Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon sapere aude » Fr 19. Sep 2008, 16:17

Definiere: außerräumlich, ortlos, nirgendwo befindlich

Definiere: unräumlich, unausgedehnt, 0-dimensional

Definiere: unkörperlich-unstoffliches aus nichts bestehend

Definiere: selbstbewusst und vernunftbegabt

Definiere: Lebewesen

Definiere: reiner Geist

Definiere: Persönlichkeit

Definiere: ewig

Definiere: allmächtig

Definiere: allwissend

Definiere: allgütig

Definiere: die materielle Welt aus nichts erschaffen

Definiere: absolut beherrscht

und dann überleg nochmal, ob man diese Eigenschaften widerspruchslos auf einen Begriff vereinigen kann.
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon El Schwalmo » Fr 19. Sep 2008, 16:20

Myron hat geschrieben:
sapere aude hat geschrieben:Ich sage, der Satz "Die Wahrscheinlichkeit der Existenz von Übernatürlichem ist Null" ist wahr.


Was sich mit Gewissheit sagen lässt, ist, dass die Wahrscheinlichkeit der Existenz von Unmöglichem gleich Null ist.
Übernatürliche Wesen mit übernatürlichen Kräften sind nur dann (logisch) unmöglich, wenn unsere Begriffe davon in sich widersprüchlich sind. Ist dies der Fall?

schön dass Du hier 'logisch' quallifiziert hast. Der Nachweis, dass unsere Logik das 'Sein des Seienden' fassen kann, steht meines Wissens noch aus ('interpretierte Kalküle'). Der Zusammenhang zwischen für uns 'logisch unmöglich' und 'seiend' scheint mir nicht trivial zu sein.
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon sapere aude » Fr 19. Sep 2008, 16:21

El Schwalmo hat geschrieben:
Myron hat geschrieben:Die Möglichkeit ist nur dann a priori auszuschließen, wenn der betreffende Gottesbegriff in sich widersprüchlich, ungereimt ist.

und das auch nur dann, wenn das, was für uns widersprüchlich ist, in der 'Welt', in der dieser Gott existiert, ebenfalls widersprüchlich ist. Und selbst dann kann man sich noch fragen, ob sich ein Gott um unsere Logik schert.


Da, schon wieder. Du argumentierst, mit einem "Gott". Ich dachte, wir können nicht über sowas sprechen? Wieso tust du es dennoch?
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon sapere aude » Fr 19. Sep 2008, 16:23

El Schwalmo hat geschrieben:schön dass Du hier 'logisch' quallifiziert hast. Der Nachweis, dass unsere Logik das 'Sein des Seienden' fassen kann, steht meines Wissens noch aus ('interpretierte Kalküle'). Der Zusammenhang zwischen für uns 'logisch unmöglich' und 'seiend' scheint mir nicht trivial zu sein.


Ja doch, wir haben uns doch schon darauf geeinigt dass das nicht entscheibar ist. Was willst Du denn dann noch über das Seiende an sich sagen, wenn Du ein paar Seiten weiter vorn schon gesagt hast, dass man dazu nichts sagen kann?
Zuletzt geändert von sapere aude am Fr 19. Sep 2008, 16:27, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon El Schwalmo » Fr 19. Sep 2008, 16:25

sapere aude hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:
Myron hat geschrieben:Die Möglichkeit ist nur dann a priori auszuschließen, wenn der betreffende Gottesbegriff in sich widersprüchlich, ungereimt ist.

und das auch nur dann, wenn das, was für uns widersprüchlich ist, in der 'Welt', in der dieser Gott existiert, ebenfalls widersprüchlich ist. Und selbst dann kann man sich noch fragen, ob sich ein Gott um unsere Logik schert.


Da, schon wieder. Du argumentierst, mit einem "Gott". Ich dachte, wir können nicht über sowas sprechen? Wieso tust du es dennoch?

ich bin Naturwissenschaftler. Da ist hypothetico-deduktiv üblich.
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon El Schwalmo » Fr 19. Sep 2008, 16:26

sapere aude hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:schön dass Du hier 'logisch' quallifiziert hast. Der Nachweis, dass unsere Logik das 'Sein des Seienden' fassen kann, steht meines Wissens noch aus ('interpretierte Kalküle'). Der Zusammenhang zwischen für uns 'logisch unmöglich' und 'seiend' scheint mir nicht trivial zu sein.


Ja doch, wir haben uns doch shcon darauf geeinigt dass, das nicht entscheibar ist. Was willst du denn dann noch über das Seiende an sich sagen?

nichts.

Aber mein Argument ist, dass Du nichts gegen dessen Existenz aussagen kannst. Und das ist in etwa, was die Position eines Agnostikers ausmacht.
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon sapere aude » Fr 19. Sep 2008, 16:28

Da, schon wieder. Du argumentierst, mit einem "Gott". Ich dachte, wir können nicht über sowas sprechen? Wieso tust du es dennoch?

El Schwalmo hat geschrieben:ich bin Naturwissenschaftler. Da ist hypothetico-deduktiv üblich.


