zu haben und auch damit zu planen? Was wäre denn ein Kriterium, das "fehlt" beim Affen? Er erkennt sich und trennt das sauber von seiner Umwelt. Er denkt drüber nach, plant, handelt entsprechend. Ob er jetzt zu einzelnen Sinnesleistungen und Transferaufgaben im Stande ist... nuja. Aber es gibt solche Unterschiede durchaus auch unter Menschen und jeder Goldfisch sieht mehr Farben als wir...
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Re: Sind wir nur Maschinen?

Beitragvon Teh Asphyx » Do 10. Nov 2011, 18:11

Meine Kritik geht eher in die andere Richtung, nämlich wenn unterstellt wird, eine Katze würde sich im Spiegel nicht erkennen, aufgrund dessen, dass die Katze keine Reaktion zeigt, die das eindeutig erkennen lässt. In dem Fall würde ich eher sagen, dass man es nicht genau weiß, aber viele schließen dann gleich, dass sie es nicht kann. Woher diese Sicherheit genommen wird, ist für mich fragwürdig.

Das fiel mir vor allem immer wieder auf, als ich mich intensiver mit Autismus beschäftigt habe. Da ich auch in einem Autisten-Forum unterwegs war und Autisten kennengelernt habe, habe ich festgestellt, dass viele Schlussfolgerungen, die auf solchen Beobachtungen basieren und eben darauf aufbauen, dass etwas nicht festgestellt wurde, was dann ausgeschlossen wird, totaler Humbug sind. Es gibt ein großes Forum in Deutschland, wo die Autisten sogar ausdrücklich einen Austausch mit Wissenschaftlern wünschen, nur hat sich noch kein Wissenschaftler für diesen Austausch interessiert, nur ab und zu schauen mal junge Studenten mit der einen oder anderen Studie da vorbei, was aber auch nicht viel gebracht hat bis jetzt. Das Ganze ist mir völlig unbegreiflich.
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Re: Sind wir nur Maschinen?

Beitragvon AgentProvocateur » Do 10. Nov 2011, 18:49

ich gehe mal nur auf das Strittige ein.

Teh Asphyx hat geschrieben:Ich denke schon, dass Selbst-Bewusstsein auch ohne Sprache entwickelt werden kann, aber ansonsten stimmt ich da zu.

Ich habe da, wie gesagt, auch nur eine Vermutung. Die Experten streiten sich kräftig darüber, siehe z.B. hier.

Teh Asphyx hat geschrieben:Ich glaube nicht, dass das Denken in Sprache stattfindet. Ich kann das nur aus Selbsterfahrung schließen, aber da ist ein Gedanke ohne Worte, blitzschnell, der erst in Sprache umgewandelt werden muss, um erklärbar zu werden. Und oft verändert die Sprache schon den Gedanken, weil sie nicht fähig ist, den Gedanken wirklich adäquat auszudrücken.

Bin mir jetzt nicht sicher, ob dies im Zusammenhang mit dem Obigen zu verstehen ist, aber wenn ja: ich denke nicht, dass Sprache und Denken dasselbe ist, dass man also nur in Sprache denken würde. Ich meine jedoch, dass es da einen Zusammenhang gibt, das eine das andere wechselseitig beeinflusst, (aber nicht: das eine das andere einseitig determiniert). (Das muss aber nicht so weit gehen wie Wittgenstein wohl meinte: „Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt“.)

Na gut, das ist nun alles ein bisschen OT und ehrlich gesagt rede ich da ziemlich aus dem hohlen Bauch, das sind alles mehr Vermutungen als Wissen.

Um nochmal auf den Gegensatz "Mensch - Maschine" zurück zu kommen: ich meine, dass diese These (Embodiment) richtig ist.

Oder mal ein Zitat aus dem oben verlinkten Artikel: "Im Gegensatz zu dieser traditionellen – gewissermaßen körperlosen - Philosophie nehmen Lakoff und seine Mitarbeiter an, dass das Denken, die begrifflichen und die sprachlichen Strukturen, nicht allein im Gehirn konzentriert sind, sondern durch ein den Körper und das Gehirn verbindendes sensorisch-motorischen System entstehen."