Auch und gerade als Naturwissenschaftler kannst Du nur Hypothesen mit nicht-leeren Begriffen aufstellen.
Zuletzt geändert von sapere aude am Fr 19. Sep 2008, 16:40, insgesamt 2-mal geändert.
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon sapere aude » Fr 19. Sep 2008, 16:33

El Schwalmo hat geschrieben:
sapere aude hat geschrieben:Ja doch, wir haben uns doch shcon darauf geeinigt dass, das nicht entscheibar ist. Was willst du denn dann noch über das Seiende an sich sagen?


nichts.

Aber mein Argument ist, dass Du nichts gegen dessen Existenz aussagen kannst. Und das ist in etwa, was die Position eines Agnostikers ausmacht.


Nochmal. Du kannst in der uns und unseren Begriffen rational zugänglichen Welt seriös etwas über die Existenz eines "Gottes" aussagen, nämlich, dass er nicht existiert. In allem, was über diese Begriffe hinausgeht, kannst Du gar nichts sagen und auch keine "Position" einnehmen, weil es nichts gibt, wozu man diese einnehmen könnte. :motz:
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon Myron » Fr 19. Sep 2008, 16:42

sapere aude hat geschrieben:Definiere: (...)
und dann überleg nochmal, ob man diese Eigenschaften widerspruchslos auf einen Begriff vereinigen kann.


Ich bezweifle das, (* wobei zu betonen ist, dass ein widersprüchlicher Begriff kein sinnloser Begriff ist, da es ja gerade die Sinne seiner Merkmale sind, die einander widersprechen. Ein völlig sinnloser Ausdruck wie "nikalliges Paremag" kann nicht einmal widersprüchlich sein.

(* Einen expliziten formalen Widerspruch im Gottesbegriff nachzuweisen, scheint jedoch, ehrlich gesagt, äußerst schwierig. Ich nenne den theistischen Gottesbegriff von daher lieber ungereimt oder schlicht unverständlich.)
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon sapere aude » Fr 19. Sep 2008, 16:54

Myron hat geschrieben:Ich bezweifle das, (* wobei zu betonen ist, dass ein widersprüchlicher Begriff kein sinnloser Begriff ist, da es ja gerade die Sinne seiner Merkmale sind, die einander widersprechen. Ein völlig sinnloser Ausdruck wie "nikalliges Paremag" kann nicht einmal widersprüchlich sein.


Aber "nirgendwo befindlich" und "Persönlichkeit" sind doch absolut widersprüchlich und deshalb in Gemeinschaft - also im "Gott"-Begriff - sinnlos .

Myron hat geschrieben:Einen expliziten formalen Widerspruch im Gottesbegriff nachzuweisen, scheint jedoch, ehrlich gesagt, äußerst schwierig. Ich nenne den theistischen Gottesbegriff von daher lieber ungereimt oder schlicht unverständlich.


Wieso denn, was ist denn "unräumlich, unausgedehnt, 0-dimensional" und "Lebewesen" sonst als ein formaler Widerspruch?
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon Myron » Fr 19. Sep 2008, 17:06

El Schwalmo hat geschrieben:Der Zusammenhang zwischen für uns 'logisch unmöglich' und 'seiend' scheint mir nicht trivial zu sein.


Dass logische Unmöglichkeit ontologische Unmöglichkeit impliziert, d.h. dass aus Unmöglichkeit in jedem Fall Unwirklichkeit folgt, scheint mir unzweifelhaft; doch man kann meiner Meinung nach zumindest darüber diskutieren, ob aus logischer Möglichkeit allein ontologische Möglichkeit folgt.
Soweit ich weiß, unterscheiden aber die allermeisten Philosophen nicht zwischen diesen beiden Möglichkeitsarten, was wohl mit der großen Schwierigkeit zu tun hat, einen ontologischen Möglichkeitsbegriff in Abgrenzung vom logischen zu definieren.
Kannst du ein Beispiel für etwas anführen, das logisch möglich, aber realiter unmöglich ist?

Lässt sich zwischen die logische und die nomische, d.i. die physikalische Möglichkeit bzw. Notwendigkeit auf sinnvolle Weise ein zusätzlicher Modalitätstyp, eine ontologische oder metaphysische Möglichkeit bzw. Notwendigkeit sui generis, "hineinquetschen"?
Wie gesagt, die meisten Philosophen und Modallogiker verneinen dies.
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon Myron » Fr 19. Sep 2008, 17:31

sapere aude hat geschrieben:Wieso denn, was ist denn "unräumlich, unausgedehnt, 0-dimensional" und "Lebewesen" sonst als ein formaler Widerspruch?


Ein formallogischer Widerspruch hat die Form "p & ~p" bzw. "Fx & ~Fx".
Wenn du aus den obigen Begriffsmerkmalen einen Ausdruck dieser Form ableiten kannst, dann hast du einen formalen Widerspruch nachgewiesen.
Man kann aber, zumindest tue ich das, zwischen rein formallogischer Widersprüchlichkeit und semantischer Widersinnigkeit unterscheiden. Zum Beispiel ist die Phrase "verheirateter Junggeselle" zwar nicht formal widersprüchlich, aber semantisch widersinnig, da der Begriff "Junggeselle" das Merkmal "unverheiratet" beinhaltet. Ausgehend von der semantischen Widersinnigkeit lässt sich allerdings auch ein formaler Widerspruch aufdecken, denn ein verheirateter Junggeselle entpuppt sich als ein verheirateteter unverheirateter Mann: "x ist ein verheirateteter Mann & x ist ein unverheirateter Mann".
Ob der Begriff "unräumliches (Lebe-)Wesen" zu Ausdrücken wie "verheirateter Junggeselle" äquivalent ist, ist die Frage!
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon Qubit » Fr 19. Sep 2008, 18:24

El Schwalmo hat geschrieben:hmmm, nach dem, was ich von ID weiß, kann ich das nicht nachvollziehen. Stell' Dir vor, ein Designer greift nur ab und an ein. Das war Standard-Auffassung unter Paläontologen, als der Begriff 'ID' noch lange nicht geprägt war.