Unsere heutigen Maschinen funktionieren nicht so, (falls das so richtig ist - das ist, wie gesagt, strittig), sind nicht derart aufgebaut, sie bestehen aus getrennten Funktionseinheiten, die auswechselbar sind. Sie sind daher keine Individuen. Und ich meine, das ist ein durchaus wesentlicher Unterschied, der auf eine andere 'Ethik' gegenüber (bewussten) Maschinen hinausläuft.

Mir geht es hier nicht darum, was 'besser' oder 'schlechter' ist, es geht mir nur um einen (für eine eventuelle Maschinen-Ethik) mE wesentlichen Unterschied.
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Re: Sind wir nur Maschinen?

Beitragvon Myron » Do 10. Nov 2011, 18:50

Teh Asphyx hat geschrieben:Ich glaube nicht, dass das Denken in Sprache stattfindet.


Ich finde in der kognitiven Abteilung meines Geistes nichts vor außer sprachlichen Gedanken und nichtsprachlichen Vorstellungen, von denen die meisten bildlicher Art sind, wobei es nicht nur rein geistige, d.h. nicht auf äußerer Sinneswahrnehmung beruhende, bildliche Gesichtsvorstellungen, sondern auch Gehör-, Geruchs- und Geschmacksvorstellungen gibt.
Unter Denken verstehe ich im engeren Sinn nur das Bilden und Haben sprachlicher, sprachlich ausgedrückter Gedanken.
Dass hochentwickelte nichtmenschliche Säugetiere ein inneres, quasisinnliches Vorstellungsvermögen besitzen, bestreite ich nicht. Doch dieses allein scheint mir für die Fähigkeit zu reflexivem Selbst- oder Ichbewusstsein nicht ausreichend zu sein.
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Re: Sind wir nur Maschinen?

Beitragvon Myron » Do 10. Nov 2011, 19:12

mat-in hat geschrieben:Sich selbst erkennen (Spiegeltest) schaffen neben den Meisten Menschen älter 3 Jahre auch Affen, Schweine, ...
Das Nachdenken über das eigene Verhalten, Vorausplanung von Handlungen (zum Teil um mehrere Tage), haben wir ebenfalls bei Affen.
Sprache? keine Vokalisierte, aber Zeichensprache mit mehreren Hundert Worten, check.


Ich bezweifle, dass die natürlichen, der sozialen Kommunikation dienenden Lautäußerungen von Affen darauf schließen lassen, dass sie in der Lage sind, in Form eines inneren Selbstgesprächs über sich selbst nachzudenken. Das soll nicht heißen, dass z.B. Schimpansen keinerlei Selbstbewusstsein und keinerlei Bild von sich selbst haben, sondern nur, dass sie nicht zu ausdrücklicher Selbstreflexion und Introspektion fähig sind, welche Fähigkeit meiner Meinung nach die Fähigkeit zu abstraktem, symbolischem Denken voraussetzt, welches wiederum erst durch den Erwerb und Besitz einer Wortsprache ermöglicht wird.

mat-in hat geschrieben:Aber bevor wir wegen Begriffstreitigkeiten aneinander vorbei reden: was bitte ist "persönliches" Selbstbewußtsein?


Höheres, reflexives Selbst- oder Ichbewusstsein, das einen zu einer Person macht.

Zur Unterscheidung zwischen reflexivem und präreflexivem Selbstbewusstsein siehe (leider nur auf Englisch):
http://plato.stanford.edu/entries/self- ... nological/
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Re: Sind wir nur Maschinen?

Beitragvon AgentProvocateur » Do 10. Nov 2011, 19:12

Myron hat geschrieben:
Teh Asphyx hat geschrieben:Ich glaube nicht, dass das Denken in Sprache stattfindet.

Ich finde in der kognitiven Abteilung meines Geistes nichts vor außer sprachlichen Gedanken und nichtsprachlichen Vorstellungen, von denen die meisten bildlicher Art sind, wobei es nicht nur rein geistige, d.h. nicht auf äußerer Sinneswahrnehmung beruhende, bildliche Gesichtsvorstellungen, sondern auch Gehör-, Geruchs- und Geschmacksvorstellungen gibt.
Unter Denken verstehe ich im engeren Sinn nur das Bilden und Haben sprachlicher, sprachlich ausgedrückter Gedanken.

Introspektion ist immer so eine Sache - der vertraue nicht richtig - alles was ich im Folgenden sage, ist also mit einem "grain of salt" zu betrachten.

Wenn ich mein Denken betrachte, dann stimme ich Teh Asphyx zu. Ich denke nicht unbedingt in Sprache (manchmal aber schon) - das wäre doch auch viel zu langsam. Es gibt Überzeugungen / Meinungen / Wissen von mir, das irgendwie (bildhaft gesagt) nur 'punktförmig' vorliegt, das ich abrufen kann, aber dann erst mal fomulieren, d.h. in Sprache umsetzen muss. Ich weiß, was ich sagen will, was ich ausdrücken will, aber ich weiß das nicht in ausformulierten Sätzen. Und das sind keine bildlichen, (oder Gehör-, Geruchs- und Geschmacksvorstellungen), Gesichtsvorstellungen, es sind sozusagen abstrakte Singularitäten, die ich sprachlich erst entfalten muss, um sie mitteilen zu können.
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Re: Sind wir nur Maschinen?

Beitragvon Teh Asphyx » Do 10. Nov 2011, 19:23

AgentProvocateur hat geschrieben:Ich habe da, wie gesagt, auch nur eine Vermutung. Die Experten streiten sich kräftig darüber, siehe z.B. hier.


Kenne ich durch Umberto Ecos „Einführung in die Semiotik“ ein bisschen, wobei er da sehr kritisch war, aber ich muss sagen, dass ich da auch noch nicht so ganz durchsteige.

AgentProvocateur hat geschrieben:Bin mir jetzt nicht sicher, ob dies im Zusammenhang mit dem Obigen zu verstehen ist, aber wenn ja: ich denke nicht, dass Sprache und Denken dasselbe ist, dass man also nur in Sprache denken würde. Ich meine jedoch, dass es da einen Zusammenhang gibt, das eine das andere wechselseitig beeinflusst, (aber nicht: das eine das andere einseitig determiniert). (Das muss aber nicht so weit gehen wie Wittgenstein wohl meinte: „Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen meiner Welt“.)


Dem stimme ich zu.

AgentProvocateur hat geschrieben:Na gut, das ist nun alles ein bisschen OT und ehrlich gesagt rede ich da ziemlich aus dem hohlen Bauch, das sind alles mehr Vermutungen als Wissen.


Ich zweifle daran, dass man bisher auf mehr zurückgreifen kann. Jedenfalls ist mir noch nichts begegnet, was mir da mehr Klarheit in der Hinsicht gebracht hat.

AgentProvocateur hat geschrieben:Um nochmal auf den Gegensatz "Mensch - Maschine" zurück zu kommen: ich meine, dass diese These (Embodiment) richtig ist.


Ich wüsste auch bei Maschinen nicht, was dieser These widerspricht, Maschinen haben ja auch einen Körper. Der Artikel ist leider sehr kurz, so scheint mir diese These schon fast trivial zu sein. Aber mit solch vorschnellen Urteilen möchte ich vorsichtig sein, das ist jetzt nur ein Verdacht aufgrund des Wikipedia-Artikels.

AgentProvocateur hat geschrieben:Oder mal ein Zitat aus dem oben verlinkten Artikel: "Im Gegensatz zu dieser traditionellen – gewissermaßen körperlosen - Philosophie nehmen Lakoff und seine Mitarbeiter an, dass das Denken, die begrifflichen und die sprachlichen Strukturen, nicht allein im Gehirn konzentriert sind, sondern durch ein den Körper und das Gehirn verbindendes sensorisch-motorischen System entstehen."