Das Problem ist, dass unser Weltbild dann nicht mehr durchgehend naturalistisch wäre.


Wichtig scheint mir hier nicht die Häufigkeit eines Eingreifens zu sein, sondern dass am Ende ein natürliches komplexes System herauskommen soll, das ist der springende Punkt aus Sicht der Naturwissenschaften.
Ob dies aber eine "durchgehende" naturalistische Ontologie verletzt, scheint mir hingegen aus Sicht der Naturwissenschaften vorderhand unwichtig (für Naturalisten freilich nicht).
Unterscheiden wir deshalb spasseshalber das EIngreifen dahingehend, ob der "Designer" nur Naturgesetze hierfür verwendet (~"Molekülschubser", "schwache ID") oder aber wider die Naturgesetze eingreifft, ohne dass dieses (nach IDlern) gegen etablierte naturwissenschaftliche Theorien verstossen solle (~"magische Hand", "starke ID").
Insbesondere letzteres soll mE ja gerade die "starke ID" zu einer möglichen wissenschaftlichen Option machen: eine Erweiterung unserer naturwissenschaftlichen Theorien, welche freilich eine nichtnaturalistische Ontologie induziert. Würde anders gesagt, die "starke ID" zur Erklärung natürlicher komplexer Systeme gegen eine etablierte naturwissenschaftliche Theorie verstossen, könnte sie aus Sicht der Naturwissenschaften keine wissenschaftliche Option sein (haben wir zB eine erfolgreiche "Nudeltheorie", die alle Nudelformen exakt beschreibt, dann darf keine "Nudelsuppentheorie", die das Verhalten von Nudeln im kochenden Wasser beschreibt, der etablierten Nudeltheorie widersprechen).
Ich denke, die "schwache ID" ist für die Naturwissenschaften apriorie ohne Substanz: wenn der "Designer" nur Naturgesetze verwendet und sich nach ihnen richtet, dann bedarf es zur wissenschaftlichen Erklärung besagter komplexer Systeme nur der Entdeckung entsprechender (bisher unbekannter) Naturgesetze. Insbesondere wird im weiteren hiedurch dem "Kontinuitätsprinzip" Rechnung getragen und nur eine naturalistische Ontologie induziert.
Schwerer wiegt hingegen der Anspruch der "starken ID" auf Wissenschaftlichkeit. Und hiergegen waren meine vorherigen Ausführungen (im zitierten Posting) gerichtet. Meine Aussage war, dass es nicht möglich ist - auch nicht für den Designer - dass gegen Naturgesetze verstossen wird, die durch etablierte wissenschaftlichen Theorien formuliert sind, ohne gegen eben diese Theorien zu verstossen. Dass also jeder solch ein Ansatz eben keine wissenschaftliche Option darstellt.
Zum Besipiel:
komplexes Biomolekül, DNA, Doppelhelix.. hui, hui.. der IDler stellt Eingreifen des Designers fest.
DNA ist aber ein natürliches komplexes System, lässt sich in natürliche Komponenten zerlegen.. und Subkomponenten, usw.
Auf irgendeiner Ebene der "Zerlegung" gibt es natürliche Komponenten ("Chemie", "Physik",..), die durch etablierte (also im wissenschaftlichen Kontext begründete und bestätigte) Theorien beschrieben werden. Andererseits hat der "Designer" beim Zusammenfügen der natürlichen Komponenten zum komplexen System nach "starker ID" irgendein Naturgesetz einer "Komponentenebene" verletzt. Hiemit auch die etablierte wissenschaftliche Therorie dieser Komponenten. D.h. die Forderung der "starken ID" verletzt die Kompatibilität zu eben dieser Theorie und ist als Erklärungsmodell keine wissenschaftliche Option ("Suppentheorie" verletzt etablierte "Nudeltheorie"), wodurch die Konfiguration eben dieser Komponenten in dem natürlichen komplexen System nicht durch die etablierte Theorie dieser natürlichen Komponenten beschrieben werden könnte. So kann Naturwissenschaft nicht funktionieren ;-)

El Schwalmo hat geschrieben:Ein durchaus nachdenkenswerter Spruch aus der ID-Ecke lautet, dass die nicht daran interessiert sind, wie die Welt abläuft, wenn man den Naturalismus voraussetzt, sondern wie es tatsächlich ablief. Das ist dann wieder das, worauf ich hinaus wollte: aus der Methodologie, so sinnvoll und notwendig sie auch sein mag, folgt keine Ontologie.


Wie schon mal gesagt, Naturalismus ist für mich nicht Grundlage der Naturwissenschaft, sondern folgt als Ontologie aus Interpretationen von Beschreibungselementen erfolgreicher, etablierter Theorien.
In diesem Sinne (der Interpretation) kann auch keine - wie auch immer geartete - Methodologie eine Ontologie begründen. Das sind zwei Paar Schuhe ;-)

El Schwalmo hat geschrieben:Das Problem ist nur, ob diese 'Ontologie' (Mahner zumindest hat eingesehen, dass seine Wortwahl etwas unglücklich ist, denn seine Auffassung von 'Ontologie' ist etwas idiosynkratisch) sich mit dem deckt, was 'an sich seiend 'ist.


Das ist in dem Sinne kein Problem, da das "an sich seiende" prinzipiell (überall, jederzeit) für den Menschen und alle sonstigen intelligenzbegabten Wesen dieses Kosmos und aller möglich anderen Kosmen grundsätzlich unerkennbar ist! =)
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon Qubit » Fr 19. Sep 2008, 18:39

Myron hat geschrieben:
Qubit hat geschrieben:Ich will anmerken, dass all diese hübschen Begriffe nur sinnvoll mit Hintergrund eines Kontextes sind. Absolute "Wahrheiten", "Tatsachen", "Erfahrungen", "Erkenntnisse" usw. sind sinnfrei.


Sind sie nicht, da es eine allumfassende Wirklichkeit gibt.


Verstehe, was du sagen willst auch wenn du hier für mich etwas anderes sagst ;-)

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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon El Schwalmo » Fr 19. Sep 2008, 21:07

sapere aude hat geschrieben:Da, schon wieder. Du argumentierst, mit einem "Gott". Ich dachte, wir können nicht über sowas sprechen? Wieso tust du es dennoch?

ich 'argumentiere' nicht mit einem Gott. Ich zeige Dir nur, dass Du nicht zeigen kannst, dass es keinen Gott gibt. Wenn es Dich stört, dass ich 'Gott' schreibe, dann setze ich 'Urgrund des Seins' ein. Das ist dann das, was Du unter 'Gott' verstehst, und gegen dessen Existenz Du bisher kein Argument bringen konntest.

sapere aude hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:ich bin Naturwissenschaftler. Da ist hypothetico-deduktiv üblich.

Auch und gerade als Naturwissenschaftler kannst Du nur Hypothesen mit nicht-leeren Begriffen aufstellen.

Eben. Und 'Gott' ist eben kein leerer Begriff.

Ich denke, Du solltest eher mit Myron diskutieren. Der schreibt das 'auf philosophisch', was ich nur umgangssprachlich kann, denn seinen Wortschatz beherrsche ich nur passiv. Allerdings führe ich derartige Diskussione vom Inhalt her seit vielen Jahren. Du hast kein Argument versucht, das mir neu wäre. Myron hat sich die Mühe gemacht, Dir den Standard darzulegen. Myrons und meine Wege trennen sich zwar, aber um Deinen Standpunkt zu widerlegen ist das, was ich mit Myron durchdiskutieren müsste, irrelevant.
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon El Schwalmo » Fr 19. Sep 2008, 21:30

Myron hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:Der Zusammenhang zwischen für uns 'logisch unmöglich' und 'seiend' scheint mir nicht trivial zu sein.

Dass logische Unmöglichkeit ontologische Unmöglichkeit impliziert, d.h. dass aus Unmöglichkeit in jedem Fall Unwirklichkeit folgt, scheint mir unzweifelhaft;

ich hingegen sehe keine Begründung für diese Annahme. Kann sein, dass das darauf beruht, dass ich Naturwissenschaftler bin und mich nicht im Bereich des 'reinen Denkens' bewege. Wie gesagt, das Problem sehe ich immer in der Interpretation der Kalküle. Das kann die Logik nicht leisten, es sei denn, es gäbe ein Argument dafür, dass die menschliche Logik das Sein des Seienden widerspiegelt.

Myron hat geschrieben:doch man kann meiner Meinung nach zumindest darüber diskutieren, ob aus logischer Möglichkeit allein ontologische Möglichkeit folgt.

Das ist mein Punkt. Und so lange man das kann, ist die Frage offen.

Myron hat geschrieben:Soweit ich weiß, unterscheiden aber die allermeisten Philosophen nicht zwischen diesen beiden Möglichkeitsarten, was wohl mit der großen Schwierigkeit zu tun hat, einen ontologischen Möglichkeitsbegriff in Abgrenzung vom logischen zu definieren.

Das ist doch wohl das beste Wasser, das man auf meine Mühlen leiten kann, findest Du nicht auch?

Ich habe derartige Fragen mit Philosophen durchdiskutiert. Meist lief das dann auf 'wovon man nicht sprechen kann ...', lief also auf Pragmatik etc. hinaus, eben auf die Diskursregeln, die ich schon mehrfach anführte.

Myron hat geschrieben:Kannst du ein Beispiel für etwas anführen, das logisch möglich, aber realiter unmöglich ist?