Da wäre jetzt die Neurobiologie interessant, was die dazu „sagt“. Wenn ich mich nicht irre, habe ich bei Arthur Koestler auch etwas darüber gelesen in „Die Armut der Psychologie“ (was heißt, dass die Idee sogar schon etwas älter ist). Es gab da auch Experimente mit durchtrennten Würmern, die irgendwelche Erinnerungen hatten in dem Teil des Wurmes, wo ein neues Gehirn gebildet wurde, es ist aber anzuzweifeln, dass das so auf den Menschen übertragbar ist.

AgentProvocateur hat geschrieben:Unsere heutigen Maschinen funktionieren nicht so, (falls das so richtig ist - das ist, wie gesagt, strittig), sind nicht derart aufgebaut, sie bestehen aus getrennten Funktionseinheiten, die auswechselbar sind. Sie sind daher keine Individuen. Und ich meine, das ist ein durchaus wesentlicher Unterschied, der auf eine andere 'Ethik' gegenüber (bewussten) Maschinen hinausläuft.


Ethisch ist das eh noch mal eine Extrasache, die funktioniert ja nicht mal in Bezug auf den Menschen. ;) Mich interessiert vor allem der Gedanke, wann man einer Maschine Bewusstsein unterstellen könnte, was die Bedingungen sind, damit man von Bewusstsein ausgehen kann.
Ich finde auch den Gedanken in der Anime-Serie .hack//SIGN interessant, ob Bewusstsein in ein Computerspiel übertragbar ist und wie virtuelle Begebenheiten dann wie physisch wahrgenommen werden. Klar, alles Gedankenspiele, aber sehr faszinierend, wie ich finde und geben interessante neue Einsichten in Bezug auf das Leben an sich.
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Re: Sind wir nur Maschinen?

Beitragvon Myron » Do 10. Nov 2011, 19:26

AgentProvocateur hat geschrieben:Wenn ich mein Denken betrachte, dann stimme ich Teh Asphyx zu. Ich denke nicht unbedingt in Sprache (manchmal aber schon) - das wäre doch auch viel zu langsam. Es gibt Überzeugungen / Meinungen / Wissen von mir, das irgendwie (bildhaft gesagt) nur 'punktförmig' vorliegt, das ich abrufen kann, aber dann erst mal fomulieren, d.h. in Sprache umsetzen muss. Ich weiß, was ich sagen will, was ich ausdrücken will, aber ich weiß das nicht in ausformulierten Sätzen. Und das sind keine bildlichen, (oder Gehör-, Geruchs- und Geschmacksvorstellungen), Gesichtsvorstellungen, es sind sozusagen abstrakte Singularitäten, die ich sprachlich erst entfalten muss, um sie mitteilen zu können.


Unser Denken bedarf eines Mediums, und das ist nun einmal die Sprache. Mir ist schleierhaft, wie es uns möglich sein soll, sowohl bildlos als auch wort- bzw. satzlos zu denken. Alle vorbewussten Gehirnvorgänge, die meine sprachlichen Gedanken erzeugen, sind keine Denkvorgänge im eigentlichen Sinn, da Denken ein Bewusstseinsvorgang ist.
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Re: Sind wir nur Maschinen?

Beitragvon Teh Asphyx » Do 10. Nov 2011, 19:34

Myron hat geschrieben:
AgentProvocateur hat geschrieben:Wenn ich mein Denken betrachte, dann stimme ich Teh Asphyx zu. Ich denke nicht unbedingt in Sprache (manchmal aber schon) - das wäre doch auch viel zu langsam. Es gibt Überzeugungen / Meinungen / Wissen von mir, das irgendwie (bildhaft gesagt) nur 'punktförmig' vorliegt, das ich abrufen kann, aber dann erst mal fomulieren, d.h. in Sprache umsetzen muss. Ich weiß, was ich sagen will, was ich ausdrücken will, aber ich weiß das nicht in ausformulierten Sätzen. Und das sind keine bildlichen, (oder Gehör-, Geruchs- und Geschmacksvorstellungen), Gesichtsvorstellungen, es sind sozusagen abstrakte Singularitäten, die ich sprachlich erst entfalten muss, um sie mitteilen zu können.