Mein Problem war eigentlich gerade umgekehrt ;->

In der Evolutionsbiologie gibt es 'constraints'. Das heißt, wenn sich ein System entwickelt, gibt es immer wieder 'Entscheidungen', die spätere Alternativen unmöglich machen. Wenn im Laufe der Embryonalentwicklung vier Extremitäten angelegt werden, ist es nicht mehr möglich, irgendwann 6 anzulegen, denn das würde Änderungen des gesamten Systems erfordern.

Logisch möglich wäre es sicher, Menschen mit vier Extremitäten und Flügeln zu haben, der Bauplan der Wirbeltiere gibt so etwas aber nicht her. Es sei denn, es würden auf einen Schlag ganz viele Mutationen erfolgen, die einen neuen Bauplan ermöglichen. Das wird in Fachkreisen als faktisch unmöglich angesehen. Ein Sechser im Lotto wäre gegen derartige Wahrscheinlichkeiten sicherer als dass die Sonne morgen wieder aufgeht.

Okay, das ist nicht genau das, was Du einforderst, geht aber in die Richtung.

Mein Punkt ist: Logik ist etwas, das im Denken angesiedelt ist. Das heißt, wir modellieren 'die Welt' im Kopf, genauer, wir schaffen uns dort eine Welt. Nun kann man sich zwar überlegen, woher diese Denke kommt, und man kann das irgendwie mit Passungen im Mesokosmos als a posteriori der Evolution deuten. Dann würde das aber bestenfalls das modellieren, was dem Erkenntnisapparat unserer tierlichen Vorfahren zugänglich war. Warum eine Logik, die sich in so einem Gehirn ausgebildet hat, die gesamte Natur abdecken soll, scheint mir eine nicht gelöste Frage zu sein. Daher halte ich es für extrem unwahrscheinlich, aus der Logik ontische Aussagen ableiten zu können.

Myron hat geschrieben:Lässt sich zwischen die logische und die nomische, d.i. die physikalische Möglichkeit bzw. Notwendigkeit auf sinnvolle Weise ein zusätzlicher Modalitätstyp, eine ontologische oder metaphysische Möglichkeit bzw. Notwendigkeit sui generis, "hineinquetschen"?
Wie gesagt, die meisten Philosophen und Modallogiker verneinen dies.

Das mag stimmen, aber ein Argument scheint mir das nicht zu sein. Ich kann Dir etliche Beispiele aus der Welt der Naturwissenschaften sagen, in denen 'die meisten Fachleute' einig waren, aber vollkommen Unrecht hatten.

Jemand hat mal gesagt, dass 'die Evolution' immer einen Tick intelligenter ist als die Menschen, die sie erforschen. Ich vermute, dass das auch für das 'Sein' allgemein gilt. Es ist kein Zufall, dass die moderne Wissenschaftstheorie entstand, als den Menschen klar wurde, dass sie mit der klassischen Denke mit Quantenphänomenen Probleme bekamen. Es scheint mir nicht trivial zu sein, mal so eben absoluten Raum und absolute Zeit nur noch relativ zu sehen. Meinst Du nicht, dass ein Kant und die Mehrheit der Philosophen sich einig waren, dass Raum und Zeit absolut sind, von den Physikern mal ganz abgesehen?

Ich bilde mir ein, mich in Evolutionsbiologie ein wenig auszukennen. Ich habe mich vor allem mit der Geschichte der Alternativen zum langjährigen Standard befasst. Ich weiß aus diesem Bereich, wie oft erstklassige Forscher falsch lagen, weil sich die Natur eben nicht nach unserem Denken richtet. Daher bin ich skeptisch, ob die Logik oder auch die Mathematik das Sein so widerspiegeln können, dass man Existenzaussagen machen kann. Letztendlich entscheidet die Empirie. Und die bedingt, dass sich alles ändern kann.

Selbstverständlich ist die Logik die Grundlage unseres Denkens, vor allem Argumentierens. Aber solange keine synthetischen Urteile a priori möglich sind, sehe ich nicht, dass die das leisten kann, was Du angedeutet hast.
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon Myron » Fr 19. Sep 2008, 21:48

Myron hat geschrieben:Der metaphilosophische MN—kurz MN_mp—besteht in der Ablehnung einer aprioristischen, antiempiristischen "Ersten Philosophie" und in der damit einhergehenden Ansicht, dass das philosophische Theoretisieren wissenschaftsabhängig ist, die Philosophie sich so weit wie möglich an den wissenschaftlichen, insbesondere den naturwissenschaftlichen Verfahrensweisen anlehnen sowie deren Ergebnisse zur Bestätigung oder Widerlegung ihrer Thesen übernehmen sollte.
Im Mittelalter galt das Motto "Philosophia ancilla theologiae!", und dem MN_mp nach gilt heutzutage:
Philosophia ancilla scientiae! (Die Philosophie ist die Magd der Wissenschaft!)


"[The MN_mp affirms] a reconception of the traditional relation between philosophy and science according to which philosophical inquiry is conceived as continuous with science."

"[Der MN_mp befürwortet] eine Umdeutung der traditionellen Beziehung zwischen Philosophie und (Natur-)Wissenschaft, der zufolge philosophische Untersuchungen in einem einheitlichen Zusammenhang mit der (Natur-)Wissenschaft stehen."

(De Caro, Mario, and David Macarthur. Naturalism in Question. Cambridge, MA: Harvard University Press, 2008. p. 3)
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon Myron » Sa 20. Sep 2008, 00:20

El Schwalmo hat geschrieben:
Myron hat geschrieben:Dass logische Unmöglichkeit ontologische Unmöglichkeit impliziert, d.h. dass aus Unmöglichkeit in jedem Fall Unwirklichkeit folgt, scheint mir unzweifelhaft;

ich hingegen sehe keine Begründung für diese Annahme.


Ontologische Möglichkeit bezieht sich auf die mögliche Wirklichkeit von etwas, d.i. einer Sache oder einem Sachverhalt.
Es dürfte einleuchten, dass alles Wirkliche möglich ist.
Wenn es etwas Unmögliches gäbe, das wirklich ist, dann wäre es sowohl möglich als auch unmöglich, was ein glatter Widerspruch ist. Folglich kann nichts Unmögliches wirklich sein.
Ein unmöglicher Sachverhalt ist ein notwendig unwirklicher Sachverhalt.
Das heißt, es gibt keine mögliche Welt, worin ein unmöglicher Sachverhalt wirklich ist.

El Schwalmo hat geschrieben:
Myron hat geschrieben:Soweit ich weiß, unterscheiden aber die allermeisten Philosophen nicht zwischen diesen beiden Möglichkeitsarten, was wohl mit der großen Schwierigkeit zu tun hat, einen ontologischen Möglichkeitsbegriff in Abgrenzung vom logischen zu definieren.

Das ist doch wohl das beste Wasser, das man auf meine Mühlen leiten kann, findest Du nicht auch?


Weiß ich nicht, aber mich kann jene Diskussion nicht erschrecken, da ich noch keine befriedigende Definition von "x is ontologisch möglich/notwendig" gesehen habe, die sich von der Konzeption der logischen Möglichkeit/Notwendigkeit (im weiteren, sowohl formallogische als auch semantische Aspekte einbeziehenden Sinn) wesentlich unterscheidet.

El Schwalmo hat geschrieben:
Myron hat geschrieben:Kannst du ein Beispiel für etwas anführen, das logisch möglich, aber realiter unmöglich ist?

Mein Problem war eigentlich gerade umgekehrt ;->


Was meinst du?
Die Frage, ob es etwas gibt, das "real unmöglich", aber logisch möglich ist?
Oder die Frage, ob "reale Möglichkeit" per se logische Möglichkeit voraussetzt?
Antwort: Ja!
Denn logisch Unmögliches, d.i. Widersprüchliches, ist absolut, prinzipiell unmöglich, d.h. weder logisch, ontologisch noch nomologisch möglich.

El Schwalmo hat geschrieben:In der Evolutionsbiologie gibt es 'constraints'. Das heißt, wenn sich ein System entwickelt, gibt es immer wieder 'Entscheidungen', die spätere Alternativen unmöglich machen. Wenn im Laufe der Embryonalentwicklung vier Extremitäten angelegt werden, ist es nicht mehr möglich, irgendwann 6 anzulegen, denn das würde Änderungen des gesamten Systems erfordern.
Logisch möglich wäre es sicher, Menschen mit vier Extremitäten und Flügeln zu haben, der Bauplan der Wirbeltiere gibt so etwas aber nicht her.


Du sprichst hier von einer nomischen/nomologischen Unmöglichkeit, die sich auf das Naturnotwendige bzw. -mögliche, d.h. auf das naturgesetzlich, physikalisch Mögliche bezieht.
Mit "ontologisch/metaphysisch/real möglich/unmöglich/notwendig" meine ich jedoch einen davon verschiedenen Modalitätstyp, der zwischen der logischen und der nomologischen/physikalischen Möglichkeit/Unmöglichkeit/Notwendigkeit anzusiedeln ist.

Die Kategorien der logischen und der nomologischen/physikalischen Modalität sind vergleichsweise unproblematisch. Das Problem ist die Frage, ob sich zwischen diese beiden noch eine dritte Kategorie sui generis einfügen lässt, d.h. eine ontologische/metaphysische Modalität, die weder mit der einen noch mit der anderen ineins fällt.
Die diesbezüglichen Aussichten sind meines Erachtens düster.

El Schwalmo hat geschrieben:Mein Punkt ist: Logik ist etwas, das im Denken angesiedelt ist.


Spätestens seit Frege steht fest, dass die Logik keine Teildisziplin der Psychologie ist.
Sie beschäftigt sich nämlich nicht mit Gedanken als subjektiven Denkvorgängen, sondern als objektiven, nichtmentalen Gebilden.

"Es ist das Psychologische von dem Logischen, das Subjektive von dem Objektiven scharf zu trennen."
(Gottlob Frege, "Die Grundlagen der Arithmetik", 1884, Einl.)

El Schwalmo hat geschrieben:Das heißt, wir modellieren 'die Welt' im Kopf, genauer, wir schaffen uns dort eine Welt. Nun kann man sich zwar überlegen, woher diese Denke kommt, und man kann das irgendwie mit Passungen im Mesokosmos als a posteriori der Evolution deuten. Dann würde das aber bestenfalls das modellieren, was dem Erkenntnisapparat unserer tierlichen Vorfahren zugänglich war.