Unser Denken bedarf eines Mediums, und das ist nun einmal die Sprache. Mir ist schleierhaft, wie es uns möglich sein soll, sowohl bildlos als auch wort- bzw. satzlos zu denken. Alle vorbewussten Gehirnvorgänge, die meine sprachlichen Gedanken erzeugen, sind keine Denkvorgänge im eigentlichen Sinn, da Denken ein Bewusstseinsvorgang ist.

Das Medium braucht das Denken, um sich auszudrücken. Aber genau dieses, was Du vorbewusst nennst, würde ich als das eigentlich Bewusstsein bezeichnen. Vielleicht ist es ist es ein binärer Code, der durch multiple Prozessoren im Gehirn rattert, um mich mal der üblichen Technik-Analogie zu bedienen, und die Sprache gibt diesem Binärcode zwar einen Rahmen, wie er sich ausdrücken kann, schränkt ihn aber gleichzeitig in seinen Möglichkeiten des Ausdrucks ein. Und schlimmstenfalls müssen die Regeln der Sprache neu gesetzt werden, so wie zum Beispiel Heidegger es versucht hat. Wobei Heidegger mir auch zu sehr im Denken über die Sprache fixiert zu sein scheint …
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Re: Sind wir nur Maschinen?

Beitragvon xander1 » Do 10. Nov 2011, 19:36

Schon mal an mathematisches Denken gedacht?
In meinem Studium der Informatik habe ich viel mit Strukturen, Mathe und Logik, Algorithmen, Logische Strukturen, zu tun und alles was sich daraus ableitet. Für so ein Denken braucht man keine deutsche Sprache.

Außerdem kann man sich über die Definition von dem was Denken ist auseinandersetzen. Wo es anfängt und wo es aufhört. Ne klare Linie gibts da nicht.

Aus meiner Sicht kann ich mir nicht beim besten Willen vorstellen, dass ein Computer ein Bewusstsein bekommen könnte. Man könnte ein Bewusstsein programmieren. Das würde aus meiner Sicht lediglich eine Simulation eines Bewusstseins sein. Naja, dann könnte man theoretisch noch fundamentaler das Bewusstsein programmieren, dass es mehr als nur Show ist, sondern dass das was außen Sichtbar ist eine tiefe Verwurzelung im inneren des Charakters oder der "Denkweise" dieser künstlichen Intelligenz ist. Aber das alles wären nur Mechanismen. Das ist so als würde das Bewusstsein dieser Maschine lediglich aus Bauklötzern bestehen die Hintereinander aufgebaut werden und angestoßen werden oder als ob es eine Modelleisenbahn wäre. Und aus dieser "Modelleisenbahn" soll dann durch Emersion bei gewissen Zutaten und Kombinationen und höherer Komplexität dann ein Bewusstsein hervorkommen. Das kann ich mir nicht vorstellen.

Nagut nun kann man davon ausgehen, so wie ich, dass man mit einem Computer auch theoretisch kein Bewusstsein generieren kann. Also braucht man eine Maschine, die mit analogen Rechnung statt binären arbeitet oder eine, die nicht Befehlsregister hat, sondern eine Vernetzungsstruktur oder oder oder.

Aber letztendlich wäre so eine Maschine, die ein Bewusstsein hervorbringen soll auch nur sowas wie eine Modelleisenbahn, ein Computer, eine programmierbare Mikrowelle, nur höher, besser, schneller, komplexer, bunter. Und wie durch Zauber erzeugt die Emersion daraus ein Bewusstsein.


Also so ist unser Stand der Wissenschaft heutzutage. Ich finde dass unsere Wissenschaft mir nicht befriedigend erklären kann, wie ein Bewusstsein entstehen kann.
Zuletzt geändert von xander1 am Do 10. Nov 2011, 19:58, insgesamt 1-mal geändert.
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