Mit Frege würde ich auch sagen:
"Es ist das Evolutionspsychologische von dem Logischen scharf zu trennen."

Die Gültigkeit der logischen Gesetze ist nicht von der evolutionären Entwicklung des menschlichen Gehirns bzw. Denkens abhängig.

El Schwalmo hat geschrieben:Warum eine Logik, die sich in so einem Gehirn ausgebildet hat, die gesamte Natur abdecken soll, scheint mir eine nicht gelöste Frage zu sein. Daher halte ich es für extrem unwahrscheinlich, aus der Logik ontische Aussagen ableiten zu können.


Ich habe nicht von positiven Existenzaussagen über die konkrete Wirklichkeit gesprochen, sondern von negativen, deren Wahrheit sich allein mit den Mitteln der Logik, d.h. mithilfe des Nichtwiderspruchsgesetzes, objektiv feststellen lässt.

"[D]ie Kontradiktion erfüllt den ganzen logischen Raum und lässt der Wirklichkeit keinen Punkt."
(Wittgenstein, "Tractatus", §4.463)

El Schwalmo hat geschrieben:Jemand hat mal gesagt, dass 'die Evolution' immer einen Tick intelligenter ist als die Menschen, die sie erforschen. Ich vermute, dass das auch für das 'Sein' allgemein gilt.


Die Evolution bzw. Mutter Natur kann so intelligent sein, wie sie will; sie wird auf jeden Fall niemals einen logisch unmöglichen Sachverhalt verwirklichen können.
Es mag allerdings durchaus andere Welten geben, für die sich Mutter Natur eine Menge von Naturgesetzen "ausgedacht" hat, die sich von den in unserer Welt herrschenden unterscheiden.

El Schwalmo hat geschrieben:Letztendlich entscheidet die Empirie. Und die bedingt, dass sich alles ändern kann.


"Wir können uns, in gewissem Sinne, nicht in der Logik irren."
(Wittgenstein, "Tractatus", §5.4731)

Die Logik ist keine empirische Disziplin.

El Schwalmo hat geschrieben:Selbstverständlich ist die Logik die Grundlage unseres Denkens, vor allem Argumentierens. Aber solange keine synthetischen Urteile a priori möglich sind, sehe ich nicht, dass die das leisten kann, was Du angedeutet hast.


Logische Wahrheiten sind wohl eher analytischer und gewiss apriorischer Natur, d.h. erfahrungsunabhängig.
Ich wüsste beim besten Willen nicht, was es bedeuten sollte, wenn ein Naturwissenschaftler eines Tages ausriefe: "Das Nichtwiderspruchsgesetz ist empirisch widerlegt!"
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon El Schwalmo » Sa 20. Sep 2008, 07:24

Ich mach's mal kurz, weil ich vermute, dass wir aneinander vorbei reden (nicht Deine Schuld, eher meine).

Myron hat geschrieben:
El Schwalmo hat geschrieben:
Myron hat geschrieben:Dass logische Unmöglichkeit ontologische Unmöglichkeit impliziert, d.h. dass aus Unmöglichkeit in jedem Fall Unwirklichkeit folgt, scheint mir unzweifelhaft;

ich hingegen sehe keine Begründung für diese Annahme.

Ontologische Möglichkeit bezieht sich auf die mögliche Wirklichkeit von etwas, d.i. einer Sache oder einem Sachverhalt.

Es dürfte einleuchten, dass alles Wirkliche möglich ist.


Stimmt.

Myron hat geschrieben:Wenn es etwas Unmögliches gäbe, das wirklich ist, dann wäre es sowohl möglich als auch unmöglich, was ein glatter Widerspruch ist. Folglich kann nichts Unmögliches wirklich sein.
Ein unmöglicher Sachverhalt ist ein notwendig unwirklicher Sachverhalt.
Das heißt, es gibt keine mögliche Welt, worin ein unmöglicher Sachverhalt wirklich ist.

Auch hier stimme ich Dir zu. Das, was ich ansprechen wollte, liegt aber auf einer anderen Ebene. Streng genommen handelt es sich dabei um die Frage, wie wir erkennen, was 'wirklich', was 'möglich' ist und so weiter. Selbst wenn wir annehmen, dass Du in dem Sinn Recht hast, dass die Gesetze der Logik in allen möglichen Welten gelten (wobei ich es für sinnlos halte, sich über andere Welten Gedanken zu machen, bevor wir diese erforscht haben), hilft uns das nichts, wenn wir eine konkrete Frage entscheiden wollen.

Du kannst zwar sagen, dass es etwas Unmögliches nicht geben kann, aber wenn Du beispielsweise fragst, ob es einen Gott geben könnte, wird es extrem problematisch, zu entscheiden, was für so ein Wesen möglich oder unmöglich ist. Du kannst bestenfalls sagen: so ein Wesen kann nicht gleichzeitig x und nicht-x sein. Das läuft dann aber darauf hinaus, dass wir ein derartiges Wesen in Begriffe fassen können. Vielleicht gibt es sogar dialektische 'Wahrheiten', die genau so etwas beinhalten könnten.

Kurz, Du redest von der Ebene der Logik, ich von der der Erkennbarkeit. Das, was ich geschrieben habe, ist vermutlich kein Argument gegen das, was Du über Logik geschrieben hast, aber das, was Du geschrieben hast, bietet keine Lösung für die Probleme, um die es mir geht. Die Logik steckt bestenfalls einen Rahmen nach dem Mott 'garbage in, garbage out' dar, wobei das eigentliche Problem darin besteht, die Prämissen zu beurteilen, die man in die Kalküle einspeist.
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Re: Naturwissenschaftliche Forschung ist naturalistisch ...

Beitragvon ostfriese » Sa 20. Sep 2008, 11:08

Nun hatte ich mir ein halbes Jahr lang erfolgreich eingeredet, dass ich ohne Forentätigkeit gar nix vermisse.

Und muss nun reumütig anerkennen: Eure Diskussion ist mindestens so spannend wie der Schlagabtausch zwischen Mahner/Kanitscheider und Hergovich/Zeidler im Skeptiker! :up:

Zunächst mal zur Frage, ob es sinnvoll ist, zwischen dem logisch Möglichen/Unmöglichen und dem nomologisch Möglichen/Unmöglichen noch eine dritte Kategorie anzusiedeln: Ich bin mir nicht sicher. :^^:

Ganz sicher ist, dass ich mir nachts "Dinge" zusammenträume, die -- außerhalb meines Schädels verwirklicht -- den Naturgesetzen widersprächen. Sind sie dennoch logisch möglich? D.h., könnte ich jedes noch so seltsame Traumgeschehen vollständig prädikatenlogisch widerspruchsfrei beschreiben? Ist eine widersprüchliche Realität also nicht nur ontologisch unmöglich, sondern auch undenkbar?

Und wenn sie undenkbar ist, liegt es dann daran, dass speziell unser Universum logisch strukturiert ist (und unseren Gehirnen keine Wahl lässt) oder daran, dass alles Existierende logisch widerspruchsfrei sein muss?

Wir sind offenbar wieder in einem Zirkel gefangen. Logik ist die Struktur der Sprache, in der wir argumentieren. Wir können nicht begründen, warum etwas nicht zugleich existieren und nicht-existieren kann, ohne Existenz von Nicht-Existenz im prädikatenlogischen Sinne zu unterscheiden und damit die Logik vorauszusetzen.

Ähnlich wie bei jenem methodologisch-ontologischen Zirkel des Naturalismus, den El Schwalmo und ich schon unzählige Male umrundet haben, lassen sich keine anderen Anfänge/Auswege finden als endgültig-dogmatische (die ich ablehne) oder vorläufig-pragmatische (die ich bedingt befürworte).

Der pragmatische Anfang ist kritisierbar und revidierbar, aber so lange der technologische Erfolg uns nicht verlässt (auf dessen Wirklichkeit wir alle tagtäglich bauen), halte ich es für vernünftig, die besten naturwissenschaftlichen Theorien als Systeme wahrer Aussagen über die Welt zu akzeptieren. Über Diskursregeln kann man streiten. Sinnvoll ist dieser Streit aber nur, wenn jemand eine Alternative vorschlagen kann, an der er seine eigenen Wahrhheitsansprüche messen lässt. Ist mir noch nicht untergekommen...

Und aus dem gleichen pragmatischen Ansatz heraus halte ich es für sinnlos und sogar unverantwortlich, jenseits dieser Theorien Entitäten zu postulieren, für deren Existenz es nicht den geringsten Beleg gibt und deren Erklärungswert gleich Null ist. Man kann diese Entitäten zwar nun aller Prädikate entkleiden und sie so "theoretisch möglich" bzw. "prinzipiell denkbar" und "unwiderlegbar" machen, aber damit wird ihre Existenz um keinen Deut wahrscheinlicher. Daher ist es vernünftig, nicht nur A-Teapotist und A-FSMist zu sein, sondern auch A-Theist.

Natürlich kann man den pragmatischen Ansatz ablehnen, aber wer sich gewohnheitsmäßig modernster Technik bedient, muss redlicherweise eingestehen, dass er ihn damit bereits akzeptiert hat. Denn er hält die zugrundeliegenden Erkenntnisse implizit für wahr und bejaht damit einerseits die Methodologie der Naturwissenschaften und andererseits deren metaphysische Prämisse: den hypothetischen Realismus (denn andernfalls könnten wir gar nicht angeben, worauf sich die Forschung und die gewonnenen Erkenntnisse eigentlich beziehen).

Noch ein Wort zu Hergovich. Er hält gewisse rationale Einsichten offenbar für evidentermaßen und a priori wahr. Mir scheint, er hat die Kernthesen einer projektiven, evolutionären Erkenntnistheorie gar nicht verstanden. Zu ihren größten Verdiensten gehört ja gerade, dass sie Fehlleistungen und Täuschungen sowie Grenzen unserer Anschauung plausibel erklären kann. Solche zieht Hergovich gar nicht erst in Betracht, sondern glaubt allen Ernstes, sich auf Intuitionen stützen zu können: "Offenbar sind Gehirnzustände nicht mit Qualia identisch, und wer das nicht sieht, dem kann kaum geholfen werden." Genauso gut könnte er sagen: "Offenbar sind Wellen nicht mit Teilchen identisch, und wer das nicht sieht, dem kann kaum geholfen werden."
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